Nachdem ich von Hunda nach Ghizo gekommen war, musste ich mich erst einmal wieder an die Anwesenheit von mehr als ein paar Dutzend Menschen gewöhnen. Ghizo ist aber eh nur eine kleine und eher verschlafene Provinzhauptstadt. Tagsüber gibt es einen Markt, wo vor allem Fische, ein paar Früchte und die allgegenwärtige Betelnuss verkauft werden – letzteres ist eine berauschende Nuss, die von den meisten Islanders bei jeder Gelegenheit auf recht ungustiöse Weise gekaut wird und sichtlich gute Laune macht. Der Preis für die gute Laune sind aufgrund des angeregten Speichelflusses voll gespuckte Straßen, durch die rote Farbe unansehnliche Gebisse, fallweise Krebsgeschwüre und offensichtlich Millionen von geglätteten Hirnwindungen.
Eigentlich sollte Ghizo ja auch ein Touristenzentrum sein, wenn man den Werbeheften des nationalen Tourismusinstitutes Glauben schenkt. Hier gäbe es auch, mehr noch als im Rest des Landes, ein gewisses Tourismuspotential – die Einheimischen sind sehr nett und die Natur, speziell das Meer und die Riffe samt Bewohnern, ist von einzigartiger Schönheit. Touristen trifft man jedoch keine, es gibt auch nur zwei kleine Hotels, die leer sind. Der Tourismus in den Solomon Islands ist kaum wahrnehmbar. Die Preise für Hotels etc. sind im internationalen Vergleich und in der Relation zum Einkommensniveau im Land unverschämt teuer. Das und die Tatsache, dass es vor ein paar Jahren auf der Hauptinsel Guadalcanal noch ethnische Unruhen mit internationaler Medienpräsenz gab, dürften wohl die Hauptursachen dafür sein, dass die Gäste ausbleiben. Schade für die Wirtschaft – gut für mich. Denn ich hatte kein Problem damit, dass ich in jener Woche neben einer Handvoll NGO-Vertretern (diverse Umweltschutz- und Forschungsorganisationen) wohl der einzige Ausländer in Ghizo war.
Und es war auch noch mein Glück, dass der WWF in den bunten Korallenriffen Forschung und Naturschutz betreibt. Delia hat mich mit einem Freund bekannt gemacht, der das örtliche WWF-Team leitet. Sein Name ist Shannon, er stammt aus Papua-Neuguinea und er ist ein sehr interessanter und netter Mann. Er hat gleich gemeint, dass er mich gerne mit zum Tauchen nimmt, wenn ich in Ghizo bin. Er und seine Freunde kennen die besten Spots und fahren sowieso jeden Tag raus. Super!
Shannon hatte während meiner Zeit in Ghizo ziemlich viel Administrationsstress und keine Zeit zum Tauchen. Dafür haben mich seine einheimischen Kollegen mitgenommen und mit denen hatte ich nicht nur ein paar unvergessliche Tauchgänge (unglaublich viel Fische, Haie usw…), sondern auch über Wasser eine sehr nette Zeit. Ein gemeinsames Bierchen nach dem Tauchen gehört ja auch dazu. Shannon war bei letzterem gerne dabei und so hatte ich auch noch Gelegenheit, ihn besser kennen zu lernen und mich mit ihm über viele Dinge auszutauschen. Er hat auch eine interessante Lebensgeschichte und wir haben uns prima verstanden.
Genächtigt habe ich ja, wie schon angemerkt, in der Kirche. Reverend Maka ist ein sehr guter Gastgeber und es war schön, gemeinsame Stunden mit ihm und seiner Familie zu verbringen, gemeinsam zu essen und über Gott und die Welt zu reden. Maka ist nicht nur der örtliche Pfarrer, sondern sein nächster Karriereschritt wird die landesweite Führung seiner Kirche (Methodisten) sein, die vor allem im Westen der Solomons vorherrschend ist. Seine eigene Geschichte, sein großes Herz, seine für einen solomonischen Kirchenführer große Weltoffenheit und sein unbeugsamer Glauben an das Positive und die transformierende Kraft des Glaubens waren für mich sehr inspirierend und wir hatten einen spannenden Austausch in unseren Gesprächen, die oft bis in die späte Nacht dauerten. Sehr schön, danke!
Somit hatte ich in Ghizo nicht nur schöne Urlaubstage, ich habe auch wieder neue Freunde gewonnen, mit denen ich bestimmt in Kontakt bleiben werde. Nach insgesamt zwei Wochen in der Western Province bin ich sehr zufrieden wieder zurück nach Honiara geflogen.