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Simien-Mountain-National-Park und der Ibex

Da wir des fruehen nachmittags schon in Debark, dem Ausgangspunkt fuer unser Trekking, angekommen waren, konnten wir am selben Tag die Vorbereitungen fuer unseren 5taegigen Trip in die Simien-Mountains beginnen und sogar abschliessen (fuer Atehiopien grenzt das fast an ein Wunder).

Die Offiziellen im National-Park-Office waren sehr kompetent und wir konnten auch ein Paerchen fuer unsere “Expedition” gewinnen, um die Kosten in Grenzen zu halten. Dies waren eine Deutsche mit Namen Nina, die bevor sie eine dreimonatige Stelle als Hautaerztin in Addis Ababa annehmen wird, mal im Land herumreist bzw. Ronald, ein Hollaender, der in Aethiopien und Nigeria aufgewachsen ist und derzeit fuer NGOs Lagerplaetze in Dubai verwaltet und aufbaut. Also eine durchaus interessante und gutdurchmischte Gruppe. Diese Gruppe wuchs noch um die Begleitpersonen und Lastentiere an. Die da waeren: Mitiku, unser Guide; Fanta, unser mit Kalaschnikow bewaffneter Scout; eine Koechin fuers leibliche Wohl; drei Mulis fuer die Verpflegung und das Gepaeck; zwei Muli-Treiber fuer die stoerischen Tiere. Wenn die gesamte Belegschaft dann den Berg raufzieht, schaut das fast so aus, wie wenn der beruehmte englische Entdecker Burton im 19. Jahrhundert zu seiner Expedition zum Nilursprung aufgebrochen waere.

Da es in den Bergen nicht wirklich grosse Versorgungsposten gibt, ausser Wasserquellen fuer unser Frischwasser, mussten wir uns mit Hilfe unserer angemieteten Koechin am lokalen Markt und den Geschaeften nach Verpflegung umsehen. Dies natuerlich zu ueberhoehten Ferenji-Preisen, aber so ist das nun mal, wenn man hell wie ein Weissbrot ist.

Der Aufbruch am naechsten Tag mit ein wenig Verspaetung und dem letzten Einkauf von Brot, verlief nach anfaenglichen Verstaendigungsproblemen mit unserem Guide Mitiku recht reibungslos. Jetzt heisst es mal marschieren und auch konnten die, durch ganz Aethiopien mitgeschleppten, Bergschuhe endlich eingesetzt werden. Die erste Etappe fuehrte uns nach einer 5stuendigen Wanderung zu unserem ersten Nachtquartier in der Naehe des hoechsten Hotels Afrikas (Simien-Lodge) auf etwa 3.200m ueber Meer. Das Wandern ist recht angenehm, da nur leichtes Gepaeck am Ruecken und man schnell in einem angenehmen Gehrythmus verfaellt, der einem viel Zeit laesst das Auge ueber die grandiose Landschaft schweifen zu lassen. Das Gebiet, welches wir bewandern, ist so zwischen 3.000 und 4.000m hoch, wobei die abgeflachten Berge staendig durch tiefeingeschnittene Taeler zertrennt werden. Dies macht ein stetiges bergauf und -ab von Noeten, welche ueber verschlungene Trampelpfade abseits der befahrbaren Hauptstrasse bewaeltigt wurde.

Die Berghaenge sind hier nur sehr karg bewachsen, vereinzelt stehen Wacholderbaueme, Straeucher mit kleinen gelblichen Fruechten, die als Seifenersatz verwendet werden, die endemische Abessinische Buschrose und dornenbewehrte Gewaechse, die den Abfrass der Ziegen- und Schafherden widerstehen. Entlang der kleinen Baeche und, in von niedrigen Steinmaueren abgegrenzten Arealen, wachsen von menschlicher Hand angepflanzte Eukalyptus-Haine. Vor 10 Jahren sollen die Berghaenge noch sehr stark mit einheimischen Gehoelzen bewachsen gewesen sein, sind aber grossflaechig der Brennholznutzung zum Opfer gefallen und wurden nicht wieder aufgeforstet. Diese Abholzung der Waldbestaende scheint hier in Aethiopien sowieso ein grosses Problem zu sein, welches dann natuerlich zu starker Erosion des Bodens und Verlust von Ackerland fuehrt. Die Aufforstung mit Eukalyptus bringt zwar eine schnellwachsende Pflanze, die als Feuerholz genutzt werden kann, diese zieht aber auch sehr viel Wasser aus den Boden, was zu weiterer Austrockung fuehrt. Auch sieht man unterwegs in den Bergen staendig tiefe Erosionsrinnen, die riesige Flaechen des fruchtbaren Landes vernichten. So wie erzaehlt wird, werden nun auch viele Mittel der Entwicklungshilfe in solche Projekte gegeben, um der Erosion einhaltzugebieten und den Wasserrueckhalt zu forcieren.

Da die Wanderung des ersten Tags relativ kurz war, begeben wir uns nach Aufstellung des Zeltes und der Einnahme von Tee zu den Aufenthaltsorten der Gelada-Pavian-Sippen. Von unserem Lagerplatz aus sieht man sie schon in grossen Gruppen am Berghang herumziehen und man erkennt in der Ferne die maennlichen Leittiere an ihrer langen wollenen Maehnen. Bis auf die Distanz einer ausgestreckten Hand koennen wir uns den Geladas naehern. Seltsamerweise aber nicht unsere einheimischen Fuehrer, vor denen rennen die Paviane sofort davon. Wahrscheinlich weil die Paviane frueher gejagt wurden und sowieso fuer alles verantwortlich gemacht wurden, was passierte. So sollen die Geladas Menschenbabys geraubt haben, Erwachsene aus Haeusern enfuehrt und von Klippen gestossen haben sowie Frauen vergewaltigt haben (nur ein kleiner Auszug ihrer Missetaten). Gar nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass diese posierlichen Tiere gerade mal einen Meter gross werden. Wir, also mitten in der Affenbande sitzend, koennen den friedfertigen Tieren aber unbeschadet beim Graswurzeln ausgraben und beim schmatzenden Verzehren der selbigen zuschauen. Gegraben wird mit der blossen Affenhand und die Wurzeln werden entweder mit den Grasbuescheln ausgerissen oder es werden die noch im Erdboden verbleibenden Wurzeln mit dem Gebiss herausgezogen und feinsaeuberlich in der anderen Hand gehortet, um dann bueschelweise verspeist zu werden. Die ganze Affengruppe zieht auch staendig durch ein groesseres Gebiet mit den Affenbabys am Ruecken festgeklammert und den Halbstarken, die auf jeden Baum und Felsvorsprung raufkraxeln und tollkuehn mit Salti wieder runterspringen.

Ab und zu trifft uns ein schneller Blick eines Aeffchens, ob noch alles in Ordnung ist und ein Leitpavian streckt uns sein Hinterteil mit vier (!) Arschbacken entgegen. Meiner Meinung nach deswegen doppelt soviel wie bei den Menschlein, da die Geladas eine vorwiegend sitzende Taetigkeit beim Wurzelauszupfen ausfuehren und so ein gutes Sitzfleisch benoetigen. Sollte ich mir auch fuer die langen Busfahrten zulegen. Oder habe ich diesen vierteiligen Hintern schon? Werde wohl mal nachsehen muessen.

Die Abendessen bestanden dann meist aus einer staerkenden und vor allem waermenden Suppe (auf dem hoechsten Camp bei 3.600m ist das Thermometer schon unter 0 Grad gefallen), viel Nudeln mit Tomatensugo, Schokokeksen und heissem Tee. Meist eine Wohltat nach den spaeter laenger werdenden Tagesetappen. Die naechste Beschaeftigung nach dem Essen war es bei der vergehenden Helligkeit noch schnell Wasser bei den Camps befindlichen Quellen zu holen. Am Anfang filterten wir das Wasser noch durch unseren Keramikfilter, doch dies wurde nach eingaengiger Pruefung der Quellumgebungen schliesslich abgeschafft.

Der zweite Tag begann knapp vor Sonnenaufgang mit anschliessenden Fruehstueck und dem Abwarten der ersten Sonnenstrahlen zum Schlafsack- und Zelttrocknen. Dann packen, verladen des Gepaecks auf unsere Mulis durch die Mulitreiber und Aufbruch zur naechsten Wanderroute mit Mitiku unserem Guide und Fanta unserem Scout.

Diese zweite Etappe war die anstrengenste. So ist auch Nina, die Aerztin, am Anfang dieser Etappe nach zwei steilen Anstiegen am Ende ihrer Kraefte und es wird fuer sie, damit alle das Trekking fortsetzen und beenden koennen, ein Pferd mit Pferdefuehrer angemietet. So wuchs unsere Begleitmannschaft auf 6 Menschen und 4 Tiere an. Nicht schlecht fuer vier Leute, die mal wandern gehen wollen.

Auf den Trampelpfaden treffen wir staendig mit Handelswaren bestueckte Menschen und Tiere, die ihre auf dem Hochland der Tafelberge angebauten Waren in Debark veraeussern wollen und uns immer sehr herzlich begruessen. Haben wahrscheinlich auch Respekt vor Fanta, der die ersten Tage, die Kalaschnikow ueber die Schultern gelegt, hinter uns wachehielt und alle Unbill von uns fernhielt. Geschossen hat er nie, wozu auch, keine Gefahr in den Bergen. Zutrauen koennte man es ihm aber schon, soll im Buergerkrieg gegen das Mengistu-Regime gekaempft haben und in diesem Krieg war man sicher nicht zimperlich mit dem Gebrauch der Waffe. Was Fanta aber Beine machte und ihn in einem irrem Gehtempo an die Spitze unsere Gruppe setzte, war das “local beer”. Ein aus Getreide gebrauter schmutzig-milchiger Saft, der bei Fanta, der kein Fanta trinkt, wie Kerosin bei einem Duesenflieger wirkte. Er zischte ab und nur Joerg konnte mit seinen grossen Schritten gerade noch mithalten. Auch war er, so wie alle anderen Begleiter sehr schlecht ausgestattet. Kein Schlafsack, kein Zelt, keine gute Kleidung und vor allem kein eigenes Essen. Gegessen wurde das, was bei uns uebergeblieben ist oder zuviel eingekauft wurde. Habe Fanta zusehen muessen, wie er unsere Reisreste gierig im Dunkeln runterschlang. Ist sehr schlecht von der Parkverwaltung, diese Leute so loszuschicken. Sollten eine Gewerkschaft gruenden und mal so richtig auf den Tisch klopfen!

Erschoepft kommen wir dann in Camp Nr.2, namens Gich, nach 9 Stunden Wanderung an und sind auch im somit hoechsten Camp, auf 3.600m.

Am dritten Tag geht es auf zu den beiden Gipfeln unsere Tour, wobei einer knapp unter, einer knapp ueber 4.000m liegt. Alle einfach ohne Kletterei zu erreichen, so dass wir lange und ausgiebig die Berglandschaft betrachten koennen. Tiefabfallende Steilhaenge, alleinstehende 100te Meter hohe Felsformationen, abgeflachte Hochterassen in der Ferne, vom Wasser der Regenzeit ausgefressende Taeler und ueber uns kreisende Adler und Erzraben (laut Magistra Judith Schmidt).

Ueberhaupt bekommen wir einiges der Hochland-Tierwelt zu bewundern. Neben den oben erwaehnten Gelada-Baboons kommen uns noch einige der dort nun geschuetzten Tierarten vor die Augen. So sahen wir zierliche Clipspringer, die die steilen Abhaenge grazil hinuntersprangen; den Buschbock, den der Leopard an einem uns gegenueberliegenden Hang jagen wollte (der Leopard ist noch nicht wirklich identifiziert, vielleicht wars nur eine Hyaene?); riesiger Laemmergeier, die nach Aas ausschauhielten und natuerlich der Abessinische Steinbock, hier als Ibex bekannt.

Diesen Ibex sahen wir nahe des Chennek-Camps in einem von Flechten behangenen, fast verwunschen aussehenden, Nadelwald. Mitten in einer Herde von Geladas marschierte der stolze Ibex mit nach hinten gewschwungenen Hoernern durch den Wald. Hintendrein einen ganze Schar von weiblichen Ibex und noch ein paar jugendliche Steinboecke. Auch ueberhaupt nicht scheu, konnten wir uns ihnen auf bis zu 5 Meter naehern und sie fast am Bart zupfen. Bis sie dann bei untergehender Sonne weiter bergauf zogen und unseren Blicken entschwanden.

Die letzten beiden Tage waren den Rueckweg gewidmet und fuehrten uns wieder ueber das Lager Sankabar, wo wir die vierte Nacht verbrachten, nach Debark unseren Ausgangspunkt. Wieder ueber teilweise sehr staubige Trampelpfade, so dass unsere Beine nach der 5taegigen Wanderung wie verkohlte Baumstuempfe aussahen.

Es war ein teilweise anstrengender, aber sehr lohnender Ausflug ins Hochland, der uns endlich weg aus den Staedten brachte und uns eine andere Seite Aethiopiens zeigte, die auch sehr liebenswert ist.

Axum und die Bundeslade

Vom “zweiten Jerusalem” Laibela ging es ueber Mekele (siehe auch die Lehre von Mekele) nach “Rom”, wie die orthodoxen Christen gerne Axum nennen. Dies daher, da Axum aus aethiopischer Sicht ebenso bedeutsam ist wie Rom fuer die katholischen Glaeubigen. Geschichtlich war die Stadt eine religioese und weltliche Grossmacht, die ihr Gebiet vom Sudan bis in den Suedjemen auf der arabischen Halbinsel aussdehnte. Leider ist dies nun doch schon viele Jahrhunderte her und der Niedergang und die Zerstoerung der Stadt durch mehrere Anstuerme ist heute noch unuebersehbar.

Das erste Mal machte die legendaere juedische Koenigin Gwudit (Gudit/Judit) im 10 Jahrhundert n.Chr. Axum fast dem Erdboden gleich. Diese Koenigin war so stark und nicht durch Menschenhand stoppbar, dass sie nur ein biblischer Wirbelsturm schlussendlich aufhalten und vernichten konnte. Diese Wirbelstuerme haben wir uebrigens auch schon in Aethiopien erlebt, richtige Sandsaeulen, die zig Meter in den Himmel ragen und hier passenderweise “Dust-Devils” genannt werden.

Nach kurzer Erholungsphase kam die naechste Vernichtungswelle. Der Anfuehrer der muslimischen Bevoelkerung, der Imam Ahmed Grang (“der Linkshaender”) loeschte nochmals das wiederaufgebaute Axum im 16 Jahrhundert und fast alle ihrer christlichen Gebaeude aus. Nur die heilige Bundeslade mit den Zehn Geboten konnte waehrend der Invasion auf eine Insel im Tana-See gerettet werden.

Von diesem letzten Ansturm hat sich Axum anscheinend nie wieder erholt. So wie die Stadt uns darbot, kann man nicht mehr von Glanz reden. Ist nur mehr ein kleiner, wenige Einwohner zaehlender Ort mit staubigen Strassen und halbverfallenen Huetten (von Rom moechte man also nicht mehr sprechen, eher schon von Pompeji nach dem Vulkanausbruch 😉 ).

Was die Stadt aber auf jeden Fall besuchenswert macht, sind ,neben den Einwohnern, die noch erhaltenen Ueberreste des goldenen Scheins grosser Zeiten.

An der Piazza stehen zwei monumentale Stelen, die aus einem graeulichen Stein gefertigt ueber 24m in den Himmel ragen und als Grabsteine fungiert haben sollen. So sind diese Monolithen wie Hochhaeuser mit mehreren Stockwerken aufgebaut und sollen den dort Bergrabenen quasi als Wohnstaette dienen. Eine von den Zweien, die Stele Nr.2 (wurde natuerlich von einer deutschen archiologischen Expedition, welche fuer ihre Nummerieungswut bekannt ist, so genannt) stand einst in Rom auf der Piazza di Porta Capena. Waehrend des faschistischen Regims in Italien wollten die Schwarhemden ihre blutigen Haende nach Aethiopien ausstrecken und das gesamte Land als eine Kolonie einverleiben. Dies funktionierte auch ein paar Jahre und die aethiopische Armee unter der Fuehrung von Haile Selassie I. wurde geschlagen, da anscheinend vor der Schlacht der guenstigste Zeitpunkt durch langes Beten und Kriegsrathalten, verpasst wurde. So kam die Stele Nr.2 nach Rom vor das Kolonialministerium als Zeichen ihrer Ansprueche und in Anlehnung an die schon frueher entwendeten aegyptischen Obeliske.

Doch die Menschheit ist lernfaehig und kann sich doch auch in Frieden und Freundschaft begegnen und so wurde die Stele Anfang 2008(!) in Kisten verpackt und wieder retour nach Aethiopien geschickt. Wiederaufgestellt in voller Groesse im Jahr 2008 konnten wir diese also dann auf ihrer urspruenglichen Stelle bewundern.

Noch eine Besonderheit waere zu erwaehnen, der groesste von Menschen behauende Monolith soll auch hier in Axum sein. Die Stele Nr.1 ist 33.5m hoch (allerdings umgestuerzt und zerbrochen) und somit um 1.5m hoeher als der Obelisk von Karnak in Aegypten.

Gleich neben dem Stelenpark liegt der heiligste Bezirk Aethiopiens. Mit den beiden Kathedralen Maryam Sion (die sogenannte alte und neue Kathedrale) und dem Gebaeude, im welchen die heilige Bundeslade mit den Zehn Geboten Moses aufbewahrt sein soll.

Die neue Kathedrale ist eine klassische Rundkirche und wurde vom letzten Kaiser Haile Selassie I. in Auftrag gegeben. Ungewoehnlich ist, dass die Messebesuchenden nicht vor der Kirche ihren Gottesdienst abhalten, wie sonst ueblich, sondern direkt in der Kirche. Dementsprechend gross sind auch die Ausmasse. In der aelten Kathedrale, die mit schmucken Wandmalereien ausgestattet ist, haben Frauen keinen Zutritt, was ein wenig seltsam anmutet, da die Kirche doch der heiligen Maria geweiht ist.

Aber nicht nur Frauen werden diskrimminiert, auch wir Ferenjis. Als wir uns in Richtung des Bundeslade-Gebaeudes bewegen, hoeren wir beim Ueberschreiten einer unsichtbaren Grenze (etwa 15m vor dem, dem Gebaeude umgebenen gruenen Zaun) ein lautes schrilles Klagen. Ein in Amharisch daherschimpfender und einen Holzknueppel schwenkender sogenannter Aufseher hindert uns mit verzerrtem Gesicht am Weitergehen. Erst durch die Vermittlung eines Passanten erkennen wir, des Amharischen nicht maechtig, dass hier fuer uns Schluss ist. Seltsam, an einem so heiligen und auch touristischen Platz keine Schilder aufzustellen oder einen englischsprachigen Guide den Knueppel schwingen zu lassen.

Die aethiopische Geistlichkeit behauptet ja steif und fest, dass die wahre Bundeslade sich hier befindet. Entwendet soll diese ja von dem Sohne des juedischen Koenig Salomons und der Koenigin von Saba, die den Namen Makeba trug und aus Aethiopien stammte. Dieser wollte zu seiner Mutter in ihr Heimatland und nahm neben Juenglingen aus den besten juedischen Familien auch heimlich die Bundeslade mit. Der Mossad wird es wohl besser wissen und bei unserem Besuch in Israel werden wir dies sicher herausfinden. Ihr werdet die ganze Wahrheit zu den Zehn Geboten erfahren. Bewacht wird die unzugaengliche Bundeslade von einem alten Moench, der sein Amt erst am Sterbebett an den naechsten Sterblichen weitergibt. Vielleicht sollte ich mich darum bewerben, um die beiden Steinplatten endlich zu Gesicht zu bekommen.

Da Axum sonst nicht viel bietet, quatschen wir mit der oertlichen Jugend ueber Liebe und Geschlechtsverkehr (koennen erst heiraten, wenn Geld fuer Eigenheim da ist; erster Geschlechtsverkehr erst in den spaeten Zwanzigern), Touristen (Amis werden als Schnoessel empfunden, die nur ueber sich sprechen), Rastas (es gibt dort einen, der nur mit Mundschutz rumrennt und doch, gegen das Rastatum, ab und an Alkohol trinkt und Fleisch isst), LKW-Fahrer (hat sehr viel Sex, da die mitgenommenen Frauen anscheinend so bezahlen; Chad-Kauen ist obligatorisch bei Fahrten) und vieles mehr. Sehr angenehm und unterhaltsam. Es sind ja doch die Menschen die zaehlen und nicht unbedingt die alten Staetten.

Lalibela, die Floehe und der Fels

Nach kurzem Aufenthalt in der “Neuen Blume” Aethiopiens, in Addis Ababa, ging es nun endlich in den Norden zu den historischen Plaetzen des Landes, beginnend im sogenannten “zweiten Jerusalem” namens Lalibela.

Voller Vorfreude fuhren wir in die Stadt, die nach dem Heiligen und Koenig Lalibela benannt wurde, da ja auch unser europaeisches Weihnachten anstand. Ein wenig entaeuscht, Warmwasser zum Duschen – war nicht, Strom, um die Nacht zum Tag zu machen – war nicht, feierten wir also bei Lagerfeuer- und Kerzenschein ein zweisames Niederkunftsfest fuer den Heiland. Eh, schoen, wenn man bedenkt, dass die Hinfahrt vom Auswurf des halbverdauten Essens im Bus begleitet war.

Die Kirchen in Lalibela sind die ganzen Strapazen wert. Ins roetliche, weiche Tuffgestein wurden hier die Haeuser fuers Allerheiligste in den Fels getrieben. Monolithische Kirchen also, die vom Dach beginnend und bis zu den Eingangstreppen am unteren Ende von vieler Haende Arbeit aus dem Gestein herausgemeiselt wurden. Es schaut so fantastisch und ja fast irre aus, dass die Legende besagt, dass dies niemals von Menschen alleine bewaeltigt werden konnte. Nein, in der Nacht haben die Engel selbst ihr weisses Gewand abgelegt und so die doppelte Arbeitsleistung im Vergleich mit dem ach so schwachen Menschlein hingelegt. So konnten diese Felskirchen also schlussendlich in all ihrer Groesse dastehen und unserer Bewunderung ausgesetzt werden.

Auch meint man beim Betreten der groesseren freistehenden Kirchen, dass ein Chor von einhundert Millionen Engeln ihr Werk noch immer preist und besingt. Vielleicht ein wenig selbstgfaellig, aber durchaus angebracht.

Verbunden sind die einzelnen Kirchen durch ein System von Tunneln und Schaechten, da sie bis zu 20 m in den Fels eingelassen wurden und man von der Oberkante der Felsmassive nur eben das Dach sehen kann. Mir am besten gefallen, haben die Kirche Bete Maryam der ersten Gruppe, die Kirche Bete Gabriel-Raphael der zweiten Gruppe und die alleinstehende Kirche Bete Gyorgis.

Die Bete Maryam ist durch einen Tunnel erreichbar und es eroeffnet sich beim Heraustreten eine mit drei Eingaengen bestueckte freistehende Felskirche. In den Nischen im umgebenen stehengebliebenen Fels sind winzige Nischen herausgearbeitet worden, in denen Moenche beten, ihre Gedanken zentrieren und ihre Tage verbringen. Frueher blieben die Nischenbewohner bis nach ihrem Tod dort und ihre Gebeine bildeten ein Zeugnis wahren Glaubens fuer die anderen aethiopisch-orthodoxen Christen. Leider haben wir bei unseren Erkundungstouren durch die verwinkelten Gaenge vor einer Nische, die mit einer von Aussen versperrten Holztuer abgeriegelt wurde, ein lautes, fast unanstaendiges Wort fallen lassen. Sogleich hoerten wir aus der finsteren Einsiedelei-Nische ein mahnendes Zischen. Man kann nur hoffen, dass unserswegens nicht das Schweigegeluebte gebrochen wurde. Gott sei gnaedig mit uns armen Suendern.

In der Bete Gabriel-Raphael hatten wir das Glueck, bei einer Messe mitdabeizusein. Die Kirchen sind in Aethipien immer dreigeteilt, wobei der Bereich des Allerheiligsten nur von Priestern betreten werden darf. Die anderen Bereiche sind frei zugaenglich, also auch fuer uns. Zuerst wurden, von in weissen Stoff gehuellten Maennern, alte Kirchenlieder angestimmt, die rythmisch von Trommeln und Sistrum begleitet wurden. Dies ging so eine Stunde oder mehr, bis einer der hohen Geistlichkeit mit dem Weihrauchschwenker die gesamte Kirche duftmaessig reinigte. Dann folgte der Umzug der anderen, in goldbestickten Gewaendern gehuellten, Priestern, wobei diese einen Schirm ueber sich hielten, um den Himmel zu symbolisieren. Die ganze Kirche wurde mehrmals durchschritten, vor dem Eingang zum Allerheiligsten wurde dreimal der Weihrauchbehaelter geschwenkt und alle verbeugten sich erfurchtsvoll zum Klang einer von Engeln gestossenen Posaune.

Bete Gyorgis, nach dem Namensheiligen meines Reisekollegen Joerg benannte Kirche, liegt etwas abseits der anderen Gruppen, ist aber nicht weniger aufregend. Das Dach hat die Form eines gleichseitigen griechischen Kreuzes (Joerg meinte, dies sei ein Maya-Kreuz) und das Gebaeude ist vollstaendig aus dem Fels geloest. Zuerst ist nur dieses Dach erkennbar, steht man aber direkt vor dem ausgeschachteten Felsen, geht es 20 m nach unten bis zum Podest der Kirche. Der, die Kirche bildende, stehengebliebene Felsrest ist mit gelben, im Sonnelicht golden leuchtenden Flechten bewachsen, die mit dem roten Tuffgestein ein herrlich Bild ergeben. Steht man am unteren Ende und blickt gegen Himmel, sieht man nur die Kirche umgeben von einen engen Kranz Himmels, da die Kirche ja vom Fels umgeben ist. Dies wirkt wie ein blauer Heiligenschein fuer ein goldig-rotes Felsenkreuz.

Was von den Endeln aber nicht beachtet wurde, ist die Nachlaessigkeit der Menschen. Die Kirchen sind mit roten Teppichen ausgeleget, die anscheinend nur sehr selten die Kirche zwecks Reinigung verlassen. So war es auch nicht verwunderlich, dass wir noch am Tag des Kirchenbesuches, wie wild zu Kratzen anfingen. Die springlebendigen Floehe, berauscht vom vielen Weihrauch in der Kirche, machten uns auch die Zeit danach noch schwer. Die blutleckenden Biester wurden wir erst in der naechstgroesseren Stadt Mekele los, nachdem unser Gewand einer Generalreinigung unterzogen wurde.

Also Dank den Engeln fuer die Errichtung der Felskirchen und Dank an die Kraft von Seife und warmen Wasser.

Harar und die Hyaenen

Da wir diesmal des Naechtens, nicht wie sonst zeitig in der Frueh, von Addis Ababa aufgebrochen sind, kamen wir schon um 4:30 am Morgen in Harar an. So war die Quartiersuche ein wenig kniffelig.

Das erste Hotel gab uns voruebergehend ein Zimmer mit dem Versprechen, spaeter ein anderes fuer die naechsten Tage zu bekommen. Hier also mal zwei Stunden im Halbschlaf herumwaelzen, bis wir in ein anderes voruebergehendes Zimmer im Keller verschoben wurden. Eine Viertelstunde ruhen und wieder ein anderes Zimmer einen Stock ueberhalb beziehen. Da wir aber schon wegen Schlafmangels und vor allem wegen den untragbaren hygienischen Zustaenden (der Sand der halben Sahara breitete sich am Fussboden aus, das Bett war ein Erdnussacker, Wasser gabs sowieso nicht und im Abfluss de Waschbeckens befand sich das gestrige Abendessen) nicht mehr gewillt waren, so ein Zimmer zu bewohnen, musste mit dem sogenannten Hotelmanager gesprochen werden. Der aber vom Chadkauen Betaeubte, bechwichtigte nur und verstand die ganze Aufregung nicht ansatzweise. Also Rucksack aufgeschnallt und raus zum naechsten Hotel.

War zwar teurer, dafuer sauber, aber nur mit strikt festgelegten Wasserverfuegungszeiten – in der Frueh von 6-8 Uhr und am Abend von 6-10 Uhr. Man wird bescheiden und demuetig – und bleibt also.

Harar ist fuer die Muslime die viertwichtigste Stadt nach Mekka, Medina und Jerusalem. Ist also fest in islamischer Hand, obwohl die hiesige Auspraegung nicht orthodox gepraegt ist. Viel mehr kommen hier Einfluesse der alten (Natur-)Religionen hinzu. So werden auch islamische Heilige hier verrehrt, was fuer orthodoxe Muslime ein Greul sein muss, da Menschenverehrung und sei es auch die von Mohammed, strengstens untersagt sind. Trotzdem wollen wir uns eines dieser Kuppelgraeber der Heiligen, die Qubba genannt werden, anschauen. Aber am Eingang werden wir als Unglaeubige nicht unfreundlich, aber doch bestimmt abgewiesen. So sitzen wir nur im Vorhof und sehen eitlen Gockeln beim Kraehen und Aufblustern zu.

Harar ist eine sehr alte Stadt und fuer Aethiopien untypisch mit einer Stadtmauer umgeben. Die Haeuser im Inneren der Mauer sind aus Stein und weissgekalkt, wobei die Eingaenge meist im islamischen Gruen gehalten sind. Verwinkelte Strassen fuehren bergauf und bergab durchs ganze Stadtgebiet und unverhofft tauchen zwei angebundene Kamele an einem kleinen Platz auf. Schauen gelangweilt, waehrend von hinten shon die Kinderstimmen nach Geld rufen. Diese Stimmen verfolgen uns auch bei der Wanderung durch die Stadt und verstummen erst, als wir uns beim Hyaenenmann in der Naehe eines von einem Baum umrankten Shreins niederlassen.

Bevor wir uns aber die Hyaenen bei Nacht anschauen, begegnen wir noch einen nackten Flitzer, der illuminiert die Gassen entlanglaeuft und den obligatorichen Hustlern, die uns die Hyaenenfuetterung schmackhaft machen wollen – umsonst, denn wir sind gespannt darauf, wie der Bogen eines Zen-Meisters.

Da es zwei Plaetze fuer die Hyaenenfuetterung gibt, schauen wir uns in der Daemmerung mal den ersten an. Werden nur zwei kleineren Hyaenen ansichtig und gehen zum Platz, wo wir schon nachmittags Zuflucht gefunden haben und wo auch ein alter Kalifornier, den wir schon in Addis getroffen haben, hingehen will.

Am Platz vor dem Schrein, sieht man schon ein dutzend Hyaenenaugen im Dunkel der Nacht blitzen und der Hyaenenmann ruft die Namen der Tiere des Rudels lautstark. Die Antwort der Tiere ist eher verhalten und klingt kehlig. Der Hyaenenmann sitzt mit zwei Plastikeimern, gefuellt mit Schlachtabfaellen, im Lichtkegel eines Autos und haengt aasige Innereien auf ein kurzes Stoeckchen. Bei Zuruf naehert sich eine Hyaene mit gebeugtem Kopf, schnappt mit einem Biss das Aas und verzieht sich ins Dunkle. Von vorne hoert man das Knacken von Tierbeckenknochen, die vom starken Gebiss der Hyaenen zermalmt werden. Immer wieder kommen neue Hyaenen hinzu und holen sich ihr Fressen, man koennte fast sagen gesittet, nacheinander ab. Nur die kleinsten der anwesenden Hyaenenbrut bekommen erst die Reste, wenn die Vorderen satt sind. Auch wir versuchen uns als Hyaenenfuetterer. Mit dem am Stoeckchen befestigten Schlachtabfall stehen wir und warten auf die Meute. Die sobald auftaucht und uns wie zahme Hunde das Fleisch vom Staberl frisst. Kommen mir gar nicht so gross vor, fast wie Schaeferhunde. Respekt bleibt aber doch und der von beiden Seiten, denn ganz koscher sind wir den Hyaenen auch nicht, liegt wohl auch an der lange zurueckliegenden Dusche. Das Spektakel endet mit der Verstreuung der Kadaverreste, damit alle aus der Hyaenencombo ihr Fressen bekommen und dem Heimweg, wobei ich mich dann doch zur Kontrolle des oefteren umdrehe und in die finstere Nacht hineinhoere.

Busfahrten durch Aethiopien

Das Reisen mit Bus, Minibus und Isuzus gehoert in Aethiopien wohl zu den anstrengensten , aber auch bereichernsten Erlebnissen. Schon der Ticketkauf kann zu einer kleinen Odysee werden, fuer die man schon einen halben Tag veranschlagen kann. Es gibt zwar, wie ueberall in Aethiopien, extra dafuer bereitstehende Hustler (erkennbar meist an Arztkitteln in allen erdenklichen Farben und Unfarben), die einen beim Eintritt in den sogenannten Busbahnhof abpassen, aber unbedingt reibungsloser laeuft es trotzdem nicht ab. Mit dem Kauf eines Tickets ist es naemlich noch lange nicht getan. Will man einen einigermassen ertraeglichen Sitzplatz im Bus ergattern, sollte unsereiner mindestens 1 1/2 Stunden vor Abfahrt beim Bus sein (es besteht auch die Moeglichkeit sich einen Jungen von der Strasse extra zum Sitzplatzreservieren, der dann die Zeit bis zur Abfahrt im Bus wartet, zu mieten). Fuer das Gepaeck wird dann natuerlich noch eine extra “Versicherung” verlangt. Das Abladen kostet fuer Ferenji wieder ein Trinkgeld.

Endlich im Bus sitzend, braucht man ein Sitzfleisch so dick wie das Telefonbuch von Wien inklusive Gelberseiten. Da derzeit fast alle Ueberlandstrecken von den Chinesen und Indern neu gebaut werden und so auf neben den zu bauenden Strassen liegenden Gueterwege aqusgewichen wird. Die eher einem von der Sonne ausgetrockneten Feldweg gleichen und den Koerper durchkneten, wie ein Baecker den Brotteig.

Die Entschaedigung ist aber wahrlich die grossartige Landschaft, die am Busfenster vorbeizieht. Im Sueden eine weite von Schirmakazien, “Ohrwaschelkakteen” und aus Australien importierte Eukalyptusbaeumen durchsetzte Landschaft, die von immer groesser werdenden, der Hitze angepassten, Termitenbaukaminen vertikal zerstueckelt wird. Die Fenster im Bus zu oeffnen, stellt auf jeden Fall einen Fehler dar, da der aufgewirbelte Staub sonst die Nasenloecher verschliesst. Egal, der Koerper ist nur mehr Auge und sieht die Rundhuetten, Buckelrind-, Schaf- und Ziegenherden vorbeifliegen und freut sich.

Anders im Norden. Hier bildete die Kraft des Erdinneren im Zusammenspiel mit der Erosion eine bizarre Tafelberglandschaft, die durch steil abfallende Taeler geteilt wird. Die Huetten sind nicht mehr aus Stangen, Lehm und Stroh gebaut, es koennen die Unmengen an herabgekollerten Steine zum Hausbau verwendet werden. Die steilen Berghaenge sind durchzogen von Terrassen, auf denen vor allem Getreidesorten angebaut werden und die Rinder muessen staendig im Kreis gehen, um das Korn aus den Aehren zu treten. Die Vegetation aendert sich hin zu Wacholder und anderen Nadelgehoelzen. Allgegenwaertig ist immer noch der Eukalyptus, der wegen seines schnellen Wachstums, gerne zur Brennholzproduktion angepflanzt wird.

Im Bus steht die Szenerie um nichts nach. Auf Grund des schlechten Strassenzustandes und der sich dem Berg hinaufschraubenden Serpentinen, ist es keine Seltenheit Leuten beim Auswurf des Halbverdauten zuzuschauen. Wobei dies immer lautlos von statten geht und man so nicht gewarnt ist, sollte ein Kleinkind einen in den Ruecken speiben. Doch aufgeschreckt durch einen vor uns sich uebergebenden, konnte ich meinen Ruecken doch einigermassen sauber halten und mich einer Konversation mit einem Chad-Kauer hingeben.

Viele in den Staedten koennen zwar gut englischsprechen, bei den Busfahrten sind diese allerdings weniger anzutreffen. Ausnahmen bestehen hier nach dem Genuss von Chad. Eine in Aethiopien sehr beliebte leichte Droge aus den Blaettern eines endemischen Gehoelzes. Die besten Sorten sollen aus Harar im Osten Aethiopiens stammen, wo auch meiner Meinung nach am exzessivsten Gekaut wird. Jeder auch noch so stille Reisegenosse wird beim Kauen der frischen Blaetter redselig und redseliger. Faengt zu singen an, gestikuliert wild umher und lacht aus vollem Halse. Die Auswahl der besten Blaetter ist ein Ritual und die Gruenverfaerbung der Lippen und Zaehne ein Muss. Da die Blaetter nur frisch gut vertraeglich sind, werden fuer auswaertige Chadkauer die Blaetter getrocknet, zermahlen und als Tee aufgekocht getrunken – Wirkung die selbe. Langanhaltender Konsum fuehrt allerdings zur Verbloedung, mit gleichzeitigem Alkoholkonsum zu noch schnellerer Verdummung und absoluter Antriebslosigkeit.

Die Pausen bei den bis zu 16 stuendigen Fahrten sind eher rar gesaet und man muss sich das Pinkeln wohl einteilen oder wie Sunny zu sagen pflegt “If you ever ludl, ludl it good!”. Auch sind die Pausen wichtig zur Verpflegungsaufnahme, wobei wir nur Kekse und Wasser zu uns nehmen. Die Speibenden aber Injera in sich hineinstopfen, was nach der Pause wieder zum Auswurf der zuvor eingenommenen Speise fuehrt, die dann mit dem eigenen Pullover wieder von Busmittelgangboden aufgewischt wird. Der Pullover kommt danach natuerlich wieder in das gelbe Plastiksackerl, welches als Reisetasche dient, Kleidung ist kostbar. Seltsam, aber so ist es geschehen … 

Polizeikontrollen gibt es selten, nur bei der Fahrt von Harar nach Addis Ababa wurde unser Minibus mehrmals zwecks Inspektion aufgehalten. Dies deshalb, so wurde mir erklaert, da der Hafen von Djibouti unweit ist und hier die Secondhand-Ware aus Europa eintrifft. Viele Schmuggler versuchen also die gebrauchten Elektrogeraete und vor allem Textilien aus Europa von Djibouti auf dieser Strecke nach Addis Ababa zu schleussen und diese dort mit Gewinn zu verscherbeln.

Ich unterhalte mich derweilen mit den Chadkauern und bete fuer eine Verdopplung des Sitzfleisches.

Eindruecke zum Sueden Aethiopiens

Der suedliche Teil Aethiopiens, speziell das Omo-Tal, war fuer mich eine sehr schoene Erfahrung.

Dank der Vermittlung von good-old Freddy hatten wir Zugang zu den dortigen katholischen Entwicklungshelfern Father John und Father Paddy, die beide perfekte Gastgeber waren und uns vieles zeigen konnten, das Reisende somst nicht zu Gesicht bekommen.

Beide sind zwar katholische Priester, sehen aber die Missionierung zum kathol. Glauben nicht als Ihre wichtigste Aufgabe. Verstaendlich da ueber 40% der Einwohner der aethiopisch-orthodoxen Kirche angehoeren und diese sich nur in wenigen Punkten (manche sagen sogar nur im administrativen Bereich) unterscheiden. Sondern sie wollen vor allem den Leuten hier helfen und die Zuammenarbeit mit den weltweiten Hilsorganisation koordinieren, so z.B. auch mit Freddys ehemaligen Arbeitsgeber Horizont3000. So verfuegen beide auch ueber mehrere Zimmer in ihrer Mission, wo wir auch uebernachten durften.

In Dimeka, wo Father Paddy seine Mission hat, waren wir im oertlichen Kindergarten. Die Eltern zahlen pro Monat 20 Birr (ca. 2 Dollar), ist also nicht gratis, da der Wert fuer die dort in Grundkennntnisse zu Geographie und Englisch unterichteten Kinder auch fuer die Eltern ersichtlich sein soll. Ausserdem wird auch dafuer gesorgt, dass die Kinder wenigstens einmal taeglich eine protein- und vitaminreiche Nahrung erhalten.

Sehr aufregend war auch der Besuch bei der Hamer-Familie von Father Paddy. Die Hamer sind eines der vielen Voelker des Omo-Tales, die noch sehr nach alten Traditionen leben. Father Paddy hat dort zusammen mit der Familie ein kleines  Geschaeft  errichtet, in dem Dinge des taeglichen Bedarfs erstanden werden koennen (Oel, Batterien, Kaffee, Mais, …). Diese kauft Father Paddy recht billig in der naechst groesseren Stadt und verkauft sie gegen Geld und selbstgemachten Schmuck an die Hamer-Familie. Diese wiederum verkaufen sie im eigenen Geschaeft weiter, haben so Geld neue Lebensmittel zu kaufen und koennen sich einen Teil des Erloeses fuer groessere Investitionen sparen. Noch dazu muessen die dortigen Hamer nicht zur Regenzeit ewiglang in die naechste Stadt gehen, um sich mit Lebensmittel einzudecken.

Wurden von der Hamer-Familie auch in ihre Rundhuette eingeladen. Die Waende dieser Huetten bestehen aus einem Grundgeruest aus Holzknueppeln, welches  mit Lehm verspachtelt und mit einem kegelfoermigen Strohdach gegen den Regen geschuetzt wird. Der Eingang ist traditionell sehr eng, da so fruehere Feinde nur einzeln eindringen konnten und so leicht ueberwaeltigt wurden. Im Inneren gibt es eine Feuerstelle, aber keinen Kamin. So ist es in der Huette immer sehr rauchig und die Frauen, die das Feuer hueten, leiden oft unter Augenkrankheiten verursacht durch den staendigen Qualm. Positiver Effekt ist aber, dass dadurch Ungeziefer vom Strohdach ferngehalten wird und diese sehr lange Zeit unbeschaedigt bleiben.

Die Atmosphare in der Huette ist aeusserst angenehm. Es wird Kaffee offeriert und nach einer Zeremonie des Aeltesten, bei der dreimal der Kaffee ausgespuckt wird, um den lebensnotwendigen Regen zu symbolisieren, darf auch getrunken werden. Es ist ein staendiges Kommen und Gehen von Nachbarsfamilien und mit der Uebersetzung von Father Paddy kann auch ein wenig Konversation betrieben werden. Oder man sitzt einfach nur da und erfreut sich am bunten Spektakel in der Rundhuette. Es ist also ein Platz, wo ich zwischenzeitlich ein Teil meines Herzens zuruecklassen koennte, ohne dass es dort irgenwelchen Schaden naehme. Herrlich!

Eindruecke aus Addis Ababa

Nach der doppelten Spontangesundung Joergs bei unserem ersten Stopp hier, der nun hier in Addis einen Vertrauensarzt hat, konnten wir uns der Hauptstadt des Landes widmen.

Addis liegt so auf 1.900m Seehoehe, das Atmen faellt einem aber nicht deswegen schwer, schon eher wegen der schwarzen Rauchwolken der Autoauspuffe und den meist neben den Strassen verbrannten Hausmuell. Das Taschentuch nach dem abendlichen Schneuzen schaut dann immer wie eine Kohletablette gegen Durchfall und Blaehungen aus, schwarz wie die mondloseste Nacht in einem fensterlosen Raum.

Die auf den Gehsteigen meist angebotenen Dienstleistungen, diese dafuer aber in hunderfacher Praesenz, sind das Schuhputzergerwerbe und die Abwaage des menschlichen Gewichts inklusive Hoehenmessung. Habe noch nie so flinke Haende die Schuhe bearbeiten sehen, wie auf den Strassen von Addis Ababa. Rufe, die uns hier staendig begleiten sind vor allem -Hallo, hallo, hallo-, -Birr, Birr, Birr- (die nationale Waehrung) und wenns ganz einfach sein soll nur -You, you, you-. Auch -Ferenji- (heisst so viel wie Auslaender, ist aber nicht abwertend oder gar fremdenfeindlich gemeint, sondern eher einer, der zu Hause eine Gelddruckmaschine besitzt und so ueber mehr Geld verfuegt als Dagobert Duck) wird uns des oefteren nachgerufen.

Wie in ganz Aethiopien, wo man sogar auf der abgelegensten Landstrasse noch von zig Menschen umringt wird, ist man in Addis auch nie alleine. Es wimmelt nur so von Touristenfuehreren, jeder, der mindestens 12 Jahre alt ist, will uns etwas zeigen oder kennt jemanden in anderen Orten des Landes, die einem etwas zeigen koennen. Dies scheint das dritte grosse Gewerbe zu sein (siehe oen).

Am besten ist es, sollte man Fragen haben oder Informationen brauchen, sich direkt an Passanten zu wenden. Alle geben bereitwillig Auskunft, sind aeusserst hilfsbereit und zuvorkommend. Wirklich eine Wohltat, so auch viele Englisch beherrschen, da es neben Amharisch die Unterrichtssprache ist. Es wird sogar ungefragt geholfen, wenn z.B. die frisch geroesteten Erdnuesse mit dem braunen Haeutchen von mir verschlungen werden, weisen einen Leute daraufhin, dieses Haeutchen doch bitte nicht zu essen.

Die beiden groessten und sehenswerten Palaeste, der Jubilee-Palast von Kaiser Haile Selassie I. und der Gebbi (Regierungssitz von Menelik II., vormals Negus von Shoa), sind seltsamerweise nicht zugaenglich, da in ihnen der Premierminister bzw. der Praesident wohnt. Unser lieber Herr Bundespraesident Heinz Fischer sollte endlich auch in Schloss Schoenbrunn einziehen!

Sehr sehenswert ist die Gyorgis-Kirche am Menelik II. Square. Hatten das Glueck bei unserem ersten Aufenthalt in Addis mit einem netten Fuehrer diese Kaiserkroenungskirche zu betreten. Ist an sich eine Rundkirche, allerdings in achteckier Ausfuehrung. Die Kirche wird in drei Bereiche gegliedert. Der aeusserste Kreis ist fuer Gesaenge und Gebete reserviert, hier findet man die typischen Instrumente wie die Trommel und das Sistrum, welche zur rythmischen Untermalung der Gebetslieder eingesetzt wurden. Noch ein nuetzliches Utensil ist der Gebetsstock, der zur Unterstuetzung der Moenche und Nonnen unter die Achsel geklemmt werden kann um sein Gewicht nach bis zu 10-stuendigen Gebeten besser verteilen zu koennen. Anschliessend folgt der heilige mittlere Kreis mit grossflaechigen Wandgemaelden zu biblischen Themen und Bilder, die man auch in anderen Kirchen findet, ueber die Lebensgeschichte von Haile Selassie I. (in der Dreifaltigkeitskirche sahen wir direkt rechts neben den Altar sogar ein riesiges Wandgemaelde von der Ansprache Haile Selassie I. beim Voelkerbund – recht seltsam). Der inneste Kreis bildet das Allerheiligste und ist fuer uns nicht zu betreten.

Werden nun in Addis noch einige Tage verbringen und mal auf unsere Visa warten. Geduldigsein ist eine der ersten Lektionen, die wir am Horn Afrikas lernen muessen, da hier nichts schnell-schnell-geht. Sogar der Kauf eines Bustickets verlangt mindestens einen halben Tag. Wir passen uns an.

Abflug und Ankunft in Addis Ababa

So, nun beginne auch ich unseren Reiseblog mit Eindruecken und Gschichtln zur hoffentlich allgemeinen Freude zu befuellen.
Am Anfang moechte ich mich bei allen FreundInnen bedanken, die mich mental auf der Reise begleiten und so zahlreich bei unserer Abschiedsparty erschienen sind. Ebenso moechte ich mich fuer die erhaltenen Geschenke, bei dem lieben Freddy, da er unsere Reisebuechse mit einem Rubbellos ueber sagenhafte EUR 500,- auffettete, bei Judith fuer die schoenen Monate mit ihr und natuerlich bei meiner Familie bedanken.
Friede sei mit euch.

Der Abflug von Wien war problemlos, da uns Sigird, die Schwester Joergens, zum Flughafen brachte. Die erste kurze Aufregung erlebten wir allerdings am Eincheck-Schalter, wo Joerg vom Flughafenbediensten unmissverstaendlich darauf hingewiesen wurde, sich seine Zaehne zu putzen! Da er durch das Fortgehen am Tag davor noch eine ziemliche Bierfahne hatte und dies bei unseren ersten Zwischenstopp in Cairo nicht so gut ankommen soll. Also Zaehneschruppen und ab in den Flieger. Die Reise kann beginnen!
Erster Zwischenstopp in Cairo mit einem siebenstuendigen Aufenthalt am oertlichen Flughafen. Recht interessante Szenerie. Hunderte nur mit zwei Badetuechern, eines um die Huefte, das andere um die Schulter gewickelt und mit weissen Badeschlapfen beschuhte Muslime kommen uns von den Waschgelegenheiten entgegen. Ein Meer von weissen Kleidern geht schnurstracks in die Flughafenmoschee und man ist irgendwie an grosse Saunen in der Thermenregion erinnert. Solche Bilder werden wir nach Aethiopien, wenn es in islamische Laender weiter geht, noch des oefteren zu beobachten haben.
Ankunft in Addis Ababa um 2:30 Uhr europaeische Zeit, 8:30 abends laut aethiopischen Zeitverstaendnis. Warten am Flughafen mit unserer Flugbekanntschaft David, ein in Ingolstadt bei Audi arbeitender Aethiopier und quatschen ein wenig. Bekommen erstmals Einblicke in die Landesgeschichte vom Dach Afrikas. Schimpft ueber die kommunistische Aera unter Mengistu Haile Maryam und erzaehlt, wie er sich vor der Rekrutierung zum Militaerdienst im Wald versteckte, um nicht gefunden zu werden. Die Rekrutierungseinheiten hatten anscheinend nur die Vorgabe eine bestimmte Anzahl von Menschen zu finden, egal wer und nach Erreichen dieser Anzahl war einmal Ruhe.
Erste Eindruecke von Addis Ababa gibts bei der Fahrt zum Hotel, welches laut oertlichen Aussagen fast so alt ist wie Addis, naemlich an die 100 Jahre (obwohl sich hier in Aethiopien um alles handeln laesst, sogar um das Alter von Staedten und Haeusern – waren auch schon bei 200 Jahren, die wir auf 100 runterhandeln konnten). Im Zentrum von Addis gibt es einige neuere Hochhausbauten und kontrastierend gleich daneben schiefe Wellblechhuetten und vorallem jede Menge halbfertiger Neubauten, die mit Geruesten aus Eukalyptus-Stangen eingepackt sind. In den Loechern der Strassen finden ganze Autos platz, der oeffentliche Verkehr ist aber recht gut organisiert. Aehnlich wie in Guatemala wird der Zielort laut ausgerufen und man kann sich so gleich in den Minibus zwaengen.

Beziehen standesgemaess ein Hotelzimmer am Platz beim Bahnhof. Dort steht das beruehmte Denkmal mit den Loewen von Juda – Haile Selassie I schau auf runter.