“Nemsa good, Nemsa“ – von Jerusalem nach Damaskus

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23.3.09.: Heute war wieder einmal Reisetag angesagt. Unser Ziel war es, von Jerusalem aus nach Syrien zu fahren. Da dieses Land mit seinem Nachbarn in einem ständigen Unfrieden steht, wird grundsätzlich jedem die Einreise untersagt, der schon mal in Israel gewesen ist. Es gibt in Syrien aber einiges zu sehen, vor allem auch ein Volk, das für seine Freundlichkeit und Gastfreundschaft weit bekannt ist. Die Hauptstadt Damaskus soll ja überhaupt eine der schönsten Städte des Nahen Ostens sein. Einige Gründe also, die Reise nach Syrien zu wagen.

Dass mit einem Israelstempel im Pass nichts gehen würde, haben wir gewusst. Das wissen aber auch die Israeli, und wenn man sie anbettelt, dann kriegt man den Stempel auch nicht in den Pass sondern auf ein Extrapapier. Das ist uns zumindest gelungen. Weiters wurde uns gesagt, dass man ja alles, was auf einen Besuch in Israel hinweist, verstecken oder noch besser gar nicht mithaben sollte, falls es zu einer Gepäckskontrolle kommt. Wir haben unser Gepäck und alle Hosensäcke durchforstet und alle möglichen Sachen weggeschmissen, das meiste eh nur Müll. Des weiteren haben wir uns für eine etwaige Befragung eine Geschichte zusammengereimt, was wir in den letzten Wochen getan haben. Und dann haben wir uns noch hinter die Ohren geschrieben, dass wir jetzt wieder mit „Salaam“ und nicht mit „Shalom“ zu grüßen haben, das wär nämlich der ärgste Fauxpas und ein sicheres Rückfahrticket.

So haben wir uns auf den Weg gemacht, zuerst mit dem Araberbus bis zur Grenze, nach einer Stunde Weiterfahrt nach Amman. Amman ist eine Riesenstadt, die kaum ein Ende zu haben scheint. Weil sie aber nicht besonders sehenswert sein soll, haben wir uns nicht aufgehalten und ein Sammeltaxi organisiert, das uns gemeinsam mit 2 Landsmännern Gaddafis für wenig Geld nach Damaskus bringen sollte. Unser Fahrer ist bis zur Grenze verdächtig oft stehen geblieben und in irgendwelche Shops entlang der Strecke gegangen, bei denen massig Taxi- und Busfahrer aus- und einwuselten. Warum? Das sollte sich noch herausstellen…

Bei der Grenze ging es relativ einfach. Wir hatten zwar in allen Reiseführern gelesen, dass an der Grenze normal kein Visum ausgestellt wird, und es einfach auf „gut Glück“ versucht. Mit dem Risiko, unter Umständen abgewiesen zu werden und wieder den ganzen Weg mit allen Barrieren und Kosten zurück nach Israel fahren zu müssen. Ja, die Auseinandersetzung mit möglicher Zurückweisung und Misserfolg führt nie zum Erfolg, das gilt in vielen Lebenssituationen. Heute waren wir erfolgreich, denn es hieß wieder einmal wie schon so oft: „Nemsa, good, Nemsa!“ Ein Spruch, über den wir uns schon länger amüsieren und den wir in den arabischen Ländern die ganze Zeit hören, denn hier sind wir Österreicher (Nemsa heißt Österreich) recht beliebt. Vielleicht weil der Hitler aus Österreich gekommen ist, den mögen die weniger gebildeten Menschen zusammen mit andern Diktatoren der Geschichte ja oft nicht ungern. Vielleicht aber auch, weil wir ein neutrales Land sind, dass mit niemandem aneckt und seit Jahrzehnten schweigsame Regierungschefs hat, die den Ball möglichst flach halten und nie ihre Pappn aufmachen. Vielleicht aber nur deshalb, und das wäre der schönste Grund, weil wir im Großen und Ganzen (oder sagen wir im Bundesdurchschnitt) keine unguten Typen sind. Wie auch immer, wir haben auch noch nicht ausprobiert, wie beliebt wir sind, wenn wir mal kein Geld mehr eingesteckt haben. In diesem Sinne soll es ruhig noch länger „Nemsa good“ heißen.

Wir bekamen also ein Visum und konnten einreisen, die Zöllner hatten gerade einen Tee in der Hand und überhaupt gar keine Zeit für irgendwelche Kontrollen. Da hätten sie aber weniger uns erwischt als vielmehr unseren Fahrer. Denn ein paar Kilometer hinter der Grenze hielt der wieder an, diesmal im nirgendwo, wo schon eine Rostschüssel und ein paar Typen auf uns warteten. Ein paar Minuten dauerte es, dann waren aus diversen Verstecken in unserem Auto so viele Zigarettenstangen hervorgezaubert, dass zwei riesige Plastiksäcke dafür kaum ausreichten. Die Typen nahmen die Tschigg entgegen und lachten lauthals. Das war also des Pudels Kern, illegale Nebengeschäfte!

Es fällt mir übrigens auf Reisen auf, dass Vermieter und Chauffeure aller Art oft astreine Repräsentanten der Unterwelten sind. Taxifahrer sind sowieso weltweit Betrüger, das ist normal. Aber das Wort „Unterweltler“ bezieht sich manchmal auch nur auf die Ausstrahlung oder die Erscheinung eines Menschen, die ja auch mit der energetischen Konstellation zusammenhängen mag. Ich registriere das dann immer mit Humor und denke mir einfach, dass das wohl gut ist, wenn ein Fahrer einen „guten Draht“ zu den immateriellen Unterwelten hat, und dass sich daraus auch ein guter Schutz aus eben diesen Welten ergibt, den man gerade beim vielen Herumfahren dringend braucht.

Die Araber rauchen sowieso soviel, dass einem echt das Grausen kommt. Und in diesem Fall stimmt die Verallgemeinerung! Unser Taxifahrer hat auch alles daran gesetzt mich mit seinem Rauch zu quälen, dazu kam ein Gedudel aus den Boxen, dass mir gleich noch mehr übel wurde. Erst als ich bei 150 km/h auf der Autobahn das Fenster auf- und nicht mehr zugemacht habe, ist mir leichter geworden, weniger Rauch und Rauschen statt „Gesang“.

Was waren wir froh, als wir nach diesem anstrengenden Reisetag nach Damaskus kamen. Irgendwann haben wir ein schleissiges Zimmerchen gefunden, alle Hotels hier sind ausgebucht. Dazu haben wir noch registriert, dass unser Gepäck im Kofferraum des zweiten Taxi, das uns dann in der Stadt zum „Hotel“ gebracht hat, wieder mal in einer Benzin- oder Ölpfütze gelegen haben muss. In Damaskus regnet es noch dazu und es ist kalt und ungemütlich, das Hotelzimmer ist eine Katastrophe, wie sie ärger nicht sein könnte. Dennoch gehen wir davon aus, dass in den nächsten paar Tagen die Belohnung für den anstrengenden Weg hierher auf uns warten wird. Einen Weg, den nur wenige Reisende in dieser Form absolvieren. Es gibt nur sehr wenige Leute, die beide Länder besuchen, und in dieser Reihenfolge macht es wohl so gut wie niemand. Wir haben es geschafft und es hat sicher irgendeinen Grund, warum es sich durch Guntis Besuch und meine Verletzung für uns so ergeben hat, dass wir zuerst nach Israel fahren mussten, bevor wir nun hierher konnten.

Wir haben uns übrigens die Frage gestellt, ob man nur den Zöllnern oder auch den normalen Leuten verheimlichen muss, dass man in Israel war. Ich hab gleich mal den Test mit dem Taxifahrer gemacht und ihm gesagt, dass wir gerade aus „Palästina“ kommen, dabei hab ich das Land eh beim araberfreundlichen Namen genannt. Was dem dann durch den Kopf gegangen ist, kann ich nicht sagen, aber meine Worte konnte er wohl in keiner Weise einordnen. Er hat nur dumm dreingeschaut und langsam gestammelt: “Pa…le…stine????????“

Ja, so ist das hier, wo die Grenzen leider noch echte Grenzen sind. Wir haben heute zwei davon hinter uns gebracht. Fotos gibt´s davon keine, die wären auch nicht spektakulär…

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