Von Assuan nach Luxor-mit der Felucca den Nil hinunter

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Am 7. Feber sind wir mit der Felucca in Assuan losgefahren. Wir waren nur 3 Passagiere: Nane, ich und Gerhard aus Muenchen. Betreut wurden wir von Mohammed aka Captain Cook (seltsamerweise der einzige von hunderten Feluccakapitaenen, der diesen originellen Namen hat), und von seinem Freund Captain Jimmy, dessen wahren Namen wir nicht kennen. In Assuan wird man ja alle 3 Minuten von Feluccatypen angelabert, aber der Mohammed war uns auf Anhieb sympatisch. Ein herzlicher und angenehm-ruhiger Typ, der mit seinen 36 Jahren schon 23 Jahre Berufserfahrung hat und dementsprechend abgebrueht ist. 

Also sind wir planmaessig ausgelaufen. Der Platz auf der Felucca war fuer uns mehr als grosszuegig, das ganze Deck ist mit einer kommoten Matte ausgelegt, wo man den ganzen Tag herumkugeln kann, ohne dass einem einer der anderen Passagiere zu Nahe kommt. Gekocht und geschlafen wird auch an Bord, gepinkelt wird ueber die Bordkante.

Schon wenige Minuten nach dem Start realisierte ich, wie gemuetlich die naechsten Tage sein werden. Nach den doch irgendwie anstrengenden Tagen im touristischen Assuan wird das genau das Richtige sein, beschloss ich und liess mir einen Jubelschrei entlocken. Und, um es vorwegzunehmen: Die Jubelstimmung war nicht voreilig, sondern sollte die ganze Fahrt ueber anhalten.

Die Fahrt den Nil hinunter gehoert zu den schoensten Reiseerlebnissen, die ich bisher hatte. Man faehrt stromabwaerts und kreuzt gegen den Wind, der hier immer von Norden kommt und damit das spaetere stromaufwaertige Heimfahren der Feluccen ermoeglicht. Durch das Kreuzen faehrt man staendig von einem Ufer zum anderen und bekommt so sehr viel vom Leben am Wasser mit. Viel mehr als die normalen Touristen, die auf den ueber 300 komfortablen Kreuzfahrtschiffen am Nil unterwegs sind und hoch ueber dem Wasser sitzen. Von der Felucca aus kann man direkt die Fuesse ins kuehle Nass strecken. Ein hautnahes Erlebnis also. Schon beim Wegfahren bemerkten wir, dass die Leute auf den Decks der grossen Dampfschiffe uns um unser exklusives, leises und gemuetliches Gefaehrt beneideten. Dabei ist die Felucca mit Abstand das guenstigste Transportmittel am Nil (3 Tage und Naechte inklusive Essen und Trinken kosteten uns schlappe 30 Euronen pro Person).  Von den vielen Feluccen, die in Assuan unterwegs sind, fahren aber nur wenige fuer mehrere Tage stromabwaerts, da in Aegypten kaum noch Individualtouristen unterwegs sind, die meisten Menschen mit den organisierten Dampfertouren kommen, und gar nicht wissen, was ihnen entgeht. So ist gemeinsam mit uns nur eine Felucca mit zwei Franzosen am selben Tag abgefahren.

Vom Wasser aus wird einem erst so richtig klar, was sich da an den Ufern des Flusses so abspielt. Das ganze Leben in Aegypten konzentriert sich an der Lebensader Nil. Ueberall gibt es knatternde Pumpwerke, die das Wasser auf die Felder und in die Siedlungen befoerdern. Wasserbueffel und Esel sind die verbreiteten Nutztiere, hie und da sieht man ein Kamel. Fischer sind in ihren Booten unterwegs, Kinder spielen am Wasser,… Ueberall stehen Dattelpalmen, Orangenbaeume, Reisfelder, Zuckerrohr, alles ist saftig und fruchtbar, dahinter wird aber schon die Wueste sichtbar. 

Die Doerfer in diesem Abschnitt des Nils sind auch zu einem grossen Teil von den schwarzen Nubiern bewohnt. Starke und sehr schoene Menschen. So goennten wir uns bei unseren Stops an den diversen Sandbaenken auch das untouristische Vergnuegen, in die kleinen und armen Doerfer reinzuschauen und den Menschen zu begegnen, die hier ihr baeuerliches Leben fuehren. Englisch kann hier kaum jemand und wenn, dann nur ein paar Wortfetzen. Aber was wir hier erlebt haben, hat die schlechte Laune und die nervigen Typen von Assuan schnell vergessen gemacht. Was waren die Leute lieb hier! Alles ganz anders, freundliche Menschen, quicklebendige und lustige Kinder tollen zwischen den Haeusern herum. Vor allem die Frauen waren hier sehr offen und interessiert an uns, luden uns ins Haus ein und gaben uns Tee. Geredet haben wir ja nicht viel. Die Kommunikation beschraenkt sich mit den Frauen auf Laecheln und mit den Maennern auf Haendeschuetteln und Schulterklopfen. Aber nett und herzlich war es! Ich rede ja dann immer gleich Kaerntnerisch, wenn die Leute sowieso kein Englisch koennen, da kommen die Gefuehle besser rueber (hab ich von meinem Freund Geraldo aus Millstatt gelernt, der auf diese Weise weltweit erfolgreich Herzensbruecken baut und in jedem guatemaltekischen Dorf 15 Amigos sitzen hat).

Die Leute schreiben hier wohl die echte Gastfreundschaft gross. Geld fuer die Bewirtung nimmt hier niemand an. Die Begegnung mit den lieben Menschen, den echt sehr ansehnlichen Frauen und den lustigen Kinder waren eine wahre Wohltat nach der ganzen nervigen Hustlerei in Assuan, das eindeutig durch den Tourismus so stressig geworden sein muss. Und man sieht eindruecklich, wie schnell sich das eigene Bild von der Umgebung wieder aendern kann. Schade, dass nur wenige Aegyptenreisende in den Genuss solcher Begegnungen mit den einfachen Bauern am Land kommen, wie wir ihn hatten. Das verbreitete Bild vom schreienden Kameltreiber, der die Touristen betackeln will und seine vermummte Frau unterdrueckt, laesst sich dann naemlich nicht mehr halten. Ich bin dankbar, diese schoene Seite von Aegypten gesehen zu haben. Ich weiss jetzt, wie liebevoll die Menschen hier in ihrer Essenz sind.

Zwei Stops machten wir zur Tempelbesichtigung. Einen in Kom Ombo, einem Doppelheiligtum fuer die Krokodilgottheit und Horus, der zweite Stop fand in Gebel Silsila statt, wo der wichtigste Sandsteinbruch zur Gewinnung der grossen Tempelbausteine der alten Aegypter war. Eine nette Abwechslung zwischendurch, schoene Plaetze und kaum Leute ausser uns.

Die meiste Zeit verbrachten wir aber schauend, schlafend und dann wieder mal essend an Bord. Das einfache Essen war sehr schmackhaft. Ausserdem hatten wir es mit Gerhard total nett und lustig. Er ist nicht nur ein gespraechiges Kerlchen sondern auch seit Jahrzehnten als Reisejournalist fuer den BR taetig. Seinem Naturell als Plaudertasche und unserem Interesse folgend hat er uns viele Geschichten aus seiner Berufs- und Lebenserfahrung erzaehlt. Ja, man koennte schon sagen, dass wir in den paar Tagen am Nil Freunde geworden sind.

Unsere Captains waren auch sehr feine Typen. Ihr ohnehin sehr entspanntes Wesen hat unsere Besatzung auch durch den regelmaessigen Konsum von Ganja (=Marijuana) unterstuetzt. Das Pofeln von Gras ist hier in Oberaegypten recht beliebt und wird keineswegs als so suendhaft wie der Konsum von Alkohol angesehen. So haben die beiden immer, wenn wieder was erledigt war, 2 Riesentueten zusammengerollt und weggeheizt. Nach dem Auftackeln in der Frueh, nach jedem Essen und jedem Gebet. Und vor dem Schlafengehen eine Extraportion mit Leuten aus der Umgebung, die gerne auf einen Plausch am Boot vorbeischauen. Typische Kiffer halt, wie man sie kennt. Dafuer waren sie auch entsprechend gemuetlich drauf. Vor allem Mohammed hat auch gerne mit uns gequatscht, von seinem Leben erzaehlt und umgekehrt unseren Geschichten gelauscht. Besonders Aethiopien hat ihn sehr interessiert. Ist ja auch klar, 85% von dem Wasser, auf dem er herumschippert, kommen ja vom Tanasee in Aethiopien, wo wir noch vor wenigen Wochen waren. (Nur 15% kommen ueber den weissen Nil aus Uganda vom Victoriasee.)  

Besonders schoen und dringend noetig war fuer mich aber die Ruhe, die wir in diesen 3 Tagen und Naechten hatten. Kein Menschengedraenge, keine Schreierei, keine Touristen. Und die Weite, der freie Himmel, der Wind , die frische Luft, die Aussicht, kein enges Hotelzimmer. Gebadet haben wir im heiligen Wasser des Nils, uebernachtet an Deck. Der Vollmond, die Sonnenauf- und Untergaenge, alles war so, wie es das Herz begehrt…einfach die Seele baumeln lassen…wie ein Baby herumliegen und gewiegt werden… ahnungslos aber entspannt der Dinge harren, die da am Strom des Lebens daherkommen werden…die Fluten des Nils wegwaschen lassen, was im Laufe der Reise schon alles an den Nerven gesaegt hat.

Ein traumhaftes Erlebnis fuer uns alle, eine hoechst erfrischende, empfehlenswerte, lohnende und unvergessliche Reise, die jetzt schon nach Wiederholung schreit…irgendwann halt.

Kaum vom Boot herunten, haben wir uns aber wieder in der “normalen” und stressigen Welt wiedergefunden. Die Endstation mit der Felucca war Edfu, wo uns der Mohammed nach einem letzten gemeinsamen Fruehstueck rausgeschmissen hat. Dort steht auch der am besten erhaltene Tempel der alten Aegypter, ein Heiligtum des Horus, das gnadenlos mit Urlaubern vollgestopft ist. Natuerlich haben wir uns das nicht entgehen lassen. 

Vom Tempel weg sind wir auf eine Pferdekutsche aufgestiegen. Das Ding war mit uns definitiv ueberbeladen, was dem Kutscher aber wurscht war. So sind das Pferd und wir bei der ersten Steigung ganz schoen ins Schwitzen und in die Bedraengnis gekommen, als ploetzlich nichts mehr ging und der Rueckwaertsgang eingelegt wurde, den das Pferd halt nicht so richtig beherrscht. Der Kutscher ist vor Angst abgesprungen, waehrend wir zurueckgefahren sind und ganz cool dem bevorstehenden Umkippen des Vehikels entgegengeschaut haben. Passiert ist knapp nichts, aber wir sind dafuer gleich ausgestiegen und mit dem Bus zum Bahnhof weiter gefahren. Die zweistuendige Zugfahrt nach Luxor zeigte uns wieder die Kehrseite des Landes. Zuviele draengende, ruecksichtslose und laut herumlaermende Vertreter des Poebels auf zuwenig Raum holten uns auf den Boden der Tatsachen zurueck…so ist es halt, das Wechselbad des Lebens, nicht wahr. Der volle Tank an Freude und Liebe war aber damit nicht gleich geleert, auch wenn ich im Zug zwischendurch mal einen kleinen Ordnungsruf loslassen musste… 😉 …und so sind wir letztendlich frohen Mutes in ein Hotel in Luxor gegangen, voller Erwartung auf das, was wir hier wohl wieder erleben wuerden. In Luxor werden wir 5 Tage verbringen. Das sollte reichen,um zumindest die wichtigsten von den vielen Sehenswuerdigkeiten zu sehen, die hier in der naeheren Umgebung unseres Besuches harren.

Fotos gibts auch. Leider kann man die Einheimischen und vor allem die schoenen Frauen nicht so fotografieren, wie man wollen taet. Eh schon wissen, “Foto rauben Seele”…passt schon, wird akzeptiert.

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Der Mohammed am Steuer

Der Mohammed am Steuer

die Felucca, oben am Mast hockt der Mohammed gerade beim Abtackeln

die Felucca, oben am Mast hockt der Mohammed gerade beim Abtackeln

der Gerhard

der Gerhard

die Typen beim Heizen

die Typen beim Heizen

der Mohammed und ich

der Mohammed und ich

Zwischenstop auf der Sandbank

Zwischenstop auf der Sandbank

andere Feluccen fahren stromaufwaerts

andere Feluccen fahren stromaufwaerts

hart am Wind

hart am Wind

Sonnenbad

Sonnenbad

Jimmy am Steuer

Jimmy am Steuer

Jimmy als Smutje

Jimmy als Smutje

Cruiseships...und ahja, das Wichtigste...der Nil selber

Cruiseships...und ahja, das Wichtigste...der Nil selber

das Gefaehrt fuer den anspruchsvollen Gast

das Gefaehrt fuer den anspruchsvollen Gast

Ufervegetation

Ufervegetation

Sonnenaufgang ueber dem Nil

Sonnenaufgang ueber dem Nil

auch

auch

Fishermen

Fishermen

Kids

Kids

Wasserbueffel

Wasserbueffel

Kom Ombo

Kom Ombo

ebendort

ebendort

holy croco

holy croco

Meisen nisten im abgeschlagenen Gesicht des Horus

Meisen nisten im abgeschlagenen Gesicht des Horus

Anfahrt auf Gebel Silsila

Anfahrt auf Gebel Silsila

Pharaonischer Steinbruch im Wuestensand

Pharaonischer Steinbruch im Wuestensand

ein nubisches Dorf am Nil

ein nubisches Dorf am Nil

scheue aber nicht weniger neugierige Maedchen

scheue aber nicht weniger neugierige Maedchen

Horus Tempel in Edfu-riesebgross und gut erhalten

Horus Tempel in Edfu-riesengross und gut erhalten

Horus als Falke und ein kleiner Habibi

Horus als Falke und ein kleiner Habibi

die grossen Habibis

die grossen Habibis

3 Gedanken zu „Von Assuan nach Luxor-mit der Felucca den Nil hinunter

  1. Stefan

    Hola Hermano,

    erst mal liebe Grüße von Johanna. Und auch und vor allen von Benni. Der hat natürlich sofort wieder alle Tempel erkannt. Es ist eine Freude, was der Kerl von der Ägyptenreise letztes Jahr zu Ostern weiß. Das liegt ihm wohl im Blut.
    Eure Reise auf dem Nil war sicher sehr schön, allein vom Lesen konnte man richtig mitleben und mitgenießen.
    Auch die Begegnungen mit dem ursprünglichen Teil der Bevölkerung, mit der Liebe und Freundlichkeit sind sehr schön zu lesen. Ihr seid auf dieser Reise mit wundervollen Begegnungen gesegnet und ich wünsche Euch von Herzen, dass es so weitergehen möge. Egal ob auf englisch oder kärntnerisch.
    Alles Gute und weiterhin tolle Tage wünscht Dir
    Dein Hermano

    Antworten
  2. tomtomgo

    gerade auf dein Blog per google gestoßen, ich findeägypten echt genial und steht bei meienr Reiseplanung ganz oben auf der Liste.

    Danke für den netten Bericht…

    Antworten

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