In der letzten Nacht vor der Abfahrt aus Dahab hatte ich einen sehr bewegenden Traum, den ich hier für mich und den etwaigen Leser festhalte und so meine Verletzungspause ein wenig ausfülle.
…Es findet ein großes Familientreffen im weiteren Kreise statt. Es ist ein bunter Haufen, der da mit all den verschiedenen Lebensgeschichten und Weltbildern zusammenkommt. Leider ist in der Vergangenheit die Konfrontation mit „dem Anderen“ innerhalb der Familie nicht immer einfach und ohne Konflikte abgelaufen. Die Fronten waren dabei wohl immer wieder dieselben und sind ziemlich offenbar. Aus der Erfahrung heraus bemüht man sich im Großen und Ganzen, gewisse Gesprächskonstellationen und -themen zu vermeiden, um den vorprogrammierten und schon oft durchgemachten Konflikten und der Ohnmacht und Hilflosigkeit, mit der man ihnen gegenübersteht, aus dem Weg zu gehen. Doch der Frieden ist höchst labil, da vieles, was sich im Laufe der Zeit aufgebaut hat, im Untergrund schlummert und ans Licht will.
In diesem Zusammentreffen bin ich (mehr in der Rolle des Zuschauers) dabei, als sich in einer Gesprächsrunde eine heikle Thematik ergibt, wo die verschiedenen Akteure voll in ihre typische Rolle einsteigen. Die Stimmung wird hitziger bis dann schließlich die Fetzen fliegen, es wir geschimpft und beleidigt, manche ziehen sich wortlos zurück. Es bleibt ein Trümmerhaufen und wieder einmal weiß man nicht, wie man damit umgehen soll.
Die eher gefühlsbetonten Familienmitglieder sind sehr betroffen, traurig, fassungs- und fast kopflos, handlungsunfähig und paralysiert. Auf der anderen Seite gibt es Überheblichkeit und Selbstgefälligkeit, Schuldzuweisungen, Koalitionen, einen Sündenbock,…allerhand Grauslichkeiten, an denen sich die trennenden Kräfte gerne nähren. Die uralten Spannungen mussten sich also wieder einmal entladen, einem alten Muster und einem ewigen Rhythmus folgend…
Doch diesmal ist etwas anders. Für alle wahrnehmbar melden sich die Altvorderen aus dem Reich der Verstorbenen, die Ahnen, zu Wort. Mit all ihrer Autorität, mit Strenge und Bestimmtheit mahnen sie ein letztes Mal zum Frieden. Sie haben es zwar zu Lebzeiten teilweise auch nicht besser gewusst und haben somit auch ihren Anteil an dem Unfrieden, doch aus ihrer jetzigen Perspektive sehen sie die Zusammenhänge der Ereignisse und Konstellationen. Sie sehen klar, wie einzelne Akteure zum Instrument der trennenden Kräfte gemacht und von diesen missbraucht werden. Es ist für sie ein furchtbares Geschehen, unter dem sie leiden und das sie nicht mehr länger mit ansehen wollen. Sie wollen sich mit all ihrer Erfahrung als Helfer zur Verfügung stellen, vorausgesetzt, dass sie auch als solche erkannt und gehört werden.
Im Fall meines Traumes wird die Hilfe voll Dankbarkeit, Vertrauen und Hoffnung angenommen und die Streitparteien wurden für den arbeitsreichen und anstrengenden, aber auch lohnenswerten Friedensprozess gewonnen…
Dann bin ich aufgewacht, emotional sehr bewegt von dem haut- und wirklichkeitsnah Erlebten. Sofort nach dem Erwachen, als ich noch gar nicht richtig bei mir war, ist mir die klare Botschaft gekommen, dass der Traum ein Gleichnis ist für ein Geschehen, das sich im großen Maßstab genauso abspielt.
In den Tagen davor habe ich mich ja nicht zuletzt aufgrund unserer Reiseroute und der besuchten Örtlichkeiten viel mit Moses und der gemeinsamen Wurzel der drei abrahamitischen Religionen auseinandergesetzt. Während bei meinen Betrachtungen eher das Gemeinsame im Blickfeld steht, so fokussieren die Medien und die Leute im tagtäglichen Gespräch vor allem bzw. ausschließlich das Trennende… Der ganze Nahe Osten leidet seit langem unter dem Konflikt der Araber und Israeli. Aber es ist ja nicht nur hier und jetzt so, Die Geschichtsbücher gehen nur so über mit Kriegen, die sich zwischen den abrahamitischen Bruderreligionen und den durch sie geprägten Völkern und Kulturkreisen über Jahrhunderte abgespielt haben. Und wie es auch im kleinen Maßstab gilt, so sind das Leid und die Hilflosigkeit bei Konflikten innerhalb der Familie besonders groß. Um es bildlich und mit ein wenig Humor darzustellen: Moses, Abraham und co müssen ja nur so rotiert haben in ihren Gräbern, bei all dem, was sie schon mit ansehen mussten.
Geht man einen Schritt weiter und betrachtet so wie ich die gesamte Menschheit als Familie, dann ist die Thematik des Geschwisterstreites weltweit in voller Dramatik gegeben.
Es gibt wohl genug Menschen, die mit dem Begriff einer weltweiten Familie gewisse Schwierigkeiten haben mögen. Doch dass wir als Bewohner desselben Lebensraumes, unserer Mutter Erde, einer großen Schicksalsgemeinschaft angehören, das kann wohl keiner abstreiten. Und es scheint so, als ob sich das Schicksal von uns Erdenbewohnern ziemlich zuspitzen würde. Wie in meinem Traum gibt es große Schwierigkeiten und die damit verbundene Hilflosigkeit sowie in weiten Kreisen fehlendes Know-how für den Umgang mit den Nöten. Und es gibt ein großes Sehnen nach einer Wende. Es war in meinem Traum eine große Wende, als die alten Weisen mahnend aber auch hilfreich auftraten. Und es war und ist ein sehr tröstlicher Gedanke für mich, dass dies auch in einem weltweiten Kontext so sein könnte oder gar schon passiert. Wer also immer sie auch sein mögen, die hilfreichen und wohlwollenden Weisen. Ich möchte sie für alle Fälle hiermit auch schriftlich eingeladen haben, sich zu erheben und uns Menschen den Weg in eine würdigere Zukunft zu weisen.
Klingt wie ein Traum, nicht wahr?! War ja auch einer…aber ein sehr träumenswerter Traum. Wer mich kennt, der weiß, dass ich in meinem Grundwesen sehr bodenständig bin, also kein großer Träumer. Aber ich erlaube es mir zwischendurch einer zu sein. Und manchmal werden Träume auch wahr, wie auch der kleine Traum von meiner Reise, die ich in den letzten Monaten machen durfte. Und ich habe jenseits des Persönlichen noch viel größere Träume…
Es gibt in der Geschichte genug eindrückliche Beispiele für ganz große Träume und Wunder, die Wirklichkeit werden durften. Martin Luther King hatte einen Traum…40 Jahre später wurde Obama Präsident. Die deutsche Wende jährt sich heuer zum zwanzigsten Mal, undundund…
Also, wer immer da draußen an Träume und deren Verwirklichung glauben will, sei dazu ermutigt…They may say you’re a dreamer, but you’re not the only one!
Lieber Jörg!
Weltbild: Krieg und Frieden. Warum zuerst Krieg, Opfer, Erschöpfung, dann brüchiger Frieden?
Nationenbild: Das selbe Muster.
Familie: Die beste Basis Frieden zu leben, Frieden zu stiften. Konflikte sind unvermeidbar abe, der Umgang damit (ohne zu verleugnen oder zu unterdrücken) ist entscheidend, ob sie eskalieren oder sich beruhigen lassen.
Ruhe, Einsicht, Geduld, Beharrlichkeit sind Helfer.
Alles Liebe Georg
Jörgele,
Ich freue mich für dich, dass du so viel herumkommst und so viel von der Welt entdecken kannst. Mich hat der Biotop-Alltag wieder und ich bin gerade dabei Ex Mitarbeiter im Sub anzuwerben.
Schade, dass wir uns nicht mehr von deiner Äthiopien Reise sehen konnten, hoffe wir werden das nachholen!
Genieße es, lieber Jörg. Es sei an dieser Stelle ganz fest an dich gedacht. Alles Liebe,
Matthias