Weihnachten in Lalibela

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Nach einer wahrlich Stillen Nacht sind wir gut erholt aber erst sehr spaet zu uns gekommen.

Als Einstieg fuer den ersten Tag haben wir beschossen, zu einem nahe der Ortschaft gelegenen Kirchlein zu gehen, um uns erst einmal einen Ueberblick von oben und etwas Ruhe zu goennen, bevor wir in den naechsten Tagen zur eigentlichen Attraktion des Ortes, den Felsenkirchen, gehen wuerden.

Zuerst gingen wir mal auf die Strasse hinaus, um bei Tageslicht festzustellen, wo wir da gelandet sind. Lalibela ist zwar DIE Touristenattraktion des Landes, aber der Ort sieht ueberhaupt nicht so aus. Extrem abgelegen und nur ueber eine staubige Schotterpiste zu erreichen, liegt der Ort auf ueber 2600 Meter Hoehe. Ca 8000 Menschen leben hier, der Ort ist ein kleines Schulzentrum fuer die umliegende Gegend. Die meisten Touris fliegen hierher, weil die Anfahrt viel zu anstrengend und lang ist wie wir festgestellt haben. Im Ort gibt es nicht viel Nettes, ausser den Menschen selbst. Kein richtiges Kaffe, kein gscheites Restaurant, nur ein paar verstaubte Buden und sehr mittelmaessige Hotels. Viele Pilger und Bettler praegen das Strassenbild. Touristen sieht man auf der Strasse bis auf 2-3 Individualreisende ueberhaupt keine, dadurch bekommen wir viel Aufmerksamkeit von den Einheimischen, fast zuviel.

Wir haben gleich nach dem Aufstehen noch das Hotel gewechselt, weil in der Frueh immer noch kein Wasser da war und die Typen von der Rezeption sich nichts geschert haben. Das andere Quartier war zwar lumpiger, dafuer gab es Wasser.

Ruhebeduerftig wie wir waren, haben wir uns also auf die Wanderung zu der Kirche am Berg gemacht, raus aus dem Dorf. Die umliegende Landschaft ist von grosser Schoenheit, ueberall Terrassen und Kulturland, dahinter aufragende Tafelberge, auf der anderen Seite das weite Land. Der Weg fuehrte uns durch diese Landschaft, dabei wurden wir von einer immer groesser werdenden Gruppe von Schuelern begleitet, die auf dem kilometerlangen Heimweg von der Schule waren. Mit den netten Kerlchen hatten wir einen Riesenspass, und sie noch mehr mit uns. Alle auch noch so kleinen sprechen hier ein bisschen Englisch, das fuer eine einfache Konversation reicht. Kommunikativ sind hier sowieso alle, die Burschen zumindest, von Maedchen wird man nicht angequatscht, die sind zurueckhaltend, auch die groesseren und erwachsenen. Auffallend ist, dass man das Alter der Knaben immer unterschaetzt, weil diese im Wachstum mit unseren Kids nicht mithalten koennen. So kommt es duernd vor, dass man einen 14jaehrigen fuer 10 schaetzt. Die Erwachsenen sind dennoch gross…keine Ahnung wann die dann wachsen.

Die Burschen haben uns bis zu ihrem Dorf, welches auf halbem Weg liegt, begleitet und uns viel von ihrem Alltag erzaehlt. In den Schulklassen sind hier ca 80 Schueler, unterrichtet wird in 2 Schichten, weil es soviele Kids und sowenig Raeumlichkeiten gibt. Unterrichtssprache ist in den meisten Faechern Englisch. Dadurch haben hier alle einen sehr guten Wortschatz, grammatikalisch hapert es aber oft ziemlich. Die Unterrichtsmittel sind knapp, die Hefte voll und die Kugelschreiberminen leer. Deshalb wird man auch immer diesbezueglich angebettelt. Bildung wird von allen sehr wichtig genommen, die Kinder sind voll ehrgeizig und haben grosse Traeume bezueglich Beruf und Zukunft. Als wir die Ortsgrenze erreichen, wird uns aber sehr eindruecklich vor Augen gefuehrt, wie hier teilweise mit den Kindern umgegangen wird.

Ein Waechter steht da mit einem Stock und einer Kalaschnikoff, nd als er sieht, dass die Kinder uns umgeben, schreit er wild heru m. Wie von der Tarantel gestochen rennen die ca. 20 Burschen von uns weg und zu dem Mann hin. Er schreit sie wild an, sie knien sich in Reih und Glied vor ihm hin und kassieren ein paar Faustschlaege auf den Hinterkopf. Wir trauen unseren Augen nicht und machen dem Typ schnell klar, dass er damit aufhoeren soll. Dafuer werden wir angeschnauzt, die Burschen rennen lachend davon. Wir sind betroffen und gehen weiter. Gleich sind unsere Freunde wieder da und wir entschaedigen sie ein wenig fuer die “Unannehmlichkeiten”.

Der Weg fuehrt uns weiter zu der Felsenkirche, die aus einem felsigen Bergruecken herausmodeliert wurde. Ein Moench sperrt uns auf und zeigt uns da einfache Innere. Wir sind aber vie mehr von der Landschaft um und der Lage dieses magischen Ortes beruehrt und setzen uns noch fuer einige Zeit mit dem Moench auf das felsige Dach der Kirche, wo wir die Stille und Weite der Landschaft geniessen, ein wuerdiger Weihnachtstag. Dankbar wandern wir in den Ort zurueck.

Die 2 Tage dannach vebrachten wir groesstenteils in den Felsenkirchen des Ortes, die von der Unesco zum Weltkulturerbe gezaehlt werden. Tatsaechlich sind die Kirchen aber keine Touristenattraktion, sondern ein hoechst lebendiger Ort der Religionsausuebung der Einheimischen. Eine eigene Welt, in die man da eintaucht, jenseits von Raum und Zeit.

Jenseits von Raum, weil man in ein quasi unterirdisches Labyrinth von Wegen und Tunnels abtaucht und sich in 3 Dimensionen bewegt, staendig Neues entdeckend. Moenche und Nonnen ziehen gleichsam wie die Weihrauchschwaden um die Ecken und durch die engen Gaenge. Die Kirchen sind sehr unterschiedlich und jeweils einzigartig, von unglaublicher schoenheit und Eleganz, einfach beeindruckend. Das Licht faellt je nach Tageszeit unterschiedlich ein und faerbt die Raeume innen und den roetlichen Felsen aussen magisch ein.

Jenseits von Zeit fuehlt man sich, weil die Kirchen und Menschen sowie ihre uralten Gesaenge und Rituale wohl noch so aussehen wie vor 1000 Jahren, als Koenig Lalibela die 11 Kirchen aus dem monolithischen Felsen herausformen liess. Die Menschen zelebrieren hier mit hoechster Hingabe ihren Glauben, stundenlang dauern die Messen mit Gebet und Gesang. Apropos Zeit:Forscher haben festgestellt, dass wohl ca. 40000 Menschen mit der Errichtung beschaeftigt gewesen sein muessen. Die Einheimischen sind aber bis heute sicher, dass die Kirchen in einer einzigen Nacht von Engelshand geschaffen wurden.

Wie auch imer, fuer uns waren es 2 fantastische Tage in den Kirchen und darum herum. Wir sind in eine alte, mystisch-magische Welt eingetaucht, einfach faszinierend. Die Leute -ob alt oder jung – begegnen einem in den Kirchen mit sehr viel Offenheit, Freundlichkeit und Respekt. Und das, wo sich die meisten der wenigen Touristen einfach daneben benehmen, halbnackt in die Kirchen reinrennen und den Moenchen sogar bei der Messe mit der Kamera aus naechster Naehe ins Gesicht blitzen, dass diese fast blind werden. Wir haben uns jedoch um ein dezentes Auftreten bemueht und sind behutsam eingetreten, mit viel Ruhe und Zeit. Die Leute haben sich wie ueberall ueber unsere Namen gefreut (die wichtigste Kirche in Lalibela ist auch meinem Patron, dem Giyorgis, geweiht, ein Grund, warum ich schon vor Jahren auf Lalibela aufmerksam wurde), Priester haben uns die Tueren aufgesperrt, obwohl wir ohne Fuehrer unterwegs waren, und einer hat mich sogar gefragt, ob ich denn auch ein Priester sei, so wuerdevoll war wohl unser Auftritt… 😉

Nach 3 Tagen Kirchenatmosphaere beschlossen wir aber, wieder ins weltliche Geschehen einzusteigen, und haben uns Bustickets fuer die Weiterfahrt am naechsten Morgen gekauft. Wir verabschiedeten uns in hoechster Dankbarkeit und Zufriedenheit von Lalibela und seinen Menschen, von denen uns nach 3 Tagen wohl schon die meisten vom Sehen her kannten. Weniger dankbar waren wir fuer die Floehe, die uns aus den Kirchenteppichen angesprungen sind und uns hunderte Bisse zugefuegt haben. Hoffentlich, dachten wir, bleiben die in Lalibela und reisen nicht mit uns weiter…

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2 Gedanken zu „Weihnachten in Lalibela

  1. Stefan

    Hola Hermano,

    wir haben uns sehr amüsiert über die Berichte und Eure Busfahrten. Der Bericht über die Kirchen in Lalibela ist sehr beeindruckend. Ich habe im Internet über Weihnachten viel dazu gelesen und eine Menge imponierender Fotos gefunden. So durfte ich wieder ein wenig an Eurem Abenteuer teilhaben.
    Weiterhin eine gute und geschützte Reise.
    Stefan

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  2. vera

    happy new year euch zweien! viele abenteuer und aufregende momente wünsch ich euch. aber immer vorsichtig sein, geh!?

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