Irgendwie hat sich auf meiner Reiseroute eine Möglichkeit zum Zwischenstopp auf den Fidschi-Inseln ergeben und auch Wolfram hat beschlossen, dass er mich gerne noch hierher begleitet, bevor er dann ohne mich seine Weiterreise nach Argentinien antritt. Immerhin hörte man von allen Leuten im nahen Australien und Neuseeland, wie schön es auf Fidschi sein soll und dass man sich einen Kurztrip dahin zu den billigen Flugtarifen nicht entgehen lassen sollte. Fidschi-Werbung sieht man überall auf den Flughäfen und es wird mit Klischees und dem paradiesischen Image nicht zurückgehalten…Sonne, Meer, Strand und freundliche Menschen…diese Bilder versteht doch jeder.
Hatte ich in Neuseeland noch gerade die Erfahrung gemacht, was es heißt, irgendwo ohne große Erwartungen hinzufahren und dann ganz reich beschenkt zu werden, so war das in Fidschi also von vornherein gar nicht möglich, weil die Erwartungen hier ganz klar sind. Es sollte aber anders kommen als erwartet, wie es halt im Leben oft so ist…
Wir sind am Abend am internationalen Flughafen auf der größten Insel des Landes angekommen, der in der 30.000 Einwohner zählenden Stadt Nadi liegt – auf den ersten Blick ein typisches, vor sich hin gammelndes, tropisches Loch, das den meisten Reisenden nur als Basis zur Weiterreise auf andere, kleine Inseln dient. So war es auch unser Plan, am nächsten Morgen möglichst bald auf eine der Inseln rauszuschiffen und dort eine Woche gemeinsam zu verbringen, bevor sich unsere Wege wieder trennen sollten. Also sind wir in ein beliebig und schnell ausgesuchtes Quartier gegangen – wir würden dort eh nur ein paar Stunden schlafen.
Aber da haben wir die Rechnung ohne den Wettergott gemacht. Bei einem schnellen nächtlichen Spaziergang durch unser nahe gelegenes Stadtviertel ist schon ein verdächtiger Wind aufgekommen und ich habe zu Wolfram gemeint, dass da wohl ein ordentliches Wetter kommen dürfte. Und so war es dann auch.
Fidschi wurde von einem verheerenden Sturmtief getroffen, wie es die Leute hier nach eigenen Angaben noch selten erlebt haben. Wir wurden in der Nacht aufgeweckt, als der Wind den Regen gegen unsere undichten Fenster peitschte und Wolfram schon in einem halben Sumpf gelegen ist. Draußen haben sich die Palmen im Sturm nur so gebogen und man hat kaum sein eigenes Wort verstanden vor Lärm. Uns war gleich klar, dass da mit Bootfahren am nächsten Tag nichts laufen wird. Der Sturm mit Dauerregen hat ganze sechs Tage angehalten, wurde bald zum Zyklon erklärt (das ist ein Wirbelsturm und nicht ein einäugiger Riese) und hat hier auf der Insel verheerende Schäden angerichtet. Das Stadtzentrum und ein Großteil der Umgebung wurde ein paar Meter tief überflutet, viele Menschen verloren ihr Heim, in den Supermärkten ist alles leergehamstert, es gab weder Strom noch Wasser und es herrschte Ausgangsverbot aufgrund von Plünderungsgefahr. Wir hatten Glück mit unserer Quartierwahl, da wir in einer Gegend gelandet sind, wo das Wasser gut abrinnt und wir so unsere Allerwertesten im trockenen hatten.
Es kamen hier immer mehr andere Ausländer an, die von irgendwelchen Inseln mit dem Hubschrauber evakuiert worden waren, und es herrschte eine gewisse Atmosphäre von Auffanglager. Viele ließen sich schnell ihre Flüge umbuchen, die Preise dafür sind gleich in utopische Höhen geschnellt und die Termine haben aufgrund des Wetters eh nicht gehalten. Überall herrschte Aufregung. Bei vielen der Ausländer hat man gemerkt, wie schnell sie die Nerven verlieren und in Panik verfallen, wenn nicht alles planmäßig läuft, und wie sehr sie auf ihre kleinen Problemchen fixiert sind, während ein paarhundert Meter weiter die Leute verzweifelt um ihre Häuser kämpfen. Die Einheimischen hier sind ein so starker und positiver Menschenschlag, dass sie auch in der größten Not nicht den Mut und sogar den Humor verlieren – sehr beeindruckend. Das kenne ich auch von den Leuten in Guatemala…die Mentalität in armen Ländern ist da ganz anders als in unserer westlichen Welt, wo der Mensch gewohnt ist, sich über Versicherungen eine vermeintliche Sicherheit zu kaufen, die es hier nicht (und auch sonst nirgends) gibt.
Naja, nachdem ich in den vergangenen Wochen immer zur rechten Zeit am rechten Ort war, war für mich in dem ganzen Chaos sofort klar, dass für uns in Fidschi halt statt den geplanten Aktivitäten ein intensives inneres Geschehen am Programm stehen wird und dass das schon so seine Richtigkeit hat. Es war klar, dass der Sturm Tage dauern würde, so hab ich mich in aller Ruhe in unser Zimmerchen zurückgezogen und in Klausur begeben, ein paar Tage gefastet, nachgedacht, gelesen, die Wahrnehmung nach innen gerichtet und die vergangene Zeit revue passieren lassen. Wolfram hat sich die innere Ruhe etwas härter abringen müssen, aber auch er hat sich bald den Umständen ergeben und ist auch ganz ruhig und ausgeglichen geworden.
Ich war zuerst ein bisschen an die Situation erinnert, die ich mit Nane vor drei Jahren in Usbekistan hatte. Seit den damals durchstandenen, intensiven inneren Erfahrungen von Samarkand verstehe ich, dass man manchmal durch auf den ersten Blick widrig aussehende Bedingungen in eine Phase der Ruhe und des Rückzuges gezwungen werden muss, um so zu lernen, sich neu zu positionieren und für den kommenden Weg vorzubereiten und zu stärken.
Genau das haben wir hier auf Fidschi gemacht und es ist definitiv ein guter Ort dafür. Viele Menschen sagen, dass hier einer der zentralen Energiepunkte unseres Planeten sein soll – das Nabelchakra der Erde und eine Gegend von besonders hoher Einstrahlung von kosmischer Lichtenergie. Viele Menschen sehen ja die Chakren als Energiewirbel und gewirbelt hat der Zyklon hier ausgiebig. Der Wind bringt Ausgleich und Regen bedeutet immer Reinigung. In diesem Sinne habe ich mich auch mit der Kraft der Elemente und des Ortes verbunden und dabei auch meine persönlichen Einsichten gewonnen. In der Zeit der Ruhe konnte ich einiges in mir sortieren.
So haben wir das Beste aus der Situation gemacht. Fasten, innere Bewegung und dazu auch ein dem Platzangebot angepasstes sportliches Workout, damit wir nicht einrosten hier. Verhungert oder verdurstet sind wir auch nicht und die Seuchengefahr in unserem Quartier war gebannt, nachdem das Duschen im Regen sich als sehr effizient erwiesen hat und wir Wasser für die Klospülung mit Kübeln aus einem nahe gelegenen Swimmingpool holen konnten. Für uns war es nicht schwer, die eigene Situation mit Humor zu nehmen. Wie angespannt die Lage derweil für die Einheimischen war, war uns dabei doch jederzeit bewusst und ein paar der unten stehenden Bilder, die mir jemand gegeben hat, zeigen es auch.
Mittlerweile beruhigt sich die Situation wieder ein wenig, es gibt wieder Strom und wir werden wohl hoffentlich planmäßig am Donnerstag abreisen können. Fidschi war zwar nicht das, was wir uns erwartet hatten, aber das braucht ja sowieso nicht der Maßstab sein. Für mich war es eine ganz wichtige und wertvolle Zeit der Ruhe hier. Inseln und Strände habe ich in meinem Leben schon genug gesehen und es werden noch mehr auf meinem Weg liegen. Es kann auch nicht immer die Sonne scheinen auf dieser Welt der Polarität, aber wir sollten sie möglichst in uns und aus uns selber scheinen lassen – das ist uns hier auch gut gelungen. Ich bin dankbar dafür, dass wir hier wieder gut rauskommen und so viel Positives mitnehmen können, wenn auch ganz anders als gedacht. Und ich wünsche den netten Fidschianern, dass der Schrecken der letzten Tage in diesem ohnehin armen Land nicht zu lange nachwirken muss.
Mit der Abreise von Fidschi geht auch der gemeinsame Reiseabschnitt mit Wolfram zu Ende. Wir hatten eine echt gute Zeit miteinander und einen sehr guten Austausch. Danke dir dafür, mein lieber Freund, möge sich dein Weg durch diese deine Reise gut weiteröffnen!
Deshalb schlafe ich so gern in meinem eigenem Bett oder in einer vernünftigen Unterkunft auch wenn es nur kurz ist 😉 Oder man legt sich schnell ein eigenes zu 😛 Naja aber in den Regionen wohl nicht möglich 😉 Daher bin ich für solche Tripps auch nicht gemacht 😀 Muss vorher schon wissen, wo ich penne und das es sich um eine bessere Unterkunft handelt!