In Damaskus ist Gott sei dank alles relativ übersichtlich, obwohl es sich um eine 5 Millionen Einwohner Stadt handelt. Die interessante Altstadt ist mit einer alten Stadtmauer umgeben und nicht zu groß. Es gibt nur eine Hand voll echter Sehenswürdigkeiten und es geht mehr darum, das gesamte Feeling aufzunehmen und über die bunt duftenden Märkte zu spazieren. Vorab sei schon mal gesagt, dass die Syrer wirklich sehr freundliche Leute sind, die freundlichsten Araber, die uns bisher begegnet sind, knapp gefolgt von den Jordaniern und weit vor den Ägyptern. Die Freundlichkeit der Leute korreliert natürlich immer gegenläufig zum dem Grad der touristischen Erschließung, und in Syrien ist nicht viel los verglichen mit den anderen genannten Ländern. Das liegt auch daran, dass der George W. Bush Syrien noch zu den Schurkenstaaten gezählt hat. Tatsächlich geht es hier sehr ruhig zu und die Leute freuen sich über Besuch aus dem Ausland.
Als Touristen fühlen wir uns hier sehr wohl. Das Essen sucht seinesgleichen und ist super günstig, überall begegnet man hilfsbereiten, interessierten und netten Leuten. Also wurde uns nicht zuviel versprochen. Damaskus ist eine sehr belebte Stadt und interessant für den Besucher. Vor allem, wenn man frisch aus Europa eingeflogen kommt, hat man sicher tolle Eindrücke an jeder Ecke. Für uns, die wir uns jetzt schon seit über 2 Monaten zwischen den Arabern aufhalten (ein paar Tage im mehrheitlich jüdischen Israel ausgenommen), sieht die Sache schon ein wenig anders aus, und die Begeisterung hat sich mittlerweile auf knapp über Einheimischenmaß eingependelt. Bei all der Freude über das gute Essen in den echt schönen Lokalen und die angenehme Atmosphäre im Innenhof der großen Moschee mussten wir in Damaskus feststellen, dass uns das Leben unter den Habibis (Habibi heißt Freund auf arabisch) doch schon ziemlich auf die Nerven geht.
Zum einen sind da Massen von extrem rüpelhaften Autofahrern, die einen ungeschauter über den Haufen schieben würden, wenn man nicht auf die Seite springt. Noch viel schlimmer ist aber der allgegenwärtige Lärm. Die Menschen hier scheinen diesbezüglich nicht nur unempfindlich zu sein, nein, sie brauchen den Lärm anscheinend sogar, denn wenn gerade keiner herrscht, dann machen sie ganz schnell einen. Hierfür scheint es hierzulande neben den extrem stimmgewaltigen Männerkehlen (Herumschreien ist die gängigste Form des Lärmens) extra laut aufgetunte Handys zu geben, aus denen krachend-schrill die grausamsten „Musiken“ in voller Lautstärke schallen. Das schlimmste für uns ist aber, dass das öffentlichen Leben und das Straßenbild rein männlich dominiert sind. Ja, wie müsste man da veranlagt sein, dass einem das auf Dauer nicht voll auf den Magen schlägt? Eine raue Männerwelt, die einen an den Rande des Erträglichen bringt, an dem ich ja in Ägypten auch schon mal war, bevor wir im letzten Moment vor dem Nervenkollaps die Felucca bestiegen haben und erholsam den Nil runtergeschippert sind…
Wir haben uns Damaskus 2 Tage lang angeschaut und im Großen und Ganzen doch genossen. Richtig aus den Socken gehauen hat es uns nicht mehr, haben wir doch genug Märkte und Moscheen gesehen in den letzten Monaten. Es hat außerordentlich viel geregnet und so haben wir recht viel Zeit beim Abschnarchen im Quartier verbracht, sehr angenehm und nach den anstrengenden letzten Wochen auch höchst notwendig. Immerhin war ich verletzt, verkühlt und die von uns angesteuerte Quartierskategorie in Israel eher schleißig. Das gute Abschnarchen und das delikate und vielseitige Essen haben uns am meisten gefreut. In Damaskus haben wir den Beschluss gefasst, dass wir unser Syrienprogramm abkürzen müssen, weil das Feuer nicht mehr genug brennt, um länger zu bleiben. Lieber wollen wir zügig Richtung Türkei kommen, uns vor allem das lässige Istanbul reinziehen, um dann von dort möglichst bald zu neuen Abenteuern und Eindrücken abzuheben.
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