Das Marktgeschehen und das 24 Stunden hoerbare Laermen, das Geschrei und Gekeppel der Menschen (vor allem der Maenner) hier waren kurz nach dem Aufwachen aus der Siesta genau die Faust aufs Auge fuer mein noch zartes Nervenkorsett. Man geht durch die Strassen und wird alle 5 Meter von irgendwelchen Typen aggressiv und laut angebruellt, die einem irgendwas andrehen oder einem -so hat man mit der Zeit manchmal das Gefuehl- einfach nur anzipfen wollen. Die aegyptischen Maenner haben oft nur wenig feines an sich, und ueberhaupt den Touris gegenueber verhalten sie sich sehr ungehobelt, als ob 150 Jahre Tourismus keine Lehren hinterlassen haetten. Keine Ahnung, woran das liegt… vielleicht ist es auch der Tourismus selbst, der die Leute soweit gebracht hat.
Ich war gestern jedenfalls an dem Punkt angelangt, wo ich keine Nachfahren von Pharaonen mehr gesehen habe, sondern nur noch Kameltreiber. Dabei hab ich mich wie das Kamel gefuehlt zwischen all den herumschreienden Typen. Ich bin mir sicher, dass jeder ehemalige Aegyptenreisende, der nicht staendig geschuetzt im Touribunker hockte, sich vorstellen kann, was ich da jetzt meine. Und gerade im Kontrast zu den freundlich-offenen und weichen Aethiopiern und Innen ist der Maennerpoebel hier einfach eine Watschn. Die Frauen sind wahrscheinlich anders, aber von denen sieht und hoert man ja genau nichts. Die Maenner sind auf die Touristenjagd spezialisiert, das akzeptiert man ja auch irgendwo, wenn man den touristischen Pfaden in diesem wirtschaftlich armen Land folgt.
Aber wenn man dann nur in der Stadt und zwischen vielen Menschen ist wie wir die letzten Tage und nicht am Busen von Mutter Natur Ruhe und Kraft tanken darf, dann kriegt man das Gefuehl dafuer, wie sehr einen die rohe Maennerwelt erschoepft und aushungert. Eine Zeit lang haelt man das schon aus, aber das Abhandensein des Naehrend-Weiblichen, des Lieblichen und Schoenen macht sich recht bald bemerkbar.
Die Kunst ist es dann in dieser Situation die Energie selber zu lenken und sich auf andere Quellen, vor allem der liebevollen Verbindung zu sich selber in heilvollen Gedanken und Gefuehlen, zu besinnen. Keine Ahnung, ob ich das jetzt so ausgedrueckt habe, dass es wer versteht. Wie auch immer, vor allem galt es einmal, dem Trubel zu entkommen und in die Ruhe zu gehen.
Also haben wir den heutigen Freitag, an dem ja die Moslems auf ihre Art in die Einkehr gehen, genutzt um etwas Ruhe zu finden. Am Vormittag haben wir noch gemeinsam mit unserem neuen Bekannten (Gerhard aus Muenchen, Reisejournalist), den wir gestern in Abu Simbel kennenlernten, einen Feluccakapitaen angeheuert, der uns mit seinem Boot und der Hilfe von Bruder Wind die naechsten 3 Tage nach Luxor hinunterschiffen wird. Alles war schnell organisiert, ein netter Kapitaen gefunden, Preis verhandelt, paaasst!
Dannach spazierten wir zur koptischen Kathedrale zum heiligen Michael. Auf unserer bisherigen Reise haben wir ja gelernt, dass die Kirchen immer ein schoener Zufluchtsort des Friedens und der Ruhe sind, wenn rundherum ueberall ein Wirbel und Stress ist und keine Natur oder ein gemuetliches Zimmer parat stehen. So war es dann auch hier.
Die relativ neue Kathedrale ist riesig und man sieht, dass die Christen hier auch eine groessere Anhaengerschaft haben. Die Stimmung dort im Kirchenhof war sehr nett und gesellig. Wir bekamen Tee, gleich neben dem Eingangstor war eine riesige modelleisenbahnmaessige Landschaft aufgebaut, die die Reise der heiligen Familie durch Aegypten darstellte. Maria, Josef und das Jesukind sind da lebensgross dargestellt und fahren auf einem rostigen Waegelchen knarrend-quitschend zwischen Miniaturkirchlein herum. Dazu wird Musik gespielt, seltsamerweise das Leitmotiv aus dem Film “Der Pate”. Wir haben das insofern ein wenig humorig genommen, die Christen hier haben aber einen tiefen Glauben und wertschaetzen auch diese Sache mit allem Ernst. Why not!?
Wir haben in der grossen Kirchenhalle unter einer riesigen Kuppel unseren Frieden gefunden. Die Stimmung in der lichtdurchfluteten Kathedrale ist sehr friedlich und klar, und so kam auch schnell die Klaerung in die eigenen Gedanken und die Seele atmete auf. Dannach fanden wir gegenueber der Kirche einen schoenen Aufenthaltsort in einem kleinen Park, wo ein bescheidener Eintritt dafuer sorgt, dass nicht alles ueberlaufen ist. Der Park liegt so, dass man einen tollen Blick ueber die Stadt und den Nil hat, und die Ruhe dort verbunden mit viel Gruen und frischer Luft hat mich wieder sehr gestaerkt.
Jetzt sind wir froh, dass wir morgen frueh die Segel setzen werden (Inshallah!), und zusammen mit Gerhard und dem Kapitaen absegelln werden. Auf dem Weg gibt es am Nilufer ein paar schoene Tempel zu besichtigen. Aber ansonsten werden wir vor allem die Landschaft und Ruhe geniessen, unter freiem Himmel schlafen, ein erfrischendes Bade im Nil und ein ebensolches Bierchen vor dem Einschlafen nehmen. Inshallah! (Das sagt man hier bezogen auf so ziemlich alles, was die Zukunft betrifft.) Das Wasser und die Ruhe werden uns guttun, soviel ist klar! Juhui!
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Der Souvenirkitsch und dei Minarette
lieber nanito, lieber jörg,
ich les immer wieder verzückt und beeindruckt eure reiseberichte und genieße es die wirklich tollen fotos anzuschauen… merci, das bereichert den alltag und erfreut das herz!! ich freu mich sehr, dass es euch gut geht und ihr eine gute zeit habt!
viele schöne stunden und noch mehr beeindruckende erlebnisse und begegnungen wünsch ich euch für die zukunft! have a safe journey!
alles liebe und einen festn drucka aus dem regnerischen wien