20.4.2009: heute hat meine liebe Schwester Sigrid Geburtstag, Alles Liebe und weiter so!
Nachdem die Erkenntnis von Samarkand uns erreicht hatte, haben wir kurzen Prozess gemacht. Eine Abschiedsrunde durch die Stadt, den Zug nach Taschkent genommen und ein Flugticket für den nächsten Tag mit Ziel Istanbul gekauft. Istanbul deshalb, weil wir von weiteren möglichen Reisezielen in Asien aufgrund von politischen Verhältnissen und/oder der kommenden Regenzeit Abstand genommen haben, und weil Istanbul einen Riesenflughafen hat, von dem man überall schnell und direkt hinkann.
In Taschkent haben wir uns erstmal in ein gutes Hotel eingecheckt und uns wieder kultiviert und aufgewärmt. Gscheites Essen haben wir aber in Usbekistan keines mehr bekommen.
Das feine Bett im guten Hotel hat Sehnsucht nach heimatlichem Komfort aufkommen lassen. Das Schönste war aber, als ich den Fernseher eingeschalten und ZDFgefunden habe, wo der Bergdoktor lief. Der Bergdoktor und seine Schmalzgeschichte waren mir sowas von wurscht, aber als ich im Hintergrund des alpinen Doktoralltags dauernd den von mir so geliebten Wilden Kaiser im Sonnenlicht vor blauem Himmel throhnen sah, kamen mir die Freudentränen und es ist seitdem sonnenklar, dass ich den Sommer in der Heimat verbringen werde. Es war noch nie ein Fehler, dem Ruf des Kaisers zu folgen…und wenn ich an die Speckknödelsuppe auf der Gruttenhütte denke, dann läuft mir das wasser im Mund zusammen…ich hoffe, dass mein Fuß bis Juni wieder halbwegs heil ist.
Was waren wir froh, als wir am nächsten Abend das Flugzeug bestiegen, wo wir – gar nicht verwöhnt – tatsächlich den Flugzeugfraß als echtes Essen wahrnahmen, und wenige Stunden später in Istanbul ankamen.
Wir konnten uns in Istanbulam Flughafen aber für keine Weiterreise irgendwo anders hin entscheiden und gaben uns eine Nacht zum Überschlafen in der Stadt. Wir wollten ja noch eine kleine Reiseetappe einlegen, bevor es einmal heimgeht, eine kurze Internetrecherche hat aber schnell klargemacht, dass wir in die Länder, die da interessant wären, aufgrund der Visabestimmungen nicht kurzfristig hinkönnen.
Doch wir hatten für diesen klaren Fall schon einen sehr guten Plan B im Hinterkopf. Von Istanbul ist es nicht weit nach Griechenland, und was könnte es nach anstrengenden Reisemonaten Besseres geben, als noch ein wenig die schönste Zeit des Jahres, die netten Menschen, das gute Essen und die zivilisierten Verhältnisse im wunderbaren Griechenland zu genießen, bevor man heimfährt.
Also haben wir uns ein Busticket nach Thessaloniki gekauft, Abfahrt 22.00 Uhr. Istanbul zeigte sich uns an diesem perfekten Frühlingstag noch einmal von seiner besten Seite, vollkommen anders als noch 10 Tage vorher, als es doch recht kalt gewesen war. 25 Grad, überall flanierende Menschen, gute Laune, Leute beobachten, Frühling!
Nane und ich sind getrennte Wege gegangen, meiner führte mich in einen Park, der ein buntes Tulpenmeer war, wie ich es noch nie gesehen hatte. Als ich mich zwischen den Tulpenbeeten ins Gras legte, einen tiefen Seufzer der Erleichterung losließ und glücklich in den Himmel schaute, glaubte ich es überhaupt nicht mehr: Als ob das alles nicht schon schön genug gewesen wäre, gesellten sich in das bunte und schöne Bild ein paar grüne Papageien, die da über mir kreisten. Ich wusste ja gar nicht, dass es die in Istanbul gibt, aber es handelte sich um keine Halluzination! Am nächsten Baum hockten noch einige von den lieben Kerlchen und turtelten herum.
So schnell kann´s gehen: Saß ich noch vor weniger als 24 Stunden im kalten und grauen Usbekistan, lag ich jetzt da im höchsten Glück. Der Papagei war ein unerwarteter und sehr schöner Bote für mich. Bei den Maya gilt der Papagei oder Guacamaya, wie er drüben heißt, als der Inbegriff für (nicht nur aber auch äußere) Schönheit, Fülle und Glück. Außerdem ist er das heilige Tier der traumhaften Mayastadt Copan in Honduras, die ein ganz großer Ort des Friedens und Glücks auf dieser Welt ist und die in meinem Herzen einen ganz besonderen Platz einnimmt.
In Samarkand hatten wir die Ketten unseres Egos gesprengt und eine Entscheidung getroffen, gegen die Travellerehre und für Fülle und Glück. Der Weg dorthin war letztendlich denkbar kurz, es brauchte nur die Entscheidung dazu. Könnte es womöglich immer so einfach gehen?
Aber es sollte noch besser kommen. Mit dem Nachtbus sind wir quasi im Schlaf nach Thessaloniki gerattert.
Nur am Rande aber trotzdem „interessant“, um neutral zu formulieren: Die Kontrolle an der Eu-Außengrenze hätte nachlässiger nicht sein können. Es musste zwar alle aussteigen und die griechischen Zöllner öffneten die großen, mit allen möglichen riesigen Schachteln und Taschen der griechischen und türkischen Passagiere angefüllten Gepäckräume. Der erfahrene Oberzöllner hatte zwar eine ordentliche Alkfahne, aber seine Erfahrung führte ihn direkt zum aus seiner Sicht einzigen Gepäckstück, das es zu kontrollieren galt: Nanes Rucksack. Während Nane schlaftrunken das Zahlenschloß vom Überzugssack aufgemacht hat, wurde er noch vom Zöllner blöd angemacht. Als dieser dann sah, dass da Nanes Angabe entsprechend tatsächlich ein Rucksack zum Vorschein kam, wurde es ihm eh schon wieder zu langweilig und er gab grünes Licht für den Bus. Die Kontrolle war eine Frechheit, wenn man´s genau nimmt. Wir haben es aber nicht genau genommen und waren froh, dass die Fahrt und der Schlaf wieder weitergehen konnten.
Ja, in Griechenland sollte es noch besser kommen als in Istanbul. Nach der Ankunft gingen wir in ein kleines Kaffee in der Nähe des Bahnhofs…
Man verpasst im Leben nie etwas und es gibt immer eine zweite Chance! Ostern in Usbekistan war zwar ordnungsgemäß gewesen, was das innere Absterben und das Fasten anging…die Auferstehung fand aber nur ganz leise im Inneren statt und konnte nicht würdig gefeiert werden. In der Zwischenzeit sind wir nach Europa heimgeflogen, die Feiern um den glorreichen Rückflug der Osterglocken aus Rom hatten wir aber definitiv verpasst und uns auch damit abgefunden. Eines hatten wir aber nicht bedacht: dass die Glocken der Ostkirche nicht nach Rom, sondern ganz woanders hin fliegen. Ich kann es mir nur so erklären, dass die zu einem weiter entfernten Ort fliegen und deshalb erst eine Woche später heimkommen. Wie dem auch sei…
Die verdächtig überschwängliche Kellnerin im Kaffeehaus in Saloniki hat uns wohl auf Griechisch “Frohe Ostern“ gewünscht. Bei uns ist der Groschen aber erst gefallen, als 2 Eier in unsern Händen landeten und sogleich vom Ei in der Hand der lauthals lachenden Kellnerin aufgepeckt wurden. Da haben wir auch ohne Griechisch verstanden: „Frohe Ostern“.
Voller Freude sind wir zum Bahnhof und weiter mit dem Ziel Meteora. Im Zug waren viele Griechen, die wohl zu ihren Familien gefahren sind. Wir hatten Traumwetter und es war schön warm. Das ganze Land grünt zurzeit und überall blüht es. Am Olymp sind wir aber vorbeigefahren, denn da oben liegt noch viel Schnee. Überall in den Vorgärten entlang der Eisenbahn saßen die Familien zusammen und auf den straßenseitigen Parkplätzen drehten sich die Lämmer am Grill um die eigene Achse. Manch großer Griechenfamilien scheint dabei ein Lamm nicht genug zu sein, so rotierten vor einigen Häusern auch 3 oder 4 Lämmer synchron.
Als wir gestern im Ort Kalampaka ausstiegen, waren wir erst beeindruckt von den Felsenformationen hier. Der Geruch von Gegrilltem verbreitete geradezu sommerliche Stimmung und die Leute feierten überall fröhlich.
Wir sind am Campingplatz abgestiegen.
Es ist hier schon richtig schön warm und die erste Nacht war lau. Der Campingplatz ist voll mit Griechen, die hier im Freien Ostern feiern und viel Spaß haben. Und in mir kommen viele Erinnerungen an die vielen schönen Sommer meiner Kindheit auf, die ich mit meiner Schwester und meinen Eltern auf griechischen Campingplätzen verbracht habe. Griechenland ist doch wie eine zweite Heimat für mich. So wie wir damals immer freudig aufgelebt haben, geht es dem Nane und mir jetzt auch. Das erste griechische Essen in einer kleinen Taverna ist runtergegangen wie Öl! Die Umgebung beeindruckt ähnlich wie in Kappadokien. Die Sonne scheint uns auf den Bauch. Hier geht´s uns so richtig urlaubsmäßig gut, Griechenland war eine gute Wahl, wieder einmal.
Nachdem wir gestern realisiert haben, wo wir hier gelandet sind und wie schön es ist, war es doch kaum zu glauben, dass wir vor nicht mal 48 Stunden noch in Usbekistan und zwischendurch noch in Istanbul gewesen waren. Es fühlt sich an, als wären wir schon Wochen von Samarkand weg…das ist das Faszinierende am Reisen, wie sich die Zeitwahrnehmung ändert! Der Spuk von Usbekistan ist vorbei! Efkaristo!
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