Archiv für den Autor: Joerg

Bahir Dar und Tanasee

In Bahir Dar sind wir nach einer 4stuendigen, eigentlich komfortablen Minibusfahrt angekommen, die uns dennoch anstrengend war, weil wir das Busfahren schon satt haben und in Gondar doch zuwenig Zeit zum Erholen gewesen war.

Bahir Dar ist eine im Zentrum recht moderne Stadt, direkt am Suedufer des 3500 km2 grossen Tanasees gelegen. Es gibt hier eine Uferpromenade mit stattlichen Palmendas ist soweit recht nett. Und die Leute scheinen etwas wohlhabender zu sein, also wird man nicht staendig angebettelt. Unser Hotelm ist direkt am See und recht ruhig mit einem netten Garten und einer schoenen Terrasse. Nachdem wir ungefaehr 5 mal unser Zimmer wechseln mussten, hatten wir auch endlich eines gefunden, in dem das Wasser tatsaechlich fliesst, und so konnten wir uns in Ruhe entspannen.

In Bahir Dar verbringen wir jetzt 6 Tage, bevor wir dann zum Timkat-Fest nach Addis fahren. Hauptziel hier ist die Entspannung, die wir dringend benoetigen, damit wir dann am 22. Jaenner ausgeruht nach Kairo fliegen koennen, wo es gleich wieder ziemlich dahingehen wird.

Bahior Dar hat Gott sei Dank nicht zuviel an Sehenswuerdigkeiten. Beruehmt sind die Inseln im Tanasee mit den darauf befindlichen alten, und bunt bemalten Kloestern. Diese haben wir uns gestern in der Minimalvariante, dem Halbtagesausflug, angesehen. Fuer den Laien sehen die Kloester ja alle gleich aus, und so war ich zufrieden, dass wir nur 3 gesehen haben. Die Moenche, die einem die Kloestertueren aufsperren, sind auch recht stressig und lassen einen die Gotteshaeuser nicht wirklich in Ruhe ansehen. Am Heimweg waren wir noch beim Beginn des Blauen Nils, der vom Tanasee gleich bei Bahir Dar weg Richtung Mittelmeer fliesst.

Damit haetten wir das Pflichtprogramm zum Grossteil erfuellt, und ich bin recht froh darueber, dass wir jetzt unsere heilige Ruhe haben. Heute hab ich fast nur gepennt und gegessen. Zum Glueck sind wir ueber ein Lokal gestolpert, wo man einen sogenannten “gemischten Salat” bekommt, der seltsamer- aber angenemerweise aus den von mir vielgeliebten Bratkartoffeln und einem warmen Krautsalat besteht. Dinge, die wir im ganzen Land bisher nicht gesehen hatten und die mich jetzt wieder aufpaeppeln werden.

In Bahir Dar ist es ansonsten echt recht ertraeglich und gemuetlich…Wir treffen hier alle moeglichen Typen. Den Altbuergermeister haben wir schon kennengelernt. Ein sehr cleverer Typ, der das gleiche Stammkaffe hat wie wir und viel zu erzaehlen weiss. Ausserdem haben wir David wiedergetroffen, ein aethiopischer Gastarbeiter im Audiwerk Ingolstadt, der wie jedes Jahr den Winter hier verbringt und den wir beim Herfliegen von Kairo kennengelernt haben. Auch ander Leute, die wir irgendwo vorher im Land kennengelernt haben, sind uns hier schon ueber den Weg gerannt.

Am Samstag werden wir uns noch die Nilwasserfaelle ansehen, die sind nur am Wochenende “aktiv”, wenn das darueberliegende Kraftwerk heruntergefahren wird. Bis dahin werde ich mir vor allem viel Schlaf, Essen und zwischendurch mal den guten Kaffe genehmigen, den sie hier ausschenken. Dann hoffe ich, dass meine Unternehmungslust wieder ein entsprechendes Niveau erreicht haben wird…Und fuer den Tag dannach bitte ich, dass mein Sitzfleisch einbe allerletzte aethiopische Busfahrt durchhaelt… noch einmal 10 Stunden bis Addis, Inschallah!

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Die Kaiserstadt Gondar

Die alte Kaiserstadt Gondar ist ein fixer Halt auf der sogenannten “historischen Route” im Norden Aethiopiens. In der ca. 150000 Einwohner zaehlenden Stadt gibt es einen alten ummauerten Burgbezirk, in dem vor ca. 200 Jahren (glaube ich, Nane wird mich berichtigen) die aethiopischen Kaiser Hof gehalten haben.

Wir sind am Abend des aethiopischen Weihnachtstages in die Stadt gekommen, nachdem wir um 5 Uhr Frueh aufgestanden, durch den halben Nationalpark gehetzt und dann noch mit dem Bus 4 Stunden herumgetuckert sind. Wir waren nicht nur vollkommen verdreckt, sondern auch fix und foxi. Dementsprechend hat uns das staedtische Geschehen erst ueberfordert. Die Ankunft in einer aethiopischen Stadt ist immer voll stressig. Dannach, wenn erst einmal der Rucksack in einem Quartier liegt, ist es dann eh meistens voll entspannt. Aber bei der Ankunft wird man von zig Leuten angequatscht, die schon mit allen Tricks auf einen warten, waehrend man selber ueberhaupt noch keine Orientierung hat. Das stresst, und Gondar war besonders stressig.

Wir haben ein Quartier gefunden, wo wir 2 winzige Einzelzellen bezogen haben. Dann gingen wir in die Stadt, wo ueberall ein Mordstrubel wegen Weihnachten war. Von einer Stillen Nacht kann man hier nicht reden. Die Leute waren alle aufgeputzt und sind ordentlich Essen und Trinken gegangen. Wir haben uns nur einen Burger und 2 St.George-Bierchen vergoennt und sind dann hundemuede schlafen gegangen.

Die naechsten 3 Tage verbrachten wir in Gondar, vor allem zum Relaxen. Quasi nebenbei haben wir die Burg angesehen. Das hat uns ja nicht dermassen vom Hocker gerissen, auch wenn es ganz nett anzusehen ist. Die Burg wirkt fuer unsere europaeischen Verhaeltnisse recht mittelalterlich, fuer da ist es aber ein echt grossartiger Bau, der auf die gute alte Zeit hinweist. Ausserdem haben wir uns das kaiserliche Bad am Stadtrand angeschaut, ein riesiges Gelaende mit einem uralten SwimmingPool, indem auch wie eine Insel ein kleiner Palast steht. Der Pool wird bis heute fuer ein religioeses Fest genutzt. Am 19. Jaenner wird dort Timkat, die Taufe Christi, zelebriert. Tausende Glaeubige aus dem ganzen Land kommen dann zum gefuellten Pool, dessen Wasser wird von einem Priester geweiht, und dannach hupfen alle rein und plantschen wild und lustig herum , um ihre Glaubenszugehoerigkeit neu zu bestaerken. Soll ein beeindruckendes und buntes Fest sein. Wir wollten eigentlich diesem Geschehen auch beiwohnen, jedoch ist die Stadt zu dieser Zeit seit Monaten hoffnungslos ausgebucht. Also stressen wir uns nicht damit und werden zu dieser Zeit schon in Addis sein. Ausserdem haben wir uns in Gondar eine Kirche angeschaut, die schoen auf einem Huegel gelegen ist und im ganzen Land einzigartige Wand-und Deckenmalereien aufweist. Sehr beeindruckend und schoen, wenn auch eher ein Museum als ein Ort der Einkehr und Glaubensausuebung. Uns hat wie sooft die friedliche Atmosphaere im weiten und menschenleeren Kirchenhof getaugt, wo wir eine Weile entspannt und die Fuelle der Vogelwelt bestaunt haben. Von kleinen, bunt schillernden Voegelchen, ueber Raben und Adler bis zum riesigen Laemmergeier war da alles vertreten. Der Boden war voll mit allen moeglichen Federn (Hermano, das haette dir ziemlich getaugt!), und wir haben uns die besten Stuecke eingesammelt.

Fuer uns zwei war die Hauptattraktion von Gondar aber ein altes italienisches Kaffe aus den 50ern mit originaler Einrichtung und 6 Meter hohen verspiegelten Raeumen, einem genialen Macchiato und alten, gmiatlichen Typen, wie man sie nur von Fotos aus Kuba kannte. Zwischen denen haben wir ca. 4 Mal taeglich unseren Kaffee geschluerft und Leute beobachtet. Wie ueberall in Aethiopien waren bei allen beworbenen Touristenattraktionen auch in Gondar die Menschen das Interessanteste, alle freundlich, die Typen und Kinder interessiert und aufgeschlossen, und die Frauen in ihrer natuerlichen Anmut und aussergewoehnlichen Schoenheit einfach ein hoechst belebender optischer Balsam fuer den geschundenen Traveller…Sei gepriesen, holde Weiblichkeit, was waere das irdische Leben ohne Dich…? Wahrscheinlich wie eine nicht enden wollende, staubige Busfahrt durch Aethiopien mit herumzankenden Typen in der Vorder- Hinter und Nebenbank… 😉

Apropos…Nach 4 entspannenden Tagen in Gondar beschlossen wir, dass wir reif fuer unsere vorletzte Busfahrt in diesem Land waren, und machten uns via Minibus auf den Weg nach Bahir Dar, der angeblich so schoenen Stadt am Tanasee…

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“Too much baboons” – Im Simien Mountains Nationalpark

Von Axum sind wir mit einem Minibus nach Debark gefahren, die einzige Moeglichkeit diesen langen Weg in einem Tag zu schaffen. Der Weg fuehrt durch die unglaublich zerfurchte Landschaft des noerdlichen Aethiopiens, bergauf-/bergab, ein Graben nach dem anderen wird voll ausgefahren, die Landschaft ist grossartig. Schon Stunden bevor man nach Debark kommt, sieht man faszinierende Felstuerme aufragen, erste Vorboten der Simien-Mountains. Beeindruckend, fast wie die Drei Zinnen in Suedtirol. Nach Debark faehrt man dann ungefaehr 1000 Hoehenmeter ueber eine spektakulaere Strasse, die die Italiener einst gebaut haben, auf ein Hochplateau hinauf. Die Landschaft, die man dabei ueberblickt, ist unglaublich.

In Debark angelangt, hab ich gleich einmal einen ordentlichen Wutanfall bekommen muessen. Fuer den Minibus zahlt man ja ein Vielfaches vom normalen Bus, und die Fahrt war auch komfortabel und gut…ABER: der Idiot von Fahrer hat in der ortsueblichen Unachtsamkeit ueber meinen am Dach liegenden Rucksack ungefaehr einen Lieter Diesel druebergeschuettet, als er aus den daneben gelagerten Kanistern via Gartenschlauch den Treibstoff in den Tank geleitet hat. Nur mein Packsack, der den Rucksack zuverlaessig vor Staub uns Wasser schuetzt, hat verhindert, dass ich meinen ganzen Troedel wegschmeissen haette muessen. Ein bissl was ist durchgesickert, gluecklicherweise genau auf der Seite meines Rucksackes, wo das Zelt draufgeschnallt ist. Der Packsack vom Zelt hat nur ein paar Tropfen auf das Aussenzelt durchgelassen, das war zu verkraften. Dennoch ist mir der Kragen geplatzt, weil diese Arschkriecher mit ihrem Minibus soviel Geld verlangen und das mit ihrem “Service” und ein bissl freundlichem Geschau rechtfertigen, und dann wird mein Gepaeck mit Diesel begossen, was jeder Affe verhindern kann, wenn er ein bissl aufpasst. Die Leute rundherum haben ganz schoen geschaut, wie ein Ferenji meiner Groesse ausrasten kann. Normalerweise verhalten sich die Weissen hier ja so ueberkorrekt vor lauter Schuldgefuehl, dass sie sich auch noch in der Landessprache bedanken wuerden, wenn ein Schwerlaster ueber ihren Rucksack duebelt. Ich aber nicht, weil die Leute hier muessen auch was lernen. Selber diskutieren und streiten sie untereinander ewig lang ueber ein paar Cent herum, aber dass auch Gegenstaende einen Wert haben und man drauf aufpassen muss, das kapieren hier nur die wenigsten. Also hab ich zu meinem vorhandenen Zorn gleich noch was dazugeschauspielert und ordentlich herumgebruellt. Tut ehrlich geagt auch mal gut nach 5 Wochen Reisetheater in diesem Land…

Debark ist Ausgangspunkt fuer den Simien Mountains Nationalpark. Hier findet man nicht nur die hoechsten Berge des Landes (bis ueber 4500 Meter), sondern auch endemische Tierarten und eine der angeblich beeindruckendsten alpinen Landschaften des schwarzen Kontinents. Von Debark aus kann man den NP erwandern, was wir uns auch fuer die naechsten Tage vorgenommen hatten. Speziell freuten wir uns darauf, einmal von den vielen Menschen und staubigen Strassen wegzukommen, in den liebenden Schoss von Mutter Natur.

Haben in Debark gleich Quartier bezogen und sind zur Parkverwaltung marschiert, wo man fuer Aethiopien ungewoehnlicherweise alles, was man fuer den Parkbesuch braucht (Eintritt, Mulis, Fuehrer, Koch, etwaige Ausruestung,etc.), offiziell, prompt und zu fixen Preisen organisieren kann. (Normal ist ja alles inoffiziell, langsam und zu ueberhoehten, verhandelten Preisen, weil die Einheimischen alles aussitzen, wofuer wir keine Zeit haben). Hier haben sogar die Oesterreicher bei der Einrichtung der Parkorganisation mitgeholfen und die lokalen Leute sind echt auf Zack. Nach ungefaehr einer halben Stunde hatten wir unseren Trip geplant und alles Noetige dafuer organisiert und bezahlt, und zwar schon fuer den naechsten Morgen, kein Zeitverlust also.

Ausserdem haben wir ein nettes Paechen getroffen, das auch schon mit uns im Minibus war, meinen Wutanfall wohl nicht mitbekommen hat und so beschlossen hat, mit uns gemeinsam zu trekken. Nina, eine Aerztin aus Deutschland, die demnaechst 3 Monate in Addis arbeiten wird, und Ronald, ein Hollaender, der in Dubai lebt und arbeitet. Wir haben uns gleich gut verstanden und wollten das gleiche Programm absolvieren, und zwar wie folgt: 5 Tage Wanderung von Debark aus, 4mal uebernachten im Zelt und am fuenften Tag am fruehen Nachmittag Rueckkehr nach Debark.

Unsere Koechin fuer die naechsten Tage wurde uns auch gleich vorgestellt und ist mit uns zum Markt gegangen, um das Essen fuer die naechsten Tage einzukaufen. Die Preise waren ein wenig ueberhoeht, hat uns aber nicht so gejuckt.

Am naechsten Tag ging es fast planmaessig um 7:00 los, nachdem wir noch den Parkchef, der uns am Vortag alles vermittelt hatte, aus dem Bett telefonieren mussten. In kuerzester Zeit waren 3 Mulis, 2 Mulitreiber, unser Fuehrer, die Koechin und -ganz wichtig und vorgeschrieben- unser Scout da, ein alter ausgezerrter Hochlandkrieger , der eine Kalaschnikoff umgeschnallt hat. Heisst Fanta, trinkt aber nur das selbstgebreute Bier, was man ueberall zu kaufen kriegt. Aber nichts gegen Fanta , der Kerl war schwer in Ordnung.

Wir marschierten aus dem Dorf raus, hinter uns ein “Fanclub” von Kindern, Dorftrotteln (auf die leicht angeschlagenen Typen wirken wir hier immer wie ein Magnet) und ein paar uebriggebliebener Mulitreiber, die sich darum stritten, wer eigentlich rechtmaessiger Betreuer unserer Mulis waere. Ich hab gleich einmal klar gestellt, dass ich keinen Bock auf dieses Theater habe und einen friedlichen Abmarsch moechte. Die Mulitreiber wurden sich einig, Fanta hat die restlichen Laestlinge vertrieben, und so zogen wir hinaus Richtung Simien Mountains. In Debark war Markttag, und so kamen uns unterwegs viele Bauern mit ihren Guetern entgegen. Anders als z.B. in Kenia hat man hgier die Leute aus dem Nationalpark nie ausgesiedelt – ganz im Gegenteil, es wurden sogar noch mehr seit der Einrichtung des Parks. So leben heute im Park ca. 20000 Menschen in 25 Doerfern und dazwischen. Mit den ganzen Rinder- und Ziegenherden stellen sie natuerlich auch einen erheblichen Stoerfaktor fuer das natuerliche Geschehen dar. Es gibt viel Kulturlandschaft und Aecker im Park, beschraenkt auf bestimmte Gebiete, lediglich gejagt darf nicht mehr werden.

Unterwegs kommen uns die liebsten Kinder und freundlichsten Erwachsenen entgegen, die man sich nur vorstellen koennen. Alle bleiben stehen, gruessen uns, lachen und schuetteln Haende, etc. Eine Begruessung ist ja hier etwas anderes als bei uns daheim, wo man nur “s’gott” murmelt. Da wird gelacht und die Grussformeln “Salam” (Friede) und “Denane” (wie gehts?) ein paarmal hin-und her wiederholt, dazu ordentlich Schultern geklopft. Die Kinder haben immer eine Mordshetz mit uns, und wir mit ihnen. Fotos machen und anschauen, …

Die Menschen hier sind wie ueberall in den Bergen der Welt sehr zaeher Natur. Ausgezerrt, mager, ausdauernd und stark. Die beruehmten aethiopischen Langstreckenlaeufer kommen aus dieser Gegend, und unser Fuehrer Mitiku war ein Paradeexemplar diese Typs. Ein 50 Kilo leichtes Buendel aus Sehnen, Ausdauermuskulatur, einer grossen Lunge und jede Menge roter Blutkoerperchen. Geredet hat er nur, wenn man ihn gefragt hat, das fand ich besonders sympatisch. Dafuer hatte er ein super Auge fuer die Wildtiere, die er 2 km gegen den Wind im Dickicht aufstoeberte, waehrend wir bei der affenartigen Gehgeschwindigkeit den Blick nicht vom Boden liessen, damit es uns nicht auf die Schnauze haute. Ja, wir haben ziemlich Gas gegeben, natuerlich mit Pausen zum Landschaft und Tiere gucken. Die Leute hier haben einen Schritt drauf, daa man kaum mitkommt. Zum Beispiel unser Scout, der Fanta, wenn der vollgetankt war, dann gab es kein Nachkommen, obwoh er 1,5 Koepfe kleiner ist als ich.

Nach nur ca 5 Stunden haben wir am ersten Tag unser erstes Nachtlager erreicht, am Nachmittag hatten wir noch Zeit, die Paviane (engl. Baboons) zu beobachten, die es hier herdenweise gibt. Und zwar hat man es hier mit dem endemischen (d.h. gibt’s nur hier) Gelada (sprich Dschelada)-Baboon zu tun. Ein possierliches, vegetarisches Kerlchen, das den ganzen Tag mit Grasfressen und ein bisschen Herumvoegeln und Rangkaempfen beschaeftigt ist, und in Herden mit tw. 100en Tieren lebt. Die Baboons schlafen nachtsueber in den Hoehlen der Klippen, am Morgen kommen sie heraufgeklettert und dann grasen sie am Hochplateau. Der Gelada hat seinen roten Fleck nicht am Hintern sondern auf der Brust und wird deshalb “Bleeding Heart Baboon” genannt. Die Maennchen haben praechtige Maehnen und eindrucksvolle Zaehne, die beim staendigen Gaehnen zum Vorschein kommen. Dafuer sind sie harmlos und man kann bis auf einen Meter an sie rangehen, was das Beobachten echt lustig macht. Angreifen lassen sie sich aber nicht, obwohl die Maehne sehr verlockend zum Streicheln waere. Die Einheimischen (Menschen) koennen sich den Baboons aber nicht naehern, vor denen hauen sie gleich ab. Die Affen sind naemlich nicht bloed und erinnern sich daran, dass sie die Einheimischen bis vor kurzem noch gerne abgeknallt haben, wenn es Landnutzungskonflikte zwischen Bauern und den Grasbueschel ausgrabenden Baboons gab. Jetzt sind sie geschuetzt und pflanzen sich ordentlich fort. Deshalb auch dauernd der (grammatikalisch falsche) Satz unseres Fuehrers: “Too much baboons!”. Wir haben uns ab den Kerlchen immer wieder neu erfreut…Ausser der Baboons sollten wir in den naechsten Tagen noch den endemischen Steinbock, andere Boecke, riesige Raben, tausende Maeuse und Ratten, Adler, Bussarde und sogar eine Grosskatze sehen, von der alle Einheimischen behaupten, sie sei ein Leopard, alle anderen wissen es aber besser. Wurscht, wir waren die einzigen, die sie gesehen haben, unser Fuehrer auch zum ersten mal, so selten ist sie, und ich hab sie auf meiner Speicherkarte fuer immer gefangen, hehe!

In der ersten Nacht wurde uns bewusst, wie zaeh die Menschen hier sind. Unfairer- und fuer uns auch unangenehmerweise bekommen die Leute, die mit den Touristen gehen, von der Parkverwaltung ueberhaupt keine Ausruestung mit. Waehrend wir in unserem HighTech Zelt und Schlafsaecken fein gemurmelt haben, hat unsser Personal bei -5 Grad im Freien uebernachtet, ohne Schlafsack oder Anorak, nur eine duenne Jacke, einen Schal und eine duenne Ueberdecke aus Viskose. Bis auf den Fuehrer, der von einem Deutschen, den er bis an sein Lebensende loben wird, ein Paar gebrauchte Trekkingschuhe geschenkt bekommen hat (4 mal zu gross), rennen hier alle anderen mit Badesandalen oder Gummistiefeln herum, ohne Socken und teilweise auch nur mehr mit einer halben Sohle etc. – unvorstellbar! Von den Hirtenjungen, die einem begegnen, und die eine Schule nur von Erzaehlungen kennen, haben die meisten gar keine Schuhe an, die Klamotten sind von allen voll zerfetzt und zigmal zusammengeflickt. So arm die Leute hier sind, so freundlich und lustig sind sie auch- schon seltsam, ueberall auf der Welt das selbe! Wir haben grossen Respekt vor diesen Menschen und geniessen die liebevollen Begegnungen. Dennoch ist es peinlich, wie unser Personal friert und nur unsere Essensreste verputzt, weil sie selber nichts mithaben. Wir kaufen ein Buendel Feuerholz, das die Stimmung allseits hebt. Ausser uns ist im ersten Camp nur ein Amy, der alleine unterwegs ist.

Die 5 Tage waren echt genial. Die ersten 3 Tage sind wir entlang des felsigen Steilabfalles des Hochplateaus gewandert, mit genialen Ausblicken auf das ca. 1000 Hoehenmeter unter uns liegende, zerfurchte Land mit einzelnen Felstuermen, durch wechselnde, ausserirdische Vegetation, Maerchenwaelder, vorbei an regenbogenfarbenen Wasserfaellen, Pavianherden, Rundhuettendoerfern, etc. Trotz ca. 9 Stunden Gehzeit taeglich haben wir uns ordentlich entspannt und in vollen Zuegen genossen. Rastpausen haben wir an sehr tollen Aussichtsbergen gemacht, wo ich mich in aller Stille der aussergewoehnlichen Schoenheit und Kraft der afrikanischen Natur hingegeben habe. Wir haben super Fotos gemacht, Fanta ist dabei auch auf den Geschmack gekommen und wollte bald auf jedem Foto mit seiner AK 47 posieren. Konditionell waren wir gut beisammen, die Hoehe von bis zu 4200 Metern hat uns nichts ausgemacht. Nina hat sich ein Pferd gemietet, mit dem sie bei allfaelliger Ueberanstrengung geritten ist, Ronald hat sich tapfer mit uns durchgekaempft. Geschlafen haben unsere 2 Begleiter, mit denen wir auch einen grossen Spass hatten, leider wenig, da das von ihnen bei der Parkverwaltung geliehene Zelt plus Schlafsack eine echte Frechheit war-kaputt und saukalt. Da beide in Afrika aufgewachsen sind, haben sie die Unannehmlichkeiten mit viel Humor genommen und den Rest wie wir genossen. Sehr liebe Leute!

Am fuenften Tag haben wir uns schon wieder auf die Zivilisation gefreut. Wir hatten gesehen, was wir sehen wollten und waren vollauf zufrieden mit dem Trekking. Den Rueckweg nach Debark haben wir in einer historischen Bestzeit von 4,5 Stunden geschafft (Nane und ich sind spaeter aufgebrochen, als das Zelt trocken war, und sind den anderen beiden mit dem Fuehrer zusammen die ersten 1,5 Stunden hinterhergelaufen), ganz schoen anstrengend fuer uns, der Mitiku ist dabei ploetzlich kommunikativ geworden. Unglaublich, was der Mensch aushaelt. Den ganzen Tag ohne Wasser und Essen, Tag fuer Tag draussen und schon die vorweihnachtliche 2monatige Fastenzeit ohne jegliche tierische Nahrung hinter sich. In Debark angekommen, haben wir noch Trinkgelder fuer alle verteilt und sind gleich auf den Bus nach Gondar aufgestiegen, wo wir mehr oder weniger ohne Schwierigkeiten 4 Stunden spaeter am Ende eines unheimlich anstrengenden Tages angekommen sind. Schnell sind wir ins Quartier, fast ueberfordert von der Zivilisation, der wir zwar nur 5 Tage entflohen waren, dennoch mit dem Gefuehl, als waer es viel laenger gewesen, so gefuellt und genaehrt waren wir von der Begegnung mit Mutter Natur.

Die Wanderung durch die Simien Mountains war bei all den anderen Erlebnissen ein echtes Highlight dieses Landes. Ich habe schoene und kostbare Erfahrungen und Einsichten gewonnen, die ich mit viel Dankbarkeit auf die weitere Lebenswanderschaft mitnehme.

Neujahr in Axum

Am Silvestertag sind wir von Mekele nach Axum gefahren, wieder mit dem oeffentlichen Bus, wieder um 4 Uhr frueh. Wieder Kleinkinder am Nebensitz, denen die Eltern alles an Essen reinstopfen, was da ist. Natuerlich wieder mit dem ueblichen und von uns erwarteten Ergebnis, wieder unvorbereitete Eltern…wir wissen halt besser als die Einheimischen, wie hier das Reisen ist.

Die Fahrt war sonst ruhig, nur die Ankunft in Axum grausam. Zig Leute sind auf uns zugestuermt und wollten was, wir sind gleich abgedampft und haben uns in ein Hotel zurueckgezogen. Schon wieder kein Wasser…

Von Axum erwartet man schon einiges. Die Stadt war Zentrum eines sehr grossen und den Handel zwischen Afrika und Asien dominierenden Reiches, das ueber 1000 Jahre bestanden und eine grosse Kultur hervorgebracht hat, ausserdem das Christentum im heutigen Aethiopien eingefuehrt hat. Das axumitische Reich ist so um 700 n.Chr. untergegangen und uebermaessig viel ist davon nicht mehr zu sehen.  Dennoch sind die Aethiopier mit Recht sehr stolz auf diesen Teil ihrer Geschichte, und fuer organisierte Aethiopienreisen ist Axum ein Pflichtstopp. Der Ort ist aber sehr abgelegen und die Leute kommen mit dem Flieger angereist.

Unser erster Spaziergang war ziemlich ernuechternd. Man erwartet eine Stadt mit einem Mindestmass an touristischer Infrastruktur, in Wirklichkeit ist das heutige Axum ein Kuhdorf mit Schotterstrassen, wo es auf den ersten Blick ueberhaupt nichts zu geben scheint. Eine Hand voll Touristen spaziert verloren herum, dazwischen das uebliche laendliche Geschehen: Ziegenherden laufen durch die “Strassen”, dazwischen wirbeln noch ein paar Ochsen und jede Menge aufgedrehter Kinder ( mehr als 50% der Aethiopier sind unter 16 Jahre alt) zusaetzlich Staub auf, der einem direkt in alle Koerperoeffnungen dringt. Wie imer die Zurufe: “Where are you go?”, “Hello Mister?”, “Money!”, “Pen”, “Candy”, “Ferenji!”, “Hello” usw.

Bei unserem Versuch im einzigen Internetkaffe Verbindung zur Aussenwelt aufzunehmen, ging auch noch der Strom aus, und das sollte fuer den Rest des Silvesterabends so bleiben. Gluecklicherweise waren wir just in der einzigen Bude des Dorfes abgestiegen, die den Abend mit Strom aus dem Aggregat ueberbrueckte (zumindest fuer das “Restaurant”) und so verbrachten wir den Silvesterabend sehr bescheiden bei einem einfachen aethiopischen Fastenmahl. Das aethiopische Neujahr (Millenium) war ja auch schon im September und so hat dieser Silvester-Abend die Einheimischen wenig gejuckt. Fuer uns war es ein sehr schlichter Abend. Nane hat den eher unfeierlichen Auftakt zu seinem Geburtstag gelassen genommen. Ich hab unter der Bettdecke noch ein paar Gedanken zum Jahreswechsel in den Kosmos gedacht.

Am ersten Morgen unseres neuen Kalender- und Nanes Lebensjahres machten wir uns auf Erkundungstour nach den Sehenswuerdigkeiten, von denen es laut Fuehrer ja doch einige geben sollte. Wir wollten uns auf das Wesentliche beschraenken, damit wir Axum bald wieder verlassen koennten…(die gesamte Atmosphaere taugte uns von Beginn nicht so sehr.)

Also gingen wir zuerst zum grossen und beruehmten Stelenfeld. Die Axumiter haben es geschafft, die weltweit groessten monolithischen Stelen (Steinsaeulen) auf bzw. herzustellen. Die groesste davon ist 35 Meter hoch und 520 Tonnen schwer, liegt aber zerbrochen am Boden, wie sie die ersten Erkunder einst aufgefunden haben. Ob sie jemals stand , ist unbekannt. Ich denke aber schon, da die stolzen und eingebildeten Koenige sicher keine Stelentruemmer als Schandmal rumliegen lassen (das ware zumindest meine Einstellung). Daneben gibt es zwei weitere grosse Stelen, beide ca. 25 Meter hoch. Eine wurde von den Ittakern unter Mussolini gefladert und in Rom aufgestellt, als Symbol fuer den mehr oder weniger gelungenen Einmarsch in Afrika, aehnlich wie es die alten Roemer mit dem aegyptischen Obelisken gemacht haben. Im August 2008 haben die Ittaker die Stele nach jahrzehntelangem Theater wieder rausgerueckt, und diese steht jetzt wieder an ihrem urspruenglichen Ort neben ihrer Zwillingsschwester. Oder eigentlich muesste man sagen “Zwillingsbruder”…die Stelen haben schon was phallisches…beeindruckend sind sie jedenfalls, ziemliche Geraete aus schwarzem Gestein, wunderbar behauen, sehen aehnlich aus wie Hochhaeuser, unten ein Eingangstor und darueber zehn Stockwerke. ganz oben war frueher angeblich eine goldene Scheibe mit Sonne und Mond montiert, aber nichts genaues weiss man nicht. Das ganze Gelaende um die Stelen wird derzeit im Rahmen eines ethio-italienischen Projektes gestaltet und wir haben die Stelen nur durch und ueber die Bauzaeune betrachten und fotografieren koennen. Macht aber auch nichts…

Gleich neben den grossen Stelen ist das Gelaende der Kathedrale, dieses besuchten wir am Nachmittag. Wir wussten aus dem Fuehrer , dass sich seit uralten Zeiten Heiligtuemer auf diesem Ort befanden, irgendqwann wurden Kirchen gebaut und zuletzt hat Haile Selassie in den 60ern eine riesige Kathedrale aufstellen lassen, wo sogar die engische Queen zur Eroeffnung gekommen ist. Ausserdem gibt es noch ein aussergewoehnliches Juwel am Gelaende, wenn`s wahr ist: in einem kleinen Gebaeude soll die Bundeslade untergebracht sein, das sagenumwobene, goldene Kistchen, wo die Steintafeln mit den zehn Geboten Moses drin liegen sollen. Die aethiopische Legende besagt, dass die Koenigen von Saba (die laut aethiopischer Version in Axum daheim war) nach Jerusalem ging und dort Koenig Salomon kennengelernt hat. Deren gemeinsamer Sohn Menelik und spaeterer Kaiser in Aethiopien kam als junger Mann nach Jerusalem und entfuehrte die Bundeslade nach Aethiopien, wo sie bis heute sein soll. Seit Generationen ist es aber so, dass nur ein Priester Zugang zur Lade hat und dieser am Totenbett seinen Nachfolger einweiht. Nicht einmal die aethiopischen Kaiser durften die Bundeslade sehen. Man weiss also wieder mal nichts genaues nicht. Tatsache ist, dass Axum ein Zentrum der orthodoxen Glaubensausuebung in Aethiopien ist und viele Pilger diesen Ort aufsuchen. So auch wir, dachten wir..

So war dann unsere/meine Erfahrung dort:
Am Nachmittag sind wir durch den Hintereingang auf das Gelaende gekommen, wo wir direkt bei der alten Kathedrale aus dem 16. JH. landeten und unsere von der gluehenden Hitze mueden Kadaver auf einer Steintreppe niederliessen um mal die Atosphaere aufzunehmen. Ein kleiner, lieber Junge kam zu mir und wir alberten ein wenig herum. Doch damit war der Frieden auch schon vorbei. Ein aggressiver Aufseher verscheuchte das Kind mit seinem Stock und schnauzte uns auf Amharisch an, bis es uns zuviel wurde und wir weitergingen. Der Typ verfolgte uns grantelnd und jagte uns foermlich zur Ticketbox, wo wir zum Kauf eines suendteuren Tickets genoetigt wurden. Ok, dachten wir, jetzt werden wir wohl unsere christliche Ruhe haben duerfen…Denkste! Erst wollte man uns ins Museum treiben, staendig war der irgendwas auf Amharisch schreiende Typ hinter uns her. Ich bin fast ausgeflippt und wollte schon abdampfen, dann sind wir in die grosse Kathedrale “gefluechtet”, wo uns kurz Ruhe vergoennt war. Der Bau ist modern und relativ unattraktiv, innen ungepflegt und schmutzig. Bald wieder draussen sind wir zur “alten Kathedrale”, die der heiligen Jungfrau Maria geweiht ist. Jetzt waren schon 2 Typen hinter uns her, staendig “Hello Mister!” rufend und mit Handzeichen gestikulierend, um uns zu zeigen, wo wir wie hingehen sollten und duerften. Mir ist das voll am Arsch gegangen. Klare Anweisungen kann ich ja gerade noch akzeptieren. Aber wenn mir bei jedem Schritt einer von hinten in einer fremden Sprache irgendwas aggresiv ins Ohr schreit, das halt ich nicht aus. Dann bin ich stehengeblieben und hab den Typen klargemacht, dass ich keinen Schritt mehr mache und sie sich ihr beschissenes Ticket auf den Arsch picken koennen, weil ich nicht mehr weiss, was ich da ueberhaupt machen soll. Irgendwie haben sie kapiert, dass wir auf diese Art nicht weiterkommen und haben uns den Weg zu Marias Heiligtum gewiesen und geoeffnet. Wahnwitziger- oder sagen wir fuer die Aethiopier bezeichnenderweise ist den Frauen der Zugang zu diesem grundlegend weiblichen Tempel verwehrt. Genauso kuehl und leer fuehlt sich die Energie im Inneren des Gebaeudes an…bald waren wir wieder draussen, wo unser Aufseher inzwischen andere Touristen anmotzte. Wir versuchten in Richtung Bundeslade zu marschieren, wo schon einige Glaeubige am Zaun lehnten, der das Gebaeude umgibt. Soweit wollten wir auch vordringen, doch ploetzlich irgendwo auf der Wiese hiess es wieder “Hello Mister! Stop ! Here Border!” Was “Border”, dachten wir, hier nur “Wiese”, nix sehen “Border” oder Hinweisschild oder dergleichen. Keine Diskussion, es hiess wieder stehenbleiben. Mir wurde es jetzt zu bunt mit diesen Typen und ich setzte mich einfach an der “Border” auf die Wiese hin. Schon seltsam, dass man ein irres Geld fuer den Eintritt zahlt, und dann gibt es nichtmal ein Hinweisschild auf Englisch, das einem sagt, wie die Dinge hier laufen. Stattdessen ein paar voll aggressive Typen, die einen auf Amharisch anschreien…unmoeglich!

Wir sind dann abgehauen von diesem unseligen Ort, der meiner Meinung nach von den aggressiven Typen nur entwuerdigt und entweiht wird.

Umso schoener war es, auf dem Platz zwischen Stelen und Kirchengelaende einer Gruppe junger Burschen zu begegnen, mit denen wir noch einige Stunden zusamensassen und herumalberten. Die waren echt nett, so wie wir es von den Aethiopiern gewohnt sind, und umgekehrt freuten sie sich darueber, dass es ein paar Ferenji gibt, die nicht in den Boden schauend an ihnen vorueber zu den Stelen hinlaufen und dann wieder schnell ins Hotel zurueck, um den bettelden Einheiischen nicht ausgesetzt zu sein. Das war das eigentlich Schoene fuer uns in Axum, dass es doch noch eine schoene, menschliche Begegnung auf Herzensebene gab. Wieder entspannt aber dennoch nachdenklich ueber das seltsame und fuer mich auch bezeichnende Geschehen bei den Kirchen gingen wir zum Hotel zurueck, assen wieder die Fastenspeise und gingen ins Bett. Das Busticket fuer den naechsten Morgen, wieder 4 Uhr hatten wir schon in der Tasche, den Rucksack schon wieder gepackt. Ciao Axum! Ziel: der Nationalpark in den Simien-Mountains!

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Die Lehre von Mekele

Vorab, wir sind vom Trekking gut und zufrieden zurueck. Davor haben wir aber auch noch gute Tage verbracht , diese schreibe ich dieser Tage zusammen.

Von Lalibela sind wir ja hoechst zufrieden abgereist. Mit dem Bus ging es wieder um 4 Uhr frueh los, ich hab mir wieder den Sitz hinter der Windschutzscheibe gesichert. Ziel war Mekele, ungefaehr 500 km und Myriaden von Schlagloechern weiter noerdlich. Bald hat sich noch ein Typ zwischen mich und den Fahrer gedraengt, seinen Hintern am Motor gewaermt und ein fremdes Kind auf den Schoss genommen, wie es hier bei den lieben Menschen ueblich ist. Der Fahrer war erfahren und nicht weniger lustig, hat dauernd einen guten Schmaeh rennen gehabt. Die Strasse war sehr schleissig, und so war ich auf der Hut wegen dem kleinen Buben neben mir. Wie das Amen im Gebet kam das Gewoelle zutage, ich war aber der einzige, der darauf eingestellt war. Die Hose meines Sitznachbarn war voll, auch sein Rucksack. Ich bin gut davongekommen und habe nur gelassen meine  Klopapierrolle zur Bereinigung der Sauerei hergegeben. Das angekotzte Kind wurde wieder seinen Eltern uebergeben und ich konnte friedlich einschlummern. Aufgewacht bin ich dann, weil sich ein weiterer Kerl in unsere Reihe gedraengt hat und richtig auf mir drauflag, zusammen mit der Abwaerme des Motors ergab das ungefaehr 15 Grad zuviel und eine echte Beklemmung fuer die restliche Fahrt.

Irgendwann gegen Mittag kamen wir in Woldia an. Von dort geht eigentlich am selben Tag kein Bus weiter nach Mekele, das noch 300 km weiter ist. Woldia ist aber grauslich und so haben wir mit Hilfe der oertlichen Hustler eine Mitfahrgelegenheit gecheckt. Mit 2 raeudigen, chatkauenden Typen, die den bequem von Stadt zu Stadt fliegenden Touristen mit dem leeren Landcruiser nachfahren, ging die Reise weiter. Die Typen wurden mit der Zeit netter, platte Reifen wurden gewechselt, die Landschaft war wieder mal einzigartig , und nach weiteren 8 Stunden kamen wir bei voelliger Dunkelheit in Mekele an. Wieder mal 16 Stunden “on the road”, und auf was fuer einer Road…schon irre, wenn man bedenkt , wie bequem man daheim bezueglich Rumfahren ist und sich an den kurzen Wochenenden sogar oft vor einer dreistuendigen Autofahrt von Wien nach Kaernten scheut, obwohl daheim die Waerme des Elternhaues und kulinarische Koestlichkeiten locken, im Auto die Wunschmusik laeuft und die Strassen perfekt sind…hm, auch das mag sich durch diese Reise aendern…

Jedenfalls kamen wir in Mekele an. Eine auffallend moderne Stadt mit ca 150000 Einwohnern, Geburtsstadt des Praesidenten und angeblich deshalb privilegiert. Hauptstadt der Provinz Tigray, die beruehmt ist fuer tolle Landschaften und 100e Felsenkirchen und leider auch am meisten betroffen von den grossen Hungerkatastrofen war. Die Felsenkirchen wollten wir besuchen, auch wenn unser Zeitplan knapp werden wuerde. Erstmals gingen wir aber muede und dreckig schlafen, weil es wieder mal kein Wasser gab.

Am naechsten Tag machten wir uns auf die Suche nach einer Moeglichkeitzum Besuch der Felsenkirchen, die ein wahres Highlight und sehr sehenswert sein muessen. Aus dem Fuehrer wussten wir, dass man dazu einen Jeep mieten muesste und einen Fuehrer braeuchte, damit an einem Tag etwa 3-4 der hunderten oft spektakulaer gelegenen Kirchen besucht werden koennten. Es gibt aber wenig Touristen, die das machen und in Mekele halt machen. Wir trafen auch keine “Ferenjis” als moegliche Mitfahrer. Ausserdem scheint es den Menschen in Mekele relativ gut zu gehen, man wird nicht angebettelt oder gefragt, was man tun wollte. Das ist einerseits erholsam und angenehm, andererseits gibt es aber auch keine Touranbieter oder Reiebueros, die einem weiterhelfen, und die Abwesenheit der sonst im Land ueberall allgegenwaertigen Hustler (Typen, die einen anquatschen und alles vermitteln koennen, was das Herz , der Magen und alle anderen Koerperregionen begehren) macht sich bemerkbar, indem man irgendwann nicht mehr weiss, wen man um Rat fragen koennte. Nach einem Tag Rennerei und Fragerei sind wir dann bei der lokalen Tourismusbehoerde, die irgendwo versteckt ist, gelandet. Die Leute dort waren sehr hilfs- oder sagen wir auskunftsbereit, haben uns einen kleinen Fuehrer geschenkt und gesagt, wie wir zu den Kirchen kommen koennen. Das war aber wahrlich schwierig. Erst muesste man mit dem Bus in ein Kaff fahren, dann das dortige Buero aufsuchen, einen Fuehrer und Jeep mieten, und dann braeuchte man 2 Tage Zeit und einiges an Knete. Einer der naechsten Tage war aber unguenstig, weil da die Moenche zum Markt gehen und die Kirchen nicht aufsperren koennen. Und nach all dem muss man wieder einen Tag einplanen, um nach Mekele zurueckzukommen. Es sei denn, man mietet von Mekele aus einen Jeep, was aber astronomisch teuer ist. Nachdem wir diese Moeglichkeit und unseren Zeitplan fuer die naechsten Wochen gecheckt haben, fanden wir uns in komplexen Planungen und Gedankengaengen verloren in unserem Hotel wieder, fast verrueckt um eine Moeglichkeit zum Besuch der Kirchen ringend.

Irgendwann nach langem Kampf und knapp vor dem Durchdrehen und der Erschoepfung kam sie uns dann, die wichtige Lehre von Mekele…

Raus aus dem Aktionismus und der verrueckten Idee, die einem die Reisefuehrer einpflanzen, dass man alles gesehen haben muss, damit man ueberhaupt sagen kann, man war in Aethiopien. Wen jucken denn ein paar Kirchen…auch wenn sie noch so spektakulaer sind, sollten wir uns deshalb nicht verrueckt machen, wenn der Besuch sich einfach nicht ergeben will. Wir streckten die Waffen, ergaben uns und verabschiedeten uns von dem etwas erzwingen Wollen. Das Signal war klar und ist angekommen. Es ist zwar gut fuer Dinge zu kaempfen, aber es gibt auch ein zuviel, diese gilt es zu erkennen, da es im Persoenlichen aber auch im Grossen oft zu nichts Gutem fuehrt. Wahrlich erloest von unserer fixen Idee lenten wir uns zurueck und gelobten, die Dinge ab sofort lockerer zu nehmen, um im Laufe unserer Reise nicht durchzudrehen und dem unter Reisenden so ueblichen Aktionismus zu verfallen. Schliesslich sind wir monatelang unterwegs und muessen mit unserer Kraft haushalten. Und wir wissen und vertrauen auch darauf, dass wir noch immer zur richtigen Zeit an den richtigen Ort gefuehrt wurden und werden. Die wichtigen Erfahrungen und Begegnungen ergeben sich auch nur selten vor der spektakulaersten Kulisse, das wissen wir auch. Nur muss man es halt auch so leben. In der Ruhe liegt die Kraft. Das Gefuehl, irgendwas versaeumen zu koennen, war weg und damit kam wieder die Freude ueber alles, was wir ja schon erfahren durften.

Freudig ueber unsere Erkenntnis und ganz entspannt gingen wir was Gutes essen, begegneten den Menschen und beschlossen, noch einen Tag in Mekele zu entspannen, bevor die Reise nach Axum weitergehen sollte. Ein weiteres Highlight von Aethiopien, das am Weg durch den Norden liegt und leicht zu erreichen ist.

Der naechte Tag war sehr angenehm. Wir entspannten, gingen lange Kaffee trinken etc. Ausserdem liessen wir die Waesche waschen, in der Hoffnung, das etwaige darin festgekrallte Floehe im Seifenwasser ersaufen wuerden. Noch ein Ticket fuer die bevorstehende eintaegige Busreise gekauft und dann frueh schlafen gegangen…sehr zufrieden und dankbar fuer das Geschenk der Lehre von Mekele. In Bolivien vor 3 Monaten musste ich ja noch krank werden, um die Ruhe zuzulassen, hier ging es einfacher vonstatten. Gut so!

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Weihnachten in Lalibela

Nach einer wahrlich Stillen Nacht sind wir gut erholt aber erst sehr spaet zu uns gekommen.

Als Einstieg fuer den ersten Tag haben wir beschossen, zu einem nahe der Ortschaft gelegenen Kirchlein zu gehen, um uns erst einmal einen Ueberblick von oben und etwas Ruhe zu goennen, bevor wir in den naechsten Tagen zur eigentlichen Attraktion des Ortes, den Felsenkirchen, gehen wuerden.

Zuerst gingen wir mal auf die Strasse hinaus, um bei Tageslicht festzustellen, wo wir da gelandet sind. Lalibela ist zwar DIE Touristenattraktion des Landes, aber der Ort sieht ueberhaupt nicht so aus. Extrem abgelegen und nur ueber eine staubige Schotterpiste zu erreichen, liegt der Ort auf ueber 2600 Meter Hoehe. Ca 8000 Menschen leben hier, der Ort ist ein kleines Schulzentrum fuer die umliegende Gegend. Die meisten Touris fliegen hierher, weil die Anfahrt viel zu anstrengend und lang ist wie wir festgestellt haben. Im Ort gibt es nicht viel Nettes, ausser den Menschen selbst. Kein richtiges Kaffe, kein gscheites Restaurant, nur ein paar verstaubte Buden und sehr mittelmaessige Hotels. Viele Pilger und Bettler praegen das Strassenbild. Touristen sieht man auf der Strasse bis auf 2-3 Individualreisende ueberhaupt keine, dadurch bekommen wir viel Aufmerksamkeit von den Einheimischen, fast zuviel.

Wir haben gleich nach dem Aufstehen noch das Hotel gewechselt, weil in der Frueh immer noch kein Wasser da war und die Typen von der Rezeption sich nichts geschert haben. Das andere Quartier war zwar lumpiger, dafuer gab es Wasser.

Ruhebeduerftig wie wir waren, haben wir uns also auf die Wanderung zu der Kirche am Berg gemacht, raus aus dem Dorf. Die umliegende Landschaft ist von grosser Schoenheit, ueberall Terrassen und Kulturland, dahinter aufragende Tafelberge, auf der anderen Seite das weite Land. Der Weg fuehrte uns durch diese Landschaft, dabei wurden wir von einer immer groesser werdenden Gruppe von Schuelern begleitet, die auf dem kilometerlangen Heimweg von der Schule waren. Mit den netten Kerlchen hatten wir einen Riesenspass, und sie noch mehr mit uns. Alle auch noch so kleinen sprechen hier ein bisschen Englisch, das fuer eine einfache Konversation reicht. Kommunikativ sind hier sowieso alle, die Burschen zumindest, von Maedchen wird man nicht angequatscht, die sind zurueckhaltend, auch die groesseren und erwachsenen. Auffallend ist, dass man das Alter der Knaben immer unterschaetzt, weil diese im Wachstum mit unseren Kids nicht mithalten koennen. So kommt es duernd vor, dass man einen 14jaehrigen fuer 10 schaetzt. Die Erwachsenen sind dennoch gross…keine Ahnung wann die dann wachsen.

Die Burschen haben uns bis zu ihrem Dorf, welches auf halbem Weg liegt, begleitet und uns viel von ihrem Alltag erzaehlt. In den Schulklassen sind hier ca 80 Schueler, unterrichtet wird in 2 Schichten, weil es soviele Kids und sowenig Raeumlichkeiten gibt. Unterrichtssprache ist in den meisten Faechern Englisch. Dadurch haben hier alle einen sehr guten Wortschatz, grammatikalisch hapert es aber oft ziemlich. Die Unterrichtsmittel sind knapp, die Hefte voll und die Kugelschreiberminen leer. Deshalb wird man auch immer diesbezueglich angebettelt. Bildung wird von allen sehr wichtig genommen, die Kinder sind voll ehrgeizig und haben grosse Traeume bezueglich Beruf und Zukunft. Als wir die Ortsgrenze erreichen, wird uns aber sehr eindruecklich vor Augen gefuehrt, wie hier teilweise mit den Kindern umgegangen wird.

Ein Waechter steht da mit einem Stock und einer Kalaschnikoff, nd als er sieht, dass die Kinder uns umgeben, schreit er wild heru m. Wie von der Tarantel gestochen rennen die ca. 20 Burschen von uns weg und zu dem Mann hin. Er schreit sie wild an, sie knien sich in Reih und Glied vor ihm hin und kassieren ein paar Faustschlaege auf den Hinterkopf. Wir trauen unseren Augen nicht und machen dem Typ schnell klar, dass er damit aufhoeren soll. Dafuer werden wir angeschnauzt, die Burschen rennen lachend davon. Wir sind betroffen und gehen weiter. Gleich sind unsere Freunde wieder da und wir entschaedigen sie ein wenig fuer die “Unannehmlichkeiten”.

Der Weg fuehrt uns weiter zu der Felsenkirche, die aus einem felsigen Bergruecken herausmodeliert wurde. Ein Moench sperrt uns auf und zeigt uns da einfache Innere. Wir sind aber vie mehr von der Landschaft um und der Lage dieses magischen Ortes beruehrt und setzen uns noch fuer einige Zeit mit dem Moench auf das felsige Dach der Kirche, wo wir die Stille und Weite der Landschaft geniessen, ein wuerdiger Weihnachtstag. Dankbar wandern wir in den Ort zurueck.

Die 2 Tage dannach vebrachten wir groesstenteils in den Felsenkirchen des Ortes, die von der Unesco zum Weltkulturerbe gezaehlt werden. Tatsaechlich sind die Kirchen aber keine Touristenattraktion, sondern ein hoechst lebendiger Ort der Religionsausuebung der Einheimischen. Eine eigene Welt, in die man da eintaucht, jenseits von Raum und Zeit.

Jenseits von Raum, weil man in ein quasi unterirdisches Labyrinth von Wegen und Tunnels abtaucht und sich in 3 Dimensionen bewegt, staendig Neues entdeckend. Moenche und Nonnen ziehen gleichsam wie die Weihrauchschwaden um die Ecken und durch die engen Gaenge. Die Kirchen sind sehr unterschiedlich und jeweils einzigartig, von unglaublicher schoenheit und Eleganz, einfach beeindruckend. Das Licht faellt je nach Tageszeit unterschiedlich ein und faerbt die Raeume innen und den roetlichen Felsen aussen magisch ein.

Jenseits von Zeit fuehlt man sich, weil die Kirchen und Menschen sowie ihre uralten Gesaenge und Rituale wohl noch so aussehen wie vor 1000 Jahren, als Koenig Lalibela die 11 Kirchen aus dem monolithischen Felsen herausformen liess. Die Menschen zelebrieren hier mit hoechster Hingabe ihren Glauben, stundenlang dauern die Messen mit Gebet und Gesang. Apropos Zeit:Forscher haben festgestellt, dass wohl ca. 40000 Menschen mit der Errichtung beschaeftigt gewesen sein muessen. Die Einheimischen sind aber bis heute sicher, dass die Kirchen in einer einzigen Nacht von Engelshand geschaffen wurden.

Wie auch imer, fuer uns waren es 2 fantastische Tage in den Kirchen und darum herum. Wir sind in eine alte, mystisch-magische Welt eingetaucht, einfach faszinierend. Die Leute -ob alt oder jung – begegnen einem in den Kirchen mit sehr viel Offenheit, Freundlichkeit und Respekt. Und das, wo sich die meisten der wenigen Touristen einfach daneben benehmen, halbnackt in die Kirchen reinrennen und den Moenchen sogar bei der Messe mit der Kamera aus naechster Naehe ins Gesicht blitzen, dass diese fast blind werden. Wir haben uns jedoch um ein dezentes Auftreten bemueht und sind behutsam eingetreten, mit viel Ruhe und Zeit. Die Leute haben sich wie ueberall ueber unsere Namen gefreut (die wichtigste Kirche in Lalibela ist auch meinem Patron, dem Giyorgis, geweiht, ein Grund, warum ich schon vor Jahren auf Lalibela aufmerksam wurde), Priester haben uns die Tueren aufgesperrt, obwohl wir ohne Fuehrer unterwegs waren, und einer hat mich sogar gefragt, ob ich denn auch ein Priester sei, so wuerdevoll war wohl unser Auftritt… 😉

Nach 3 Tagen Kirchenatmosphaere beschlossen wir aber, wieder ins weltliche Geschehen einzusteigen, und haben uns Bustickets fuer die Weiterfahrt am naechsten Morgen gekauft. Wir verabschiedeten uns in hoechster Dankbarkeit und Zufriedenheit von Lalibela und seinen Menschen, von denen uns nach 3 Tagen wohl schon die meisten vom Sehen her kannten. Weniger dankbar waren wir fuer die Floehe, die uns aus den Kirchenteppichen angesprungen sind und uns hunderte Bisse zugefuegt haben. Hoffentlich, dachten wir, bleiben die in Lalibela und reisen nicht mit uns weiter…

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Von Addis nach Lalibela…

…oder: “Die Entdeckung der Langsamkeit”

In Addis haben wir uns erst mal wieder kultiviert und erholt. Ausserdem haben wir unsere Freundinnen von der katholischen Mission aus Arba Minch getroffen, die in Addis was zu erledigen hatten. So katholisch sind die ja bekanntlich gar nicht, und wir sind zuerst gut essen und dann ordentlich tanzen gegangen.  

Nach 2 Tagen waren wir bereit zur Weiterreise, schliesslich wollten wir am 24 Dezember zum Heiligen Abend in Lalibela ankommen, dem wichtigsten Wallfahrtsort der orthodoxen Aethiopier und wohl wichtigsten Ort der Christenheit auf dem schwarzen Kontinent. Lalibela wird auch das Jerusalem Afrikas genannt und ist fuer seine wunderbaren Felsenkirchen bekannt. Dort sollte die Reise hingehen…

Also wieder mal an den Ort des Wahnsinns marschiert, Buskarten fuer den naechsten Tag kaufen am Busbahnhof von Addis. Wenn man dort ankommt, reissen gleich zig Typen am Aermel und schreien einen an mit “Where are you go!!??” Dann sagt man kleinlaut “Lalibela” und das Geschreie geht weiter. Am Weg zum Ticketschalter wir man von den Typen begleitet, die dann nach erledigtem Kauf alle ein Trinkgeld haben wollen , weil sie einem ja geholfen haetten, und volle beleidigt sind, wenn sie berechtigterweise keines bekommen. Mann, das nervt vielleicht!!

Am naechsten Morgen sind wir mit dem Taxi um 430 zum Busbahnhof. Der Taxifahrer ist voll nett und freut sich wie jeder in Aethiopien , dass wir Giyorgis (ich, der Nationalheilige hier ist ja der heilige Georg) und Marcos (Markus aka Nane, der Evangelist) heissen und offensichtlich gute Christen sein muessen.

Ausserhalb des Taxis kennt der Wahnsinn und das Chaos keine Grenzen, ueberall wuselt es vor Menschen, das Gedraenge am Busbahnhof ist irre, schliesslich gehen ja alle Busse in der Frueh zur selben Zeit los. Wieder wir am Aermel gezerrt (“Where are you go??) und jeder moegliche Grund fuer ein Trinkgeld inszeniert.

Schliesslich landen wir beim Bus. Ich besetze und verteidige drinnen einen Sitzplatz fuer uns, waehrend der Nane draussen beim Poebel in der Reihe steht und wartet, bis einer unser Gepaeck aufs Dach ladet. Nach einer Stunde schreit mich einer an, dass wir im falschen Bus waeren und rausmuessten. Also wieder raus, ein anderer Bus faehrt daher und parkt ein. In der Nebelwolke der Abgase erkennt man sein Gegenueber kaum und man erstickt fast. Wieder die selbe Prozedur diesmal ich draussen und der Nane drinnen. Schutzgeld fuer das Gepaeck gezahlt und rein in den Bus. Drinnen ist ein irres Gedraenge von Fahrgaesten und diversem Gesocks, das bettelt, predigt , Leute verabschiedet,… jeder nimmt sich seinen Platz, auch wenn keiner mehr da ist. 

Schliesslich geht die Fahrt los, sehr langsam durch die Satdt raus und auch darueber hinaus. Die ersten 4 Stunden sind eine einzige Baustelle (s werden viele Strassen asfaltiert in Aethiopien) , holprig und staubig bis dorthinaus. Eine echte Tortur, dafuer aber langsam und sicher, sehr langsam! Wir fragen uns, wie wir in den veranschlagten 2 Tagen unser 650 km entferntes Ziel erreichen sollten. Schliesslich schlafen wir wieder ein wenig ein und wachen gerade rechtzeitig aus, als dem ueber unsere Rueckenlehne gebeugten Kind von hinter uns die Speibe aus dem Mund quillt, direkt auf Nanes Sitz. Damit war ja zu rechnen, der Boden war ja schon kurz nach Fahrtbeginn vollgekotzt worden. Die beiden Maenner, die das Kind mit auf der Reise hatten, hatten wohl davor nicht gewusst, dass man einem Kleinkind vor einer tagelangen Busfahrt keine Spaghetti zum Fruehstueck verabreichen sollte…

Der Nane war vielleicht sauer, gut dass es eine fahrtunterbrechung mit Pinkel- und Fruehstueckpause gab. Diese nutzten wir fuer ein kaltes Cola. Die anderen Leute frassen wie die Wilden hinein, was uns schon etwas zu denken gab. Schliesslich sorgte die kurvenreiche , holprige Strecke schon auf den ersten Kilometern dafuer, dass ein kollektives Kotzen losging, und das ganze Essen fein angesaeuert wieder zu Tage kam. Ein paar hatten den Anstand, aus dem Fenster zu Kotzen, andere rissen nur ihr Maul auf und haben losgelassen (das “loslassen” ist ja modern). Einer kotzte erst ewig lang herum, dann hat er sein Gewoelle auf Druck der Mitreisenden mit seinem eigenen Pullover aufgewischt und diesen dann in seinem Gepaeck verschwinden lassen. Der Geruch spottet jeglicher Beschreibung. Doch alle waren wieder guter Stimmung. So eine kleine Krise ist auch fuer die Menschen hier leicht zu ertragen, die sind anderes gewoehnt und auch der Bus bleibt nicht stehen, nur weil ein Drittel der Leute mit der Kotzerei beschaeftigt sind.

Am Abend kamen wir in dem kleinen Nest Dessie an, wo die Nacht verbracht wurde, bevor es am naechsten Morgen wieder weiterging.

Wir  goennten uns ein kleines Fresschen, leider mit sehr schmutzigem Salat garniert. Das veranlasste uns zu einem Besuch einer schmutzigen Schluckbude, wo sich die betagteren Locals gepflegt zwischen gestapelten Bierkisten ein Raeuschchen ansaufen. Wir bestellten einen doppelten Whiskey der Marke Spiritus zur Desinfektion und ein St. George Bier dazu. Dann ab in die Falle, die wir uns mit diversen Parasiten teilten, wie sich in der Frueh herausstellen sollte.

Geweckt wurden wir um 430 durch das wilde Gebruelle, das vom nahe gelegenen Busbahnhof bis in unsere fensterlosen Kaemmerchen schallt. Dort war der Mob schon wieder in voller Aufregung und das Gedraenge um die Sitzplaetze in den Bussen im Gang. Wir putzten uns wieder mal trocken die Zaehne und hetzen aus dem Gaus, damit wir nicht auf der Strecke bleiben wuerden.

Im Bus registrierten wir, dass eine alte, zahnlose , und mit einem eisernen Kreuz bewaffnete Nonne unseren Sitzplatz eingenommen hat. Gottseidank hatten wir den anderen Fahrgaesten am Vortag mit Klopapier zum Speibewischen ausgeholfen, und so hatten wir einige Verbuendete an unserer Seite, die die Nonne mit viel Gezanke und trotz erbitterten Widerstandes auf einen anderen Platz vertrieben. Die Verwuenschungen der Alten gegen uns Ferenji konnte man foermlich im Nacken spueren…

Nicht nur die Nonne, sondern auch zahlreiche andere Glaubensbrueder und-schwestern zeigten uns, dass die Fahrt in Richtung eines heiligen Ortes weiterging. Von den noch eher urban wirkenden Leuten vom Beginn der Fahrt verschwanden immer mehr, und im Laufe der Fahrt fanden wir uns in einem Bus wieder, der vollgestopft war mit Pilgern. Fast alle waren uralt und sahen extrem ausgezerrt aus. Sehr arme Leute, eingewickelt in dreckige Lumpen, fast wie die Aussaetzigen im Film “Ben Hur”. Man sah auch, dass es den wenigen moderneren Menschen nicht passte, was fuer ein Voelkchen da den Bus eingenommen hatte. Die Alten schienen, als wuerden sie mit letzter Kraft einen letzten Weg an einen heiligen Ort antreten. Spindelduerre Glieder, ausgezerrte doerrpflaumenartige Gesichter. Wir hatten aber Respekt, immerhin wissen wir, wieviel diese Menschen im Lauf der Jahrzehnte alles durchgemacht haben. Die schweren Hungerskatastrofen der 70er und 80er, die Unterdrueckung durch die Kommunisten, Krieg und Elend…unvorstellbar! Und dennoch erwidern sie unser Laecheln, waehrend wir es nicht lassen koennen, unsere Kameras rauszuholen und die atemberaubende Gebirgslandschaft auf Speicherkarte zu bannen.

Irgendwann nach 650 km und ca 28 Stunden Fahrt (die Durchschnittsgeschwindigeit kann sich jeder selber ausrechnen) in 2 Tagen waren wir aber froh, dass wir in Lalibela ankamen. Die Fahrt war das extremste und entbehrungsreichste bisher, hart und erschoepfend. Ausgehungert und muede stiegen wir aus…”so wie es sich fuer Pilger gehoert”, dachten und fuehlten wir. Anders als die anderen Pilger, die sich ihr Lager irgendwo im Freien aufbauten, sind wir in ein Hotel gegangen. Diesmal sollte es nicht die unterste Kategorie sein, da Heilig Abend war und wir keine Lust auf ein Krippenspiel hatten. Wir fanden was adaequates, das Feeling von Bethlehems Stall blieb uns aber doch nicht erspart, weil im ganzen Ort und so auch im Hotel kein Wasser war. Also gingen wir in unseren stinkenden Klamotten zum Weihnachtsmale. Dieses war ordentlich, wir assen bei Kerzenschein und Lagerfeuer auf einer grosszuegigen Terrasse. Ein wuerdiger Rahmen. Wir liessen unsere Gedanken und liebevollen Gefuehle heim zu unseren Lieben schweifen und stellten uns vor wie diese ganz nach Tradition feiern wuerden. Fuer uns war es ein schoener Abend und wir gingen zufrieden aber verdreckt ins Bett, voller Erwartung auf das, was wir in den naechsten Tagen an diesem Ort zu sehen bekommen wuerden. Frohe Weihnachten!

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Lebensgefahr

Wir haben ja schon von anderen Leuten gehoert, dass einem die Hyaenen ganz schoen Angst einjagen koennen, schliesslich sind sie ja auch nicht ganz ungefaehrlich und sehen grimmig aus. Aber es haben ja auch schon tausende von Besuchern das Hyaenenschauen in Harar ueberlebt, also warum wir nicht auch.

Wir sind also raus aus der Stadtmauer zu einem der beiden Hyaenenplaetze, wo alte Hyaenenmaenner die Tiere nach Sonnenuntergang jeden Tag rufen und dann fuettern.

Wir kommen zu dem Platz , an dem auch ein riesiger alter Baum steht, darunter ein Grab eines alten Muslimgelehrten. Der Platz ist schon hell beleuchtet von einem Touristenauto, das ist gut fuer die Sicht, sagt man uns – eh klar. Ausserdem hoertman seltsame Rufe, mit denen ein Typ die Hyaenen lockt. Diese hoert man auch schon jaulen. Und man sieht auch schon ein paar der buckligen Kerlchen herumrennen. Ein wenig grimmig schauen sie schon aus in der Dunkelheit, aber Angst bekommt man nicht wirklich. Ausserdem steht im Hintergrund ganz diskret einer mit seiner AK47-Automat Kalaschnikoff. Kein Problem also.

Eine Tourigruppe ist auch da, leider Deutsche, die dauernd den Suppenschlitz offen haben, und das Hyaenen-Spektakel kaum beachten, da sie so sehr mit ihrer eigenen Weisheit und deren Weitergabe beschaeftigt sind-typisch!  😉

Wir gehen aber gleich zum Hyaenenfuetterer hin, der den Kerlchen mal mit der Hand , mal mit dem Mund Fleischfetzen reicht. Die Hyaenen sind recht sanft bei der Nahrungsuebernahme und man hat das Gefuehl, dass sie mehr Angst vor uns als wir vor ihnen haben. Dennoch ein eigenes Gefuehl, so einem Viech direkt ins Gesicht zu schauen. Waehrend die anderen Ferenji sich ziemlich auf Distanz halten und wohl auch ein wenig Angst haben, gehen wir in medias res und fuettern die Hyaenen auch ein wenig, aber nur mit der Hand. Eine ganz nette Erahrung. Als der Hyaenenmeister heimgeht, laesst er noch einen Haufen mit Knochen zurueck, auf den sich die Viecher dann in der Dunkelheit stuerzen. Wir bleiben alleine zurueck und schauen uns das an, das Krachen der Knochen zwischen den Kiefern ist recht beeindruckend. Zufrieden gehen wir wieder heim, frueh ins Bett, weil es am naechsten Morgen um 400 Uhr losgehen soll, zurueck nach Addis.

Der aufmerksame Leser wird sich jett wohl fragen, wie es zum Titel dieses Artikels gekommen ist…die Hyaenen koennen es ja nicht gewesen sein, auch wenn die Erwartung in diese Richtung ging.

Nein, die Todesgefahr ging wieder einmal von der “Bestie Mensch” aus, und zwar folgendermassen:

Um 4 Uhr hat uns der Minibus vereinbarungsgemaess beim Hotel abgeholt. Ich hab wieder herumgeraunzt und dieses Mal den begehrten Beifahrersitz ganz vorne mit Arschheizung direkt vom Motor (der ist beim Hiace unter dem Sitz) bekommen. Nicht schlecht…der Fahrer hat auch einen erfahrenen und vernuenftigen Eindruck gemacht-Tiptop. Wir sind noch eine Stunde durch Harar gefahren, bis alle an Bord waren, neben mir am Mittelsitz hat noch ein junger, aber stoisch und weise wirkender Muslim Platz genommen. Am Ende unserer Stadtrunde kam es dann aber zu einem Fahrerwechsel, und ans Steuer setzte sich ein junges Buerschchen, ca. 20 Jahre alt, voll aufgedreht mit feixend lauter, sich ueberschlagender Stimme herumschreiend. Die Leute aus Harar sind ohnehin als etwas verrueckt verschrien und werden von den uebrigen Aethiopiern dafuer geliebt und gleichzeitig auch gehasst. Schonmal vorausgeschickt, unser Chauffeur war ein besonderes Exemplar, das wurde schon klar, als er die ersten hundert Meter durch die Stadt mit Vollgas durch die bereits im Morgengrauen sehr belebten Stassen gedonnert ist, dass die Menschen nur so auf die Seite gespritzt sind.

Schnell noch ein paar Zicklein (natuerlich lebende, die Ware soll ja frisch ankommen) auf den Dachtraeger gezurrt, und los ging die Fahrt. Die sehr faszinierende und gebirgige Landschaft zog recht rasant an uns vorbei, der Hiace war einer mit guter Motorisierung, und die Tachonadel war bald jenseits wahnsinniger 130. Der “Fahrer” schimpfte vorlaut ueber die Fussgaenger, fuchtelte wild teilweise mit beiden Haenden herum und schaute sich die Gegend an, waehrend ich meinen Blick kaum mehr von der Strasse wenden konnte, besonders in den vielen Linkskurven, die wir auf englische aber nicht ortsuebliche Art auf der linken Fahrspur genommen haben. Auch meinem Sitznachbar war die Angst ins Gesicht geschrieben, auch wenn der Verkehr um diese Zeit noch nicht so belebt war und kaum Autos entgegenkamen. Dem Chauffeur machte das Spiel mit der Gefahr einen irren Spass, auf den Geraden errechte die Tachonadel teilweise 170 kmh, etwas zuviel meines Glaubens, aber 150 sind wir bestimmt geblaettert. Der Nane hat hinten gepennt und von dem Wahnsinn wenig mitbekommen. Wer mich und meine Unfallstatistik der letzten Jahre kennt, weiss, dass ich auch gerne aufs Gas steige. Aber das, was ich da erlebt habe, war auch mir zuviel.

Irgendwann kamen wir aus der Gebirgslandschaft ins Flachland und ich freute mich, dass das wohl der Sicherheit auf dem Rest der Strecke zutraeglich sein wuerde. Zeit auch fuer eine Fruehstueckspause. Wir blieben in einem kleinen Kaff stehen, der Fahrer und seine Spiessgesellen (wie ich herausfand auch Fahrer von Minibussen, mit denen wir im Wettstreit um die erste Ankunft in Addis waren) frassen rohes Fleisch, waehrend Nane und ich zusahen, wie ein riesiger, uralter Ziegenbock (ein vierbeiniger) von Tisch zu Tisch ging und sich halbvolle Colaflaschen mit dem Maul schnappte und den Inhalt in seine Kehle rinnen liess- zum Gaudium der ganzen Leute rundherum. Foto folgt.

Der Fahrer hat sich noch ordentlich mit Chat eingedeckt und weiter ging die Fahrt. Er hat sich noch bei mir erkundigt, ob wir mit der Fahrerei eh zyfrieden seien, ich hab nur JaJa gesagt und gehofft, dass es jetzt besser werden wuerde. Doch habe ich die Rechnung nicht mit dem Chat gemacht.

Der Bursche hat sich Zweig um Zweig abgeklaubt und die Blaetter ins Maul gesteckt, die Wirkung blieb nicht aus. Der Verkehr hat zugenommen, der Uebermut und die Risikofreudigkeit des Fahrers auch. Ein wahnsinniger Typ, vollkommen ueberdreht und irre, der jeden normalen Menschen das Fuerchten lehrt, so auch mich. Wohl der Typ des jungen, komplett angstlosen, draufgaengerischen Afrikaners, der ueber viele Jahrzehnte von Diktatoren und Warlords gerne missbraucht und manipuliert wurde und ohne Angst fuer Kost und ein Dach ueber den Kopf in hoffnungslose Missionen vor die gegnerischen Gewehrlaeufe gelaufen ist.

Nur ein kleiner Exkurs: ein aethiopischer Jungsoldat bekommt 200 Birr (15 Euro) im Monat und weiss bei der Rekrutierung schon, dass er wohl durch eine Kugel verrecken wird. Auch die jetztige Regierung ist imer um Scharmuetzel bemueht, damit die Armee beschaeftigt bleibt und keine Putschplaene schmiedet…

Waehrend der Nane sich wieder ein Schlaefchen gegoennt hat, wie auch die anderen auf den billigen Plaetzen, hab ich den Wahnsinn “erste Reihe-fussfrei” serviert bekommen. Viel Knautschzone hat so ein Hiace ja nicht und einen Unfall durfte man sich nicht einmalausmalen. Die schnell vorbeiziehende Landschaft war grossartig und abwechslungsreich, viele Rinder- und  Kamelherden, bunte Menschen verschiedener Staemme, einzigartige Vegetation und Landschaftsformen…ab und zu ein ausgebranntes Minibuswrack (kein Schmaeh) und hundertfach ueberfahrene Tierkadaver, auch Hyaenen.

Wir sind dahingeblaettert, was geht, der Fahrer ist immer lauter geworden und hat sich ueber die hunderten Leute am Strassenrand und in den entgegenkommenden Autos abgehauen und/oder aufgeregt, die ihm alle den Vogel und/oder den Mittelfinger gezeigt haben. Klare Signale, dass diese Fahrweise auch hier nicht ueblich ist. Ganz im Ernst, wir haben sicher ein paarhundert Autos mit vollem Risiko und Karacho ueberholt, der Gegenverkehr wurde schlichtweg zum Bremsen oder Ausweichen auf das Bankett gezwungen, waehrend wir im umgekehrten Fall keinen Millimeter ausgewichen sind. 

Ich hab sehr viel zum Nachdenken gehabt auf dieser Fahrt. Einerseits darueber, was wohl in diesem jungen, vollkommen fehlgelenkten Menschen vorgehen mag. Andererseits bin ich in einen intensiven Dialog mit Bruder Tod gegangen, den ich um Schutz auf dieser Fahrt gebeten habe. Irgendwann habe ich mich dann entspannt und die Sache mit viel Humor und Gottvertrauen voruebergehen lassen. Aethiopien ist ja nach Jamaica und Indien das Land mit der hoechsten Sterberate im Strassenverkehr weltweit. Jamaica habe ich schon ueberlebt, obwohl dort die Mordrate auch noch dazukommt, also dachte ich mir, dass ich wohl auch aus Aethiopien wieder heil rauskommen werde. Fuer den schlafenden Nane hatte ich natuerlich mitgebetet.

In Addis sind wir schliesslich nach 10 Stunden Wahnsinn eingefahren wie typische Landeier aus Harar, ein paar Ziegen am Dach, den Mund voll Chat (der Fahrer, wir nicht, das Zeug schmeckt ja eklig) und eine Gefahr fuer den eigentlich recht gesitteten Stadtverkehr. Ein Umkehrmanoever auf der vollbelebten 4spurigen Stadtautobahn hat uns knapp vor dem Ziel noch fast einen Unfall und hunderte in die Hoehe gestreckte Mittelfinger eingebracht, dann stiegen wir erleichtert aus. Ueberstanden. Dem Fahrer noch schnell alles gute fuer die Zukunft gewuenscht und dann ins Hotel, duschen, essen, pennen. Beim Einschlafen noch den Schutzengeln gedankt und gelobt, dass man in Zukunft mit den langsamen , grossen Bussen weiterreisen werde. Amen!

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Harar

Sind am Donnerstag Abend Richtung Harar aufgebrochen, der alten ehrwuerdigen Muslimstadt im Osten von Aethiopien, schon nahe bei Djibouti und Somalia.

Wir haben uns entschieden, mit dem Minibus (das sind wie ueberall in der Welt die Toyota Hiace) zu fahren, und zwar ueber Nacht. Das hat man uns empfohlen, weil es komfortabel, schneller und in der Nacht kuehler sein sollte. Warum also nicht? Das einzige , was uns weniger getaugt hat, war die Aussicht, um 4 in der Frueh in einer fremden Stadt anzukommen…

Wir wurden um 7 Abends vom Hotel abgeholt und sind dann erst einmal 3 Stunden in addis herumgefahren, bis alle Passagiere an Bord waren. Ich hatte mir gleich einen Platz in der ersten Reihe erbettelt, da ist mehr Platz als zwischen den Reihen und ich sei ja so gross. Der Nane wurde ganz hinten mit 3 anderen eingepfercht und hat ein etwas laengeres Gesicht gehabt als ich-vorerst. Was ich naemlich nicht beruecksichtigt habe, war, dass in der ersten Reihe noch andere Leute landen wuerden, die als “big” eingestuft werden, und big heisst hier fett.

Die Tuer geht wieder auf und es schaut ein Kopftuch mit 2 dicken Augenglaesern bei der Tuer herein, eine sehr beleibte Frau, die sich gleich ohne Ruecksicht auf Verluste foermlich auf mich draufwuchtet, als ob sie mir klarmachen wollte, dass dort, wo sie herkommt, das starke Geschlecht nicht meines ist. Die Frau ist auf mir draufgepickt , wie ich es sonst nur beim Nane zulasse. Mangels jeglicher Koerperspannung hat sie sich frei in den Kurven hin und herwogen lassen, sodass mir in jeder Rechtskurve der Atem geraubt wurde. Und bei jeder Bodenwelle hat sich ihr Arsch weitere wertvolle Millimeter erkaempft, waehrend mein durchgesessenes Hinterteil voll am Rueckzug war. Ich bin dann gottseidank eingeschlafen und erst aufgewacht, weil mir voll heiss war. Hat sich doch ihr massiver Oberarm wie eine maechtige Heizdecke ueber mich geschoben, sodass nicht nur ihre Abwaerme sondern auch Feuchtigkeit und Geruch durch meine und ihre Kleidungsschichten bis an meine Haut drangen. Der Geruch war das haerteste, was ich bisher erlebt habe. Ich hab mir meinen Schal um die Nase gebunden, ds ging dann irgendwie. Trotzdem musste ich die restlichen 5 Stunden an alles Moegliche denken, was in der Hitparade der schlechten Gerueche vorne mitgeigt. Ein hundert Jahr alter Ziegenbock…das Mausoleum vom Oetzi nach 3 Wochen Kuehlungsausfall…vergorene Stutenmilch in der Wueste Gobi…

Irgendwann war aber auch das ueberstanden und wir fuhren nach Harar ein. Draussen war es noch finster, und da lief doch glatt eine riesige Hyaene neben dem Bus her. Harar ist auch dafuer beruehmt, dass dort die Hyaenen jede Nacht in die Stadt kommen, wo sie auch von eigenen Hyaenenmaennern gefuettert werden. Tradition und auch fuer Touristen eine Attraktion, es soll eine besondere Mutprobe sein, den Hyaenen einen Fleischfetzen in die Fresse zu schieben. Natuerlich wollten wir uns das nicht entgehenlassen.

Wir wurden um 4 Uhr frueh aus dem Bus geschmissen, keine Ahnung wo. Gottseidank, als sei es so gedacht, war im Finsteren ein Schild mit der Aufschrift Hotel zu sehen und ein Nachtwaerter machte uns auf. Drinnen empfing uns ein fertiger Typ, der voll auf Chat war (der aufputschenden Nationaldroge, die in Harar besonders gut sein soll) und wohl seit Tagen nicht geschlafen hat. Er steckt uns in ein finsteres Drecksloch, wo wir gleich vor Erschoepfung einschlafen. Draussen heulen die Hyaenen.

Als wir in der Frueh den Saustall sehen, wo wir uebernachtet haben, sind wir gleich Leine gezogen. Der Typ verflucht uns noch mit allem, was ihm einfaellt, weil wir beschliessen zu gehen. Gleich ein wenig weiter, an der historischen Stadtmauer finden wir ein nettes Zimmer.

Dannach gehen wir in die Altstadt. Harar war einmal ein wichtiges Kultur-und Handeszentrum. Einiges weist auf den einstigen Reichtum hin. Gepflasterte Strassen, richtige Haeuser, weiss getuenchte Waende. Aber es ist alles sehr heruntergekommen, ueberall liegen reihenweise die Leute hungernd im Rinnsal, viele Krueppeln, Alte und Kinder schlafen auf der Strasse und haben nichts, als einen zerissenen Stoffetzen, der sie tagsueber vor der Sonne und in der Nacht vor der Kaelte schuetzt.

Dennoch hat die Stadt ihren Reiz. Innerhalb der Stadtmauer gibt es unzaehlige enge Gaesschen , wo man sehr laessig herumstrawanzen kann und immer wieder was entdeckt. Die Leute sind extrem freundlich und nett. Die Haeuschen und Innenhoefe fuer aethiopische Verhaeltnisse recht lieblich. In den Hoefen findet man Graeber von weisen Muslimen vergangener Jahrhunderte, Kamele, Ziegen oder einfach nur ein paar nette Menschen, die freundlich herauswinken.

Nach einem Tag herum wandern ist uns aber auch klar, dass wir die Stadt ausreichend erlebt und gefuehlt haben und wir beschliessen, am naechsten Tag wieder nach Addis zu fahren. Wieder mit dem Minibus, diesmal aber tagsueber, damit wir was vom Land sehen. Also kaufen wir ein Ticket.

Ahja, etwas wichtiges fehlt noch und soll nach Sonnenuntergang in Erfahrung gebracht werden: unsere Begegnung mit den Hyaenen…

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Auf nach Harar

So, die letzten tage sind wir hier in Addis abgehangen, wei wir die Visa-Geschichten fuer Sudan und Aegypten erledigen wolten. Das Aegyptenvisa brauchten wir dabei nur als Voraussetzung fuer das Transitvisa fuer den Sudan. Die sind naemlich nix heiss auf uns und wollen sehen , dass wir wieder bald ausreisen.

Es kam aber wieder mal anders. Die Aegypter haben uns von Tag zu Tag hingehalten und verarscht, und als wir gestern am Nachmittag wieder vertroestet worden sind, haben wir beschlossen, dass die sich ihr Visum sonst wo hinpicken koennen und wir auf die Durchreise durch den Sudan verzichten. Wer weiss, wie lange wir noch auf dei beiden Visa warten haetten muessen, und wir haben ja viel anderes vor als nur in Addis rumzusitzen, Kaffee zu schluerfen, uns an der Praesenz der vielen superfeschen Frauen zu erfreuen (als Gott die Schoenheit verteilt hat, muessen die Aethiopierinnen sehr laut “hier!” gerufen haben…) und jeden Tag 2mal umsonst zur Botschaft zu walzeln.

Also haben wir uns in einer 3stuendigen Prozedur einen Flug via Internet gebucht, das ganze haette daheim genau 5 Minuten gedauert. Am 22. Jaenner werden wir von Addis nach Kairo fliegen und uns den Sudan von oben anschauen. Ein bissl schade ist es schon, weil wir ja den Nil entlang reisen wollten und der Sudan ueberaus schoen und die Leute die freundlichsten der Welt sein sollen, wenn man erst am Grenzposten vorbei ist. Aber wer weiss, wozu es gut ist. Unsere Muetter sind bestimmt froh, wenn wir ueber diesen beruechtigten “Schurkenstaat” nur drueberfliegen, wo sich Kidnapper, Piraten und anderes Gesindel um die “Achse des Boesen” drehen… 😉

Jetzt kommen wir wenigstens weiter und fahren heute mit einem Nachtbus nach Harar, ganz im Osten von Aethiopien, nahe bei Djibouti. Harar ist die 4t wichtigste Stadt der Muslime nach Mekka, Medina und Jerusalem (danke Ganse fuer die Info) und soll wohl ein ganz spezielles Flair haben.In Aethiopien sind ca. 30 Prozent der Bevoelkerung Muslime, die gibt es hier schon ganz lange und es ist ein sehr friedliches Zusammenleben mit den orthodoxen Christen. Mohammed selber soll ja Aethiopien auch sehr geschaetzt und ausgesprochen haben, dass das Land vom DJihad verschont bleiben sollte. Beim Barte des Propheten…

Wir werden in Harar so 2-3 Tage verbringen und uns das wichtigste anschauen; dann nach Addis zurueckkehren. Rechtzeitig zu Weihnachten wollen wir von Addis weg sein und gen Norden ziehen, genaugesagt nach Lalibela, dem aethiopischen Jerusalem, wo die beruehmten Felsenkirchen stehen.

So, das waer das neueste.

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