Also, wie schon gesagt: von Honiara, der Hauptstadt, fährt man nicht ungern weg. Es ist laut, zu viele Menschen und zuwenig Natur – eine Stadt eben. Unser erster Ausflug sollte uns in die Western Province führen, wie der Name schon sagt eine Inselgruppe im Westen des Landes, nahe der Grenze zu Papua Neuguinea. Die Western Province ist bekannt als die schönste Gegend des Landes. So befindet sich dort zum Beispiel die berühmte Marovo Lagoon, die größte Lagune der Welt, mit ihren unzähligen von türkisem Wasser umgebenen Inseln.
Schon beim Hinflug sind wir mit unseren Nasen an den Fenstern geklebt und haben auf den wunderbaren Inselteppich hinunter geschaut. Nachdem wir mit unserer fliegenden Kiste vor (nicht in – siehe Foto!) der Provinzhauptstadt Ghizo gelandet sind, haben wir Kurs auf die Insel Kolombangara genommen – ein riesiger, aus dem Meer herausragender Vulkan und eine der regenreichsten Gegenden des Landes. Kolombangara heißt in der Sprache der Einheimischen soviel wie „Gott des Wassers“. Für Delia liegt dort eines der drei Zielgebiete ihrer Felduntersuchungen, die sich jeweils in den klimatischen Bedingungen unterscheiden. Die Bootsüberfahrt war schon schön, man fährt zwischen idyllischen Inselchen durch, die alle von Korallenriffen umgeben sind, und so ganz nebenbei angelt man sich ein paar Thunfische ins Boot. Letztere wurden sogleich nach unserer Ankunft im Dorf Hunda gegrillt und mit Kokosnüssen gereicht und verspeist, noch bevor es zur offiziellen Begrüßung durch die Dorfältesten kam, was eigentlich im Protokoll eines jeden Dorfbesuches in dieser Weltgegend hier der erste Programmpunkt wäre. Zu dieser ist es dann auch noch gekommen, aber das eigentliche Willkommenssymbol war für mich, als noch vorher ein Weißkopfadler ganz nahe über uns kreisend auf uns heruntergeschaut hat. Dieser herrliche Vogel sollte sich in der ganzen Woche danach nicht mehr blicken lassen.
Das traditionelle Hunda war unsere Station für die nächsten sechs Tage, von wo aus Delia ihre Forschungsstreifzüge in die bis weit auf die Vulkanhänge hinaufreichenden Felder unternehmen sollte. Die Bewohner Hundas und ihre Stammesbrüder der zwei benachbarten Dörfer trotzen unter teils schwierigen Bedingungen dem wild wuchernden Urwald ihre so genannten „Gärten“ ab und bauen dort verschiedene Früchte und Wurzeln nach traditioneller Art zum Eigenverzehr an. Die Dörfer zählen jeweils zwei- bis dreihundert Einwohner und es gibt genug Nahrung für alle, alleine der fischreiche Ozean würde schon ausreichend zum Überleben hergeben.
Delia hatte genug zu tun. Da sie als erste Projektbeteiligte in die ihr zugeteilten Gebiete kommt, heißt es für sie immer erst einmal einen Gesamtüberblick über die Landnutzung und die Problemstellungen in Hinblick auf Boden und Wasserhaushalt zu bekommen. Ich war bei einigen ihrer Ausflüge dabei und habe mir den Regenwald und die Gärten in aller Ruhe (aber auch nicht ganz ohne Sachkenntnis ;-)) angeschaut. Die Bewohner dieser Gegend haben von den Fehlern gelernt, die andere vor ihnen gemacht haben, und als Landeigentümer der Rodung des Waldes einen Riegel vorgeschoben. Sie verzichten damit zwar auf schnelles Geld, das sie von ausländischen Firmen bekommen könnten, dafür haben sie kaum Probleme mit Erosion etc…
Auf unseren Besuchen in den Nachbardörfern ist uns unabhängig voneinander deutlich aufgefallen, wie sehr sich die Leute und die Atmosphäre in den einzelnen Dörfern unterscheiden, obwohl alle vom selben Stamm sind und aus derselben Tradition kommen. Und da sei gesagt, dass wir in Hunda richtiges Glück hatten. Die Menschen führen ein sehr einfaches Leben mit Fischfang und Ackerbau, man lebt in Palmblatthütten ohne Strom. Das ist in den anderen Dörfern auch so, die Bewohner von Hunda macht aber ihre noch freundlichere Art, ausgezeichnete Manieren, gutes Englisch und ein erstaunlich hohes Bildungsniveau aus, auf das sie auch zu Recht stolz sind. Von den Kindern bis zu den alten Menschen bis hin zum Pfarrer und dem Chief (Häuptling) haben sich alle rührigst um uns gekümmert. Wir hatten eine echt schöne Zeit mit den Menschen und haben an diesem abgelegenen Ort viele neue Freunde gefunden. Es gab einen schönen Austausch und viel Interesse an den Geschichten aus dem jeweilig anderen Kulturkreis. Man muss dazu sagen, dass die Leute im Umgang mit Ausländern auch schon ein wenig geübt sind, da immer wieder Projektteams in die Gegend kommen und in Hunda untergebracht sind.
Ich hatte ein wenig mehr Zeit zum Genießen, Schwimmen und Sozialisieren, aber auch für Delia war es ein wenig Urlaub mit einfachem Leben in einem schönen, traditionellen Dorf und dazu zwischendurch Strand und Sonne. Sie und ihr Kollege Jules sind planmäßig und zufrieden nach einer knappen Woche abgefahren, während ich beschlossen habe, noch eine Woche in der Western Province zu bleiben. Die Freunde in Hunda haben mir angeboten, dass ich gerne noch zwei Tage bei ihnen bleiben könne, und ich habe das genauso gern angenommen.
Die Religion spielt im Dorf so wie überall hier im Land eine große Rolle, im konkreten Fall sind die Vorväter vor ca. einhundert Jahren den Methodisten beigetreten. Ahnen- und Krokodilstotemkult wurden vom Christentum abgelöst. An meinem letzen Tag fand der Schlussevent einer Spendensammelaktion für die örtliche Kirche statt, wo alle Leute versammelt waren und ein beträchtlicher Betrag gesammelt wurde, zu dem ich auch gerne was beigetragen habe. Eigentlich habe ich das in aller Stille gemacht, jedoch wurde das vom Pfarrer gleich voll hinausposaunt. Dem aus Ghizo angereisten Kirchenchef hat das so getaugt, dass er mich für meine kommenden Tage eingeladen hat, Gast in seinem Haus in Ghizo zu sein. „You will be my son for the next couple of days!” Auch nicht schlecht.
Damit war aber der Christlichkeit noch nicht Genüge getan. Als Draufgabe an diesem Tag wurde ich noch gebeten, am Abend für die Dorfgemeinde die Fotos von meiner Israelreise herzuzeigen, die sich der Pfarrer vorher schon einmal gemeinsam mit mir angeschaut hatte. So wurde Sprit für einen Generator aufgetrieben und ca. 150-200 Leute haben sich versammelt, um meinem Vortrag beizuwohnen. Die Leute waren enorm interessiert an den Bildern aus dem Heiligen Land und die Fragestunde danach hat sich noch lang in die Nacht hineingezogen. Eine große Freude, wenn man den Menschen so leicht etwas zurückgeben kann, von denen man vorher selber so reich mit Gastfreundschaft beschenkt wurde. Der Chief hat mir danach gedankt und mir gesagt, dass er mich am nächsten Morgen persönlich mit seinem Boot nach Ghizo (ca. eine Stunde Bootsfahrt pro Richtung) bringen wird und ich nicht mit dem öffentlichen Boot fahren brauche.
Am nächsten Morgen bin ich früh aufgestanden, um meine Sachen zu packen und mich in Ruhe vom Platz zu verabschieden, bevor das Alltagsleben erwachen würde. Es war echt fast schon kitschig, als fünf Delfine direkt vor meiner Nase in die kleine Bucht herein und wieder hinaus ins Meer geschwommen sind. Mit dem Adler sind wir gelandet und mit den Delfinen bin ich gegangen. Die Natur war da draußen sowieso stets sehr nahe und der Kolombangara hatte während der ganzen Woche mehrmals täglich und noch beeindruckender in der Nacht Regen, Blitz und Donner geschickt.
Bei unserer Abfahrt waren dann noch einmal Dutzende Leute da, um sich zu verabschieden und von beiden Seiten der Bucht haben uns die Leute noch eine Weile nach gewunken. Wie schon ein paar Mal auf dieser Reise war es die wunderschöne Erfahrung, als Fremder wohin zu kommen und liebevoll in eine Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Danke den schönen Menschen in Hunda, und vielleicht sieht man sich ja einmal wieder – es wäre mir eine große Freude!
nice 😉
Schoener Bericht- danke!
Welchen Tieren begegnet man auf diesen Inseln?
Freuen uns, dass es dir gut geht!
Alles Liebe
muma
wunderschön, da bekomme ich wieder ganz starkes Reisefieber, wenn ich mir deinen Bericht so lese und die Fotos dazu ansehe – lass es dir gut gehen und genieße……….