Hier vor der Tuere von Arba Minch gibt es den Nechisar National Park, der zwar in den wirren Jahren der kommunistischen Zeit recht leer gejagt wurde aber dennoch noch oder wieder einen Besuch wert sein soll. Vor allem soll er landschaftlich schoen sein, und ein paar Zebraherden gibt es auch zu sehen. Ein wichtiger Teil des Parks ist auch der angrenzende See hier, einer der grossen Seen des sogenannten Rift Valleys, Teil des afrikanischen Grabenbruches. Organisierte Touren in unserem Sinn gibt es hier so gut wie gar nicht. Vielmehr muss man sich auf der Strasse durchfragen, wie man den Ausflug machen kann, ob irgendwer irgendwen kennt, der einen da hinbringen kann und sich ein wenig auskennt. Wie es in solchen Laendern , wo die Leute alle Geld brauchen, ueblich ist, gibt es gleich zig Experten, die sich gegen ordentliche Bezahlung als erfahrene Fuehrer ausgeben und zur Verfuegung stellen. Die Kunst fuer den Fremden besteht dann darin, zwischen den sich gegenseitig beschimpfenden und als Betrueger bezichtigenden Typen auszuloten, wem man am ehesten sein Vertrauen und Geld schenken koennte. Hier in Arba Minch war es besonders zaeh, und so mussten wir uns einen Tag lang mit laestigen Typen auseinandersetzen, bis endlich ein Ausflugspaket samt Preis fixiert war. Zusaetzlich haben wir 2 junge Italiener aufgegriffen, die mit uns kommen und sich die Kosten mit uns teilen wollten.
Der Ausflug teilt sich in 2 Abschnitte, wovon wir den ersten heute absolviert haben.
Erst gingen wir noch in das beliebteste Dorflokal essen. Heute war besonders viel los, weil Sonntag. Obwohl man sagen muss, dass hier jeden Tag so viele Leute auf der Strasse herumlungern, weil keiner eine Arbeit hat, und man den Unterschied zwischen Wochen- und Sonntag gar nicht so wahrnehmen kann. Waehrend wir uns eine vegetarische Fastenspeise goennten (in Aethiopien wird 2mal pro Woche gefastet), konnten wir die Gebraeuche der echten Maenner am Nebentisch eindruecklich beobachten. Teil des Lokals ist auch ein kleiner Fleischhauerstand, wo riesige Fleischtruemmer am Haken haengen, von denen der Fleischer mit seinem Saebel ordentliche Stuecke herunterschneidet. Teilweise sieht man die huebschen Kellnerinnen kleine Grilloefen mit Fleisch beladen an die Tische servieren. Doch heute haben wir dazugelernt, dass der normale Verzehr anders vonstatten geht. Auch die Afrikaner scheinen auf Fast Food zu stehen, und so sagt man dem Fleischer einfach, welches Stueck man haben moechte. Dieses wird einem dann roh auf den Tisch gebracht, zusammen mit Injera(=aethiopischer Teigfladen) und kleinen Saebeln zum Zerteilen. Wir haben ganz schoen gestaunt und mussten auch wirklich dreimal hinschauen um zu kapieren, dass die Typen sich da einfach die rohen Fleischbrocken mit blossen Haenden zwischen die Kiemen schieben. Gute Zaehne haben hier ja alle. Ein netter Kerl vom Nebentisch, der sich als Tierarzt ausgegeben hat, hat uns gleich gewarnt, das ja nicht zu versuchen, weil unsere Verdauung und Gebiss das niemals aushalten wuerden. Die Verlockung war aber eh nicht da…das Staunen dafuer umso groesser. Africa crazy!
Wir sind dann Richtung See aufgebrochen um als ersten Teil der Nationalparktour eine Tschinaggelfahrt zum sogenannten Crocodile Market zu machen. Am Weg dorthin versuchten unsere Geschaeftspartner wie ueblich den Preis noch ein paarmal nachzuverhandeln, um besser auszusteigen, haben aber bei mir auf sehr harten Granit gebissen.
Also bestiegen wir das Boot und los ging es, vorbei an Pelikankolonien, einzelnen Krokos und mit Ausblick auf den Nationalpark am Land.
Gleich zu Beginn der Fahrt sind mir an Bord ein paar aussergewoehnlich grosse und interessant aussehende Fliegen aufgefallen, mit grossen, gruenen Augen und gelb gestreiftem Hinterleib. Als eine dieser Brummer am Ruecken des vor mir sitzenden Italieners gelandet ist, hab ich ihm gesagt, er solle doch kurz ruhighalten, damit ich das Teil fotografieren koenne. Ploetzlich ist er zusammengezuckt, weil ihn das Viech gestochen hat. Das ganze hat auch unser bisher schweigsame Kapitaen ruhig beobachtet, was ihn zu seiner einzigen Aussage auf der mehrstuendigen Fahrt bewegt hat, naemlich “Tsetse-Fly”…Der Kaeptn hat nur gegrinst, Stefano hat wenig zufrieden dreingeschaut, da er auf eine Malariaprofylaxe verzichtet hat.
Der Schock war schnell verdaut, als wir zu einer echt beeindruckenden Krokodilsgruppe kamen, die auf einer Sandbank lagerte. Zig meterlange Krokos, direkt daneben jede Menge gelbschnabeliger Pelikane. Geile Fotos. Eine seltsame Symbiose zwischen diesen Tieren, von der uns nur der Nutzen fuer die Krokodile klar erscheint. Die stehen naemlich so wie die Menschen hier auf das schnelle Fleischchen zwischendurch.
Dannach ging es weiter ins Wohnzimmer der Nilpferde. Zurst sieht man nur deren Ohren, doch wenn man sich naehert, werden die Kerlchen nervoes und tauchen immer oefter auf, um zu sehen, was da los ist. Die schauen super lieb aus, sind aber umso gefaehrlicher. Aus sicherer Distanz haben wir echt gute Fotos gemacht.
Wieder an Land sind wir noch an ein paar Pavianen vorbeigefahren, possierliche Tierchen…
Zurueck in den Strassen von Arba Minch sind wir gleich von einigen Leuten angequatscht worden (nach nur einem Tag kennt einen hier ja jeder), und wurden aufgefordert, doch ein paar Fotos von den Tieren auf unserer Kamera herzuzeigen. Der Fanclub wurde immer groesser, und als ich dann ein paar Gschichtln von Suedamerika gepresst habe, begleitet von Fotos von Machu Picchu, sind wohl bald ueber 100 Leute um mich rumgestanden, und haben voller Begeisterung Fragen gestellt und meinen Antworten gelauscht. Ein irres Gedraenge, echt. Interessant auch, dass einige der Leute schon doch eine gute Vorstellung haben, wo in der Welt was ist, und was sich in der Geschichte weltweit so abgespielt hat. Der Nane wurde auch voll belagert und irgendwann wurde es uns zuviel. Eine Horde laestiger Fratzen ist uns noch weit nachgefolgt.
Wir haben uns dann mit dem Sammeltaxi davongemacht und sind zu Father John in den compound der katholischen Kirche gegangen, wo wir waermstens mit essen und Bier von einer bereits versammelten, internationalen Gesellschaft empfangen wurden. Hier wohnen wir jetzt dei naechsten Tage in komfortablen Einzelzimmern mit warmem Wasser. Die Mitarbeiterinnen von F. John sind aeusserst charmant. An Freddy konnten sie sich leider nicht mehr erinnern, sorry Junge. Wir jedoch, lieber Freund, danken dir umso mehr fuer diesen kostbaren Kontakt.
Morgen Frueh fahren wir zum Sonnenaufgang in den Nationalpark hinaus, wo wir auf die Sichtung zahlreicher Zebras und Gazellchen hoffen. Die beruehmten Safari-Big5 (Elefanten, Giraffen und co) gibts hier leider nicht mehr…die sind wohl schon vor ein paar Jaehrchen prominent am Fleischerhaken gehangen.
So, genug geschrieben fuer heute, die Moskitos haben mir unter dem Schreibtisch jetzt die Beine zermartert und meine neuen Krampfadern aufgestochen. Ich gehe jetzt pennen, gute Nacht aus Arba Minch, Aethiopien, Euer Joerg
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