Der Ruf des Kaisers und der Flug des Guacamaya

Email

20.4.2009: heute hat meine liebe Schwester Sigrid Geburtstag, Alles Liebe und weiter so!

Nachdem die Erkenntnis von Samarkand uns erreicht hatte, haben wir kurzen Prozess gemacht. Eine Abschiedsrunde durch die Stadt, den Zug nach Taschkent genommen und ein Flugticket für den nächsten Tag mit Ziel Istanbul gekauft. Istanbul deshalb, weil wir von weiteren möglichen Reisezielen in Asien aufgrund von politischen Verhältnissen und/oder der kommenden Regenzeit Abstand genommen haben, und weil Istanbul einen Riesenflughafen hat, von dem man überall schnell und direkt hinkann.

nichts wie weg!

nichts wie weg aus Samarkand!

In Taschkent haben wir uns erstmal in ein gutes Hotel eingecheckt und uns wieder kultiviert und aufgewärmt. Gscheites Essen haben wir aber in Usbekistan keines mehr bekommen.

schon entspannter in Taschkent

schon entspannter in Taschkent

Das feine Bett im guten Hotel hat Sehnsucht nach heimatlichem Komfort aufkommen lassen. Das Schönste war aber, als ich den Fernseher eingeschalten und ZDFgefunden habe, wo der Bergdoktor lief. Der Bergdoktor und seine Schmalzgeschichte waren mir sowas von wurscht, aber als ich im Hintergrund des alpinen Doktoralltags dauernd den von mir so geliebten Wilden Kaiser im Sonnenlicht vor blauem Himmel throhnen sah, kamen mir die Freudentränen und es ist seitdem sonnenklar, dass ich den Sommer in der Heimat verbringen werde. Es war noch nie ein Fehler, dem Ruf des Kaisers zu folgen…und wenn ich an die Speckknödelsuppe auf der Gruttenhütte denke, dann läuft mir das wasser im Mund zusammen…ich hoffe, dass mein Fuß bis Juni wieder halbwegs heil ist.

Was waren wir froh, als wir am nächsten Abend das Flugzeug bestiegen, wo wir – gar nicht verwöhnt – tatsächlich den Flugzeugfraß als echtes Essen wahrnahmen, und wenige Stunden später in Istanbul ankamen.

Good Luck! - ein seltsames Motto für eine Fluglinie

Good Luck! – ein seltsames Motto für eine Fluglinie, diesmal ging alles gut

Wir konnten uns in Istanbulam Flughafen aber für keine Weiterreise irgendwo anders hin entscheiden und gaben uns eine Nacht zum Überschlafen in der Stadt. Wir wollten ja noch eine kleine Reiseetappe einlegen, bevor es einmal heimgeht, eine kurze Internetrecherche hat aber schnell klargemacht, dass wir in die Länder, die da interessant wären, aufgrund der Visabestimmungen nicht kurzfristig hinkönnen.

Doch wir hatten für diesen klaren Fall schon einen sehr guten Plan B im Hinterkopf. Von Istanbul ist es nicht weit nach Griechenland, und was könnte es nach anstrengenden Reisemonaten Besseres geben, als noch ein wenig die schönste Zeit des Jahres, die netten Menschen, das gute Essen und die zivilisierten Verhältnisse im wunderbaren Griechenland zu genießen, bevor man heimfährt.

Also haben wir uns ein Busticket nach Thessaloniki gekauft, Abfahrt 22.00 Uhr. Istanbul zeigte sich uns an diesem perfekten Frühlingstag noch einmal von seiner besten Seite, vollkommen anders als noch 10 Tage vorher, als es doch recht kalt gewesen war. 25 Grad, überall flanierende Menschen, gute Laune, Leute beobachten, Frühling!

auch dem Freak taugt die Sonne - und uns taugen Freaks!

auch dem Freak taugt die Sonne – und uns taugt der Freak!

Nane und ich sind getrennte Wege gegangen, meiner führte mich in einen Park, der ein buntes Tulpenmeer war, wie ich es noch nie gesehen hatte. Als ich mich zwischen den Tulpenbeeten ins Gras legte, einen tiefen Seufzer der Erleichterung losließ und glücklich in den Himmel schaute, glaubte ich es überhaupt nicht mehr: Als ob das alles nicht schon schön genug gewesen wäre, gesellten sich in das bunte und schöne Bild ein paar grüne Papageien, die da über mir kreisten. Ich wusste ja gar nicht, dass es die in Istanbul gibt, aber es handelte sich um keine Halluzination! Am nächsten Baum hockten noch einige von den lieben Kerlchen und turtelten herum.

Blütenpracht

Blütenpracht

allen gefällts

allen gefällts

Papagei

Papagei

So schnell kann´s gehen: Saß ich noch vor weniger als 24 Stunden im kalten und grauen Usbekistan, lag ich jetzt da im höchsten Glück. Der Papagei war ein unerwarteter und sehr schöner Bote für mich. Bei den Maya gilt der Papagei oder Guacamaya, wie er drüben heißt, als der Inbegriff für (nicht nur aber auch äußere) Schönheit, Fülle und Glück. Außerdem ist er das heilige Tier der traumhaften Mayastadt Copan in Honduras, die ein ganz großer Ort des Friedens und Glücks auf dieser Welt ist und die in meinem Herzen einen ganz besonderen Platz einnimmt.

Mandala von Copan

Mandala von Copan

In Samarkand hatten wir die Ketten unseres Egos gesprengt und eine Entscheidung getroffen, gegen die Travellerehre und für Fülle und Glück. Der Weg dorthin war letztendlich denkbar kurz, es brauchte nur die Entscheidung dazu. Könnte es womöglich immer so einfach gehen?

Aber es sollte noch besser kommen. Mit dem Nachtbus sind wir quasi im Schlaf nach Thessaloniki gerattert.

Nur am Rande aber trotzdem „interessant“, um neutral zu formulieren: Die Kontrolle an der Eu-Außengrenze hätte nachlässiger nicht sein können. Es musste zwar alle aussteigen und die griechischen Zöllner öffneten die großen, mit allen möglichen riesigen Schachteln und Taschen der griechischen und türkischen Passagiere angefüllten Gepäckräume. Der erfahrene Oberzöllner hatte zwar eine ordentliche Alkfahne, aber seine Erfahrung führte ihn direkt zum aus seiner Sicht einzigen Gepäckstück, das es zu kontrollieren galt: Nanes Rucksack. Während Nane schlaftrunken das Zahlenschloß vom Überzugssack aufgemacht hat, wurde er noch vom Zöllner blöd angemacht. Als dieser dann sah, dass da Nanes Angabe entsprechend tatsächlich ein Rucksack zum Vorschein kam, wurde es ihm eh schon wieder zu langweilig und er gab grünes Licht für den Bus. Die Kontrolle war eine Frechheit, wenn man´s genau nimmt. Wir haben es aber nicht genau genommen und waren froh, dass die Fahrt und der Schlaf wieder weitergehen konnten.

Ja, in Griechenland sollte es noch besser kommen als in Istanbul. Nach der Ankunft gingen wir in ein kleines Kaffee in der Nähe des Bahnhofs…

Man verpasst im Leben nie etwas und es gibt immer eine zweite Chance! Ostern in Usbekistan war zwar ordnungsgemäß gewesen, was das innere Absterben und das Fasten anging…die Auferstehung fand aber nur ganz leise im Inneren statt und konnte nicht würdig gefeiert werden. In der Zwischenzeit sind wir nach Europa heimgeflogen, die Feiern um den glorreichen Rückflug der Osterglocken aus Rom hatten wir aber definitiv verpasst und uns auch damit abgefunden. Eines hatten wir aber nicht bedacht: dass die Glocken der Ostkirche nicht nach Rom, sondern ganz woanders hin fliegen. Ich kann es mir nur so erklären, dass die zu einem weiter entfernten Ort fliegen und deshalb erst eine Woche später heimkommen. Wie dem auch sei…

Die verdächtig überschwängliche Kellnerin im Kaffeehaus in Saloniki hat uns wohl auf Griechisch “Frohe Ostern“ gewünscht. Bei uns ist der Groschen aber erst gefallen, als 2 Eier in unsern Händen landeten und sogleich vom Ei in der Hand der lauthals lachenden Kellnerin aufgepeckt wurden. Da haben wir auch ohne Griechisch verstanden: „Frohe Ostern“.

Voller Freude sind wir zum Bahnhof und weiter mit dem Ziel Meteora. Im Zug waren viele Griechen, die wohl zu ihren Familien gefahren sind. Wir hatten Traumwetter und es war schön warm. Das ganze Land grünt zurzeit und überall blüht es. Am Olymp sind wir aber vorbeigefahren, denn da oben liegt noch viel Schnee. Überall in den Vorgärten entlang der Eisenbahn saßen die Familien zusammen und auf den straßenseitigen Parkplätzen drehten sich die Lämmer am Grill um die eigene Achse. Manch großer Griechenfamilien scheint dabei ein Lamm nicht genug zu sein, so rotierten vor einigen Häusern auch 3 oder 4 Lämmer synchron.

Als wir gestern im Ort Kalampaka ausstiegen, waren wir erst beeindruckt von den Felsenformationen hier. Der Geruch von Gegrilltem verbreitete geradezu sommerliche Stimmung und die Leute feierten überall fröhlich.

der Nane und ein Osterlamm rechts unten

der Nane und ein Osterlamm rechts unten

Wir sind am Campingplatz abgestiegen.

unser Zigeunerlager heute morgen - endlich wieder zelteln

unser Zigeunerlager heute morgen – endlich wieder zelteln

Blick vom Zelt aus

Blick vom Zelt aus

Es ist hier schon richtig schön warm und die erste Nacht war lau. Der Campingplatz ist voll mit Griechen, die hier im Freien Ostern feiern und viel Spaß haben. Und in mir kommen viele Erinnerungen an die vielen schönen Sommer meiner Kindheit auf, die ich mit meiner Schwester und meinen Eltern auf griechischen Campingplätzen verbracht habe. Griechenland ist doch wie eine zweite Heimat für mich. So wie wir damals immer freudig aufgelebt haben, geht es dem Nane und mir jetzt auch. Das erste griechische Essen in einer kleinen Taverna ist runtergegangen wie Öl! Die Umgebung beeindruckt ähnlich wie in Kappadokien. Die Sonne scheint uns auf den Bauch. Hier geht´s uns so richtig urlaubsmäßig gut, Griechenland war eine gute Wahl, wieder einmal.

Nachdem wir gestern realisiert haben, wo wir hier gelandet sind und wie schön es ist, war es doch kaum zu glauben, dass wir vor nicht mal 48 Stunden noch in Usbekistan und zwischendurch noch in Istanbul gewesen waren. Es fühlt sich an, als wären wir schon Wochen von Samarkand weg…das ist das Faszinierende am Reisen, wie sich die Zeitwahrnehmung ändert! Der Spuk von Usbekistan ist vorbei! Efkaristo!

Der T-Shirt Spruch mag ja stimmen...die wahren Siege der Zukunft werden aber ohne Schmerz und Kampf stattfinden.

Mein T-Shirt-Spruch muntert mich auf…trotzdem: unsere Zukunft möge bitte anders aussehen…der Weg des wahren Sieges ohne die Notwendigkeit der Dichte von Kampf und Schmerz…

Gruß vom Guacamaya- aufgenommen von mir in Copan, Nov. 2008

Gruß vom Guacamaya- aufgenommen von mir in Copan, Nov. 2008

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

“Die Lemminge drehen um” oder “Die Lehre von Samarkand”

Email

ACHTUNG; SUPERLANGER ARTIKEL, KAUM BILDER! NUR FÜR DEN BESONDERS INTERESSIERTEN LESER! VOR ALLEM ZUR EIGENTHERAPIE DES AUTORS GESCHRIEBEN!

Ostern ist vorüber. Seit über einer Woche sind wir jetzt in Samarkand.

Die schönen Sehenswürdigkeiten der Stadt waren doch recht bald besichtigt, das Spaßpotential der einheimischen Bevölkerung schon 2 Meter nach der Ortstafel verbraten und so verbrachten wir die Osterfeiertage mit dem, was man im morbiden sowie leider zunehmend saukalten und verregneten Samarkand so richtig gut kann: Ruhe geben, sich besinnen und nachdenken – in die eigenen Tiefen hinabsteigen und ein paar kleine Tode sterben (aber nicht im französischen Sinn). Meine-unsere Ostergeschichte:

Erst hatten wir uns einmal vorösterliches Fasten und Schweigen verordnet. Die paar Tage brauchte ich, um wirklich in die Ruhe zu kommen und schließlich einfach nur da sein zu können, ohne ständig etwas tun oder organisieren zu wollen, so wie wir das von den letzten Monaten der Reise gewohnt waren. Diese innere Ruhe habe ich dann doch sehr genossen und als Geschenk angenommen.

Aus der Ruhe heraus wurden dann langsam leise innere Stimmen vernehmbar, die man im sonstigen Trubel einfach überhört, und formten sich wieder zu Gedanken…eine ganz wichtige und im Prozess der letzten Tage lauter werdende dieser Stimmen war die des Zweifels…Eine unpopuläre Stimme, die in unseren „Machergesellschaften“, die uns und unsere geliebte Erde beherrschen und mit ihrem „Machertum“ und dem Verbreiten ihrer Weltbilder fertig gemacht haben, nur gering geschätzt und höchstens den „Schwächlingen“ zugeordnet wird. Dabei ist der Zweifel wertvoll und lebensrettend, wenn man es schafft, ihn als Instanz der Selbstkontrolle und des Hinterfragens im rechten Ausmaß zuzulassen und ins Leben zu integrieren. Eine Übung, die für den willensstarken (Nane) oder gar sturen (ich) Menschen wichtig und schwierig zugleich ist…

Man trifft ja hier an der sagenhaften Seidenstrasse nicht gerade viele Individualreisende. Die, die man trifft, sind aber richtige Hardcoretraveller. Moderne Helden, die ganz Asien gesehen haben (wollen) und sich jetzt auch noch über die komplette Seidenstraße mit dem Rad oder sonstigen freiwillig auferlegten Erschwernissen durchkämpfen wollen und dafür mit eiserner Willenskraft und viel Zeit ausgestattet sind. Wenn man mit denen so redet, merkt man aber relativ schnell, dass da ein Film rennt, in dem man selber nicht gerade eine Hauptrolle spielen wollte. Etwas, was ich bei den Reisesüchtigen oft bemerke und was auch von den Reiseführern und -magazinen etc. noch angeheizt wird, ist der Ehrgeiz und die Gier, alles (gesehen und gemacht) haben zu wollen. Zuerst in einer Stadt, in einem Land, schließlich auf einem Kontinent oder gar der ganzen Welt. Eine unerfüllbare Mission, ein Ritt gegen Windmühlen und dennoch ein Irrsinn, dem viele verfallen, denen daheim die Decke auf den Kopf fällt und die sich eben auf diese Art unter Spannung halten müssen. So trifft man schon hier in Usbekistan Leute, die einem mit irre weit aufgerissenen Augen erzählen, welchen chinesischen Sonntagsmarkt an der Seidenstraße man auf keinen Fall verpassen dürfte, als ob man sonst gar nicht mehr zur Spezies Mensch gehören könnte.

Wir sind ja keine Kamele!

Wir sind aber auch keine Kamele!

Da wurde schnell eines klar. Ich unterscheide mich von diesen Reisenden, und der Nane sicher auch, in einem wichtigen Punkt: Für uns ist das Reisen kein Selbstzweck, und das habe ich mir hier noch einmal hinter die Ohren geschrieben. Natürlich könnte man sagen, man reist in die Welt hinein und sammelt am Weg möglichst viele Eindrücke für sich selber und Bilder zum Herzeigen, soweit das Geld reicht, weil Zeit hat man ja eh…aber für mich kommt das nicht in Frage! Dabei gehen einem nämlich immer mehr bunte Fantasien, Reiseziele, Reisewetterdiagramme, Flugzeiten, Wegenetze und Feiertage durch den Kopf, die sich zu einer unlösbaren Optimierungsrechnung verbünden und einem die letzten Gehirnwindungen glätten, sodass man für das „reguläre“ Denken und vor allem das entspannte Sein keinen Platz und für die innere Stimme kein Gehör mehr findet.

und Schafe sind wir auch keine

und Schafe sind wir auch keine

Nur allzu schnell kommt man aber selber in ein Fahrwasser, wo man eine Ahnung bekommt, wie es ist, wenn einen diese Gier und der falsche Ehrgeiz packen. So zu enden war nie unser Ziel, auch wenn wir bei genauem und ehrlichem Hinsehen jetzt doch feststellen mussten, dass vielleicht der eine oder andere Plan für unsere Reise nicht gerade frei von diesen unreinen Antrieben ist bzw. war. Es kommt ja im Leben (ob daheim oder auf Reisen) mehr darauf an, zur richtigen Zeit am richtigen Ort konzentriert präsent zu sein, als auf allen Kirchtagen zu tanzen und sich selber und den eigenen Herzensauftrag dabei aus den Augen zu verlieren. Vielleicht wollen das manche sogar, bewusst oder unbewusst. Wir wollen das aber bewusst nicht.

Natürlich nicht zum ersten mal aber vermehrt ging mir in den letzten Tagen auch durch den Kopf, was da nach dem Reisen kommen soll, und ich sehne mich mehr und mehr danach, dass eine neue sinnvolle Aufgabe bzw. eine Idee in diese Richtung am Horizont auftaucht. Was das sein könnte, darüber denke ich viel nach, denn in den alten Job will ich an sich nicht zurück. Nicht das der so schlecht gewesen wäre, aber da muss es noch was Interessanteres geben, eine neue Herausforderung zum Weiterwachsen…noch Zukunftsmusik…

Vor ein paar Monaten sind wir losgebolzt, der Nane und ich. Mit einem klaren und ehrgeizigen Reiseplan, der noch um einiges früher entstanden war. Die unliebsame und leise-sanfte Stimme des Zweifels wurde aber erst hier in Samarkand zugelassen und gehört. Und bestimmt haben auch die morbide Atmosphäre, die Leere und Weite vor den Toren Samarkands, der nicht enden wollende Regen und das schwer unterkühlte Temperament der Einheimischen (für „Spaß“ gibt es hier womöglich nicht einmal ein Wort, und wenn dann heißt es vermutlich „Vodka“), mit dazu beigetragen, dass Nane und ich die folgende Entscheidung getroffen haben:

Der Rest der Seidenstraße wird storniert, alle anderen zeit-, kraft- und nervenaufwändigen Larifari-Roadtrips auch – scheiß doch der Hund auf die „Traveller-Ehre“!!!

Stattdessen wird gezielt dorthin geflogen, wo man echt gerne hin will und hin gerufen ist. Die Reise wird nicht unnötig lange hinausgezogen sondern auch in Zufriedenheit beendet, wenn kein Konzept für die Zeit danach vorliegen sollte. So wird es jetzt gemacht. Der Nane fliegt ja im Juni wegen einer Hochzeit heim, wahrscheinlich komm ich da mit und gebe mir eine Besinnungs- und Verarbeitungspause in der schönen Heimat. Bis dahin peilen wir wahrscheinlich noch einen ausgewählten Spot an. Welcher das sein wird, hängt von ein paar Dingen ab und wird sich ergeben…schauen wir mal! Im Sommer wird dann vom neuen Standpunkt aus nachgeschaut, ob es eine zweite Reiseetappe geben soll und wohin diese führen könnte. Dann aber dorthin, wo das Herz hin möchte und nicht der Ehrgeiz, die Sensationsgier oder ähnlich trügerische Gespenster, die da in unseren Hirnen rumgeistern.

So sehr wir uns eingebildet hatten, dass wir uns auf unserer Reise maximale Flexibilität erlauben, so schwierig waren dann doch der Prozess und das innere Ringen, bis wir soweit waren und uns von dieser fixen Idee einer außergewöhnlichen, spektakulären und spannenden Reise entlang der Seidenstraße verabschieden konnten. Die Traveller-Krone, um die so viele wie besessen rittern, darf sich gerne wer anders aufsetzen…uns kann dafür kein Stein aus der Krone sondern nur vom Herzen fallen, wenn wir hier umdrehen. Wir sind ja doch Menschen und keine ferngesteuerten Lemminge!

Lemminge wollen wir auch keine sein!

Lemminge wollen wir auch keine sein!

Samarkand wurde also für uns zum Wendepunkt und das fühlt sich so richtig gut und friedlich an.

Wir waren hier 9 Tage und 9 Nächte. Acht Tage davon hat es größtenteils geregnet (genauso viel Regentage wie unser Reiseführer für den ganzen Monat April in diesem Land als langjährigen Durchschnitt anführt). Dazu war es ungewöhnlich saukalt, meist wohl unter 10 Grad, wir haben wirklich dauernd gefroren, da auch unser „Zimmer“ weder beheizt noch isoliert war. Der Wind war eisig kalt, die Einheimischen auch. Das Zeug, was die hier Essen nennen, haben wir nur des großen Hungers und des Überlebenswillens ( 😉 ) wegen und nicht ein einziges Mal aus Appetit darauf verzehrt.

BRRR...es wird koit und immer köta

BRRR...es wird koit und immer költa

unsere Bude!...die Made auf dem Bett ist der Nane im Schlafsack

unsere Bude!...die Made auf dem Bett ist der Nane im Schlafsack

„Und gerade dieser Ort soll uns gerufen haben? Was zum Henker haben wir hier bloß verloren?“, hatten wir uns gefragt. Die Antwort ist für mich jetzt klar: der Henker von Samarkand musste einfach seinen Scheißjob machen und wir durften uns von ihm unsere eh schon viel zu vernarbten Sturschädel mit einem trockenen Schlag abhauen lassen. Diese waren uns im bisherigen Leben für Job und Uni und die Selbstbehauptung in dieser verrückten Welt sicher sehr hilfreich, die Zukunft darf aber ruhig anders aussehen…

Der Weg nach Samarkand war für uns wohl vorgezeichnet. Ich schätze, wir mussten genau hierher und diese doch lange Zeit unter den recht unwirtlichen Umständen verbringen, damit unsere Sturheit und unser Stolz zerlegt wird und wir uns gestatten, unsere Pläne nicht nur im Kleinen zu ändern sondern unsere starren Konzepte aus fixen Ideen vollkommen einzureißen und ihnen nicht mehr weiter treu zu folgen, wenn die innere Stimme klar hörbar wird und was anderes sagt. Alexander der Große und Dschinghis Khan haben hier in Samarkand gewütet und nicht umgedreht sondern ihre verheerenden Wege der Zerstörung weiter fortgesetzt. Bestimmt ist es ihnen dabei nicht so gut gegangen wie uns jetzt. Dafür werden wir nicht in die Geschichtsbücher eingehen…stattdessen haben wir unseren Blog und schreiben unsere eigene Geschichte… 😉

Das Leben ist erfahrungsgemäß nicht immer nur aus Milch und Honig, sondern manchmal auch wie ein Dahinsiechen in einer grauen, verregneten und saukalten Stadt einer ehemaligen Sowjetrepublik in Zentralasien. Ich glaube aber, dass man im Leben viel öfter die Wahl zwischen Wahrheit und Freiheit auf der einen Seite und zu weit ins Unheil gehenden Kämpfer- oder gar Märtyrertum auf der anderen Seite hat, als man es gelernt hat oder verstehen will…viel zu oft hält der Mensch an längst ausgedienten und nicht mehr der inneren Wahrheit entsprechenden Umständen, Vereinbarungen und Plänen fest und nennt das dann womöglich noch ganz edel „Treue“.

Habe ich mit meiner Reise nicht eine ganz bewusste Wahl getroffen?! Ja! Und dennoch verrennt man sich als Krieger zwischendurch wieder in anderen Wegen, um sich dann zur Erinnerung den Kopf schmerzhaft anzurennen und erneut festzustellen: Die wahre Revolution und Befreiung hat nichts mit heldenhaftem Kampfe zu tun und sie findet vor allem nicht im Außen statt…ganz im Gegenteil…

Fazit: Die Seidenstraße haben wir also nicht „gemacht“, und das hat für mich eine ganz große Bedeutung und macht mich jetzt so froh, dass ich fast gerne ein T-Shirt tragen würde, auf dem drauf steht, wo ich überall nicht gewesen bin. Aber was wäre das denn für ein blödes T-Shirt? Viel schöner ist da schon die Freude darüber, mit wie viel Humor, Leichtigkeit und auch Gelassenheit und Geduld der Nane und ich gemeinsam durch die sehr dichten und zähen letzten Tage gegangen sind, bis wir beide endlich klar sehen und die Entscheidung von Samarkand zusammen treffen und die Lehre freudig annehmen konnten. Juhui!

Meinen Rucksack hab ich hier um ein paar Kilo erleichtert und unser Vermieter freut sich jetzt über eine kleine Reiseführerbibliothek zum Thema Seidenstraße, deren Wert fast eine Verdoppelung der Zimmerpreise und die Verleihung des ersten Sternes rechtfertigen würde. Dafür ist auch mein Herz leichter geworden und einiges an Druck abgefallen. Übrigens werden auch andere Menschen ein wenig durcheinander gebracht hier, wie zum Beispiel Uwe, der unerschütterliche Langzeitreisende aus Hamburg, der die letzte Nacht hier laut hörbar durchgekotzt hat…er reist aber weiter, versteht sich…wie dem auch sei…

Danke, du Stadt mit dem großen Namen SAMARKAND, die Tage hier bleiben unvergessen! Die Reise hierher hat sich voll ausgezahlt, wenn auch so viel anders als erwartet! Danke dem unsichtbaren Henker von Samarkand, dass er nicht gar zu lange herumgefackelt hat. Es hat gar nicht so wehgetan, good job!

beim Abschiedsspaziergang hat es wieder aufgeklart

beim Abschiedsspaziergang hat es wieder aufgeklart

Bei aller Dankbarkeit aber: wir müssen jetzt endlich weg von hier und uns ein wenig aufwärmen. Adieu Samarkand, adieu Usbekistan, adieu Zentralasien!!!!!!!

Ich nenne den Artikel für mich persönlich auch „Cerro Rico – Machu Piccol – Mujer Mundo – Copan – Mekele – Aquaba – Samarkand…“, dessen Bedeutung versteh aber nur ich, hehehe! Gracias Keme!

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

Morbides Samarkand

Email

Samarkand und Usbekistan haben natürlich auch dunklere Seiten, die jetzt nicht so im touristischen Fokus stehen. Zum Beispiel ist das Land ist ja ein grauenhafter Polizeistaat, wie man schnell herausfindet. Dieser Artikel bezieht sich aber auf eine ganz spezielle und feinere, dunkle Qualität von Samarkand.

Nachträglich stufe ich Samarkand als den der morbidesten Orte ein, an denen ich jemals war, weit jenseits von Wien, dem diese Energie ja auch nachgesagt wird und das im Vergleich dazu ein Tempel der Lebensfreude ist.

Schon seltsam, dass das erste, was mir nach der Ankunft in Samarkand interessant aufgefallen ist, ein Begräbniszug war, in dem die Einheimischen wehklagend einen Sarg durch die Straßen getragen haben. Da hab ich mir noch nichts dabei gedacht.

mein erstes Foto von Samarkand

mein erstes Foto von Samarkand

Die historischen Bauten der Stadt sind auch zu einem Großteil Grabesstätten. Mausoleen, soweit das Auge reicht.

Mausoleum

Mausoleum

Wenn man von unserem Quartier ein paarhundert Meter stadtauswärts ging, kam man zu einer richtigen Totenstadt. Da gibt es eine Mausoleenstraße mit wunderbar prunkvollen Kuppelbauten aus längst vergangen Zeiten.

eine ganze Strasse von Mausoleen

eine ganze Strasse von Mausoleen

schön anzusehen

schön anzusehen

Dahinter ist dann gleich der riesige Friedhof, der sich über die beginnenden grünen Hügel der alten Stadt Afrosiab ausbreitet. Wild verstreute Gräber, wenige davon sind so gepflegt wie die Gräber bei uns daheim gepflegt, da sind hier andere Gebräuchlichkeiten als bei uns. Die Steinmetze werkeln direkt am Friedhof an den Portraits auf den Grabsteinen, nicht wie bei uns mit Laser, alles Handarbeit.

von jung..

von jung..

bis alt...jeder stirbt irgendwann

bis alt...jeder stirbt irgendwann

...auch der Kommunismus

...auch der Kommunismus

Und Afrosiab ist sowieso ein Riesengrab. Dschinghis Khan hat die Stadt im 13. Jahrhundert zerstört und alle Einwohner der damals schon wichtigen, prunkvollen und großen Handelsstadt umbringen lassen. In den Jahrhunderten ist einfach Gras drübergewachsen und man erahnt unter den grünen Hügeln Strukturen von alten Gemäuern. Ausgrabungen gibt es nur ganz wenige, dafür gibt´s wohl keine Knete. Es rennen nur ein paar Schafherden rum und grasen hier.

Afrosiyab

Afrosiyab

Die Bauten sind ein Spiegel der morbiden Seele Samarkands und seiner Menschen, die extrem ruhig und unterkühlt sind. Man(n) trägt hier ausschließlich schwarz, Frau dunkelrot, nur das Herausblitzen eines weißen Taschentuches deutet schon auf Touristen hin. Auf den Straßen ist nicht viel Leben, obwohl hier 300.000 Menschen wohnen. Nach Sonnenuntergang ist es überhaupt leer. Spaßmässig ist hier nichts los, es gibt keine netten Kaffees oder andere Lokale, keinerlei Entertainment, nur Vodkastuben. Der Vodka scheint übrigens die Motorik des Konsumenten schwer zu beeinträchtigen, dauernd begegnet man Typen, die wie Zombies daherwanken und kaum noch gehen oder stehen können.

Das Wetter hat diese Gesamtstimmung auch noch unterstützt, nach dem zweiten Tag war es nur noch regnerisch und kalt. Da wir nicht wie die meisten Tourigruppen nach einem Tag weiterfuhren, kamen auch wir immer mehr in die hier vorherrschende Stimmung…

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

Sehenswertes Samarkand

Email

Samarkand wird besonders von Busgruppen mit reiferen Europäern stark besucht. Dabei haben die meisten Gruppen einen bis zwei Tage Zeit, um sich die Vielzahl von Sehenswürdigkeiten im Schnelldurchgang anzusehen. Wir sind alles ein wenig langsamer angegangen, schließlich hatten wir für Samarkand zumindest eine Woche eingeplant, da wir uns hier auch erholen und besinnen wollten.

Doch wenn man die Stadt erst einmal zu begehen anfängt, dann kann man gar nicht anders, als sich alles anzuschauen. Wohin man geht, kommt man zu wunderbaren Mädressen (das sind alte Koranschulen), Mausoleen und Moscheen. Wahre Meisterwerke der orientalisch-islamischen Baukunst mit perfekten Proportionen und wunderbarer Ornamentik. Muy fascinante!

noch einmal der Registan

noch einmal der Registan

Selbiger bei Nacht

Selbiger bei Nacht

Timurs Mausoleum

Timurs Mausoleum

himmlische Kuppeln

himmlische Kuppeln

und Minarette-der Schrecken der FPÖ

und Minarette-der Schrecken der FPÖ

Samarkand hat eine 2750 Jahre lange und sehr bewegte Geschichte. Alexander der Große eroberte und verwüstete die alte Stadt, die damals noch Afrosiab hieß. Dschinghis Khan zerstörte im 13. Jahrhundert das alte Afrosiab vollkommen, auf dessen Boden bis heute nicht mehr gesiedelt wurde und nur eine weite, hügelige Graslandschaft sichtbar ist.Ich hab mich dort vor den Toren der Stadt gerne in ruhe zurückgezogen und hatte schon am zweiten Tag einen erklärten Lieblingsplatz bei einem kleinen Mausoleum.

Im 15. Jahrhundert wurde unter dem Herrscher Timur die Stadt Samarkand im neuen Glanz errichtet, direkt anschließend an die Ruinen von Afrosiab und viel prunkvoller als die alte Stadt jemals war. Timur eroberte ein weites Reich und unterdrückte die Bewohner seiner Länder. Dafür ließ er mit dem erbeuteten Reichtümern und dem Blut und Schweiß der Menschen die meisten der wunderbaren Bauten errichten, die das heutige Samarkand so faszinierend machen. Aus allen Ländern wurden Baumeister, Handwerker, Theologen, Astronomen und Gelehrte nach Samarkand gebracht, sodass die Stadt zu einem der wichtigsten Zentren von Kultur und Bildung seiner Zeit wurde. Das wird dem Timur heute noch hoch angerechnet, dass er bei all seiner Tyrannei ein Förderer der Künste und Intelligenz war.

Die schönen alten Bauten Samarkands wurden und werden erst in den letzten 15 Jahren mithilfe der UNESCO wieder restauriert und zugänglich gemacht.

der weiße Löwe- allgegenwärtiges Wappentier der Stadt

der weiße Löwe- allgegenwärtiges Wappentier der Stadt

Timur- "der Lahme"

Timur-"der Lahme"

 in Timurs Mausoleum - überall Gold

in Timurs Mausoleum - überall Gold

Blick aus dem Minarettfensterchen

Blick aus dem Minarettfensterchen

deutailreiche Bauten

detailreiche Bauten

immer wieder Kuppeln

immer wieder Kuppeln

die riesige Moschee

die riesige Moschee

Lange nach Timur kam dann der Russe zum Teilen und Herrschen nach Zentralasien. Um die alten Gebäude konnte er sich nicht so viel annehmen, stattdessen wurde ein neuer Stadtteil für die zugesiedelten Menschen aus dem russischen Kerngebiet erbaut. Für uns auch einmal interessant zu sehen und exotisch. Bemerkenswert, mit welch großem Flächenaufwand die Sowjets gebaut haben. Die Plätze sind riesig und die Straßen so breit, dass gleich mehrere sowjetische Militärparaden parallel darauf stattfinden können. Genug Platz für die paar alten Ostblockseifenkisten und die neuen koreanischen Minivans, die den öffentlichen Verkehr abwickeln.

Sehr sehenswert und wie in jeder Stadt ein Zentrum des öffentlichen Lebens ist auch in Samarkand der Markt, wo alles Mögliche verhökert wird. Es gibt hier vor allem alle möglichen Früchte, Nüsse, frisches Gemüse, duftende Gewürze und leckeres Brot. Lauter leckere Zutaten, aus denen man viel Gutes zaubern könnte. Leider sollten wir nicht so lange brauchen um festzustellen, dass die Usbeken in kulinarischer Hinsicht keine besonders großen Zauberer sind. Schade.

Besenverkäuferin

Besenverkäuferin

Wurscht

Man sieht den Fleischer vor lauter Würsten nicht

Manche haben nur eine Handvoll Kartoffeln zu verkaufen

Manche haben nur eine Handvoll Kartoffeln zu verkaufen

abseits des Marktes:

posieren

posieren

Schulklassen beim Frühlingsputz im Parks

Schulklassen beim Frühlingsputz im Parks

ein wichtiger Job hier - Kuppelputzer

ein wichtiger Job hier - Kuppelputzer

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

Landung in Zentralasien

Email

Am Montag zu Mittag war es endlich soweit und wir durften eine weitere Etappe unserer Reise starten. Wir waren ja nach Istanbul gekommen, weil wir von dort einen günstigen Flug zu unserer nächsten Wunschdestination gefunden hatten: Usbekistan.

Warum Usbekistan? Gute Frage. Genau kann man das nicht sagen, da wir keine Ahnung hatten, wie es in Zentralasien wohl sein würde. Was wir wussten, war, dass die sagenhafte Seidenstraße seinerzeit hier durchging, dass hier ein paar der ältesten und einst reichsten Städte der Welt mit fantastisch-märchenhaften Namen zu finden sind, und dass die ehemaligen Sowjetrepubliken seit dem Zerfall der Union mit neuem Selbstbewusstsein auftreten und mehr oder weniger auch für Reisende offen sind.

So haben wir uns ahnungslos ins Flugzeug gesetzt und sind abgehoben, Richtung Taschkent, Usbekistans Hauptstadt mit 2 Mio. Einwohnern.

Ein Visum hatten wir schon, einen Reiseführer auch. Dieser war aber noch unangetastet, als ich ihn im Flugzeug zum ersten Mal öffnete und kurz darauf friedlich eingeschlafen bin.

Am Flughafen waren wir überraschend schnell durch die gefürchtete Bürokratie durchgekommen und schon standen wir auf der Straße in Taschkent. Wie immer ist die Landung in einem fremden Land mit Spannung verbunden und die ersten Stunden sind die schwierigsten, es sei denn, man wird abgeholt und gleich in einen sicheren Hafen ala Hilton oder Hotel Mama gebracht, was bei uns klarerweise nicht der Fall war…Die Landung in Usbekistan war besonders schwierig, um nicht zu sagen beschi§$en. Am Flughafen gibt es keinen Bankomaten oder Wechselstube, wo man wenigstens ein wenig Geld bekommen könnte, die Taxifahrer sind lästig wie sonst auch überall und zerren einen am Ärmel herum, bis man fast aus der Haut fährt, aber das schlimmste war, dass kein Mensch ein Wort Englisch und man selber kein Wort Russisch srFechen geschweige denn die Schrift lesen kann.

Ich hab einem Taxifahrer gestikuliert, dass wir Geld brauchen würden, und das hat ihm das Zauberwort „Bankomat?“ entlockt. Hassan hieß er und war ab sofort unser Chaffeur. Als wir in die breiten aber unbeleuchteten Sowjet-Boulevards Taschkents einfuhren, waren wir nicht darauf eingestellt, dass unser gemeinsamer Weg mit Hassan länger als 10 Minuten dauern würde. Doch leider ist das mit den Bankomaten hier nicht so einfach. Mit Hassan auch nicht. Die unglaublich weiten Plätze und Strassen der verregneten Stadt waren leer und zappenduster, genauso schaut es leider auch in Hassans Hirn aus. So fuhren wir von A nach B und von C nach D, zwar alles auf Hassans Rechnung aber vor allem auf Kosten unserer Nerven. Irgendwann bekamen wir im Intercontinental Hotel von einem Bankomaten ein paar Dollarscheine ausgespuckt, die es dann zu wechseln galt. Hassan fuhr mit uns in Hoffnung einer fetten Provision zu den Strassenwechslern. Als wir aber für 400 Dollar einen 10 cm hohen Geldstapel ins schlecht beleuchtete Wageninnere geschoben bekamen (der größte usbekische Geldschein ist ca. 40 Eurocent wert), wurde uns die Sache doch zu heiß und wir haben die Aktion abgeblasen. Hassan fuhr kreuz und quer und dachte wohl nach, wie er doch noch zu seinem Stück vom Geldwechselkuchen kommen könnte, was wohl soviel von seinem Arbeitsspeicher brauchte, dass er sich in den Strassen nicht mehr zurechtfand. Irgendwann nach mehreren Stunden Odyssee und Geldauftreiben kamen wir zu dem „Hotel“, wo wir hinwollten und bezogen ein echt schräges Zimmer, riesengroß, ausgeschmückt mit Schnickschnack, Tapeten, Vorhängen und einem Teppichboden, dass jeder Stauballergiker sofort Selbstmordgedanken bekommen muss.

jede Menge "Gjeld"

jede Menge "Gjeld", Gegenwert 120 Euro

aber wo bitte sind wir hier gelandet?

aber wo bitte sind wir hier gelandet?

Die Matratzen hingen durch, als ob sich ein nervenkranker Zirkuselefant jahrelang darauf im Kreis gedreht hätte. Saukalt war es. Nachdem wir noch erschreckt festgestellt hatten, was wir Teppen uns da antun, während sich der Rest der Travellerwelt Halligalli, Tuttifrutti und Remmidemmi in Südostasien, Brasilien oder der Karibik gibt, sind wir vollkommen erschöpft eingepennt.

Doch als Vollprofiwanderer weiß man, dass es auf einer speziellen Wanderung so wie auf der Lebenswanderschaft immer wieder kleine moralische Tiefpunkte gibt, die auch gleich immer den Beginn des nächsten Aufschwunges darstellen. „Positiv denken!“, hörte ich im Geist meinen Vater sagen, der ein wahrer Großmeister dieser schwierigen Disziplin ist. (Strastvuitje Dowaresch!)

In diesem Sinne haben wir uns am nächsten Morgen aufgerafft und sind auf die Strasse raus, die bei Tageslicht und ohne Regen gleich viel netter war. Außerdem wollten wir direkt das Ziel ansteuern, dessen großartiger Namen uns in diese so unbekannte Ecke der Welt gelockt hat. Die Tafel am Bus verraet es dem, der der kyrillischen Schrift mächtig ist.

Die Busfahrt dauerte 6 Stunden und wieder einmal war es der Bus, wo man dem Einheimischen nach einiger Zeit einfach näher kommt. Die Menschen in Usbekistan (Usbeken, Tadschikvn, Kirgisen, Kasachen, Russen, etc.) sind ja in der Masse nncht gleich so besonders nahbar wie zum Beispiel in Afrika oder Mittelamerika. Die haben hier auch mit den Fremden schon genug mitgemacht (Araber, Perser, Mongolen, Russen, etc.), und so blieb das große Lächeln erst einmal aus. Aber im Bus wurde es dann schon sehr nett, obwohl die Verständigung sich auf die Zeichensprache beschränkte. Die Leute hier lernen anscheinend von klein auf bis zu 6 (!) verschiedene Sprachen, die in der Region wichtig sind, Englisch zählt aber erst in letzter Zeit ein wenig dazu. Irgendwann stieg eine junge Englischlehrerin ein, die sich gleich auf uns stürzte um ein wenig Englisch zu üben, was sie (ehrlich gesagt) auch dringend nötig hatte. Aber nett war sie und sie hat für den halben Bus gedolmetscht und Fragen übersetzt.

Die Leute waren sehr scharfsinnig, aber den Fragen nach waren wir wohl die ersten Reisenden, mit denen sie jemals gesprochen haben…Wer wir sind? Woher wir kommen? Was wir wollen? Ob wir Geld haben oder hier Arbeit suchen? Wo unser Geld herkommt? Was wir für Handys haben? Was, gar keine? Wer uns schickt, unser Präsident vielleicht? „Hauptsache keine Russen!“, dürften sie sich letztendlich gedacht haben…Da haben sich wieder einmal verschiedene Welten begegnet!! Wir waren auskunftsfreudig und offen, dafür wollten sie uns gleich alle in ihr Haus einladen, die Englischlehrerin wollte uns zu der Hochzeit mitnehmen, zu der sie unterwegs war und wo anscheinend 400 Leute zum Feiern zusammenkommen sollten. Das klang ja alles interessant, doch wir haben hier die Pflicht uns lückenlos in Hotels einzuschreiben (Usbekistan ist ein Polizeistaat mit aller Bürokratie und Korruption, die dazugehören), also sind wir mal weitergefahren zu unserem eigentlichen Ziel, wo wir gestern angekommen sind.

Cusco, Lhasa, Varanasi, Jerusalem, Timbuktu…es gibt ein paar besondere Orte auf der Welt, deren Erwähnung fantastische Bilder und Vorstellungen in einem hervorrufen, ohne das man dort gewesen sein muss oder irgendeinen Anspruch an den Realitätsbezug der Bilder stellt. Eine dieser Städte hat uns hierher gerufen und endlich sind wir da, in der Stadt, in der die Märchen aus 1000 und einer Nacht erzählt wurden, der einst reichsten Stadt der Seidenstraße, die im Laufe ihrer Jahrtausende alten Geschichte immer wieder von fürchterlichen Despoten und Zerstörern der Marke Dschingis Khan und co. heimgesucht wurde und erst in den letzten Jahren seit der Unabhängigkeit Usbekistans wieder aus dem Staub aufersteht:

Das sagenumwobene SAMARKAND!!!

der Registan von Samarkand, eine von vielen Sehenswuerdigkeiten

der Registan von Samarkand heute Morgen

die Stadt, in der sogar das Brot legendaer (gut) ist

die Stadt, in der sogar das Brot legendaer (gut) ist

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

Istanbul-Kurzbesuch in Europa

Email

Nach Istanbul sind wir vor ein paar Tagen in der Früh gekommen. Ich kannte die Stadt schon von einem Kurztrip vor ein paar Jahren und hab mich gefreut, wieder hier her zu kommen. Vor allem jetzt, um noch einmal ein wenig europäische Atmosphäre zu geniessen.

Genau das haben wir auch getan. Leider bekamen wir die europäische Kälte mit dem Wind dazugeliefert.

Wir machten nicht zuviel Sightseeing, der Nane hat ein wenig mehr angeschaut, weil zum ersten mal da. Ich wollte vor allem wieder in die Hagia Sofia, die ein besonders großartiges Bauwerk ist. Heute fliegen wir ein kleines Stück ostwärts und dafür haben wir uns noch ein wenig entspannt hier, ich hab mich dazu neu eingekleidet, das tut auch gut. Istanbul ist ja eine sehr moderne Stadt mit vielen ebensolchen Menschen. Die Bilder aus Istanbul kennt eh jeder, deshalb nur zwei an dieser Stelle. Demnächst wird es wieder ein bißchen spannender für uns, heute fliegen wir weiter, zu einem Ziel, das schon lange laut ruft und auf das wir uns sehr freuen.

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

Hagia Sofia

Hagia Sofia

das könnte genausogut am Naschmarkt sein

das könnte genausogut am Naschmarkt sein

Frühling im magischen Kappadokien

Email

Ziel unseres Weges von Syrien in die Türkei war ja vor allem Istanbul, da wir von dort einen günstigen Flug zu unserer nächsten, weiter entfernten Destination gefunden haben. Dorthin hätten wir aber auch von Israel aus günstig fliegen können, nur haben wir uns entschieden, doch noch ein wenig im Nahen Osten zu bleiben. Von Syrien hatten wir uns ja ein wenig mehr erwartet, wir waren auch aufgrund der Habibisättigung nicht mehr so empfänglich für das an sich schöne Land und die Leute. Die Belohnung für unsere Reisemühen und die drei Grenzübertritte sollten wir in der Türkei, ganz genau in Kappadokien finden.

Der Ruf dorthin war ganz klar zu vernehmen und so sind wir ihm gefolgt. Wir fühlten uns vor allem von den berühmten Landschaftsbildern aus der Gegend angezogen, vielleicht haben uns aber auch die alten Väter des Urchristentums gerufen, die sich einst in Kappadokien zurückzogen und vor ihren Verfolgern versteckt hatten, sodass diese Gegend zu einem bedeutenden Zentrum der frühen Christenheit wurde. Es gibt 3 bedeutende Heilige aus der Gegend und manchmal liest man auch vom Heiligen Georg, dass er aus der Gegend gekommen sein soll.

Wie auch immer, wir sind hingefahren und nach Einbruch der Dunkelheit im berühmtesten Ort, Göreme, gelandet. Göreme ist ein kleines Örtchen, das eine besondere Dichte der für Kappadokien typischen “Zipfelmützen” aus Tuffstein aufweist, die von den Urbewohnern durchlöchert und zu höhlenartigen Behausungen umfunktioniert wurden. Viel der Höhlen wurden in der jüngeren Geschichte zu Hotels und Pensionen umgebaut, sodass man als Tourist in teilweise sehr feinen Höhlen absteigen kann, die jeden erdenklichen Luxus bieten.

Wir sind im Quartier mit dem passenden Namen “Flintstones Cave Hotel” gelandet, wo uns gleich der supernette Gastgeber Mehmet empfangen und eingewiesen hat. Mehmet verwaltet ca. 70 Betten mit allem möglichen Standards, vom Schlafsaal bis zur Höhlensuite mit Whirlpool und allen Tanz. Uns hat er für die erste Nacht zum Spezialpreis ein nettes Zimmer gegeben, mit der Vorwarnung, dass die Heizung nicht so gut gehen würde. Mit unseren Daunenschlafsäcken war uns das wurscht und so haben wir uns das Höhlenfeeling gegeben. Das Aufstehen in der Früh war dann aber schon zäh. Am Fenster waren die Eisblumen, draussen lag der Schnee, der in den Tagen davor gefallen war und die Kälte im unbeheizten Höhlenzimmer lud einfach nicht zum Aufstehen ein. Der Mehmet hat uns aber gleich voll nett weitergeholfen und uns ein super Frühstück hergestellt.

Da das Haus relativ voll war, hat er uns angeboten, dass wir doch quasi zum Selbstkostenpreis bei ihm in seinem doch ausreichend geräumigen Zimmer auf den 2 freien Betten pennen können. Naja, der Vermieter wird wohl bei sich wenigstens ordentlich einheizen, haben wir uns gedacht und das günstige Angebot gerne angenommen.

Fred lässt grüßen

Fred lässt grüßen

wir mit Mehmet, unserem super aufmerksamen Host

wir mit Mehmet, unserem super aufmerksamen Host

Der Mehmet war lange als Touristenführer in der Gegend aktiv und hat uns gleich einmal ein Programm für die nächsten Tage vorgeschlagen, was wir anschauen könnten und was sich nicht so auszahlt…viel gute Infos für uns, die wir ohne Reiseführer unterwegs sind. Die meisten Leute schauen sich ja Kappadokien einmal aus dem Ballon an, worauf wir als gebrannte Kinder Westthebens verzichtet haben. Wir wollten die wunderbare Gegend, die wohl zu den verspieltesten Landschaften der Welt gehört, vor allem zu Fuß erschließen und erleben.

sicher nicht übel- aber ohne uns

sicher nicht übel- aber ohne uns

Das schönste in Kappadokien war für uns, dass genau mit unserer Ankunft der Frühling ausgebrochen ist. Der Schnee, der gerade noch gefallen war, wurde von der warmen Sonne weggeputzt und so konnten wir uns gleich auf eine wunderbare Frühlingswanderung machen. Der erste Weg führte zum ortsansässigen Freilichtmuseum mit den vielen Steinkirchen und Höhlen, die die alten Christen vom 3. bis ca. 11. Jahrhundert in den weichen Tuff-Fels geschlagen haben. Kein Lalibela, aber doch sehr beeindruckend! Am Weg dorthin hat sich ein kleines Hündchen zu uns gesellt, dass wir aufgrund der eines uns bekannten Artgenossen “Balu” nannten. Balu war gefrässig wie sein Verwandter und bekam von uns ein paar Kekse, worauf er uns für den Rest des Tages treu blieb. Er ging mit uns in jede einzelne der ca. 15 Felsenkirchen mit hinein, was für uns und die anderen Besucher echt voll witzig war.

Höhlen von außen

Höhlen von außen

Felsenkirchen von innen

Felsenkirchen von innen

Eine Höhlenkirche schien aber zur Falle für Balu zu werden. Eine steile Eisenleiter führte zum Eingang der Höhle rauf. Balu konnte den Weg hinauf gerade noch meistern, doch als es nach der Besichtigung wieder runtergehen sollte, blieb er laut winselnd stehen. Hätte sich der Nane nicht um das Viech erbarmt, wäre es wahrscheinlich heute noch da oben, die Einheimischen sind nämlich keine besonders großen Hundefreunde, der Hund ist ja laut Mohammed unrein, wobei die Türken das beiweitem nicht so genau nehmen wie die Araber. Das Video von Balus Rettung ist auf Nanes Page www.reisekreise.net unter “Videos” zu sehen, der link zu Nanes Seite steht rechts außen.

Nach dem Museumspflichtbesuch, der sehr lohnenswert war, ging es für uns ans eigentliche Vergnügen, das Naturerlebnis. Und dieses war wunderbar, die Landschaft ist so schön, die Formen und Farben des Gesteins sind so vielfältig und bizarr, man wandert alleine und in Ruhe herum. Der Zeitpunkt unseres Daseins war ideal, die Natur war im Frühlingserwachen, wie schön war das für uns nach all der Wüste und den Städten und den stressigen Habibis! Die Landschaft ist höchst inspirierend und, so hart das Leben der alten Bewohner hier im kalten Winter und dem heißen Sommer gewesen sein muß, der Frühling hier ist ein Traum.

Mein Lieblingsfoto-damit sollte alles gesagt sein!

Mein Lieblingsfoto-damit sollte alles gesagt sein!

Im Love Valley-doch eher männliche Formen

Im Love Valley-doch eher männliche Formen

dann wieder weibliche Formen - der Nane hat sich gleich instinktiv drauf gestürzt

dann wieder weibliche Formen - der Nane hat sich gleich instinktiv drauf gestürzt

Eine Quellhöhle- nur einer von vielen magischen Orten hier

Eine Quellhöhle- nur einer von vielen magischen Orten hier

einfach verspielt

einfach verspielt

ganz frische Schwertlilie-iris sibirica

ganz frische Schwertlilie-iris sibirica

Das Wandern war ein Traum, am Abend waren wir hundemüde, das Foto beweist es:

is er nit liab?...der Barney Geröllheimer

is er nit liab?...der Barney Geröllheimer

Am zweiten Tag haben wir uns eine der vielen unterirdischen Städte angeschaut, die es hier in Kappadokien überall gibt. Diese wurden vor allem von den Urchristen zum Unterschlupf vor den Verfolgern genutzt aber auch schon davor. Teilweise fanden darin bis 30.000 Leute Platz. Sehr beeindruckend!

underground

underground

Festung

Festung

die Vulkane hier gehen bis 4000 Meter rauf

die Vulkane hier gehen bis 4000 Meter rauf

Überblick über die typische Landschaft

Überblick über die typische Landschaft

Am dritten Tag sind wir wieder wandern gewesen, getrennt voneinander, jeder für sich zum genießen. Irgendwann hab ich dann den Nane erspäht, wie er ganz gespannt auf einer Blumenwiese saß.

ja, und das hat der Nane beobachtet:

Kappadokien war ein traumhaftes Geschenk für uns nach all den harten Araberstädten und ist bestimmt für jeden Europäer einen Besuch wert. Wie erholt und zufrieden sind wir abgereist! Weiter nach Istanbul mit dem Nachtbus.

im Bus nach Istanbul

im Bus nach Istanbul

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

Geschützt: Aotearoa 2016

Email

Dieser Inhalt ist passwortgeschützt. Um ihn anschauen zu können, bitte das Passwort eingeben:

Das Shawerma heißt plötzlich Kebab – nicht schlecht!

Email

Gestern sind wir von Aleppo frühmorgens aufgebrochen und planmäßig über die türkisch-syrische Grenze gegangen. Die Syrer machen einem dabei das Ausreisen schwerer als die Türken das Einreisen, was doch ungewöhnlich ist. Normal ist ja jedes Land ungeschauter froh, wenn es Landstreicher wie uns schnell los wird…Die Türken wollen ja in die Eu und so haben sie uns auch bereitwillig aufgenommen.

Wie im letzten Bericht geschrieben, haben wir aufgrund chronischer Habibisättigung einen Tapetenwechsel dringend nötig gehabt. Auf unserem Weg von Aleppo zur türkischen Grenze haben wir ein wenig gemutmaßt, ob es wohl jetzt einen merklichen Unterschied zwischen Syrien und der angrenzenden Türkei geben würde, und wie der wohl aussehen könnte. Wir mussten uns eingestehen, dass wir keine Ahnung hatten, immerhin fuhren wir in einen weit abgelegenen Teil der Türkei, der weitab der in Österreich bekannten Reiseziele liegt, und dessen Botschafter in Österreich ja nicht immer einen besonders fortschrittlichen Eindruck machen (Man möge mir diese subjektive Einschätzung verzeihen!). Wir haben uns sogar drauf eingestellt, dass es womöglich erst einmal lumpiger werden könnte als in Syrien.

Die erste Stadt nach der Grenze ist Antakiya, wo wir zum Busbahnhof mussten, um weiter Richtung Landesinneres zu fahren. Schon am Busbahnhof jedoch fanden wir uns in einer anderen Welt wieder. Alles ist sauber, gut organisiert, die Leute sind aufmerksam und hilfsbereit und vor allem viel ruhiger und entspannter als gerade noch bei den Arabern. Wir setzten uns in einen erstklassigen Bus, wo wir von einem fast schon zu aufmerksamen Steward mit allen möglichen Gimmicks überrascht wurden. Die freundlichen Sitznachbarn rückten alle paar Minuten kleine Köstlichkeiten rüber und freuten sich wie wir über die komfortable Reise. Die Straßen sind von ausgezeichneter Qualität, alles bestens! Wir haben uns gleich sehr wohl gefühlt und so schräg es klingen mag: wenn man von der anderen (der asiatischen) Seite in die Türkei kommt, dann fühlt es sich fast an, als ob man heimkommen würde, so groß ist der Unterschied zu Syrien. Naja, und die türkischen Speisekarten kann ich als ehemaliger Bewohner Ottakrings ja sowieso rauf und runter beten. So haben wir uns am ersten Busbahnhof gleich einmal ein gepflegtes Döner Dürüm rein gezogen…wie daheim 😉 ! Das Essen im Bus ist aber strengstens verboten, genauso wie das Handytelefonieren und alles andere, was die Fahrt für die Mitreisenden unangenehm machen könnte. Der Steward war ein gestrenger Wächter der Ordnung und hatte erst einmal einiges zu tun, bis wir und alle anderen Passagiere, die gerade noch im wilden Syrien waren, verstanden haben, was für ein Wind in seinem Bus weht.

Ja, wir waren positiv überrascht. Auch von der vorbeiziehenden Landschaft: saftige Wiesen und Felder, weite Orangen- und Olivenhaine, nette Dörfer, hie und da ein Blick zum Meer und auf der rechten Seite unglaublich hohe Berge voller Schnee. Ich weiß auch nicht, aber ich hätte mir alles viel popeliger vorgestellt. Der Weg führte auch durch unglaublich große Städte, zum Beispiel Adana, wo das Meer der Wohnbunker so weit reicht wie das Auge. Von den 80 Millionen Türken leben 75 Prozent in den Städten, 16 Millionen alleine in Istanbul. Richtung Istanbul fuhr auch unser Bus, jedoch haben wir einen Zwischenstopp im schönen und am Weg liegenden Kappadokien eingeplant. Irgendwann sind wir von der Küste landeinwärts gefahren, bis wir einen Stopp in den verschneiten Bergen gemacht haben, saukalt war es da oben. Die Berge reichen bis über 4000 Meter rauf. Wir waren froh, als es wieder nach unten ging und wir im schneefreien Aksaray rausgeschmissen wurden. Die Sonne ging unter und es wurde saukalt, als doch noch ein Bus kam, der uns nach Kappadokien brachte. Dort bezogen wir im bekannten Ort Göreme ein höhliges Quartier mit dem passenden Namen „Flinstones Cave Hotel“. Ende eines langen, anstrengenden aber interessanten Reisetag.

Die Fotos sind eher bescheiden, weil aus dem Busfenster geschossen.

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

Vulkan

Vulkan

Wuestenstadt Palmyra

Email

Palmyra ist wohl die prominenteste unter Syriens Touristenattraktionen. Es handelt sich dabei um eine Jahrtausende alte Handelsstadt mitten in der Wüste, vier Busstunden nordöstlich von Damaskus und – wie wir auf der Landkarte gesehen haben- gar nicht mehr weit vom Irak entfernt.

In Palmyra gibt es vor allem eine ca. 2000 Jahre alte Tempelstadt zu besichtigen, die wahrlich riesigen Ausmaßes und mit unzähligen Tempelgerippen und endlos langen Säulenreihen bestückt ist. Der Baal-Tempel (Baal war die lokale Hauptgottheit hier im Orient, bevor sich das Christentum ausgebreitet hat) hier gilt als eine der größten altertümlichen Tempelanlagen weltweit. Außerhalb der Tempelstadt gibt es noch das Tal der Gräber, in welchem ca. 300 mehr oder weniger verfallene Grabtürme zu sehen sind. Wenn ich mich nicht täusche, dann wurde Palmyra erst von den Assyrern, dann von den Griechen und schließlich von den Römern er- und ausgebaut. Zerstört wurde das alte Palmyra, welches eine wichtige Handelsstadt auf der Seidenstraße war, durch ein Erdbeben, das war so um 1100 n. Chr.

Wir sind am Nachmittag mit dem Bus in die ca. 50.000 Einwohner zählende Stadt eingefahren und haben uns gleich einmal die außerhalb der Stadt auf einem Hügel gelegene
Festung angeschaut, auch um einen Überblick zu bekommen, was unten auf der Ebene so alles herumsteht. Da ist man schon mal beeindruckt, wenn man die Ausmaße der Tempelstadt sieht. Die ruhige und friedliche Atmosphäre auf der Festung, das Abendlicht und der Sonnenuntergang waren traumhaft schön und wir sind voller Vorfreude auf den nächsten Tag der Besichtigung schlafen gegangen.

Am nächsten Morgen sind wir gleich einmal mit dem Taxi in das Tal der Gräber gefahren, wo die Turmgräber und ein paar unterirdische Gräber zu besichtigen sind. Da tauchten auch ganz unvermutet einige Busgruppen auf, mit denen wir die Besichtigungsfreude teilen mussten. Danach haben wir uns den großen Tempel angeschaut, und nach einem feinen Mittagsschläfchen sind wir noch mal im Säulenwald spazieren gegangen, als auch ein ordentlicher Sandsturm aufkam, der noch die ganze Nacht wüten sollte. Palmyra hat beeindruckt und war den Abstecher in die Wüste definitiv wert.

Heute Morgen sind wir Richtung Aleppo, einer großen Stadt im Norden des Landes aufgebrochen, wo wir jetzt übernachten. Morgen wollen wir in die Türkei vordringen, es wird echt Zeit, dass wir hier wegkommen. Ansonsten droht die Habibimüdigkeit in eine allgemeine Reisemüdigkeit überzugehen. Wir lechzen nach einem Tapetenwechsel!

[geo_mashup_show_on_map_link text=”Google Maps”]

die alte Stadt von oben

die alte Stadt von oben

das Tal der Graeber von oben

das Tal der Graeber von oben

Sonnenuntergang

Sonnenuntergang

Die alte Stadt-hinten die Festung

Die alte Stadt-hinten die Festung

Baaltempel-links vorneder kleine Nane

Baaltempel-links vorne der kleine Nane

Turmgrab-Grabturm

Turmgrab-Grabturm

Beduinenzerg verkauft Souvenirs

Beduinenzerg verkauft Souvenirs

die Mame auch

die Mame auch

Skulptur im Grab-Kopf wie immer abgeschlagen

Skulptur im Grab-Kopf wie immer abgeschlagen

Familienausflug

Familienausflug

der Sandsturm kommt

der Sandsturm kommt