Treffen mit Father Paddy

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Soweit-sogut, immerhin haben wir uns bis in das kleine Dorf Dimeka vorgekaempft, ohne zu wissen, was uns dort erwartet oder was wir dort zu tun haben werden.

Wir haben gepennt wie die Murmeltiere und sind so um 10:30 aufgewacht. Als man unsere Lebenszeichen bemerkte, kam die Haushaelterin und sagte, dass wir zu Father Paddy kommen sollten, der auf der Terrasse sitzt. Wir trafen einen sehr netten, baerenhaften Typen an, ruhig, gelassen, aber sehr kommunikativ und offen. Father Paddy ist auch aus Irland und betreut seit 5 Jahren die katholische Mission in Dimeka. Er gehoert dem selben Orden an wie Father John, eine Kongregation, die Missionen in allen Ecken der Welt betreibt. Paddy war ein sehr beliebter Barkeeper in London, bevor er beschloss, Priester zu werden und in die Welt rauszuziehen.

Als Freunde von Freddy wurden wir aeusserst warmherzig von ihm in Empfang genommen. Wie auch Father John hat Paddy eine supergute erinnerung an Freddy, dessen berufliche Veraenderung fuer sie anscheinend ein grosser Verlust war, wie sie sagen.

Wir sassen auch gleich beim Mittagessen, dass wirklich perfekt zubereitet war, die Koechin ist seit 24 Jahren im Hause taetig und weiss, was der hungrige europaeische Magen so braucht. Paddy machte uns Vorschlaege, was wir da draussen gemeinsam mit ihm oder auch anderen Leuten tun und anschauen koennten. Als erstes, meinte er, sollten wir mit zu seiner Hamer-Familie in einem benachbarten Ort kommen. Die Hamer sind der am weitest verbreitete Stamm im Sueden Aethiopiens und ein sehr stolzes Volk, dessen Lebensgrundlage die Rinderzucht darstellt. Der Ort Dimeka liegt mitten im Gebiet der Hamer. Paddy hatte am Beginn seiner Zeit dort ein laengerfristiges Projekt im nahegelegenen Ort Janko abgewickelt, wo er im Laufe der Zeit in eine ansaessige Familie integriert wurde. Er bekam dort sein eigenes Haeuschen gebaut und verbrachte viel Zeit dort, lernte die Sprache und die Kultur der Leute. Die Familie und den Ort unterstuetzt er bis heute, sogut er kann. So half er zum Beispiel in der errichtung eines kleinen Ladens zur Versorgung der Leute mit dem Notwendigsten mit.

Wir hatten die Ehre und das Vergnuegen mit Paddy zu seiner Familie rausfahren zu duerfen. Er faehrt ein paarmal in der Woche dorthin, diesmal mit einer neuen Waage fuer den Verkaufsladen. Fuer uns sollte diese persoenliche und untouristische Begegnung mit den Leuten die essentielle Erfahrung der Tage im Busch werden. Mittlerweile fahren ja auch schon jeepweise die Touristen da hinaus, um die Menschen der vielen bunten Staemme zu begaffen und zu fotografieren. Wir hatten dank dieses Kontaktes die Moeglichkeit, direkt in das familiaere Geschehen Einblick zu bekommen.

Wir fuhren also in das Dorf, das ja in unserem Sinne keines ist, nur ein paar Rundhuetten im Nirgendwo. Sobald wir auftauchten , kamen viele Leute aus der Umgebung daher, um Paddy zu begruessen und uns kennenzulernen. Die Leute sind sehr warmherzig, auch wenn man ihre staendig wiederholenden Begruessungsfloskeln nicht versteht. Paddy zeigte und erklaerte uns den Laden und die Haeuser am Compound. Dann wurden wir in die Rundhuette gebeten, wo das gesamte familiaere Treiben stattfindet. Es hiess dabei Kopf einziehen, da in ca. 1,5 m Hoehe eine Decke als Lagerraum eingezogen ist. In der Huette ist ein kleiner Arbeitsbereich abgeteilt, woe in bestaendiges Feuerchen brennt. In der Huette steht der Rauch, die Decke ist russig, was vor dem Schaedlingsbefall schuetzt. In der Huette ist die Frau die Chefin, waehrend die Maenner draussen auf das Vieh schauen. Wir nahmen auf einer einfachen Lehmbank Platz, die Atmosphaere war sehr gemuetlich, in der Huette ist es angenehm kuehl und dunkel, waehrend draussen die Sonne gnadenlos herunterbrennt. Der aelteste Mann eroeffnete das Zusammensein rituell mit der Segnung des Kaffes, den die Frau in halben Kalebassen direct vom Feuer reichte. Alles folgt dabei strengen regeln, die uns Paddy auch nebenbei erklaerte. Schliesslich nahmen wir einen Schluck von dem eher teeaehnlichen Gebraeu. Sehr gut! Das Gespraech entwickelte sich ungezwungen und natuerlich. Die Leute lachen viel, manchmal fragt man einfach oefter hintereinander, wie es so geht, wie es anderen Leuten geht, nicht viel wirklich wichtiges ist zu redden, man ist einfach nett zueinander. Fuer uns ergeben sich viele Fragen, die gerne beantwortet und uebersetzt werden. Es werden Fotos gemacht, den Leuten taugt es sich selber im kleinen Fernseher zu sehen. Ein junger Mann dreht und wendet die Kamera vor seinem Auge, um dem Phaenomen der bunten Bilder auf den Grund zu kommen…fuer mich lustig zu beobachten.

In der Huette herrscht ein staendiges kommen und Gehen von Familienmitgliedern und Freunden aller Altersstufen, alles sehr natuerlich und ungezwungen. Wir fuehlen uns sehr wohl. Auch die Kommunikation ist locker, sagt man was, ist es recht, sagt man nichts- genauso gut. Ganz easy halt. Wir sitzen stundenlang da, haben Spass, und kriegen gar nicht mit, wie die Zeit vergeht. Hinter dem Vorhang liegt eine junge Frau mit ihrem gesunden Neugeborenen, der Vater ist sehr stolz. Ich habe ein kleines Geschenk fuer den neuen Erdenbewohner aus der Tasche gezaubert.

Paddy wickelt noch die geschaeftlichen Dinge ab. Er wird fuer die gelieferten Waren mit Perlenarmbaendern und Geld gezahlt. Die Leute sind sehr sehr stolz auf ihr Kunsthandwerk, Paddy verkauft das Zeug in Irland und laesst das Geld wieder zurueckfliessen..

Nach abgewickeltem Geschaeft singt die Familie ein paar traditionelle Gesaenge fuer Paddy und uns. Es werden dabei keine Instrumente gespielt, nur geklatscht. Der Vater beginnt zu intonieren, die anderen Stimmen ein. Dabei wird ein staendig wiederholender Rhythmus gechantet, waehrend die Solisten daruebersingen. Die alte Frau, die bisher nichts gesagt hat, reibt ihre Armreifen rasselartig aneinander und singt inbruenstig. Die Huette vibriert, afrikanische Viration pur, dass es einem die Ganselhaut ueber den Ruecken jagt und die Traenen aus den Augen treibt, so schoen ist es.

Es laesst sich in Worten nicht beschreiben, welche grosse Qualitaet von Liebe und Familiaritaet (gibt es dieses Wort?) wir in dieser einfachen Huette im afrikanischen Busch erfahren haben. Dankbar fuer diese Begegnung, beruehrt, gefuellt und genaehrt verlassen wir den Ort. Die Leute winken uns noch lange nach. Wir fahren wieder ins Dorf, dem Sonnenuntergang entgegen, der in Afrika schoener ist als irgendwo sonst auf der Welt. Unglaublich, was wir erleben duerfen. Man ist auch nachdenklich und fragt sich, was diese Menschen noch haben, was uns irgendwo im ganzen Theater der “Zivilisation” abhanden gekommen ist. Die Fotos sehen wir uns noch den ganzen Abend an. Wir haben ein geniales Abendessen und nette Gesellschaft von Paddy. In der Ruhe des Abends hoert man noch aus verschiedenen Seiten die Leute im Busch die selben Gesaenge singen, wie wir sie in der Huette gehoert hatten. Es ist beinahe schon kitschig. Dankbar pennen wir in, wissend, dass der Nachmittag unsere essentielle Erfahrung und Begegnung mit dem urspruenglichen Afrika war, die man so gar nicht suchen sondern nur geschenkt bekommen kann.

Paddy hat uns einen vielversprechenden Programmvorschlag fuer den naechsten Tag gemacht, den wir dankbar angenommen haben. Auch beschlossen wir, schon am uebernaechsten Tag eine Mitfahrgelegenheit zurueck nach Arba Minch wahrzunehmen, da es klar war, dass wir das wichtigste gesehen und gefuehlt haben. Fuer uns war es nicht wichtig moeglichst viele verschiedene Staemme zu besuchen, wie das fuer die meisten Touristen zutrifft. Wir hatten auch nicht den Wunsch mehr Zeit da draussen zu verbringen, so schoen es auch ist. Als erfahrene Reisende wissen wir, dass wichtige Erfahrungen und Schluesselerlebnisse nicht viel Zeit brauchen und auch in wenigen Augenblicken geschehen koennen. Kein Anhaften, nur ein Abspeichern der Essenz im Herzen! Unser “Erfahrungssack”, wie ich es gerne nenne, wurde an diesem Tag erheblich gefuellt. Vielen Dank den Hamer-Leuten, Father Paddy und dir, lieber Freddy.

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2 Gedanken zu „Treffen mit Father Paddy

  1. Stefan

    Hola Hermano,

    wundervolle Erzählungen von Deinen/Euren Erlebnissen. Interessante Übereinstimmung: Vor ein paar Tagen (11.12.) habe ich in einem Kindergarten eines meiner Weihnachtsprogramme gespielt. Da kommt auch ein Teil über Afrika drin vor. Mit einem afrikanischen Lied. Glaub mir, ich singe das Lied in dem Programm seit 10 Jahren, aber es ist mir noch sie lebendig und ergreifend vorgekommen wie da.

    Und jetzt lese ich von den Gesängen für Euch in der Hütte bei Euren neuen Freunden. Da hast Du mich wohl mit eingeladen.
    Ich bin sehr froh und dankbar über die Berichte und Deine Reise. Manuela ist heute für 5 Tage nach Reith zu Norbert gefahren. Sie wird sich sicher schon auf die Erzählungen aus Ägypten freuen.
    Weiterhin alles Gute und viele schöne Begegnungen.
    Stefan

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  2. Fredd

    hi burschen, freut mich sehr dass es mit john & paddy so gut geklappt hat, eure begegnung mit der Hamer familie ist sehr schön beschrieben, ich kann es mir bildlich vorstellen, bin ja auch einmal dort gehockt. ich wünsche euch eine gute weiterreise in den sudan, liebe grüsse freddi

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