S. Cristobal ist auf ca. 2200 Metern Seehöhe gelegen, liegt in einem von Kiefernwäldern umgebenen Talkessel und zählt ca. 150.000 Einwohner. Die Luft ist hier sehr klar, die Tage heiß und die Nächte kalt. Gegründet wurde die Stadt 1528 von den Spaniern und benannt nach dem ersten Bischof von Chiapas, Bartolome de las Casas, der als Verteidiger der Indigenas galt. Bei Reisenden ist die Stadt so beliebt, weil sich hier indigenes Leben und Brauchtum mit westlichem Luxus trifft – und das vor einer schönen, kolonialen Kulisse.
In die internationalen Schlagzeilen kam San Cristobal 1994, als die Zapatisten unter Subcommandante Marcos hier Ihre Revolution anzettelten. Innerhalb weniger Tage wurden sie von der mexikanischen Armee aus der Stadt vertrieben und haben sich in den Dschungel der weiteren Umgebung zurückgezogen, wo sie bis heute versteckt sind und vor allem über das Internet ihre Botschaft verbreiten. Im Großen und Ganzen soll diese gegen den Neoliberalismus, antiimperialistisch und für die föderalistische Selbstverwaltung der Indigenas sein…was weiß ich denn als politisch wenig interessierter Mensch? Was ich hier sehen kann, ist ein Informationsstand der politischen Fraktion am Hauptplatz und jede Menge einschlägige Bücher, Bilder und Souvenirs für romantisierende Möchtegern-Che Guevaras aus aller Welt. Anscheinend haben die Zapatisten hier nicht mehr so viel Unterstützung wie zu Beginn, die autonomen Kommunen sind vielfach schon eher aufgelöst, Subcommandante Marcos schreibt Kriminalromane, etc. Dennoch scheint ihr einstmals starker Auftritt für das politische Selbstbewusstsein und ein paar mehr Rechte für die Indigenas hilfreich gewesen zu sein. Wie dem auch sei, ich stehe sowieso nicht auf vermummte Typen, die Maschinenpistolen gegen den Himmel strecken…
Schon am Weg von Guatemala nach San Cristobal kann man unschwer erkennen: auch wenn Chiapas der ärmste und „indigenste“ Bundesstaat Mexikos ist, ist der „Zivilisationsgrad“ hier doch wesentlich höher als in Guatemala – schönere Häuser, bessere Autos und Busse, Einkaufszentren, unfreundlichere Menschen, mehr Ordnung, weniger Chaos und Dynamik. Der Unterschied ist in etwa so, wie wenn man (so wie Nane und ich im Frühjahr) von Syrien in die Türkei kommt, und plötzlich glaubt, dass man das Zentrum der westlichen Welt erreicht hat. Als erfahrener Reisender lässt man sich da eh nicht blenden, sondern pickt sich das Gute raus, das ja bekanntlich überall andere Gestalt annimmt…
Während jene Traveller, die aus dem Norden angereist kommen, hier vor allem vom Straßenbild mit Indianern in bunten Trachten ganz begeistert und schwer beeindruckt sind, sehe ich momentan andere Vorzüge. Als vom viel ursprünglich-indianischeren Guatemala Gekommener fokussiere ich mich hier mehr auf: Internationales Essen, guter Kaffee, so was wie Nightlife, kabelloses Internet, Bäckereien mit allerlei Köstlichkeiten, aus dem Ei gepellte Kolonialbauten, Window-Shopping und multikulturelle Begegnung zwischen den vielen Besuchern aus aller Welt. Das ist neben ein paar kleinen Ausflügen in die Umgebung, dem Miterleben eines religiösen Großereignisses und dem Besuch beim Dentisten für die nächsten Tage angesagt…
Hier noch ein paar Bilder aus den Strassen von San Cristobal
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