Archiv für den Autor: Joerg

Abu Simbel-Die legendaeren Tempel am Assuan-Stausee

Haben ohne viel Herumfragen an der Hotelrezeption einen Eintagesausflug nach Abu Simbel gecheckt. Nur Busfahrt, keine nervigen Fuehrer, das war der Deal. Abu Simbel liegt 300 km suedlich von Assuan, die Fahrt geht durch die Wueste, und man kommt dort individuell nur sehr schwierig hin. Die Busse fahren taeglich in mehreren Konvois mit Polizeischutz dahin, da die Aegypter Riesenangst haben, dass der Tourismus durch irgendwelche Ueberfaelle etc. Schaden erleiden koennte. Immerhin haengt das wirtschaftlich in der Krise steckende Land sehr stark von den Einnahmen des Tourismus ab.

Fuer uns hiess es gestern um 3:00 aufstehen, dann wurden wir von einem ueberraschend modernen Bus abgeholt (mit Abstand der beste auf unser bisherigen Reise) und zum Konvoisammelplatz gefahren. Bei der Einfahrt musste unser Bus erstmal warten, da bereits ein voller Konvoi zur Abfahrt bereit stand. Als dieser an uns vorbeizog, wurde mir schon ganz anders ob der nicht enden wollenden Busschlange. Ich glaube , es sind locker 30-40 grosse Reisebusse an uns vorbeigezogen, alle Richtung Abu Simbel, na das kann was werden!?

Die Fahrt fuerhrte uns 3,5 Stunden durch die Wueste. Leider mussten wir feststellen, dass unser Sitzfleisch noch nicht voll regeneriert war. Um 7,30 kamen wir endlich in Abu Simbel an.

Die Tempel am Assuanstausee haben ja ihre eigene Geschichte. In den 60erJahren wurde mit dem Bau des neuen Assuanstaudammes begonnen. An dem Megaprojekt arbeiteten 35000 Menschen mit, ein paarhundert davon starben dabei, geleitet und finanziell unterstuetzt wurde das ganze von den Russen. Das Resultat waren der Damm (110 Meter hoch, 3500 Meter lang und an der Sohle 900 Meter dick) und der groesste Stausee der Welt (500 km lang). Der Damm verdoppelte die Stromproduktion des Landes und – noch wichtiger – reguliert seitdem den Abfluss des Nils ganzjaehrig, sodass die bewaesserte und somit landwirtschaftliche Flaeche des Landes um 40 % gesteigert werden konnte. Der Preis dafuer: zigtausende Menschen mussten ihr Land verlassen, da ihr bisheriger Lebens- und Kulturraum ueberflutet wurde.

Die Tatsache, dass viele bedeutende Tempel der Pharaonenzeit in diesem Gebiet lagen, hat die Aegypter und den Russen weniger gejuckt, dafuer aber wurde die UNESCO-Welterbeliste ins Leben gerufen und vom Westen ein paar aufwaendige Rettungsaktionen gestartet.

Die spektakulaerste war wohl jene von Abu Simbel. Der einstige Tempel des Ramses II war als riesige Anlage in den monolithischen Fels gehauen, eine unterirdische Halle mit prunkvollen Saeulen und Reliefs, davor die 4 beruehmten, ueber 20 Meter hohen Statuen von Ramses II, alles aus einem Felsen (monolithisch halt). Die UNESCO ist mit 80 Millionen US-$ Sponsorgeldern, die vor allem aus Amerika, England und Frankreich kamen, hergegangen, und hat die gesamte riesige Anlage in 4000 Bloecke zu jeweils 10-40 Tonnen Gewicht zerschnitten und an einem hoeherliegenden Ort wieder aufbauen lassen. Der urspruengliche Mutterfelsen wurde naturgetreu aus Beton rekonstruiert. Ein irres Projekt also!

Die 80 Millionen haben sich fuer die Aegypter auf jeden Fall ausgezahlt, da die Tempel taeglich tausende Touristen anlocken, die sonst den Sueden von Aegypten nie besuchen wuerden. Die Amerikaner durften sich einen kleinen Tempel mit nach NY ins Museum nehmen.

Wir kamen aufs Gelaende und waren erst mal erleichtert, dass nicht so viele Menschen, wie die Busschlange vermuten liess, da waren. Das ganze Gelaende ist natuerlich so aufgebaut, dass man vom Parkplatz nichts sieht, insofern ist der Marsch zu den Tempeleingaengen hoechst spannend. Was man dann zu sehen bekommt, raubt einem den Atem und laesst sich kaum beschreiben. Die 4 sitzenden Statuen des Ramses haben eine wahrlich gigantische Dimension und schauen hoheitlich ueber den Stausee hinaus. Zu den Fuessen der Figuren wuseln ein paar Touristen herum, fast wie Ameisen erscheinen sie neben den steinernen Kolossen. Wieder einmal bleibt einem nichts ausser das Schauen und Staunen. Wie paff muss der Entdecker diese Tempels, ein Schweizer namens Burckhardt, gewesen sein, als die wahre Dimension seiner Entdeckung unter dem Sand offenbar wurde.

Man ist so beeindruckt, dass man gar nicht bemerkt, dass hier rundherum mit Beton nachgegolfen wurde, und es schaut auch nicht schlecht aus. Das Innere des Tempels ist nicht weniger beeindruckend als das Aeussere. Wenn man eintritt, kommt man in die erste Halle, die von riesiegen Atlanten getragen wird. An der Wand sind wunderbare Reliefs, die Gottheiten und den Pharao in Kriegsszenen darstellen. Die Atmosphaere im Innernen ist trotz der vielen Touristen sehr angenehm und inspirierend. Ich hab mir eine schoene Musik eingelegt und bin mit aller Ruhe genuesslich und staunend durch die heiligen Hallen spaziert. Ca. 60 Meter kann man ins Innere durch verschiedene Raeume gehen. Wunderbar!

Nebenan gibt es noch einen kleinen Tempel der der Goettin Hathor geweiht ist. Hathor war die Tochter des Sonnengottes Ra und die Goettin der Liebe, der Schoenheit, der Musik und des Tanzes. Sie ist mir dementsprechend sehr sympatisch….

Der Tempel ist so wie der grosse, dem Ramses gewidmete Nachbar von den alten Aegyptern in den Felsen gehauen und in den 70er Jahren umgesiedelt worden.

In beiden Tempeln hat mich wieder einmal das ausgefeilte und aesthetische Design sowie die Darstellungen der Gottheiten und Pharaonen besonders begeistert und beruehrt. Es war genug Zeit fuer uns und wir sind tief beeindruckt wieder weggefahren.

Am Heimweg haben wir uns den grossen Assuandamm angeschaut, was eher obligatorisch war als spektakulaer, da der Damm sehr flach ist und dadurch nicht so beeindruckt wie z.B. die Koelnbreinsperre. Gaehn…dass ich kein Vollblutexemplar meines Berufsstandes bin, wusste ich aber schon vorher…sonst waer ich auch nicht hier sondern in einem Buero ala Rohrhofer.

Nach den gerade noch nicht langweiligen 10 Minuten am Damm haben wir aber ein wahres Juwel angefahren. Die Insel Philae. Diese erreicht man klarerweise per Boot. Die Insel beherbergt einen grossartigen Isis-Tempel. Schon die Bootsfahrt gibt einen guten Blick auf die grandiose Anlage, die auch in den 70ern hoeher versetzt wurde, wobei das ganze Umfeld des Tempels originalgetreu modelliert wurde.

Der Zugang zum Tempel fuehrt durch riesiege, mit Reliefen geschmueckte Tore, die sogenannten Pylone. Nach einem Innenhof kommt man in eine Vorhalle, dannach kommen ca. 5 weitere, immer kleiner werdende Raeume, die letzte Kammer erscheint wie ein Allerheiligstes. Ich spuerte eine sehr angenehme Energie in dem aesthetisch aussergewoehnlichen Bauwerk und die Reliefs beeindruckten mich ganz besonders.

Wie schon bei den Pyramiden konnten wir auch gestern bei den Tempeln wieder beobachten, wie sehr die Besucher beeindruckt und mitunter auch auch -so wie wir- beruehrt sind. Was man hier zu sehen bekommt, laesst einfach niemanden kalt. Auf der zehnminuetigen Bootsfahrt retour haben wir schon die aufkeimende Sehnsucht nach dem kuehlenden Element des Wassers gespuert. Nach den letzten 10 Wochen Trockenheit und Hitze freuen wir uns schon jetzt auf den Ausgleich, den uns bald zuerst der Nil und dann vor allem das Rote Meer spenden wird. Inshallah!

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Der Ramsestempel aus der ferne

Der Ramsestempel aus der ferne

schon naeher

schon naeher

von vorne

von vorne

direkt davor

direkt davor

an der Schwelle

an der Schwelle

von drinnen keine Fotos...

von drinnen keine Fotos...

Hathor-Tempel

Hathor-Tempel

am Staudamm

am Staudamm

Insel Philae mit Isis-Tempel

Insel Philae mit Isis-Tempel

Das erste Tor mit den Pylonen

Das erste Tor mit den Pylonen

Nane in der Vorhalle

Nane in der Vorhalle

meiner einer

meiner einer

Relief

Relief

Haare sind frisch geschnitten…juhui!

Assuan

Vorgestern abend stiegen wir in Kairo in den Zu erster Klasse. Gemessen an der Ticketkaufprozedur war der Zug und auch die Fahrt ganz gut. Gemessen an den aethiopischen Busfahrten war es einfach kolossal. Das Abteil teilten wir mit vier Mitgliedern einer polnischen Pensionistengruppe, die eher auf die billigere Art durch Aegypten zu reisen scheint. Eh ganz nette Leute, mal abgesehen von den staendigen lautstarken Wuerge-und Schluckaufattacken, die einen der Herren und somit auch uns ein wenig plagten. Zumindest wir haben die Nacht im Sitzen durchgeschlafen und sind erst aufgewacht, als es draussen laengst Tag war.

Die Landschaft im Niltal ist sehr sehenswert, vom Zug aus hatten wir einen Blick ueber das Wasser, dahinter sind Tafelberge, die schon Teil der Wueste sind. Das Niltal ist ueberaus fruchtbar, ueberall wird das Wasser mit einem weitverzweigten Kanalsystem zur Bewaesserung verteilt, die flachen Felder sind klein parzelliert und gehen foermlich ueber vor Gemuese, Zuckerrohr und Fruechten aller Art, alles ist gruen und saftig.

Kein Wunder, dass der Nil auch “Fluss des Lebens” genannt wird, ohne ihn waere Aegypten trocken und nicht bewohnbar. Die Menschen haengen auch heute noch zu 100% vom Nil ab.

In Assuan sind wir nach 16 Stunden Zugfahrt angekommen, mittlerweile ist das fuer uns schon laengst keine abschreckende Reisedauer mehr…Assuan ist sehr gefaellig und sauber. Weniger Leute, schoenere Haeuser, weniger Stress als in Kairo, alles ist recht sauber. Die Menschen hier sind zu einem grossen Teil Nubier, ein schoener, schwarzer Menschenschlag mit eigener Sprache. Die Nubier stellten auch einst eine Dynastie der Pharaonen, nachdem Aegypten ihrem Reich namens Kusch einverleibt wurde, dessen Hauptstadt und groesster Anteil im heutigen Sudan lag . Durch den Bau des Assuanstaudammes 1968 wurde den aegyptischen Nubiern ihr Lebensraum genommen und ihre Doerfer und Felder liegen jetzt unter Wasser, waehrend der Grossteil der Menschen nach Assuan oder Abu Simbel umgesiedelt wurde.

Assuan ist schoen gelegen unter dem ersten Katarakt (so eine Art Stromschnellen) des Nils, schwarze Felsen saeumen den Strom, der hier ruhig und weit um eine Insel fliesst, im Hintergrund sieht man die Wueste. Assuan hat heute 1,2 Millionen Einwohner und ist so wie in alten Tagen auch heute noch ein Tor ins eigentliche Afrika, somit auch fuer den Handel sehr wichtig. Frueher wurden hier aethiopische Elefanten verkauft, die die Aegypter fuer alles moegliche brauchten, und natuerlich das legendaere Nubische Gold. Heute fuehlt man sich hier mehr in Afrika als irgendwo sonst in Aegypten. Die Menschen sind viel freundlicher und auch schoener als in Kairo…man merkt also, dass wir hier schon wieder naeher an Aethiopien sind, dem Nabel der Welt, wenn es um schoene und nette Menschen geht.

Assuan ist voll in der Hand des Tourismus. Hier legen die grossen Kreuzfahrtschiffe an, eine Bootsfahrt in einer der unzaehligen Feluccas, das sind traditionelle Segelboote, ist fuer jeden Touri Pflicht hier. Und von hier aus kommt man auch nach Abu Simbel oberhalb des Assuan- (oder nach dem damaligen Praesidenten Nasser-) Stausees, wo die legendaeren Tempel stehen, die nach Bau des Stausdammes spektakulaer verlegt wurden.

Wir haben hier erst mal 2 kommote Tage verbracht, sind ueber den ewig langen Markt spaziert und gemuetlich am Nil gesessen. Uebrigens, hier hab ich auch einen wuerdigen Ort gefunden, wo man mir ein Bierchen vergoennt hat. Aber ganz abgesehen davon ist es hier recht fein, die Leute sind auch nicht so laestig. Heute Nachmittag haben wir uns auf der Nilinsel einen gemuetlichen und einsamen Platz gesucht, wo wir stundenlang bis in den Sonnenuntergang hinein aufs Wasser geschaut und die Segelboote und das ganze Treiben rundherum beobachtet haben. Sehr gemuetlich und endlich wieder mal ein Ort ausserhalb des Hotelzimmers, wo man nungestoert die Seele baumeln lassen kann.

Morgen fahren wir nach Abu Simbel und zum Nasser-Staudamm. Bericht folgt.

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Feluccas

Feluccas

Nubische Kids am Nil

Nubische Kids am Nil

So wird den Touristenbooten aufgelauert

So wird den Touristenbooten aufgelauert

und zwischendurch gerastet

und zwischendurch gerastet

Die Sahara und der Wuestenfuchs…

Das ist kein Bericht ueber das deutsche “Afrika-Korps”, wie der Titel vielleicht vermuten liesse…diese Zeiten sind vorbei.

Dafuer sind wir vor ein paar Tagen in friedlicher Mission in die groesste Wueste der Welt rausgefahren; mit dem oeffentlichen Bus nach Bawiti, in der Bahariya-Oase, 5 Stunden von Kairo entfernt. Die Busfahrt war aeussert angenehm und stressfrei, die Strecke schnurgerade und ohne Steigungen, Luftlinie ist gleich Fahrkilometer. Die oede Landschaft ist dementsprechend schnell an uns vorbeigezogen.

Im Ort Bawiti angelangt haben wir gleich mal Quartier bezogen und eine 2-Tagestour in die Wueste gebucht. Eigentlich haetten wir ja mehr Zeit eingeplant, doch der Typ konnte uns nicht klar machen, worin sich das Programm von 3 Tagen zu dem mit 2 Tagen unterscheidet…

Von einer sogenannten Oase hat man ja eine romantische Vorstellung, die sich fuer mich ja noch vor ein paar Monaten in Peru tatsaechlich erfuellt hat (in Huaccachina, wo die Duenen direkt in den Dattelpalmenhain mit erfrischendem Badesee uebergehen). Wenn man nach Bawiti kommt, findet man sich in einem verdreckten, heruntergekommenen Kaff wieder, und man fragt sich, was denn hier zu tun sei. Von den angeblich 30000 Einwohnern haben wir auf einem einstuendigen Rundgang ungefaehr 15 zu Gesicht bekommen; es gibt 2 sogenannte Restaurants, die ausser ein paar ungesalzener Kartoffel nicht viel anzubieten haben,…

Entsprechend froh waren wir, als es nach einer durchgeschlafenen Zwoelf-Stunden-Nacht Richtung Wueste los ging. Schnell den Landcruiser und den Fahrer inspiziert…passt! Essen und Sprit gekauft, und los ging die Fahrt. Der Fahrer war ein aeusserst wortkarger Gesell, was ich ja definitiv lieber habe als einen quatschenden Gute-Laune-Pusher.

Die Fahrt ging ostwaerts, zuerst in die “Schwarze Wueste”, einer Sandwueste mit kleinen Bergen aus schwarzem Vulkangestein, dazwischen sandige Duenen. Irgendwann aendert sich die Geologie und Landschaft schlagartig, es ragen Felsformationen aus strahlend weissem Gestein auf – klare Sache, wir sind in der “weissen Wueste” angekommen. Diese war das klare landschaftliche Highlight, vor allem dann, als ein endloser Wald von Pilzen, Zwergen und andere Figuren sichtbar wurde, die durch die Winderosion entstanden sein muessen. Viel Theorie bekamen wir ja nicht geliefert, weil unser Fahrer ja nur das Noetigste von sich gab. Dafuer hatten wir viel Zeit zum Schauen und Staunen, und das tun wir ja am liebsten ungestoert. Man kann in der weissen Wueste stundenlang herumrennen und entdeckt immer wieder neue Formen, die aus dem glattpolierten, felsigen Untergrund herauswachsen und besichtigt oder beklettert werden wollen. Dazwischen findet man noch haufenweise metallische (leider nicht goldene) Nuggets von vielfaeltigster Form, die vom Gestein, das wohl in Sandform verweht wurde, uebrig geblieben sind. Ein riesiger Spielplatz und eine Riesengaudi fuer uns Riesenbabies…;-)

Mitten in diesem von Gottes Hand erschaffenen Skulpturenpark haben wir unser Nachtlager aufgeschlagen. Korrigiere, unser Fahrer hat das gemacht…und da haben wir erst gesehen, was den kompetenten Wuestenbewohner ausmacht. Jeder Handgriff hat gesessen, und in wenigen Minuten war ein superkommotes Beduinenlager aufgebaut, wo man sich nur noch “hinflaken” brauchte. Und als ob das nicht schon wunderbar genug gewesen waere, hat der Wunderwuzzi quasi nebenbei in affenartigem Tempo und mit hoechster Effizienz ein Essen hergezaubert, wie wir es in dieser Geschmackigkeit auf unserer gesamten Reise noch nicht bekommen haben. Ein wuerziger Hendl-Gemuesetopf mit feinstem arabischen Reis, wie ich ihn zuletzt von meinem kurdischen Freund Salam im Studentenheim aufgetischt bekam. Ich mag ja nicht so gern Hendl, seit ich die ungustioesen Viecher einen Sommer lang ausgeliefert habe, aber in dem Fall…Hallelujah, was haben wir reingehauen!

Ganz nach dem ueberall ausser in Oesterreichs Hundehaushalten geltenden Motto “Erst der Mensch, dann das Tier” hat schon wenige Meter von uns entfernt der Wuestenfuchs -mit dem Hendl und dessen hohlen Gebeinen liebaeugelnd- artig auf seine planmaessige Fuetterung gewartet. Recht aufgeregt und ein wenig ungeduldig ist er mit kleinen Schrittchen ums Lager getaenzelt. Ein echt possierliches Kerlchen, relativ klein, und zu 2 Drittel aus Ohren bestehend. Schon bald sind die ersten Knochen in seine Richtung geflogen. Die Freude waehrte jedoch nur kurz, weil gleich ein anderer Fuchs da war und die Streiterei losging. Die Schlaeue ist halt auch nur sprichwoertlich und “der Fuchs” wohl gleich bloed wie “der Mensch”. Deshalb blieben die weiteren, angeflogenen Knochen vorerst unangetastet und der Stress im Mittelpunkt.

Ganz anders fuer uns, von allem war reichlich da. Der Fahrer hat nach seiner Portion Schluss gemacht und gemeint, er will ja nicht so fett werden wie der Rest der Aegypter (wie recht hatte er, die meisten sind wirklich ziemlich blaad). Ich war aber nicht zoegerlich, noch einen halben Teller ueber den Hunger (“Nur fuer den Gusto, Nane”) zu nehmen, dann noch eine von den riesigen, suessen Orangen als Nachtisch…echt geil, nur wenige Minuten spaeter bin ich schon reumuetig am Lagerfeuer gelegen, komplett aufgeblaeht und bewegungsunfaehig! Der “aethiopische Magen” ist halt recht klein…aber schon seltsam, dass ich mich ausgerechnet in der Oednis der Wueste ueberfressen habe.

Wie dem auch sei…das Feuer hat geknistert und am Himmel stand der Mond wie bestellt genau in der Form, wie ich sie im Sueden so gerne sehe. Die Sichel steht hier nicht aufrecht so wie bei uns daheim, sondern liegt wie ein goldenes Boot waagrecht da…hier in Aegypten ist das natuerlich die “goldene Barke”, mit der der Sonnengott Ra tagsueber den Himmel und naechtens die Unterwelten durchschifft…und schon schweiften die Gedanken wieder ab durch Raum und Zeit. Der Sternenhimmel war genial, die Milchstrasse verdient hier ihren Namen noch, man sieht Millionen von Sternen, die bei uns durch den Dunst und die “Lichtverschmutzung” unsichtbar sind. So sassen (ich lag) wir da, bis aus einem der Lager in der Naehe (ja, es waren auch andere Reisende unterwegs) Getrommel und Gesang zu hoeren war. Unser Fahrer sagte nur (“My friend, lets go”) und dann stapften wir schon durch die finstere Wueste auf ein in der Ferne sichtbares Feuer zu, wo es weniger meditativ zuging. Dort sass schon eine lustige Runde bestehend aus 2 Wuestenguides und 7 Chinesen. Daheim mag ich ja so ein Lagerfeuergetrommel von den meist selbst ernannten Koennern nicht so gern, aber einer von den Beduinenburschen hat so laessig abgetrommelt und noch besser dazugesungen, dass selbst die Chinesen einen Anflug von innerem Feuer erkennen liessen. Was war das fuer eine Hetz! (Video demnaechst auf Nanes Blog…Link siehe rechts.) Auch unser Chauffeur hat zum Singen und Klatschen angefangen, wie man es kaum fuer moeglich gehalten haette. Die Stimmung war genial, das bei unseren heimatlichen Lagerfeuern uebliche Bier gab es hier leider nicht, so sehr es mir auch gemundet haette, dafuer gab es zuckersuessen Tee mit Minze, auch lecker! Dennoch hab ich gelobt, dass ich mir bei der naechsten sich ergebenden und auch wuerdigen Gelegenheit ein kaltes Bierchen vergoennen werde; hab ich doch schon fast vergessen, wie gut der Gerstensaft der trockenen Kehle tut.

Hoechst zufrieden sind wir dann in unser Lager zurueck, wo wir noch eine gute Weile Sterne geschaut haben, waehrend unser Fahrer schon gepflegt “einen abgeschnarcht” hat. Die Ruhe der Wueste und der Sternenhimmel sind sehr inspirierend. Es war recht kalt und so freuten wir uns auf unsere kuscheligen Schlafsaecke und die Uebernachtung unter freien Himmel. Wir haben gut geschlafen und ich bin erst aufgewacht, als die ersten Sonnenstrahlen meine Nase gekitzelt haben. Die Sonne hat uns schnell gewaermt, ebenso der schnell am Feuer zubereitete Tee.

Nach dem Fruehstueck fuhren wir recht rasant durch die Wueste zurueck ins Dorf Bawiti, wo wir dann noch einen Bus zurueck nach Kairo bekamen. Die Busfahrt hab ich verschlafen und schon bald kamen wir in Kairo an.

Die Wuestenerfahrung war echt laessig und unvergesslich, die 2 Tage vorerst ausreichend fuer uns. Wir hatten gesehen, was wir sehen wollten, und sind echt zufrieden und beeindruckt. Da wir unsere Weiterfahrt fuer morgen Abend schon vororganisiert haben, steht uns jetzt ein Tag mehr zum Abhaengen in Kairo zur Verfuegung, auch nicht schlecht.

Bier werd ich hier uebrigens keines trinken. Dafuer fehlt hier der wuerdige und gemuetliche Rahmen. Unser geliebtes “Fastengetraenk” gibt es hier ja nur in kleinen Shops, die fuer den Aegypter aber eine No-Go-Area darstellen, weil es das allerschlimmste waere, beim Alkohol Trinken oder Kaufen gesehen zu werden. Das verbietet naemlich der Islam. Ein gaengiges Hintertuerchen scheint es zu sein, dass man Touristen anquatscht und darum bittet, stellvertretend in den Laden zu gehen und ein paar Lagen Bier zu kaufen, weil ja ausgerechnet morgen “eine Hochzeit stattfindet”. Das passiert einem hier staendig.

Aber so ist das halt mit den Religionen…ich persoenlich bin froh und dankbar, in einem (zumindest) religioes freiem Umfeld gross geworden zu sein, das einem erlaubt, Erfahrungen zu machen, sich verschiedenste Wege anzusehen und daraus den jeweilig passenden zu (er)finden und diesen jederzeit zu hinterfragen oder anzupassen. Das wuerde ich die interessante Herausforderung der Suche nennen. Waere mir diese Freiheit nicht gegeben, wuerde ich rebellieren und mit wahrlich allen Mitteln dafuer kaempfen! Das ist aber mein persoenlicher Zugang, andere bleiben von mir unbewertet.

SO, Jetzt endlich mal Fotos:

I-Man in der Wueste

I-Man in der Wueste

...die schwarze...

...die schwarze...

...und die weisse...

...und die weisse...

Gsichter

Gsichter

das Schwamml und das Hendl

das Schwamml und das Hendl

ein Ausserirdischer haelt sich zufrieden das Baeuchlein

ein Ausserirdischer haelt sich zufrieden das Baeuchlein

das Lager (in der Frueh, die Altkleidersammlung am Boden sind der Nane und der Fahrer, die noch pennen)

das Lager (in der Frueh, die Altkleidersammlung am Boden sind der Nane und der Fahrer, die noch pennen)

Essenszubereitung

Essenszubereitung

der Fux

der Fux

Getrommel

Getrommel

Sonnenaufgang

Sonnenaufgang

Packen

Packen

Voll zufrieden

Voll zufrieden

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Letzter Tag in Kairo und jetzt ab in die Wueste…

Der letzte Tag in Kairo war ja eigentlich fuer die Entspannung vorgesehen. Zumindest habe wir lange gepennt, und ich hab mich im Schlaf auch ganz gut von meinem immer noch starken Schnupfen erholt. Doch Kairo ist definitiv kein Platz zum Erholen, es ist hier zu laut und es gibt kaum Plaetze zum Rueckzug.

Waehrend der Nane noch gepennt hat, bin ich am Vormittag noch einmal in das Koptische Viertel gefahren, um dort in aller Ruhe die Georgskirche mit meinem Besuch zu ehren. Ich hab die Ruhe und die besinnliche Atmosphaere dort sehr genossen. Die Kirche ist so wie weite Teile des Koptenviertels griechisch gepraegt, in den Geschaeften wird Griechisch gesprochen, Aufschriften sind griechisch…das taugt mir natuerlich sehr, weil ich ja die Sommer meiner Kindheit immer in Griechenland verbracht habe und nicht umsonst “Jorgos, der alte Grieche” genannt werde.

In einer kleinen Kapelle des Viertels ist ein kleiner Platz der besonderen Huldigung des Georgs, der hier “Mar Girgis” heisst, zu finden. Die Pilger haben dort die Moeglichkeit, sich die Ketten, in denen der Heilige Georg gefoltert wurde und so zu grossem Maertyrerruhm kam, um den Hals und die Arme zu legen, was die Naehe zum Heiligen und die Heiung der eigenen Schwierigkeiten beguenstigen soll. Schon eigenartig zu sehen, wie sich einer nach dem anderen die schweren Ketten um den Hals legt und diese an diversen heilungsbeduerftigen Koerperteilen reibt. Ich hab davon Abstand genommen, dafuer aber nochmal gedanklich-rituell bekraeftigt, dass ich mit Folter und Ketten jeglicher Form nichts mehr zu tun haben will. Schliesslich steht meine Reise unter der Fahne der Freiheit, und diese Fahne wird sicher nicht mehr eingeholt, sondern ganz herrlich weiter im Wind wehen…auch nach der Reise.

Zu Mittag haben wir uns via Internet ein keines Geschenk bestellt: naemlich 2 kleine Netbooks, fuer jeden eines. Das sind so winzige Notebooks, die allerhand koennen und uns in Zukunft die Moeglichkeit geben werden, unsere Geschichten an jedem Ort zu schreiben. Damit sind wir viel unabhaengiger von den oft nervigen Internetkaffees, wo dauernd irgedwas nicht geht. Juhui! Unser Freund Roland wird die Dinger mit der entsprechenden Software bestuecken, und Nanes Freundin Judith diese fuer uns nach Aegypten schmuggeln, wenn sie den Nane auf Sinai besuchen wird. Inschallah (wenn allah es so will)!

Am Nachmittag haben wir die Tickets fuer unsere naechsten Wegstrecken gekauft. Zuerst das Busticket fuer die morgige Fahrt in die Oase Bahariya, von wo aus wir die schwarze und die weisse Wueste besuchen werden. Der Busbahnhof war sehr sauber und gut organisiert. Im Nu hatten wir, was wir wollten, und sind dementsprechend frohen Mutes Richtung (Zug-)Bahnhof gegangen, um dort auf aehnlich elegante Weise zu unseren Karten von Kairo nach Assuan zu kommen. Doch am Bahnhof wehte ein anderer Wind. An jeder Ecke ein Ticketschalter fuer ein spezielles Ziel, nichts ist beschriftet und man hat keine Ahnung, was man tun soll. Bei den Schaltern ist es eng und es herrscht ein Chaos und Gedraenge, wie man es von den aethiopischen Busbahnhoefen kennt. 3 Stunden lang wurden wir von Schalter zu Schalter geschickt, von anderen “Wartenden” weggedraengt und in Poebeleien verwickelt, Hunger und Durst wurden unertraeglich. Letztendlich war ich in der richtigen Schlange, wo aber ein Problem in Form einer laut herum schreienden und nicht locker lassenden Alten vor mir war, die den Schalterbeamten und die hinter ihr wartende Menge – vor allem mich – eine halbe Stunde quaelte und sekierte. Keiner hat was gesagt, ob wohl schon alle geladen waren ob der Unverschaemtheit der Alten. Irgendwann hab ich sie dann einfach auf Kaerntnerisch angeschrien und ihr signalisiert, dass ihre Zeit jetzt abgelaufen ist, und ein ganz jaehes Ende ihres Auftrittes bevorsteht. Sie hat verstanden und ist dann abgezogen, zur Erleichterug aller anderen und vor allem mir. Das Ausfertigen meiner “Tickets” (handbeschriebene Kaszetteln in der Groesse von 1 Euro-Muenzen) dauerte noch einmal ungefaehr 15 Minuten, dann bin ich fix und foxi aber zumindest mit erfuellter Zielvorgabe aus der Reihe getaumelt, uff!

Soviel zum Thema Erholung…ich bin jetzt definitiv soweit, dass ich die Stadt mit ihren Menschenmengen, den trommelfellzerreissenden Rufen des Muezzins und den vielen hupenden Autos, die einem das Uberqueren der Strasse zu einem nervenaufreibenden und halsbrecherischen Abenteuer machen, hinter mir lassen muss. Oder wie der Herr Molterer sagen wuerde: “Es reicht!”

So fahren wir morgen in die Oase und von dort weiter fuer 2-3 Tage in die Sahara. Freu mich auf eine hoffentlich ruhige Nacht im Zelt und einen wuestenmaessigen Sterenhimmel. Inshallah!

Fotos gibts ein andermal, heute war doch wieder zu stressig.

Die Pyramiden, die Sphinx und andere Kolosse

Heute war es endlich soweit und wir machten uns auf den Weg zu den grossen Pyramiden von Gizeh. Weit ist der Weg nicht, die Pyramiden stehen direkt an der Stadtgrenze und sind mit dem Taxi bequem fuer ein paar Kroeten zu erreichen.

Gizeh ist bestimmt die wichtigste Touristenattraktion des Landes und man hatte ja schon aus dem Reisefuehrer und von heimgekehrten Aegyptenreisenden einiges an wilden Geschichten gehoert, wie schlimm dort der Kampf um das Geld der Besucher gefuehrt wird, wie nervig und zahlreich die Hustler sind und wie ueberlaufen der Platz. Den Geschichten nach sollte man den Platz eher meiden, doch der Magnetismus der beruehmten Staette war zu gross und so zog es auch uns hin, logo!

Man steigt am grossen Vorplatz aus und ist gleich mal hin und weg ob der ueberwaeltigenden Dimension der grossen Pyramiden. Alles rennt erstaunlich geregelt ab, keine Warteschlangen fuer Tickets und eine zuegige Abwicklung beim Eingang. Wir waren regelrecht verstoert, wie friedlich und unbehelligt wir auf des Plateau zu den Pyramiden raufspazieren konnten,  war man doch auf das Schlimmste eingestellt. Ein paar Postkartenverkaeufer und Kameltreiber kommen zwischendurch schon auf einen zu, aber…alles harmlos fuer jemanden, der gerade 2 Monate in Aethiopien war, echt!

Also konnten wir voller Freude und Bewunderung ueber das Plateau wandern, zwischen den Pyramiden durch, runter zur Sphinx (,die in Realitaet etwas kleiner ist, als sie auf den Postkarten wirkt), einen Abstecher in das kleine Museum mit der Sonnenbarke, bis wir irgendwann einen Platz gefunden haben, wo wir in Ruhe einen schoenen Blick auf das Areal geniessen und die Gedanken wandern lassen konnten. Kein Wunder, dass die Pyramiden seit Jahrtausenden die Fantasie der Menschen befluegeln, es ist einfach beeindruckend und fast unglaublich, was man hier zu sehen bekommt. Und sollte man im Museum von Kairo die Pharaonen “nur” als ein paar zusammengeschrumpelte Leichname aus alten Tagen wahrgenommen haben, dann wird einem spaetestens angesichts der Pyramiden klar, dass diese wahrlich als Gottkoenige gesehen wurden. Sehr sehr beeindruckend war auch die Sonnenbarke fuer mich, ein fein gearbeitetes, ca. 30 Meter langes Holzschiff, mit dem der tote Pharao zu seiner letzten Ruhestaette geschifft wurde, und das ihm letztendlich in einer eigenen Grabkammer vor der Pyramide als Vehikel fuer das Jenseits bereitgestellt wurde.

Beeindruckt und bewegt ist hier jeder Besucher, da bin ich mir sicher. So war es auch fuer uns ein perfekter Tag…

Optisch erstaunlich sind uns auch die Touristengruppen eingefahren. Wir haben ja seit vielen Wochen kaum weisse Menschen gesehen, viele Europaeer sieht man hier in der Stadt auch nicht gerade. Und heute waren dann ueberall die Busgruppen unterwegs, besonders viele Russen, Englaender, Deutsche. Da stach es uns schon bald ins Auge, wie ungepflegt und uebergewichtig der Grossteil der Leute ist, der da so in den Charterflugzeugen angeflogen kommt. Verschwitzte Leiber, pralle Baeuche und sonnenverbrannte Gliedmassen treten aus der viel zu knappen Kleidung hervor. Nach 2 Monaten auf dem schwarzen Kontinent war das fuer sich schon fast eine Begegnung “der dritten Art”…

Damit wir selber nicht bald am gegenueberliegenden Ende des Spektrums des Ernaehrungszustandes ankommen, sind wir dann wieder in die Stadt zurueck gefahren, um uns ein gepflegtes Essen einzuverleiben. Das hat die Zufriedenheit nochmal gesteigert und der anschliessende Nachmittagsschlaf rundete den genialen Ausflugstag wuerdig ab. Was fuer ein toller Tag.

Morgen sind wir noch einen Tag in Kairo zum Relaxen, dannach werden wir in die Wueste hinausrattern. Den morgigen Tag moechte ich auch nutzen, um endlich ein paar Fotos ins Netz zu bringen. Der Nane ist mir da schon um einiges voraus, deshalb empfehle ich euch, seine Seite anzusehen. Dort gibt es nicht nur Nanes Geschichten, sondern auch Fotos und neuerdings vor allem Videos. Wer also die Hamer in Aethiopien singen oder mich tanzen sehen will, der gehe auf www.reisekreise.net und dann auf den Menuepunkt “Videos zur Reise”.

Salaam aleikum, aleikum salaam.

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Erste Eindruecke vom Alten und vom neueren Aegypten

Der initiale Fressanfall und die damit einhergehende Reizueberflutung waren recht bald verdaut…

Die ersten Tage in Kairo waren sehr interessant und abwechslungsreich. Die groesste Stadt Afrikas pulsiert ja echt, wie es sich fuer 22 Millionen Einwohner auch gehoert, vor allem am Abend ist hier im Zentrum ein Mordsrummel. Die Gehsteige und Strassen platzen aus allen Naehten , ueberall wuseln die Menschen herum und Millionen Autos draengen sich durch die Strassen. Der viele Verkehr und die ruecksichtslosen Autofahrer sorgen nicht nur unsererseits fuer Angst und Schrecken, sondern auch dafuer, dass hier angeblich die schmutzigste Luft der Welt ist. Und man sieht tatsaechlich eine Dunst- und Staubwolke in und ueber der Stadt. Die erkennt man beim Spazieren in den Strassen und auch bei der Annaeherung mit dem Flugzeug haben wir zuerst gedacht, dass hier wohl nur ein Sandsturm sein kann…

Das Strassenbild und -geschehen gibt hier schon viel her, was die Sinne aufmerksam macht, und dem haben wir uns am ersten Tag herumspazierend und -schnueffelnd und lauschend hingegeben. Die Stadt ist vor allem orientalisch-islamisch gepraegt. Ueberall stehen Moscheen, singen bzw. schreien die Muezzins, in allen Strassen sitzen die Maenner mit der Shisha herum, die Maerkte quillen ueber mit feinen Gewuerzen und allem, was man sich nur vorstellen mag. Die Frauen sind natuerlich verschleiert, wie es sich fuer Muslimas gehoert. Das muslimische Viertel mit der hoechsten Dichte an alten Moscheen beeindruckt schon sehr mit den grossartigen Bauwerken und dem intensiven Marktgeschehen, ueberhaupt wenn man gerade aus Aethiopien kommt. Neben den Muslimen gibt es noch 10 % Christen im Land, die mit ihrer koptischen Tradition eine eigene orthodoxe Schiene innerhalb der Ostkirche darstellen und doch auch einen nicht zu unterschaetzenden Einfluss in der aegyptischen Gesellschaft haben; sie sind ja auch schon 500 Jahre laenger da. Das alte Aegypten ist hier im taeglichen Leben nicht mehr wahrnehmbar, dafuer umso mehr im Museum.

Genau dort waren wir vorgestern. Als Museumsmuffel (wie ich einer bin, der Nane weniger) geht man ja vorsichtshalber gleich in das namhafteste Museum, um bei etwaige und wahrscheinlich auftretenden Ermuedungserscheinungen wenigstens dieses gesehen zu haben. Ja, und vom aegyptischen Museum hier in Kairo hat man uns nicht zuviel versprochen. Tatsaechlich war es sogar so gut, dass ich einige Stunden voller Kurzweil darin verbringen konnte. Das Museum bietet mit zigtausenden Schaustuecken einen grandiosen Ueberblick ueber die Epochen des alten Aegyptens, vom Beginn des Paharaonentums vor 5000 Jahren bis zum bereits vorherrschenden Einfluss der roemischen und griechischen Kultur.

Besonders beeindruckend sind natuerlich die beruehmten Highlights aus dem Grab Tutenchamuns mit der bekannten, goldenen Totenmaske und den anderen prunkvollen Gegenstaenden.

Weiters die Mumiensammlung, in der die konservierten Koerper der alten Pharaonen ausgestellt sind, teilweise noch eingepackt in Leinen, groesstenteils aber so ausgepackt, dass man Kopf, Haende und Fuesse sehen kann. Muy interesante, und ein wenig schaurig fuer die kleinen Museumsbesucher, die sich teilweise kaum an die Glasvitrinen herangetraut haben, hihi.

Mir haben es vor allem die wunderbar gearbeiteten Bildhauerwerke aus schwarzem Basalt angetan. Besonders die ueberlebensgrossen Darstellungen der Pharaonen und Gottheiten, vor denen ich teilweise minutenlang mit offenem Mund stehenbleiben musste. Das Design der alten Aegypter war echt genial und es muessen auch sehr schoene Menschen gewesen sein, die den Darstellungen als Vorbild dienten. Vom sagenhaften Liebreiz der Nofretete (der Name bedeutet uebersetzt “die Schoene ist gekommen”, was will mann mehr…;-)), die als Gattin von Pharao Echnaton auch gewichtigen Einfluss hatte, kann man aber ausserhalb des Museums im Auftreten und den verhuellten Gesichtern der Frauen auf den Strassen Kairos leider nur noch fallweise etwas erahnen. Aber das ist eine andere Geschichte…

Das Museum und die darin stattfindende Zeitreise in das alte Aegypten hat beeindruckt, und zwar ordentlich. Um ein wenig in diese Welt einzutauchen wollte ich ja auch nach Aegypten reisen, und es gibt hier viel zu sehen…

Ganz in diesem Sinne sind wir schon am naechsten Tag, gestern, zu den Pyramiden der weniger prominenten Art gefahren, naemlich nach Saqqara und Dashur. Die 2 Orte stehen ganz anders als ihre prominenten Verwandten nicht auf der Besuchsliste der meisten organisierten Touren, und so kann man dort in aller Ruhe die lt. Archaeologen aeltesten Pyramiden Aegyptens und der Welt besichtigen.

Als die aelteste Pyramide der Welt gilt die Stufenpyramide von Saqqara. Diese ist, wie der Name schon sagt, stufenweise aufgebaut worden, da die perfekte Pyramidenform ja nicht gleich auf Anhieb realisiert werden konnte. Schliesslich sei ja noch kein Pyramidenbaumeister vom Himmel gefallen, sagen die Archaeologen…Esoterikfreunde behaupten da mitunter schon andere Dinge…ich weiss es nicht und das ist mir auch recht so. Tatsache ist, dass die Pyramide von Saqqara beeindruckt, durch Groesse, Form und dem Setting herum. Man ist ja schon direkt in der Sandwueste, auch wenn ein paarhundert Meter weiter schon Kairo anfaengt.

Die 2 riesigen Pyramiden von Dahshur entsprechen dann schon mehr dem Bild, das man von einer ordentlichen Pyramide so vor Augen hat. Vorerst entstand – angeblich nicht ganz planmaessig – eine so genannte “Knickpyramide”, da aufgrund der Berechnungen waehrend der Bauzeit festgestellt wurde, dass das Bauwerk mit konstantem Kantenwinkel nicht fertiggestellt werden kann, weil es sonst zusammenbrechen wuerde. Also hat man den Winkel reduziert und so einen Knick eingebaut, und siehe da – die Pyramide steht immer noch. Die 2te Pyramide von Dahshur ist die sogenannte “rote Pyramide”, ein riesiges Geraet, in deren Inneres man auch ganz ungestoert und alleine einsteigen darf. Das haben wir auch gerne gemacht. Man steigt zuerst ausserhalb der Pyramide auf ca. ein Drittel der Hoehe rauf und dann geht es innen wieder durch einen schmalen und niederen Stollen im Zwergengang hinunter ins Innere der Pyramide, wo einige geleerte Grabkammern zu besichtigen sind. Der Zwergengang, sowie die Hitze und Enge im Einstieg haben mich verdammt an die Minen von Potosi in Bolivien erinnert, wenn auch die Pharaonen etwas sauberer arbeiten liessen als die spanischen Konquistadoren…die Kammern sind mit riesigen, Millimeter genau behauenen Steinbloecken gefertigt worden. Ja, viel mehr kann ich jetzt auch nicht dazu schreiben. Dennoch war es beeindruckend und eine Ehre, ins Innere einsteigen zu duerfen. Schon beim Raussteigen merkte ich, wie mir der Zwergengang die Saeure in die Oberschenkelmuskulatur trieb…viel zu frueh fuer meine Verhaeltnisse, und das liess mich auch erkennen, das ich noch nicht ganz fit war.

Dennoch fuhren wir voll zufrieden mit unserem ersten (aegyptischen) Pyramidenerlebnis in die Stadt zurueck. Dort liess uns der Taxifahrer am Eingangstor des einzigen Parks Kairos aussteigen, und wir betraten eine andere Welt. Hier wurde aus den Geldmitteln der Aga Khan Stiftung und auf einer ehemaligen Muelldeponie ein Park erbaut, der im Jahre 2005 eroeffnet wurde und – wie wir uns ueberzeugen konnten – schon recht gut angewachsen ist. Heute ist der Park die einzige oeffentliche, gruene Oase in dieser doch recht staubigen und dreckigen Grossstadt. Man zahlt wenig Eintritt, das reicht aber schon aus, dass nur noch die Elite Kairos sich das Vergnuegen goennt, hier am Rasen zu picknicken und den spektakulaeren Blick ueber das unendliche Haeuser- und Moscheenmeer zu geniessen. Wir waren drehbuchgemaess zu Sonnenuntergang da oben und haben es echt sehr genossen, mal nur auf der Wiese herumzukugeln und dabei von niemandem angelabert zu werden. Wie schoen!

Beim ca. 2stuendigen Spaziergang durch die Stadt bis zum Hotel sind wir schon recht muede geworden, und bis wir daheim waren, haben wir nicht nur sprichwoertlich alt ausgesehen. Der Nane hat kurz vor dem Einschlafen ein Foto von mir gemacht, wo ich schon einen Eindruck kriege, wie ich in 30 Jahren aussehen koennte, erschreckend! Also war es klar, dass wir den fuer heute geplanten Besuch der grossen Pyramiden von Gizeh auf den naechsten Tag, also morgen, verschieben werden.

Heute haben wir bis 12 gepennt, ofensichtlich war das echt noetig. Meine Beine waren heute so sauer wie beim Erreichen des Basislagers nach dem Abstieg vom Gipfel des Mount Everests. Eindeutig Mangelernaehrung – so lautete meine Diagnose. Also schnell zum Markt und ein paar Dinge gekauft und anschliessend einverleibt, die es in Aethiopien nicht gab.

Am Nachmittag waren wir noch im Koptenviertel, dem sogenannten alten “Kairo”. Die Kopten habe hier einen eigenen Kirchenbezirk, der einem schon beim Betreten durch aussergewoehnliche Sauberkeit auffaellt. Hier wird wie in Aethiopien neben Christus und der Gottesmutter vor allem mein Namenspatron und Begleiter, der heilige Georg verehrt-zu meiner Freude. Die Aethiopisch-Orthodoxe Kirche spaltete sich ja einst vom Koptentum ab. Aegypten hatte seit 40 n. Chr. die ersten christlichen Gemeinden ausserhalb Israels, hab ich irgendwo gelesen. Die Kopten stellen teilweise auch heute noch eine Gruppe von sehr gebildeten und wohlhabenden Menschen in diesem Land dar, sagt man. Die Kirchen und die Plaetze drumherum sind eine Oase der Ruhe und Sauberkeit. Selbiges trifft aber – ordnungshalber festgehalten – auch auf die beeindruckenden Innenhoefe der grossen Moscheen zu.

So, das ware erst mal das Wichtigste zu den ersten Tagen hier. Mal sehen, wie uns das Land weiterhin begegnet. Bisher sind wir zufrieden, die Leute sind auch hier fuer unsere oesterreichischen (oder sogar wienerischen) Verhaeltnisse echt sehr sehr nett und freundlich (, auch wenn ein Aethiopier vielleicht hie und da die Nase ruempfen wuerde.) Nein, alles prima! Wie noch zuletzt bezueglich Aethiopien gemacht, werde ich hier in Aegypten keinen Vergleich bezueglich einer Geliebten anstellen…weil meine Poesie anscheinend sowieso keiner verstanden hat, und: weil es hier auch vorerst gar nicht naheliegend scheint.

Jetzt gehen wir ein Kebab essen, und wenn es uns genug Kraft spendet, gehen wir morgen zu den grossen Pyramiden nach Gizeh…Inschallah!

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Addis-Kairo und die Reizueberflutung

Tja, was soll man sagen…? Gerade angekommen, also nur die Kurzfassung:

Sind in Addis um 2:30 in der Frueh zum Flughafen gefahren und dann ueber den Yemen nach Kairo geflogen, wo wir um ca 14:00 Uhr ankamen.

Am Flughafen war ein Mordsgriss um uns, also sind wir schnell in ein Hotel direkt in der geschaeftigen Innenstadt geduest. Ich hatte den letzten Tag in Addis sowie den Flug mit einer angefangenen Verkuehlung verbracht, die Selbstmedikation hat noch nicht so gewirkt. Also hab ich mich vom Flug und der Verkuehlung hundemuede hingelegt und ein paar Stunden durchgeschlafen, waehrend der Nane schon einen kleinen Erkundungsmarsch gemacht hat.

Bin erst vor einer Stunde sehr hungrig aufgewacht, also raus auf die Strasse! Anscheinend hab ich bei der Herfahrt vom Flughafen nicht so mitbekommen, was da rundherum los ist, denn: nach 8 Wochen in Aethiopien, wo das Konsumangebot sehr karg ist, haben mich die ersten 20 Sekunden am Gehsteig in Kairo und das Schokotoertchen, das ich mir an der ersten Ecke sofort kaufen und einverleiben musste, gleich komplett aus den Socken gehauen. Letzteres hat mir einen Jubelschrei entlockt, den die Aegypter nicht sooft zu hoeren bekommen. Hatte ich doch schon seit Wochen von Eisbechern halluziniert, die gibt es hier auch….Eine Reizueberflutung ist das, als ob man den Kaspar Hauser direkt ins Disneyland gebracht haette. Unglaublich, wie gross der Unterschied ist. Alles ist hellbeleuchtet, volle Schaufenster, ueberall feinste Koestlichkeiten in Huelle und Fuelle.

Wir werden hier also mal neben unseren anderen Vorhaben auf jeden Fall kulinarisch ein wenig aufhausen und geniessen, und das freut den Baeren, der mir innewohnt, ueberaus. Aber so leicht lassen wir uns auch nicht blenden, dass wir die Qualitaeten von Aethiopien so schnell vergessen wuerden…

Kurzum: wir sind gut gelandet und fuehlen und wohl.

ACHTUNG – Zerfall des Blogreiches

Liebe Freunde des gepflegten Reiseblogs:

Der Nane und ich, wir haben von unserer unglaublich kompetenten und genauso lieben Freundin Evze den Wunsch nach einer Teilung des im entstehen begriffenen Blogreiches erfuellt bekommen.

Auf Deutsch heisst das, dass der Nane, dessen bisherige Beitrage ja bisher in Kursiv geschrieben waren und auch weiterhin im Blog bleiben, jetzt seinen eigenen Blog hat. Damit wir uns nicht mit gleichen Geschichten in die Quere kommen und jeder fuer sich seine persoenliche Trademark als Schreiberling entwickeln kann.

“Am besten Weg punkt net” ist ab sofort nur noch mein Blog, der Nane schreibt auf www.reisekreise.net

Die Evze hat sich ja ganz schoen ins Zeug gelegt und dem Nane seiner Seite ein super Design verpasst, echt geil. Und der Nane haut sich auch seit Tagen voll rein um mich alt aussehen zu lassen. Neben seinen laessigen Geschichten  schafft er das auch noch mit Fotos, die er mit der ihm eigenen Geduld upgeloadet hat, waehrend ich mich wohl wo herumgetrieben habe.

Eine klare Empfehlung also fuer Nanes Blog schaun sie sich das an! Hoch leben die 2 Haelften des Blogreiches!

Aethiopien-eine kleine Bilanz

Eineinhalb Tage vor der Abreise ziehe ich eine kleine schriftliche Bilanz ueber unseren Aethiopienaufenthalt.

Aethiopien war und ist fuer mich mit Abstand das haerteste Reiseland bisher (das mag nichts heissen, vielleicht veraendert sich der Massstab im Lauf der naechsten Monate). Habe ich mir vor Antritt der Reise noch eingebildet, dass ich das Land auch ohne den Nane bereisen wuerde, so kann ich jetzt sagen, dass das sicher verdammt hart gewesen waere. In Aethiopien wird die Liebesfaehigkeit des Reisenden Tag fuer Tag aufs haerteste geprueft. Das heisst, es passiert alles nur erdenklich und auch unvorstellbar moegliche, was einem die Unverstaendnis, Wut und die Ungeduld etc. aus den finstersten Winkeln der eigenen Seele herauskitzelt, wo man sonst nicht so schnell hinkommt. Wenn man hier ohne einen guten Freund unterwegs ist, mit dem man die Dinge beleuchten, sich gegenseitig ein bisschen aufmuntern und auch einen gewissen Galgenhumor pflegen kann, mag man unter Umstaenden der Verzweiflung sehr nahe kommen.

Besonders schwierig sind der oeffentliche Verkehr mit allen bereits ausfuehrlich beschriebenen Tuecken…die schleissigen Hotels mit staendigen Strom- und Wasserausfaellen, kaputten Sanitaerteilen und nur verstaendnislos dreinschauenden Rezeptionisten, die einem auch bei allen Unannehmlichkeiten keinen mm entgegenkommen…Lokale, die immer gerade das nicht haben, was einem als einziger Bestandteil der einfachen Speisekarte anlachen wuerde…die Abwesenheit von so ziemlich allen Dingen, die einem das leibliche Wohl daheim versuessen…der staendige anwesende Fanclub von Leuten, die voll innerem Stress irgendwie nach einer Moeglichkeit geifern, einem ein paar Kroeten abzuschwatzen, und ihren Stress auf einen abladen…Floehe, Wanzen, Moskitos und anderes Ungeziefer…die Tatsache, dass ganz offen fuer ein und dieselbe Sache 2 Preise gelten und je nach Situation willkuerlich angenommen werden: der Preis fuer Einheimische und der fuer den Auslaender (bis 20 mal so hoch). Das kann heissen, dass man mit einem Aethiopier ein Cola trinken geht und dann nicht 2 Cola auf der Rechnung stehen, sondern ein Einheimischen- und ein Ferenjicola (dieses kostet 5 mal soviel, ist aber genau dasselbe). Die Leute kapieren teilweise ueberhaupt nicht, warum man als Reisender hier sauer werden kann….das macht einen dann bei fehlender Selbst- (oder Fremd-)kontrolle noch saurer. Aethiopien steckt in den touristischen Kinderschuhen und die Leute haben keine Ahnung, worauf es ankommt. Ich befuerchte, dass das auch auf alle anderen Wirtschaftszweige (Landwirtschaft ausgenommen) zutrifft, und ich stelle mir es als einen Alptraum vor, nur irgendeiner wirtschaftlichen Taetigkeit in diesem Land nachgehen zu muessen.

Ja, die Latifundien Haile Selassies liegen darnieder, auch wenn sie fast flaechendeckend landwirtschaftlich bearbeitet und von riesigen Rinderherden begrast werden…ueber die Armut laesst sich nicht hinwegsehen und am meisten leiden die Einheimischen darunter…ueberall gibt es Kranke, Behinderte, Obdachlose, Waisen. Kinder, die nur Lumpen am Leib und keine Schuhe haben, nicht zur Schule gehen und alleine in der Grosstadt und bei Kaelte auf einer finsteren Kreuzung uebernachten muessen.

Die Menschen ertragen hier unvorstellbar viel. Das faengt schon bei den kleinen Dingen an, die einen als Auslaender furchtbar nerven, die der Einheimische aber nicht zu bemerken scheint und so auch nicht die Notwendigkeit der Veraenderung. Ich hab mich schon in Suedamerika gefragt, ob das auch eine Ursache fuer die schlimmen Zustaende ist, dass die Menschen soviel ertragen koennen…?

Im Grossen und teilweise ganz verborgen im Kleinen merkt man, dass die Menschen aus ihrem umfassenden materiellen Mangel heraus nicht im Stande sind, sich selber und anderen etwas mehr menschliche Wuerde zu geben. Besonders die Frauen kommen in diesem Land uebergebuehr zum Handkuss. Ob auf Baustellen beim Steinklopfen und -schleppen, auf dem Felde, beim Holz- und Wassertragen,…ueberall wird die haerteste Arbeit von Frauen gemacht oder von Kindern. Die Maenner machen sich je nach Moeglichkeit ein schoeneres Leben, was aber am Land draussen auch nicht so einfach ist. Wird Mittelamerika immer als Region der Machos hingestellt, so moechte ich behaupten, dass hier in Aethiopien die Benachteiligung der Frau ein viel viel weiterreichends Ausmass hat. Der Schluessel fuer eine Zukunft in mehr Fuelle wuerde aus meiner Sicht auch in diesem Bereich liegen. Aber auch die Maenner leiden in der Armut. Nur ganz wenige Superreiche gibt es hier, wie ueberall, wo die Menschen arm sind. In den Staedten sieht man aber auch einen gewissen Mittelstand.

Aber so einfach liegen die Dinge sicher nicht, und ich moechte auch nichts beurteilen, was ich hier gesehen habe. Das waere auch anmassend, bestimmt zerbrechen sich kluegere Menschen ihre Koepfe darueber…hoffentlich.

Unsere persoenliche Bilanz ueber diese Reise sieht aber super positiv aus und an dieser Stelle bitte ich, die 2 Wutgeschichten von mir nicht zu ueberbewerten. Wer sich frei von Zorn glaubt, reise ein paar Wochen mit dem Bus durch Aethiopien…Uebrigens: wir haben 6000 km im Bus abgeradelt, insgesamt 170 (!) Stunden in den dreckigen Rostschuesseln abgesessen. 25 mal haben wir den Schlafplatz gewechselt. Ich hab 6 Kilo abgenommen. Anstrengend also.

Nur sowenig zur Statistik, jetzt das Essentielle.

Ich persoenlich habe noch kein Land mit solch freundlichen, offenen und netten Menschen kennengelernt. “Der Aethiopier” naehert sich mit viel Liebe und ohne Hintergedanken an den Fremden an, nimmt Anteil, ist hilfsbereit und interessiert.

Habe mir dieser Tage die Frage gestellt, was der globale Beitrag Aethiopiens zu einer besseren Welt sein koennte. Die Antwort lautet ganz klar: die Warmherzigkeit und offen gelebte Naehe von Mensch zu Mensch . Diese spuert man hier ueberall. Wenn man auf der Strasse geht, laechelt einen jeder an, man wird angesprochen und gegruesst, in den Augen der Menschen sieht man viel Liebe. Nicht nur Fremden gegenueber, auch untereinander sind die Leute ueber alle Alters- und Geschlechtsgrenzen hinweg nett zueinander, und das ohne Scheinheiligkeit. Unfreundlichkeit begegnet einem hier nicht. Das Raufen um einen Sitzplatz im Bus ausgenommen, aber auch das wird mit Humor genommen. Ja, es wird viel gelacht, die Leute haben keinen uebertriebenen Ernst. Nach nunmehr 7 Wochen in diesem Land haben wir uns an diesen, doch paradiesischen Zustand sicher ein wenig gewoehnt und wuerden erst bei einer Heimkehr nach Europa unsanft aus diesem Traum geweckt werden. Es sind wohl fuer alle Reisenden vor allem die kulturellen Besonderheiten und unglaublichen Lanschaften, die einen nach Aethiopien locken (so auch uns), diese haben wir auch gesehen und gemocht. Tatsaechlich findet man hier aber das kostbare Juwel der Menschlichkeit, das wir in unserem Herzen weitertragen und am Leben halten koennen, waehrend die Namen und Bilder der touristischen Orte doch langsam verblassen werden.

Ja, ich habe die Menschen hier echt lieben gelernt. Und: ich traue mich zu sagen, dass mich die 8 Wochen hier auch zu einem freundlicheren und offeneren Menschen gemacht haben. Man tut sich hier denkbar leicht, anderen Menschen im gebenden Prinzip gegenueber zu treten, ohne dass es einen auslaugt. Es ist die Erfahrung eines schoenes Gebens und Empfangens, von dem man sich gerne anstecken laesst. Ein schoenes Beispiel fuer diese Lebensart haben uns neben den Aethiopiern auch die irischen Priester, John und Paddy, gegeben, die wir zu den nettesten und doch authentischen Menschen zaehlen duerfen, die uns je begegnet waren.

Ernste Probleme hatten wir in Aethiopien nicht. Man ist hier sehr sicher, selbst wenn man in der Grossstadt zu Mitternacht bei Stromausfall herumirrt. Kriminalitaet ist hier nicht einmal zu erahnen, man hoert auch nichts darueber, und dass bei fast vollkommener Abwesenheit der Polizei. Kein Vergleich mit den Polizeistaaten Lateinamerikas.

Die Liebe fuer Aethiopien verbindet uns mit diesem Land. Wir wurden hier reich beschenkt und unwahrscheinlich gut behandelt. Moege dieses Land und seine unglaublichen Menschen mit einer guten Zukunft gesegnet sein. Wir loesen uns dennoch ohne Wehmut, sondern nur voller Dankbarkeit, von hier und freuen uns wie die Schneekoenige (passt zwar in dem Fall nicht so, da es die dort wohl etwas zu heiss haben wuerden) auf das Land der Pharaonen und auf das, was sich dort fuer uns entfalten wird. Hier in Aethiopien ist alles gut abgerundet und erledigt, wir fahren hoechst bereichert und freudig weiter.

Mein Resumee: Aethiopien ist wie eine aufregende Geliebte, die einen sicher nie langweilig wird: von aeusserer und innerer Schoenheit, meist wohltuend liebevoll, zwischendurch aber wieder unheimlich zickig, widerspenstig und eine Herausforderung, die einen wachsen laesst…

…geheiratet wird aber nicht, also fahren wir weiter 😉

Timkat in Addis

Die Fahrt von Bahir Dar nach Addis war genial. Im halbvollen Minibus sind wir bequem von Tuer zu Tuer gereist. Wieder durch unglaubliche Landschaften gefahren, netten Menschen bei den Zwischenstopps begegnet. Ich habe die Fahrt sehr bewusst erlebt, noch ein letztes Mal das Land und seine Bewohner in tiefen Zuegen aufgenommen und dabei viel Liebe verspuert. Die Fahrt schien wie eine Belohnung fuer die durchstandenen Strapazen der letzen Wochen.

In Addis sind wir gestern zum groessten und wichtigsten Fest der orthodoxen Christen gegangen. Dem Timkat-der Taufe Christi, die hier von den Leuten jaehrlich am 19. Jaenner zur Bestaerkung ihres Glaubens gefeiert wird.

Also sind wir zusammen mit unserer Freundin Marta und ihrer Schwester – die uebrigens in 1,5 Jahren zum Studieren nach Wien kommen wird- zum grossen Festplatz (Jan Meda) gegangen, wo schon 100000e dort waren. Das Fest hatte schon am Vortag begonnen und es ist die ganze Nacht ueber gesungen und gebetet worden. Wir haben den Festplatz als ueberaus belebten Ort vorgefunden. Ueberall wurde lauthals gesungen, geklatscht und getanzt. Gerade noch haben wir den Vorbeimarsch der hohen Geistlichkeit und deren Gesinde gesehen, inmitten die Kopien der Bundeslade, die zu diesem Festtag aus allen Kirchen zusammengetragen werden.

Inmitten des Platzes ist ein riesiges Taufbecken, das aber ganz eingezaeunt ist, weil es die vielen Leute niemals aufnehmen koennte. Das Taufritual laeuft also anders, naemlich wie folgt ab: ueberall stehen am Zaun Prister, die aus vollen Schlaeuchen das geweihte Wasser vom Pool ueber die Menschenmenge verspruehen. Die Leute draengen sich voll an den Zaun, jeder will ordentlich gebadet werden. So auch wir. Ich bin dem Pfarrer sowieso gleich aufgefallen, weil gross und weiss, und der hat mir eine ordentliche Ladung abgegeben, dass ich nur so getrieft habe. Ein Mordsspass, auch fuer alle anderen triefenden Typen, und fuer den Pfarrer war das Spektakel natuerlich auch eine erfrischende Abwechslung, das sah man ihm an…

Dannach haben wir uns die eher folkloristischen und weltlichen Vergnuegungen am Festplatz angeschaut. Ueberall versammeln sich in kleinen Kreisen junge Maenner zum Singen und Tanzen, gesungen werden lustige Verse, die wir nicht verstehen, begleitet von wildem Mundharmonikagedudel. Darum stehen viele Leute im Kreise und schauen sich das Spektakel mit viel Spass an. Ueberall buntes , lautes und aufgedrehtes Treiben. Wir haben uns doch eingebildet, dass wir das als Ferenji unbemerkt anschauen koennen. Doch kaum einem Kreise angenaehert und die Kamera gezueckt, wird man schon in den Kreis gerissen und zum Tanze aufgefordert. Anders als der normale Ferenji haben wir uns nicht geziert und -gar nicht verlegen oder verhalten- den Spass mit viel Freude mitgemacht. Kaum traten wir in den Kreis, sind von ueberall die Leute her um uns beim Tanzen zu sehen. Die Typen im Kreis mussten ihre Zuckerrohrstangen, die normal beim Tanze wild geschwungen werden, dazu verwenden, um den herandraengenden Mob ein wenig fernzuhalten. Ein paar Minuten ausgelassenen Tanzes, Lachen und Verbruederung mit den einheimischen Taenzern…ein Riesenspass fuer uns und alle anderen.

Frisch getauft und sehr belebt sind wir davongezogen um uns in der Stadt ein feines Fresschen zu genehmigen. Zufrieden, und voller Zuversicht, dass das geweihte Wasser mithelfen wuerde, die Saat fuer unser zukuenftiges Leben aufgehen zu lassen. Passend zur Taufe bekamen wir am Abend unsere ersten Regentropfen in Aethiopien, die ganze Nacht hat es in Stroemen geregnet. Schoen fuer uns und ein kleines Wunder in dieser Jahreszeit. Unser Regentanz hat wohl gewirkt… 😉