Die Halbinsel Sinai ist ja ca. gleich groß wie Österreich, auch wenn sie nur als ein kleiner Zipfel an Afrika dranhängt. Auch wenn das Land in der Geschichte sehr umkämpft war und auch in den letzten Jahrzehnten zweimal den Besitzer gewechselt hat, handelt es sich doch nur um eine unwegige und zerfurchte Steinwüste. Heute ist der Sinai vor allem für den Tourismus bedeutend, zigtausende Touris fahren jährlich hierher ans Rote Meer. Im Landesinneren leben die Beduinen, ein eigener arabischer Stamm, von der Viehzucht und immer mehr von Wuestentouren.
Seinerzeit hat sich hier aber was abgespielt, das den Großteil der jetzigen Weltbevölkerung und auch uns Europäer maßgeblich beeinflusst hat, zumindest wenn man den Legenden glaubt. Ich tu das natürlich, weil ohne Legenden wäre das Reisen nur halb so interessant…
Wie wir als Bibelkundige wissen, hat Moses im Exil auf Sinai zuerst mit Gott über den brennenden Dornbusch kommuniziert, ist dann nach Ägypten zurück um die Israeliten abzuholen, und dann am Weg nach Kanaan kam er wieder hier vorbei, um am Berg Sinai die 10 Gebote zu empfangen. Auch das leckere und nahrhafte Manna ist hier vom Himmel gefallen.
Historisch ist die Figur des Moses bis heute nicht belegt, die ganze Geschichte basiert auf dem alten Testament. Moses gilt als der Begründer und Wegbereiter unserer Eingottreligionen (Christentum, Islam, Judentum), denen heute ein wenig mehr als die Hälfte der Menschen angehören. Eine immens wichtige Figur also…
Die Historiker und Archäologen haben ja viel herumspekuliert, wann sich die Geschichte von Moses und dem Auszug der Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft abgespielt haben könnte. Ich lese gerade ein spannendes Buch dazu, welches die biblische Geschichte mit der des alten Ägyptens sehr interessant vernetzt.
Während die Historiker mit gutem Recht alles hinterfragen (ist ja ihr Job), sind sich anscheinend die Gläubigen etwas einiger, zumindest was den Ort der Begebenheiten anbelangt. So wurde schon 330 nach Chr. eine Kapelle an dem Ort errichtet, wo der brennende Dornbusch stand. Später wurde die Basilika „Zur Verklärung Christi“ (Verklärung ist wohl so was wie Erleuchtung!? Bleibt nur die Frage offen, was denn Erleuchtung ist.) und das Katharinenkloster errichtet, darum herum eine Festungsmauer. All das steht heute noch und ist ein viel besuchter Magnet für Pilger und noch viel mehr für strandmüde Touristen vom Roten Meer.
So oder so sind auch wir hingepilgert, immerhin hatte ich schon daheim einiges über das Kloster gehört, was mein Interesse geweckt hat. Wir haben einen Tag eingeplant, um das Kloster zu besuchen und den Berg Sinai, der gleich dahinter aufragt, zu besteigen.
Die Fahrt ging ca. 150 Kilometer durch eine tolle Wüstenlandschaft. Wir kamen zum Kloster und haben mit Entsetzen festgestellt, dass da schon viel zuviel Leute herum waren. Es ist zwar keine Saison hier jetzt, aber die Massen haben die meterdicken Klosterwände fast zum Bersten gebracht. In den schmalen Gängen herrscht ein Gedränge, dass man es mit der Angst zu tun bekommt. Man wird dabei einen Pfad folgend entlang gedrängt, der zuerst durch die Basilika führt und danach zum einst brennenden Dornbusch, der – wie die Bibelkundigen wissen – ja immer noch steht, weil ihn das Feuer ja nicht verzehrt hat. Ein ganz eigenartiges Treiben spielt sich da in den heiligen Mauern ab, Gott sei Dank nur 5 Mal in der Woche für drei Stunden. Die Touris kommen ja, obwohl das Kloster in den um diese Jahreszeit saukalten Bergen liegt, in der Badehose daher und müssen erst einmal mit ein paar Tüchern eingewickelt und klostertauglich gemacht werden. Danach schiebt sich die Meute murmelnd durch die Kirche, welche mit wunderbaren Ikonen, Mosaiken und Kunstwerken aus vielen Jahrhunderten ausgestattet ist. Ein paar der 20 (zu den besten Zeiten waren es 300-400) griechischen Mönche beobachten das Geschehen. Aus der Kirche raus wälzt man sich dann zum Dornenbusch, der aus einer ca. zwei Meter hohen Einfriedung raus wächst, und soweit der durchschnittliche Besucher hinauflangen kann, abgefleddert ist bis aufs letzte, da jeder versucht, sich ein Blatt zu krallen. Das haben wir auch mit Staunen beobachtet. Lustig, das manche erst beim Raufspringen und Abstreifen der leeren Zweige feststellen, dass der Dornbusch auch Dornen hat, die die vom Meerwasser geweichte Haut schmerzhaft aufritzen… 😉
Ich bin ja sowieso kein Freund von Klöstern, meistens bekomm ich da das Grausen und die Beklemmung in den alten muffigen Gemäuern. Hier war ich besonders froh, wieder raus zu kommen, weg von den vielen Leuten!
Der Klosterbesuch war aus meiner Sicht eine Pleite und die Fahrt nicht wert. Umso mehr hab ich mir von der Bergwanderung danach erwartet. Und diese entschädigte wahrlich für das Klostertheater. Die Mühe der Bergbesteigung macht sich nämlich fast niemand. Nur in der Nacht soll der Berggipfel voll gesteckt mit Leuten sein, die sich von den Touranbietern und Reiseführern einreden lassen, dass man den Berg unbedingt nächtens erklimmen soll, um den Sonnenaufgang danach zu sehen.
Wir gingen tagsüber rauf, was den nicht zu unterschätzenden Vorteil hat, dass man was sieht und nicht all zu kalt hat. Kalt war es auch so, aber die rund 3400 Steinstufen bis zum 2300 Meter hohen Gipfel haben uns schon aufgewärmt. Nach ca. 1,5 Stunden sind wir oben angekommen, außer uns war niemand da. Die Aussicht ist super, die Landschaft rundherum spektakulär. Oben stehen eine verschlossene Kapelle und ein Häuschen, wahrscheinlich zur nächtlichen Erstversorgung von unterkühlten Wanderern in Badehose. Wir haben ca. 4 Stunden mehr oder weniger alleine am Gipfel verbracht. Nur ein paar Wenige sind auf- und wegen der Kälte und des Windes gleich wieder abgetaucht. Wir haben die Aussicht und die Ruhe genossen. Ich habe der Geschichte um den großen Wegbereiter und Wanderer Moses gedacht und bin irgendwann auf einer großen Steinplatte liegend eingeschlafen. Eine schöne Kärntnerjause mit Speck und Hirschenwirschtln haben wir uns auch vergönnt, ein würdiges Mahl in alpiner Tradition an einem würdigen Ort. Zufrieden und gestärkt von Jause und dem schönen Ort haben wir uns vor Sonnenuntergang an den Abstieg gemacht, auf dem wir schon knapp unter dem Gipfel an zahlreichen, plötzlich aus dem Boden gestampften Labestationen und Souvenirständen vorbeikamen. Vorboten des wohl weniger würdigen nächtlichen Treibens, wo hunderte Lärmende in der Dunkelheit den Gipfel bevölkern, zumüllen und zukacken.
Höchst freudig sind wir im Tal angekommen und wieder Richtung Dahab gefahren. Es war ein super Tag und ein schöner Ausflug auf den Berg, der in seiner Heiligkeit und Schönheit die von Menschenhand geschaffenen Gemäuer bei weitem in den Schatten stellt…wie sooft. Moses ist ja auch in die Stille der Natur gegangen um die Stimme Gottes zu hören.
Die heilige Ruhe genieße ich jetzt auch wieder am und unter Wasser. Jetzt sind wir schon seit einer Woche hier, der Nane bringt gerade die Judith zum Flughafen und wird wohl schon ein wenig traurig sein. Ich hab von den beiden ja nicht soviel gesehen, aber soweit ich mitbekommen habe, hatten sie eine super Woche gemeinsam. So soll es sein! Und wenn der Nane jetzt auch noch keine Lust zum Arbeiten verspürt, dann freut er sich sicher schon auf das einstige Heimkommen und das Wiedersehen mit der Judith. Herumgebusselt haben sie ja soviel, dass es für eine gewisse Zeit reichen könnte… 😉 Schaumer mal, wie lang! Ich bussel hier höchstens meinen Kopfpolster und brenne umso mehr auf weitere Reiseerlebnisse, die bald folgen werden, wenn wir erst ausgeruht und wieder aufgepackt sind. Demnächst in diesem Kino, Inshallah!
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Lieber Hermano,
das war mal wieder ein herrlicher Bericht. Ich weiß ja, dass Du mich in Gedanken mit auf den Berg genommen hast und ich habe das Gefühl, das habe ich heute gespürt. Die Fotos sind toll, wenngleich es sehr kalt aussieht. Ich freue mich schon auf die nächsten Berichte.
So, jetzt gehe ich mit Benni Carrerabahn spielen, er hat sein mal wieder aufgebaut.
Ich wünsche Dir schöne Tage und tolle Erlebnisse.
Stefan
jaaaa! es war sehr schön und sehr lustig an eurer reise-wenn auch kurz- teilzuhaben. sehr gerne wieder.
bibbernde grüsse aus wien von der judith – auch an deinen kopfpolster
my wife is packed up and she leaves me …
…
poor me, the isarelite
…
nit traurig sein nane und beste grüße an euch beide !!
Danke für den Berg Sinai…
die kraft des platzes kann man beim lesen des berichtes förmlich spüren…danke und viel liebe!
muma
Joergele, joergele, jetzt bin ich wieder am Laufenden, hab’ alle Berichte gelesen und alle Fotos geschaut, viel gelacht und geschmunzelt, ueber paaast und Dein Kaertnerisch-Sprechen mit den Einheimischen (die Geschichte dazu ist mir sofort eingefallen…) und Euch beneidet, nicht nur wegen der Hirschenwirschtln…. Von mir bekommst jedenfalls einen Kuss – Ulli wird’s mir verzeihen – aus einem Land, wo die Kuesserkoenige sich um den Weltrekord des sich-lange-kuessens streiten….
In 14 Tagen reisen wir nach Nuweiba und besuchen dann von dort aus das Katharinenkloster – sind gespannt – der Reisebericht ist sehr gut geschrieben, interessant und aufschlussreich – die Fotos eindrücklich! Dürfte ich noch den Titel des erwähnten Buches wissen, das die biblische Geschichte mit der des alten Aegyptens vernetzt.
Besten Dank!