Das ist kein Bericht ueber das deutsche “Afrika-Korps”, wie der Titel vielleicht vermuten liesse…diese Zeiten sind vorbei.
Dafuer sind wir vor ein paar Tagen in friedlicher Mission in die groesste Wueste der Welt rausgefahren; mit dem oeffentlichen Bus nach Bawiti, in der Bahariya-Oase, 5 Stunden von Kairo entfernt. Die Busfahrt war aeussert angenehm und stressfrei, die Strecke schnurgerade und ohne Steigungen, Luftlinie ist gleich Fahrkilometer. Die oede Landschaft ist dementsprechend schnell an uns vorbeigezogen.
Im Ort Bawiti angelangt haben wir gleich mal Quartier bezogen und eine 2-Tagestour in die Wueste gebucht. Eigentlich haetten wir ja mehr Zeit eingeplant, doch der Typ konnte uns nicht klar machen, worin sich das Programm von 3 Tagen zu dem mit 2 Tagen unterscheidet…
Von einer sogenannten Oase hat man ja eine romantische Vorstellung, die sich fuer mich ja noch vor ein paar Monaten in Peru tatsaechlich erfuellt hat (in Huaccachina, wo die Duenen direkt in den Dattelpalmenhain mit erfrischendem Badesee uebergehen). Wenn man nach Bawiti kommt, findet man sich in einem verdreckten, heruntergekommenen Kaff wieder, und man fragt sich, was denn hier zu tun sei. Von den angeblich 30000 Einwohnern haben wir auf einem einstuendigen Rundgang ungefaehr 15 zu Gesicht bekommen; es gibt 2 sogenannte Restaurants, die ausser ein paar ungesalzener Kartoffel nicht viel anzubieten haben,…
Entsprechend froh waren wir, als es nach einer durchgeschlafenen Zwoelf-Stunden-Nacht Richtung Wueste los ging. Schnell den Landcruiser und den Fahrer inspiziert…passt! Essen und Sprit gekauft, und los ging die Fahrt. Der Fahrer war ein aeusserst wortkarger Gesell, was ich ja definitiv lieber habe als einen quatschenden Gute-Laune-Pusher.
Die Fahrt ging ostwaerts, zuerst in die “Schwarze Wueste”, einer Sandwueste mit kleinen Bergen aus schwarzem Vulkangestein, dazwischen sandige Duenen. Irgendwann aendert sich die Geologie und Landschaft schlagartig, es ragen Felsformationen aus strahlend weissem Gestein auf – klare Sache, wir sind in der “weissen Wueste” angekommen. Diese war das klare landschaftliche Highlight, vor allem dann, als ein endloser Wald von Pilzen, Zwergen und andere Figuren sichtbar wurde, die durch die Winderosion entstanden sein muessen. Viel Theorie bekamen wir ja nicht geliefert, weil unser Fahrer ja nur das Noetigste von sich gab. Dafuer hatten wir viel Zeit zum Schauen und Staunen, und das tun wir ja am liebsten ungestoert. Man kann in der weissen Wueste stundenlang herumrennen und entdeckt immer wieder neue Formen, die aus dem glattpolierten, felsigen Untergrund herauswachsen und besichtigt oder beklettert werden wollen. Dazwischen findet man noch haufenweise metallische (leider nicht goldene) Nuggets von vielfaeltigster Form, die vom Gestein, das wohl in Sandform verweht wurde, uebrig geblieben sind. Ein riesiger Spielplatz und eine Riesengaudi fuer uns Riesenbabies…;-)
Mitten in diesem von Gottes Hand erschaffenen Skulpturenpark haben wir unser Nachtlager aufgeschlagen. Korrigiere, unser Fahrer hat das gemacht…und da haben wir erst gesehen, was den kompetenten Wuestenbewohner ausmacht. Jeder Handgriff hat gesessen, und in wenigen Minuten war ein superkommotes Beduinenlager aufgebaut, wo man sich nur noch “hinflaken” brauchte. Und als ob das nicht schon wunderbar genug gewesen waere, hat der Wunderwuzzi quasi nebenbei in affenartigem Tempo und mit hoechster Effizienz ein Essen hergezaubert, wie wir es in dieser Geschmackigkeit auf unserer gesamten Reise noch nicht bekommen haben. Ein wuerziger Hendl-Gemuesetopf mit feinstem arabischen Reis, wie ich ihn zuletzt von meinem kurdischen Freund Salam im Studentenheim aufgetischt bekam. Ich mag ja nicht so gern Hendl, seit ich die ungustioesen Viecher einen Sommer lang ausgeliefert habe, aber in dem Fall…Hallelujah, was haben wir reingehauen!
Ganz nach dem ueberall ausser in Oesterreichs Hundehaushalten geltenden Motto “Erst der Mensch, dann das Tier” hat schon wenige Meter von uns entfernt der Wuestenfuchs -mit dem Hendl und dessen hohlen Gebeinen liebaeugelnd- artig auf seine planmaessige Fuetterung gewartet. Recht aufgeregt und ein wenig ungeduldig ist er mit kleinen Schrittchen ums Lager getaenzelt. Ein echt possierliches Kerlchen, relativ klein, und zu 2 Drittel aus Ohren bestehend. Schon bald sind die ersten Knochen in seine Richtung geflogen. Die Freude waehrte jedoch nur kurz, weil gleich ein anderer Fuchs da war und die Streiterei losging. Die Schlaeue ist halt auch nur sprichwoertlich und “der Fuchs” wohl gleich bloed wie “der Mensch”. Deshalb blieben die weiteren, angeflogenen Knochen vorerst unangetastet und der Stress im Mittelpunkt.
Ganz anders fuer uns, von allem war reichlich da. Der Fahrer hat nach seiner Portion Schluss gemacht und gemeint, er will ja nicht so fett werden wie der Rest der Aegypter (wie recht hatte er, die meisten sind wirklich ziemlich blaad). Ich war aber nicht zoegerlich, noch einen halben Teller ueber den Hunger (“Nur fuer den Gusto, Nane”) zu nehmen, dann noch eine von den riesigen, suessen Orangen als Nachtisch…echt geil, nur wenige Minuten spaeter bin ich schon reumuetig am Lagerfeuer gelegen, komplett aufgeblaeht und bewegungsunfaehig! Der “aethiopische Magen” ist halt recht klein…aber schon seltsam, dass ich mich ausgerechnet in der Oednis der Wueste ueberfressen habe.
Wie dem auch sei…das Feuer hat geknistert und am Himmel stand der Mond wie bestellt genau in der Form, wie ich sie im Sueden so gerne sehe. Die Sichel steht hier nicht aufrecht so wie bei uns daheim, sondern liegt wie ein goldenes Boot waagrecht da…hier in Aegypten ist das natuerlich die “goldene Barke”, mit der der Sonnengott Ra tagsueber den Himmel und naechtens die Unterwelten durchschifft…und schon schweiften die Gedanken wieder ab durch Raum und Zeit. Der Sternenhimmel war genial, die Milchstrasse verdient hier ihren Namen noch, man sieht Millionen von Sternen, die bei uns durch den Dunst und die “Lichtverschmutzung” unsichtbar sind. So sassen (ich lag) wir da, bis aus einem der Lager in der Naehe (ja, es waren auch andere Reisende unterwegs) Getrommel und Gesang zu hoeren war. Unser Fahrer sagte nur (“My friend, lets go”) und dann stapften wir schon durch die finstere Wueste auf ein in der Ferne sichtbares Feuer zu, wo es weniger meditativ zuging. Dort sass schon eine lustige Runde bestehend aus 2 Wuestenguides und 7 Chinesen. Daheim mag ich ja so ein Lagerfeuergetrommel von den meist selbst ernannten Koennern nicht so gern, aber einer von den Beduinenburschen hat so laessig abgetrommelt und noch besser dazugesungen, dass selbst die Chinesen einen Anflug von innerem Feuer erkennen liessen. Was war das fuer eine Hetz! (Video demnaechst auf Nanes Blog…Link siehe rechts.) Auch unser Chauffeur hat zum Singen und Klatschen angefangen, wie man es kaum fuer moeglich gehalten haette. Die Stimmung war genial, das bei unseren heimatlichen Lagerfeuern uebliche Bier gab es hier leider nicht, so sehr es mir auch gemundet haette, dafuer gab es zuckersuessen Tee mit Minze, auch lecker! Dennoch hab ich gelobt, dass ich mir bei der naechsten sich ergebenden und auch wuerdigen Gelegenheit ein kaltes Bierchen vergoennen werde; hab ich doch schon fast vergessen, wie gut der Gerstensaft der trockenen Kehle tut.
Hoechst zufrieden sind wir dann in unser Lager zurueck, wo wir noch eine gute Weile Sterne geschaut haben, waehrend unser Fahrer schon gepflegt “einen abgeschnarcht” hat. Die Ruhe der Wueste und der Sternenhimmel sind sehr inspirierend. Es war recht kalt und so freuten wir uns auf unsere kuscheligen Schlafsaecke und die Uebernachtung unter freien Himmel. Wir haben gut geschlafen und ich bin erst aufgewacht, als die ersten Sonnenstrahlen meine Nase gekitzelt haben. Die Sonne hat uns schnell gewaermt, ebenso der schnell am Feuer zubereitete Tee.
Nach dem Fruehstueck fuhren wir recht rasant durch die Wueste zurueck ins Dorf Bawiti, wo wir dann noch einen Bus zurueck nach Kairo bekamen. Die Busfahrt hab ich verschlafen und schon bald kamen wir in Kairo an.
Die Wuestenerfahrung war echt laessig und unvergesslich, die 2 Tage vorerst ausreichend fuer uns. Wir hatten gesehen, was wir sehen wollten, und sind echt zufrieden und beeindruckt. Da wir unsere Weiterfahrt fuer morgen Abend schon vororganisiert haben, steht uns jetzt ein Tag mehr zum Abhaengen in Kairo zur Verfuegung, auch nicht schlecht.
Bier werd ich hier uebrigens keines trinken. Dafuer fehlt hier der wuerdige und gemuetliche Rahmen. Unser geliebtes “Fastengetraenk” gibt es hier ja nur in kleinen Shops, die fuer den Aegypter aber eine No-Go-Area darstellen, weil es das allerschlimmste waere, beim Alkohol Trinken oder Kaufen gesehen zu werden. Das verbietet naemlich der Islam. Ein gaengiges Hintertuerchen scheint es zu sein, dass man Touristen anquatscht und darum bittet, stellvertretend in den Laden zu gehen und ein paar Lagen Bier zu kaufen, weil ja ausgerechnet morgen “eine Hochzeit stattfindet”. Das passiert einem hier staendig.
Aber so ist das halt mit den Religionen…ich persoenlich bin froh und dankbar, in einem (zumindest) religioes freiem Umfeld gross geworden zu sein, das einem erlaubt, Erfahrungen zu machen, sich verschiedenste Wege anzusehen und daraus den jeweilig passenden zu (er)finden und diesen jederzeit zu hinterfragen oder anzupassen. Das wuerde ich die interessante Herausforderung der Suche nennen. Waere mir diese Freiheit nicht gegeben, wuerde ich rebellieren und mit wahrlich allen Mitteln dafuer kaempfen! Das ist aber mein persoenlicher Zugang, andere bleiben von mir unbewertet.
SO, Jetzt endlich mal Fotos:
[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]
Wa alaikum salam wa rahmatullah wa baraka tu, lieber Joerg!
Seltsam, dass eine Hochzeit als Ausrede fuer den Alk-Konsum verwendet wird, als ob das etwas am Verbot aendern wuerde… Islam und Alkohol gehen deshalb nicht zusammen, weil sich letzterer nicht mit den fuenf taeglichen Gebeten vereinbaren laesst, die zu jenen festgesetzten Zeitpunkten stattfinden, an denen die Sensibilitaet der dabei stimulierten Akupunktur-Punkte am Hoechsten ist.
Weil man sich seine Religionszugehoerigkeit zum Islam nur mit Gott allein ausmacht und sich nirgendwo anmelden muss, ist die Bandbreite der Einhaltung und Ausuebung der formalen Praktiken wohl ebenso gross wie jene der inneren Befindlichkeit, ganz zu schweigen von so unterschiedlich ausgerichteten Modellen wie jenen der Sunniten, Schiiten, Zwoelferschiiten, Wahabbiten, Ismailiten, Hanbaliten etc. oder poltisch motivierten Gruppierungen, die den Islam fuer ihre Interessen benuetzen und im uebrigen nahezu zur Gaenze auf die 1928 von Hassan al Banna in Aegypten gegruendete, feudalistisch auftretende, s.g. Muslim Brotherhood rekurrieren, die religioesen Fanatismus (Fundamentalismus waere falsch, das Fundament des Islam ist eigentlich etwas anderes) als politisches Werkzeug zur Destabilisierung einsetzt und sich bis auf den Einfluss britischer Interessen bei der Installation der Bahai’i-Religion gegen Ende des 19. Jahrhunderts, nachdem sich der persische Qajar-Shah an Russland zu orientieren begonnen hatte, zurueckverfolgen laesst.
Wie dem auch sei, prinzipiell wird jeder, der sich selbst als Moslem deklariert auch als solcher akzeptiert, ungeachtet davon, ob er die Gebete gar nicht oder berauscht verrichtet.
Soziale Aechtung des Alkohols ist wohl zu einem grossen Teil auch ein kulturell bedingtes Phaenomen, das z.B. auch im mehrheitlich christlichen Ghana extrem ausgepraegt und wohl auch auf die Tatsache zuruckzufuehren ist, dass der Rauschmittelerwerb im Angesicht einer zu grossen Teilen keineswegs gesicherten Mindestversorgung mit Grundnahrungsmitteln als entbehrlicher Luxus gesehen wird.
Lass dir aber deinen Gusto auf dein Bierle nicht verderben, vielleicht findest du bald wieder einen wuerdigen und gemuetlichen Rahmen dafuer vor, notfalls musst du halt einen Zwischenstopp in der alten Heimat einlegen, hier ist es so gemuetlich, dass sogar noch ueberall brav die cancer sticks einverleibt werden…bis aufs Griensteidl, Herr Ingenieur…
be-es-slemma, gruess mir den Wuestenfuchs, bon voyage
gan pas solo
Hola, oder Salam!
Also ehrlich, Ägypten zieht mich schon mehr als Äthiopien!
Bin 2003 mit Frau+Tochter zw. Luxor und Assuan (einfach als ganz gewöhnlicher Tourist) den Nil rauf und runter gefahren – war aber mit all den Besuchen sakraler Orte auch sehr beeindruckend.
Tja, mit eurer Art zu reisen kann ich da freilich nicht mit, so lasse ich mir einfach die Softversion via Internet quasi ins Büro liefern – auch nicht schlecht
Hoffe, es geht euch gut, schauts ja ganz passabel drein, also besteht offenbar kein Grund zur Sorge (mehr).
Ich wünsche euch weiterhin eine wunderbare Reise – mit und ohne feste Ziele – und, daran erinnere ich (mich) am heutigen Tag 5 KAT in Maya im Besonderen – baut weiter am großen Netzwerk …
Hasta la proxima
Hans