Lalibela, die Floehe und der Fels

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Nach kurzem Aufenthalt in der “Neuen Blume” Aethiopiens, in Addis Ababa, ging es nun endlich in den Norden zu den historischen Plaetzen des Landes, beginnend im sogenannten “zweiten Jerusalem” namens Lalibela.

Voller Vorfreude fuhren wir in die Stadt, die nach dem Heiligen und Koenig Lalibela benannt wurde, da ja auch unser europaeisches Weihnachten anstand. Ein wenig entaeuscht, Warmwasser zum Duschen – war nicht, Strom, um die Nacht zum Tag zu machen – war nicht, feierten wir also bei Lagerfeuer- und Kerzenschein ein zweisames Niederkunftsfest fuer den Heiland. Eh, schoen, wenn man bedenkt, dass die Hinfahrt vom Auswurf des halbverdauten Essens im Bus begleitet war.

Die Kirchen in Lalibela sind die ganzen Strapazen wert. Ins roetliche, weiche Tuffgestein wurden hier die Haeuser fuers Allerheiligste in den Fels getrieben. Monolithische Kirchen also, die vom Dach beginnend und bis zu den Eingangstreppen am unteren Ende von vieler Haende Arbeit aus dem Gestein herausgemeiselt wurden. Es schaut so fantastisch und ja fast irre aus, dass die Legende besagt, dass dies niemals von Menschen alleine bewaeltigt werden konnte. Nein, in der Nacht haben die Engel selbst ihr weisses Gewand abgelegt und so die doppelte Arbeitsleistung im Vergleich mit dem ach so schwachen Menschlein hingelegt. So konnten diese Felskirchen also schlussendlich in all ihrer Groesse dastehen und unserer Bewunderung ausgesetzt werden.

Auch meint man beim Betreten der groesseren freistehenden Kirchen, dass ein Chor von einhundert Millionen Engeln ihr Werk noch immer preist und besingt. Vielleicht ein wenig selbstgfaellig, aber durchaus angebracht.

Verbunden sind die einzelnen Kirchen durch ein System von Tunneln und Schaechten, da sie bis zu 20 m in den Fels eingelassen wurden und man von der Oberkante der Felsmassive nur eben das Dach sehen kann. Mir am besten gefallen, haben die Kirche Bete Maryam der ersten Gruppe, die Kirche Bete Gabriel-Raphael der zweiten Gruppe und die alleinstehende Kirche Bete Gyorgis.

Die Bete Maryam ist durch einen Tunnel erreichbar und es eroeffnet sich beim Heraustreten eine mit drei Eingaengen bestueckte freistehende Felskirche. In den Nischen im umgebenen stehengebliebenen Fels sind winzige Nischen herausgearbeitet worden, in denen Moenche beten, ihre Gedanken zentrieren und ihre Tage verbringen. Frueher blieben die Nischenbewohner bis nach ihrem Tod dort und ihre Gebeine bildeten ein Zeugnis wahren Glaubens fuer die anderen aethiopisch-orthodoxen Christen. Leider haben wir bei unseren Erkundungstouren durch die verwinkelten Gaenge vor einer Nische, die mit einer von Aussen versperrten Holztuer abgeriegelt wurde, ein lautes, fast unanstaendiges Wort fallen lassen. Sogleich hoerten wir aus der finsteren Einsiedelei-Nische ein mahnendes Zischen. Man kann nur hoffen, dass unserswegens nicht das Schweigegeluebte gebrochen wurde. Gott sei gnaedig mit uns armen Suendern.

In der Bete Gabriel-Raphael hatten wir das Glueck, bei einer Messe mitdabeizusein. Die Kirchen sind in Aethipien immer dreigeteilt, wobei der Bereich des Allerheiligsten nur von Priestern betreten werden darf. Die anderen Bereiche sind frei zugaenglich, also auch fuer uns. Zuerst wurden, von in weissen Stoff gehuellten Maennern, alte Kirchenlieder angestimmt, die rythmisch von Trommeln und Sistrum begleitet wurden. Dies ging so eine Stunde oder mehr, bis einer der hohen Geistlichkeit mit dem Weihrauchschwenker die gesamte Kirche duftmaessig reinigte. Dann folgte der Umzug der anderen, in goldbestickten Gewaendern gehuellten, Priestern, wobei diese einen Schirm ueber sich hielten, um den Himmel zu symbolisieren. Die ganze Kirche wurde mehrmals durchschritten, vor dem Eingang zum Allerheiligsten wurde dreimal der Weihrauchbehaelter geschwenkt und alle verbeugten sich erfurchtsvoll zum Klang einer von Engeln gestossenen Posaune.

Bete Gyorgis, nach dem Namensheiligen meines Reisekollegen Joerg benannte Kirche, liegt etwas abseits der anderen Gruppen, ist aber nicht weniger aufregend. Das Dach hat die Form eines gleichseitigen griechischen Kreuzes (Joerg meinte, dies sei ein Maya-Kreuz) und das Gebaeude ist vollstaendig aus dem Fels geloest. Zuerst ist nur dieses Dach erkennbar, steht man aber direkt vor dem ausgeschachteten Felsen, geht es 20 m nach unten bis zum Podest der Kirche. Der, die Kirche bildende, stehengebliebene Felsrest ist mit gelben, im Sonnelicht golden leuchtenden Flechten bewachsen, die mit dem roten Tuffgestein ein herrlich Bild ergeben. Steht man am unteren Ende und blickt gegen Himmel, sieht man nur die Kirche umgeben von einen engen Kranz Himmels, da die Kirche ja vom Fels umgeben ist. Dies wirkt wie ein blauer Heiligenschein fuer ein goldig-rotes Felsenkreuz.

Was von den Endeln aber nicht beachtet wurde, ist die Nachlaessigkeit der Menschen. Die Kirchen sind mit roten Teppichen ausgeleget, die anscheinend nur sehr selten die Kirche zwecks Reinigung verlassen. So war es auch nicht verwunderlich, dass wir noch am Tag des Kirchenbesuches, wie wild zu Kratzen anfingen. Die springlebendigen Floehe, berauscht vom vielen Weihrauch in der Kirche, machten uns auch die Zeit danach noch schwer. Die blutleckenden Biester wurden wir erst in der naechstgroesseren Stadt Mekele los, nachdem unser Gewand einer Generalreinigung unterzogen wurde.

Also Dank den Engeln fuer die Errichtung der Felskirchen und Dank an die Kraft von Seife und warmen Wasser.

Die Lehre von Mekele

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Vorab, wir sind vom Trekking gut und zufrieden zurueck. Davor haben wir aber auch noch gute Tage verbracht , diese schreibe ich dieser Tage zusammen.

Von Lalibela sind wir ja hoechst zufrieden abgereist. Mit dem Bus ging es wieder um 4 Uhr frueh los, ich hab mir wieder den Sitz hinter der Windschutzscheibe gesichert. Ziel war Mekele, ungefaehr 500 km und Myriaden von Schlagloechern weiter noerdlich. Bald hat sich noch ein Typ zwischen mich und den Fahrer gedraengt, seinen Hintern am Motor gewaermt und ein fremdes Kind auf den Schoss genommen, wie es hier bei den lieben Menschen ueblich ist. Der Fahrer war erfahren und nicht weniger lustig, hat dauernd einen guten Schmaeh rennen gehabt. Die Strasse war sehr schleissig, und so war ich auf der Hut wegen dem kleinen Buben neben mir. Wie das Amen im Gebet kam das Gewoelle zutage, ich war aber der einzige, der darauf eingestellt war. Die Hose meines Sitznachbarn war voll, auch sein Rucksack. Ich bin gut davongekommen und habe nur gelassen meine  Klopapierrolle zur Bereinigung der Sauerei hergegeben. Das angekotzte Kind wurde wieder seinen Eltern uebergeben und ich konnte friedlich einschlummern. Aufgewacht bin ich dann, weil sich ein weiterer Kerl in unsere Reihe gedraengt hat und richtig auf mir drauflag, zusammen mit der Abwaerme des Motors ergab das ungefaehr 15 Grad zuviel und eine echte Beklemmung fuer die restliche Fahrt.

Irgendwann gegen Mittag kamen wir in Woldia an. Von dort geht eigentlich am selben Tag kein Bus weiter nach Mekele, das noch 300 km weiter ist. Woldia ist aber grauslich und so haben wir mit Hilfe der oertlichen Hustler eine Mitfahrgelegenheit gecheckt. Mit 2 raeudigen, chatkauenden Typen, die den bequem von Stadt zu Stadt fliegenden Touristen mit dem leeren Landcruiser nachfahren, ging die Reise weiter. Die Typen wurden mit der Zeit netter, platte Reifen wurden gewechselt, die Landschaft war wieder mal einzigartig , und nach weiteren 8 Stunden kamen wir bei voelliger Dunkelheit in Mekele an. Wieder mal 16 Stunden “on the road”, und auf was fuer einer Road…schon irre, wenn man bedenkt , wie bequem man daheim bezueglich Rumfahren ist und sich an den kurzen Wochenenden sogar oft vor einer dreistuendigen Autofahrt von Wien nach Kaernten scheut, obwohl daheim die Waerme des Elternhaues und kulinarische Koestlichkeiten locken, im Auto die Wunschmusik laeuft und die Strassen perfekt sind…hm, auch das mag sich durch diese Reise aendern…

Jedenfalls kamen wir in Mekele an. Eine auffallend moderne Stadt mit ca 150000 Einwohnern, Geburtsstadt des Praesidenten und angeblich deshalb privilegiert. Hauptstadt der Provinz Tigray, die beruehmt ist fuer tolle Landschaften und 100e Felsenkirchen und leider auch am meisten betroffen von den grossen Hungerkatastrofen war. Die Felsenkirchen wollten wir besuchen, auch wenn unser Zeitplan knapp werden wuerde. Erstmals gingen wir aber muede und dreckig schlafen, weil es wieder mal kein Wasser gab.

Am naechsten Tag machten wir uns auf die Suche nach einer Moeglichkeitzum Besuch der Felsenkirchen, die ein wahres Highlight und sehr sehenswert sein muessen. Aus dem Fuehrer wussten wir, dass man dazu einen Jeep mieten muesste und einen Fuehrer braeuchte, damit an einem Tag etwa 3-4 der hunderten oft spektakulaer gelegenen Kirchen besucht werden koennten. Es gibt aber wenig Touristen, die das machen und in Mekele halt machen. Wir trafen auch keine “Ferenjis” als moegliche Mitfahrer. Ausserdem scheint es den Menschen in Mekele relativ gut zu gehen, man wird nicht angebettelt oder gefragt, was man tun wollte. Das ist einerseits erholsam und angenehm, andererseits gibt es aber auch keine Touranbieter oder Reiebueros, die einem weiterhelfen, und die Abwesenheit der sonst im Land ueberall allgegenwaertigen Hustler (Typen, die einen anquatschen und alles vermitteln koennen, was das Herz , der Magen und alle anderen Koerperregionen begehren) macht sich bemerkbar, indem man irgendwann nicht mehr weiss, wen man um Rat fragen koennte. Nach einem Tag Rennerei und Fragerei sind wir dann bei der lokalen Tourismusbehoerde, die irgendwo versteckt ist, gelandet. Die Leute dort waren sehr hilfs- oder sagen wir auskunftsbereit, haben uns einen kleinen Fuehrer geschenkt und gesagt, wie wir zu den Kirchen kommen koennen. Das war aber wahrlich schwierig. Erst muesste man mit dem Bus in ein Kaff fahren, dann das dortige Buero aufsuchen, einen Fuehrer und Jeep mieten, und dann braeuchte man 2 Tage Zeit und einiges an Knete. Einer der naechsten Tage war aber unguenstig, weil da die Moenche zum Markt gehen und die Kirchen nicht aufsperren koennen. Und nach all dem muss man wieder einen Tag einplanen, um nach Mekele zurueckzukommen. Es sei denn, man mietet von Mekele aus einen Jeep, was aber astronomisch teuer ist. Nachdem wir diese Moeglichkeit und unseren Zeitplan fuer die naechsten Wochen gecheckt haben, fanden wir uns in komplexen Planungen und Gedankengaengen verloren in unserem Hotel wieder, fast verrueckt um eine Moeglichkeit zum Besuch der Kirchen ringend.

Irgendwann nach langem Kampf und knapp vor dem Durchdrehen und der Erschoepfung kam sie uns dann, die wichtige Lehre von Mekele…

Raus aus dem Aktionismus und der verrueckten Idee, die einem die Reisefuehrer einpflanzen, dass man alles gesehen haben muss, damit man ueberhaupt sagen kann, man war in Aethiopien. Wen jucken denn ein paar Kirchen…auch wenn sie noch so spektakulaer sind, sollten wir uns deshalb nicht verrueckt machen, wenn der Besuch sich einfach nicht ergeben will. Wir streckten die Waffen, ergaben uns und verabschiedeten uns von dem etwas erzwingen Wollen. Das Signal war klar und ist angekommen. Es ist zwar gut fuer Dinge zu kaempfen, aber es gibt auch ein zuviel, diese gilt es zu erkennen, da es im Persoenlichen aber auch im Grossen oft zu nichts Gutem fuehrt. Wahrlich erloest von unserer fixen Idee lenten wir uns zurueck und gelobten, die Dinge ab sofort lockerer zu nehmen, um im Laufe unserer Reise nicht durchzudrehen und dem unter Reisenden so ueblichen Aktionismus zu verfallen. Schliesslich sind wir monatelang unterwegs und muessen mit unserer Kraft haushalten. Und wir wissen und vertrauen auch darauf, dass wir noch immer zur richtigen Zeit an den richtigen Ort gefuehrt wurden und werden. Die wichtigen Erfahrungen und Begegnungen ergeben sich auch nur selten vor der spektakulaersten Kulisse, das wissen wir auch. Nur muss man es halt auch so leben. In der Ruhe liegt die Kraft. Das Gefuehl, irgendwas versaeumen zu koennen, war weg und damit kam wieder die Freude ueber alles, was wir ja schon erfahren durften.

Freudig ueber unsere Erkenntnis und ganz entspannt gingen wir was Gutes essen, begegneten den Menschen und beschlossen, noch einen Tag in Mekele zu entspannen, bevor die Reise nach Axum weitergehen sollte. Ein weiteres Highlight von Aethiopien, das am Weg durch den Norden liegt und leicht zu erreichen ist.

Der naechte Tag war sehr angenehm. Wir entspannten, gingen lange Kaffee trinken etc. Ausserdem liessen wir die Waesche waschen, in der Hoffnung, das etwaige darin festgekrallte Floehe im Seifenwasser ersaufen wuerden. Noch ein Ticket fuer die bevorstehende eintaegige Busreise gekauft und dann frueh schlafen gegangen…sehr zufrieden und dankbar fuer das Geschenk der Lehre von Mekele. In Bolivien vor 3 Monaten musste ich ja noch krank werden, um die Ruhe zuzulassen, hier ging es einfacher vonstatten. Gut so!

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Weihnachten in Lalibela

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Nach einer wahrlich Stillen Nacht sind wir gut erholt aber erst sehr spaet zu uns gekommen.

Als Einstieg fuer den ersten Tag haben wir beschossen, zu einem nahe der Ortschaft gelegenen Kirchlein zu gehen, um uns erst einmal einen Ueberblick von oben und etwas Ruhe zu goennen, bevor wir in den naechsten Tagen zur eigentlichen Attraktion des Ortes, den Felsenkirchen, gehen wuerden.

Zuerst gingen wir mal auf die Strasse hinaus, um bei Tageslicht festzustellen, wo wir da gelandet sind. Lalibela ist zwar DIE Touristenattraktion des Landes, aber der Ort sieht ueberhaupt nicht so aus. Extrem abgelegen und nur ueber eine staubige Schotterpiste zu erreichen, liegt der Ort auf ueber 2600 Meter Hoehe. Ca 8000 Menschen leben hier, der Ort ist ein kleines Schulzentrum fuer die umliegende Gegend. Die meisten Touris fliegen hierher, weil die Anfahrt viel zu anstrengend und lang ist wie wir festgestellt haben. Im Ort gibt es nicht viel Nettes, ausser den Menschen selbst. Kein richtiges Kaffe, kein gscheites Restaurant, nur ein paar verstaubte Buden und sehr mittelmaessige Hotels. Viele Pilger und Bettler praegen das Strassenbild. Touristen sieht man auf der Strasse bis auf 2-3 Individualreisende ueberhaupt keine, dadurch bekommen wir viel Aufmerksamkeit von den Einheimischen, fast zuviel.

Wir haben gleich nach dem Aufstehen noch das Hotel gewechselt, weil in der Frueh immer noch kein Wasser da war und die Typen von der Rezeption sich nichts geschert haben. Das andere Quartier war zwar lumpiger, dafuer gab es Wasser.

Ruhebeduerftig wie wir waren, haben wir uns also auf die Wanderung zu der Kirche am Berg gemacht, raus aus dem Dorf. Die umliegende Landschaft ist von grosser Schoenheit, ueberall Terrassen und Kulturland, dahinter aufragende Tafelberge, auf der anderen Seite das weite Land. Der Weg fuehrte uns durch diese Landschaft, dabei wurden wir von einer immer groesser werdenden Gruppe von Schuelern begleitet, die auf dem kilometerlangen Heimweg von der Schule waren. Mit den netten Kerlchen hatten wir einen Riesenspass, und sie noch mehr mit uns. Alle auch noch so kleinen sprechen hier ein bisschen Englisch, das fuer eine einfache Konversation reicht. Kommunikativ sind hier sowieso alle, die Burschen zumindest, von Maedchen wird man nicht angequatscht, die sind zurueckhaltend, auch die groesseren und erwachsenen. Auffallend ist, dass man das Alter der Knaben immer unterschaetzt, weil diese im Wachstum mit unseren Kids nicht mithalten koennen. So kommt es duernd vor, dass man einen 14jaehrigen fuer 10 schaetzt. Die Erwachsenen sind dennoch gross…keine Ahnung wann die dann wachsen.

Die Burschen haben uns bis zu ihrem Dorf, welches auf halbem Weg liegt, begleitet und uns viel von ihrem Alltag erzaehlt. In den Schulklassen sind hier ca 80 Schueler, unterrichtet wird in 2 Schichten, weil es soviele Kids und sowenig Raeumlichkeiten gibt. Unterrichtssprache ist in den meisten Faechern Englisch. Dadurch haben hier alle einen sehr guten Wortschatz, grammatikalisch hapert es aber oft ziemlich. Die Unterrichtsmittel sind knapp, die Hefte voll und die Kugelschreiberminen leer. Deshalb wird man auch immer diesbezueglich angebettelt. Bildung wird von allen sehr wichtig genommen, die Kinder sind voll ehrgeizig und haben grosse Traeume bezueglich Beruf und Zukunft. Als wir die Ortsgrenze erreichen, wird uns aber sehr eindruecklich vor Augen gefuehrt, wie hier teilweise mit den Kindern umgegangen wird.

Ein Waechter steht da mit einem Stock und einer Kalaschnikoff, nd als er sieht, dass die Kinder uns umgeben, schreit er wild heru m. Wie von der Tarantel gestochen rennen die ca. 20 Burschen von uns weg und zu dem Mann hin. Er schreit sie wild an, sie knien sich in Reih und Glied vor ihm hin und kassieren ein paar Faustschlaege auf den Hinterkopf. Wir trauen unseren Augen nicht und machen dem Typ schnell klar, dass er damit aufhoeren soll. Dafuer werden wir angeschnauzt, die Burschen rennen lachend davon. Wir sind betroffen und gehen weiter. Gleich sind unsere Freunde wieder da und wir entschaedigen sie ein wenig fuer die “Unannehmlichkeiten”.

Der Weg fuehrt uns weiter zu der Felsenkirche, die aus einem felsigen Bergruecken herausmodeliert wurde. Ein Moench sperrt uns auf und zeigt uns da einfache Innere. Wir sind aber vie mehr von der Landschaft um und der Lage dieses magischen Ortes beruehrt und setzen uns noch fuer einige Zeit mit dem Moench auf das felsige Dach der Kirche, wo wir die Stille und Weite der Landschaft geniessen, ein wuerdiger Weihnachtstag. Dankbar wandern wir in den Ort zurueck.

Die 2 Tage dannach vebrachten wir groesstenteils in den Felsenkirchen des Ortes, die von der Unesco zum Weltkulturerbe gezaehlt werden. Tatsaechlich sind die Kirchen aber keine Touristenattraktion, sondern ein hoechst lebendiger Ort der Religionsausuebung der Einheimischen. Eine eigene Welt, in die man da eintaucht, jenseits von Raum und Zeit.

Jenseits von Raum, weil man in ein quasi unterirdisches Labyrinth von Wegen und Tunnels abtaucht und sich in 3 Dimensionen bewegt, staendig Neues entdeckend. Moenche und Nonnen ziehen gleichsam wie die Weihrauchschwaden um die Ecken und durch die engen Gaenge. Die Kirchen sind sehr unterschiedlich und jeweils einzigartig, von unglaublicher schoenheit und Eleganz, einfach beeindruckend. Das Licht faellt je nach Tageszeit unterschiedlich ein und faerbt die Raeume innen und den roetlichen Felsen aussen magisch ein.

Jenseits von Zeit fuehlt man sich, weil die Kirchen und Menschen sowie ihre uralten Gesaenge und Rituale wohl noch so aussehen wie vor 1000 Jahren, als Koenig Lalibela die 11 Kirchen aus dem monolithischen Felsen herausformen liess. Die Menschen zelebrieren hier mit hoechster Hingabe ihren Glauben, stundenlang dauern die Messen mit Gebet und Gesang. Apropos Zeit:Forscher haben festgestellt, dass wohl ca. 40000 Menschen mit der Errichtung beschaeftigt gewesen sein muessen. Die Einheimischen sind aber bis heute sicher, dass die Kirchen in einer einzigen Nacht von Engelshand geschaffen wurden.

Wie auch imer, fuer uns waren es 2 fantastische Tage in den Kirchen und darum herum. Wir sind in eine alte, mystisch-magische Welt eingetaucht, einfach faszinierend. Die Leute -ob alt oder jung – begegnen einem in den Kirchen mit sehr viel Offenheit, Freundlichkeit und Respekt. Und das, wo sich die meisten der wenigen Touristen einfach daneben benehmen, halbnackt in die Kirchen reinrennen und den Moenchen sogar bei der Messe mit der Kamera aus naechster Naehe ins Gesicht blitzen, dass diese fast blind werden. Wir haben uns jedoch um ein dezentes Auftreten bemueht und sind behutsam eingetreten, mit viel Ruhe und Zeit. Die Leute haben sich wie ueberall ueber unsere Namen gefreut (die wichtigste Kirche in Lalibela ist auch meinem Patron, dem Giyorgis, geweiht, ein Grund, warum ich schon vor Jahren auf Lalibela aufmerksam wurde), Priester haben uns die Tueren aufgesperrt, obwohl wir ohne Fuehrer unterwegs waren, und einer hat mich sogar gefragt, ob ich denn auch ein Priester sei, so wuerdevoll war wohl unser Auftritt… 😉

Nach 3 Tagen Kirchenatmosphaere beschlossen wir aber, wieder ins weltliche Geschehen einzusteigen, und haben uns Bustickets fuer die Weiterfahrt am naechsten Morgen gekauft. Wir verabschiedeten uns in hoechster Dankbarkeit und Zufriedenheit von Lalibela und seinen Menschen, von denen uns nach 3 Tagen wohl schon die meisten vom Sehen her kannten. Weniger dankbar waren wir fuer die Floehe, die uns aus den Kirchenteppichen angesprungen sind und uns hunderte Bisse zugefuegt haben. Hoffentlich, dachten wir, bleiben die in Lalibela und reisen nicht mit uns weiter…

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Harar und die Hyaenen

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Da wir diesmal des Naechtens, nicht wie sonst zeitig in der Frueh, von Addis Ababa aufgebrochen sind, kamen wir schon um 4:30 am Morgen in Harar an. So war die Quartiersuche ein wenig kniffelig.

Das erste Hotel gab uns voruebergehend ein Zimmer mit dem Versprechen, spaeter ein anderes fuer die naechsten Tage zu bekommen. Hier also mal zwei Stunden im Halbschlaf herumwaelzen, bis wir in ein anderes voruebergehendes Zimmer im Keller verschoben wurden. Eine Viertelstunde ruhen und wieder ein anderes Zimmer einen Stock ueberhalb beziehen. Da wir aber schon wegen Schlafmangels und vor allem wegen den untragbaren hygienischen Zustaenden (der Sand der halben Sahara breitete sich am Fussboden aus, das Bett war ein Erdnussacker, Wasser gabs sowieso nicht und im Abfluss de Waschbeckens befand sich das gestrige Abendessen) nicht mehr gewillt waren, so ein Zimmer zu bewohnen, musste mit dem sogenannten Hotelmanager gesprochen werden. Der aber vom Chadkauen Betaeubte, bechwichtigte nur und verstand die ganze Aufregung nicht ansatzweise. Also Rucksack aufgeschnallt und raus zum naechsten Hotel.

War zwar teurer, dafuer sauber, aber nur mit strikt festgelegten Wasserverfuegungszeiten – in der Frueh von 6-8 Uhr und am Abend von 6-10 Uhr. Man wird bescheiden und demuetig – und bleibt also.

Harar ist fuer die Muslime die viertwichtigste Stadt nach Mekka, Medina und Jerusalem. Ist also fest in islamischer Hand, obwohl die hiesige Auspraegung nicht orthodox gepraegt ist. Viel mehr kommen hier Einfluesse der alten (Natur-)Religionen hinzu. So werden auch islamische Heilige hier verrehrt, was fuer orthodoxe Muslime ein Greul sein muss, da Menschenverehrung und sei es auch die von Mohammed, strengstens untersagt sind. Trotzdem wollen wir uns eines dieser Kuppelgraeber der Heiligen, die Qubba genannt werden, anschauen. Aber am Eingang werden wir als Unglaeubige nicht unfreundlich, aber doch bestimmt abgewiesen. So sitzen wir nur im Vorhof und sehen eitlen Gockeln beim Kraehen und Aufblustern zu.

Harar ist eine sehr alte Stadt und fuer Aethiopien untypisch mit einer Stadtmauer umgeben. Die Haeuser im Inneren der Mauer sind aus Stein und weissgekalkt, wobei die Eingaenge meist im islamischen Gruen gehalten sind. Verwinkelte Strassen fuehren bergauf und bergab durchs ganze Stadtgebiet und unverhofft tauchen zwei angebundene Kamele an einem kleinen Platz auf. Schauen gelangweilt, waehrend von hinten shon die Kinderstimmen nach Geld rufen. Diese Stimmen verfolgen uns auch bei der Wanderung durch die Stadt und verstummen erst, als wir uns beim Hyaenenmann in der Naehe eines von einem Baum umrankten Shreins niederlassen.

Bevor wir uns aber die Hyaenen bei Nacht anschauen, begegnen wir noch einen nackten Flitzer, der illuminiert die Gassen entlanglaeuft und den obligatorichen Hustlern, die uns die Hyaenenfuetterung schmackhaft machen wollen – umsonst, denn wir sind gespannt darauf, wie der Bogen eines Zen-Meisters.

Da es zwei Plaetze fuer die Hyaenenfuetterung gibt, schauen wir uns in der Daemmerung mal den ersten an. Werden nur zwei kleineren Hyaenen ansichtig und gehen zum Platz, wo wir schon nachmittags Zuflucht gefunden haben und wo auch ein alter Kalifornier, den wir schon in Addis getroffen haben, hingehen will.

Am Platz vor dem Schrein, sieht man schon ein dutzend Hyaenenaugen im Dunkel der Nacht blitzen und der Hyaenenmann ruft die Namen der Tiere des Rudels lautstark. Die Antwort der Tiere ist eher verhalten und klingt kehlig. Der Hyaenenmann sitzt mit zwei Plastikeimern, gefuellt mit Schlachtabfaellen, im Lichtkegel eines Autos und haengt aasige Innereien auf ein kurzes Stoeckchen. Bei Zuruf naehert sich eine Hyaene mit gebeugtem Kopf, schnappt mit einem Biss das Aas und verzieht sich ins Dunkle. Von vorne hoert man das Knacken von Tierbeckenknochen, die vom starken Gebiss der Hyaenen zermalmt werden. Immer wieder kommen neue Hyaenen hinzu und holen sich ihr Fressen, man koennte fast sagen gesittet, nacheinander ab. Nur die kleinsten der anwesenden Hyaenenbrut bekommen erst die Reste, wenn die Vorderen satt sind. Auch wir versuchen uns als Hyaenenfuetterer. Mit dem am Stoeckchen befestigten Schlachtabfall stehen wir und warten auf die Meute. Die sobald auftaucht und uns wie zahme Hunde das Fleisch vom Staberl frisst. Kommen mir gar nicht so gross vor, fast wie Schaeferhunde. Respekt bleibt aber doch und der von beiden Seiten, denn ganz koscher sind wir den Hyaenen auch nicht, liegt wohl auch an der lange zurueckliegenden Dusche. Das Spektakel endet mit der Verstreuung der Kadaverreste, damit alle aus der Hyaenencombo ihr Fressen bekommen und dem Heimweg, wobei ich mich dann doch zur Kontrolle des oefteren umdrehe und in die finstere Nacht hineinhoere.

Von Addis nach Lalibela…

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…oder: “Die Entdeckung der Langsamkeit”

In Addis haben wir uns erst mal wieder kultiviert und erholt. Ausserdem haben wir unsere Freundinnen von der katholischen Mission aus Arba Minch getroffen, die in Addis was zu erledigen hatten. So katholisch sind die ja bekanntlich gar nicht, und wir sind zuerst gut essen und dann ordentlich tanzen gegangen.  

Nach 2 Tagen waren wir bereit zur Weiterreise, schliesslich wollten wir am 24 Dezember zum Heiligen Abend in Lalibela ankommen, dem wichtigsten Wallfahrtsort der orthodoxen Aethiopier und wohl wichtigsten Ort der Christenheit auf dem schwarzen Kontinent. Lalibela wird auch das Jerusalem Afrikas genannt und ist fuer seine wunderbaren Felsenkirchen bekannt. Dort sollte die Reise hingehen…

Also wieder mal an den Ort des Wahnsinns marschiert, Buskarten fuer den naechsten Tag kaufen am Busbahnhof von Addis. Wenn man dort ankommt, reissen gleich zig Typen am Aermel und schreien einen an mit “Where are you go!!??” Dann sagt man kleinlaut “Lalibela” und das Geschreie geht weiter. Am Weg zum Ticketschalter wir man von den Typen begleitet, die dann nach erledigtem Kauf alle ein Trinkgeld haben wollen , weil sie einem ja geholfen haetten, und volle beleidigt sind, wenn sie berechtigterweise keines bekommen. Mann, das nervt vielleicht!!

Am naechsten Morgen sind wir mit dem Taxi um 430 zum Busbahnhof. Der Taxifahrer ist voll nett und freut sich wie jeder in Aethiopien , dass wir Giyorgis (ich, der Nationalheilige hier ist ja der heilige Georg) und Marcos (Markus aka Nane, der Evangelist) heissen und offensichtlich gute Christen sein muessen.

Ausserhalb des Taxis kennt der Wahnsinn und das Chaos keine Grenzen, ueberall wuselt es vor Menschen, das Gedraenge am Busbahnhof ist irre, schliesslich gehen ja alle Busse in der Frueh zur selben Zeit los. Wieder wir am Aermel gezerrt (“Where are you go??) und jeder moegliche Grund fuer ein Trinkgeld inszeniert.

Schliesslich landen wir beim Bus. Ich besetze und verteidige drinnen einen Sitzplatz fuer uns, waehrend der Nane draussen beim Poebel in der Reihe steht und wartet, bis einer unser Gepaeck aufs Dach ladet. Nach einer Stunde schreit mich einer an, dass wir im falschen Bus waeren und rausmuessten. Also wieder raus, ein anderer Bus faehrt daher und parkt ein. In der Nebelwolke der Abgase erkennt man sein Gegenueber kaum und man erstickt fast. Wieder die selbe Prozedur diesmal ich draussen und der Nane drinnen. Schutzgeld fuer das Gepaeck gezahlt und rein in den Bus. Drinnen ist ein irres Gedraenge von Fahrgaesten und diversem Gesocks, das bettelt, predigt , Leute verabschiedet,… jeder nimmt sich seinen Platz, auch wenn keiner mehr da ist. 

Schliesslich geht die Fahrt los, sehr langsam durch die Satdt raus und auch darueber hinaus. Die ersten 4 Stunden sind eine einzige Baustelle (s werden viele Strassen asfaltiert in Aethiopien) , holprig und staubig bis dorthinaus. Eine echte Tortur, dafuer aber langsam und sicher, sehr langsam! Wir fragen uns, wie wir in den veranschlagten 2 Tagen unser 650 km entferntes Ziel erreichen sollten. Schliesslich schlafen wir wieder ein wenig ein und wachen gerade rechtzeitig aus, als dem ueber unsere Rueckenlehne gebeugten Kind von hinter uns die Speibe aus dem Mund quillt, direkt auf Nanes Sitz. Damit war ja zu rechnen, der Boden war ja schon kurz nach Fahrtbeginn vollgekotzt worden. Die beiden Maenner, die das Kind mit auf der Reise hatten, hatten wohl davor nicht gewusst, dass man einem Kleinkind vor einer tagelangen Busfahrt keine Spaghetti zum Fruehstueck verabreichen sollte…

Der Nane war vielleicht sauer, gut dass es eine fahrtunterbrechung mit Pinkel- und Fruehstueckpause gab. Diese nutzten wir fuer ein kaltes Cola. Die anderen Leute frassen wie die Wilden hinein, was uns schon etwas zu denken gab. Schliesslich sorgte die kurvenreiche , holprige Strecke schon auf den ersten Kilometern dafuer, dass ein kollektives Kotzen losging, und das ganze Essen fein angesaeuert wieder zu Tage kam. Ein paar hatten den Anstand, aus dem Fenster zu Kotzen, andere rissen nur ihr Maul auf und haben losgelassen (das “loslassen” ist ja modern). Einer kotzte erst ewig lang herum, dann hat er sein Gewoelle auf Druck der Mitreisenden mit seinem eigenen Pullover aufgewischt und diesen dann in seinem Gepaeck verschwinden lassen. Der Geruch spottet jeglicher Beschreibung. Doch alle waren wieder guter Stimmung. So eine kleine Krise ist auch fuer die Menschen hier leicht zu ertragen, die sind anderes gewoehnt und auch der Bus bleibt nicht stehen, nur weil ein Drittel der Leute mit der Kotzerei beschaeftigt sind.

Am Abend kamen wir in dem kleinen Nest Dessie an, wo die Nacht verbracht wurde, bevor es am naechsten Morgen wieder weiterging.

Wir  goennten uns ein kleines Fresschen, leider mit sehr schmutzigem Salat garniert. Das veranlasste uns zu einem Besuch einer schmutzigen Schluckbude, wo sich die betagteren Locals gepflegt zwischen gestapelten Bierkisten ein Raeuschchen ansaufen. Wir bestellten einen doppelten Whiskey der Marke Spiritus zur Desinfektion und ein St. George Bier dazu. Dann ab in die Falle, die wir uns mit diversen Parasiten teilten, wie sich in der Frueh herausstellen sollte.

Geweckt wurden wir um 430 durch das wilde Gebruelle, das vom nahe gelegenen Busbahnhof bis in unsere fensterlosen Kaemmerchen schallt. Dort war der Mob schon wieder in voller Aufregung und das Gedraenge um die Sitzplaetze in den Bussen im Gang. Wir putzten uns wieder mal trocken die Zaehne und hetzen aus dem Gaus, damit wir nicht auf der Strecke bleiben wuerden.

Im Bus registrierten wir, dass eine alte, zahnlose , und mit einem eisernen Kreuz bewaffnete Nonne unseren Sitzplatz eingenommen hat. Gottseidank hatten wir den anderen Fahrgaesten am Vortag mit Klopapier zum Speibewischen ausgeholfen, und so hatten wir einige Verbuendete an unserer Seite, die die Nonne mit viel Gezanke und trotz erbitterten Widerstandes auf einen anderen Platz vertrieben. Die Verwuenschungen der Alten gegen uns Ferenji konnte man foermlich im Nacken spueren…

Nicht nur die Nonne, sondern auch zahlreiche andere Glaubensbrueder und-schwestern zeigten uns, dass die Fahrt in Richtung eines heiligen Ortes weiterging. Von den noch eher urban wirkenden Leuten vom Beginn der Fahrt verschwanden immer mehr, und im Laufe der Fahrt fanden wir uns in einem Bus wieder, der vollgestopft war mit Pilgern. Fast alle waren uralt und sahen extrem ausgezerrt aus. Sehr arme Leute, eingewickelt in dreckige Lumpen, fast wie die Aussaetzigen im Film “Ben Hur”. Man sah auch, dass es den wenigen moderneren Menschen nicht passte, was fuer ein Voelkchen da den Bus eingenommen hatte. Die Alten schienen, als wuerden sie mit letzter Kraft einen letzten Weg an einen heiligen Ort antreten. Spindelduerre Glieder, ausgezerrte doerrpflaumenartige Gesichter. Wir hatten aber Respekt, immerhin wissen wir, wieviel diese Menschen im Lauf der Jahrzehnte alles durchgemacht haben. Die schweren Hungerskatastrofen der 70er und 80er, die Unterdrueckung durch die Kommunisten, Krieg und Elend…unvorstellbar! Und dennoch erwidern sie unser Laecheln, waehrend wir es nicht lassen koennen, unsere Kameras rauszuholen und die atemberaubende Gebirgslandschaft auf Speicherkarte zu bannen.

Irgendwann nach 650 km und ca 28 Stunden Fahrt (die Durchschnittsgeschwindigeit kann sich jeder selber ausrechnen) in 2 Tagen waren wir aber froh, dass wir in Lalibela ankamen. Die Fahrt war das extremste und entbehrungsreichste bisher, hart und erschoepfend. Ausgehungert und muede stiegen wir aus…”so wie es sich fuer Pilger gehoert”, dachten und fuehlten wir. Anders als die anderen Pilger, die sich ihr Lager irgendwo im Freien aufbauten, sind wir in ein Hotel gegangen. Diesmal sollte es nicht die unterste Kategorie sein, da Heilig Abend war und wir keine Lust auf ein Krippenspiel hatten. Wir fanden was adaequates, das Feeling von Bethlehems Stall blieb uns aber doch nicht erspart, weil im ganzen Ort und so auch im Hotel kein Wasser war. Also gingen wir in unseren stinkenden Klamotten zum Weihnachtsmale. Dieses war ordentlich, wir assen bei Kerzenschein und Lagerfeuer auf einer grosszuegigen Terrasse. Ein wuerdiger Rahmen. Wir liessen unsere Gedanken und liebevollen Gefuehle heim zu unseren Lieben schweifen und stellten uns vor wie diese ganz nach Tradition feiern wuerden. Fuer uns war es ein schoener Abend und wir gingen zufrieden aber verdreckt ins Bett, voller Erwartung auf das, was wir in den naechsten Tagen an diesem Ort zu sehen bekommen wuerden. Frohe Weihnachten!

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Busfahrten durch Aethiopien

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Das Reisen mit Bus, Minibus und Isuzus gehoert in Aethiopien wohl zu den anstrengensten , aber auch bereichernsten Erlebnissen. Schon der Ticketkauf kann zu einer kleinen Odysee werden, fuer die man schon einen halben Tag veranschlagen kann. Es gibt zwar, wie ueberall in Aethiopien, extra dafuer bereitstehende Hustler (erkennbar meist an Arztkitteln in allen erdenklichen Farben und Unfarben), die einen beim Eintritt in den sogenannten Busbahnhof abpassen, aber unbedingt reibungsloser laeuft es trotzdem nicht ab. Mit dem Kauf eines Tickets ist es naemlich noch lange nicht getan. Will man einen einigermassen ertraeglichen Sitzplatz im Bus ergattern, sollte unsereiner mindestens 1 1/2 Stunden vor Abfahrt beim Bus sein (es besteht auch die Moeglichkeit sich einen Jungen von der Strasse extra zum Sitzplatzreservieren, der dann die Zeit bis zur Abfahrt im Bus wartet, zu mieten). Fuer das Gepaeck wird dann natuerlich noch eine extra “Versicherung” verlangt. Das Abladen kostet fuer Ferenji wieder ein Trinkgeld.

Endlich im Bus sitzend, braucht man ein Sitzfleisch so dick wie das Telefonbuch von Wien inklusive Gelberseiten. Da derzeit fast alle Ueberlandstrecken von den Chinesen und Indern neu gebaut werden und so auf neben den zu bauenden Strassen liegenden Gueterwege aqusgewichen wird. Die eher einem von der Sonne ausgetrockneten Feldweg gleichen und den Koerper durchkneten, wie ein Baecker den Brotteig.

Die Entschaedigung ist aber wahrlich die grossartige Landschaft, die am Busfenster vorbeizieht. Im Sueden eine weite von Schirmakazien, “Ohrwaschelkakteen” und aus Australien importierte Eukalyptusbaeumen durchsetzte Landschaft, die von immer groesser werdenden, der Hitze angepassten, Termitenbaukaminen vertikal zerstueckelt wird. Die Fenster im Bus zu oeffnen, stellt auf jeden Fall einen Fehler dar, da der aufgewirbelte Staub sonst die Nasenloecher verschliesst. Egal, der Koerper ist nur mehr Auge und sieht die Rundhuetten, Buckelrind-, Schaf- und Ziegenherden vorbeifliegen und freut sich.

Anders im Norden. Hier bildete die Kraft des Erdinneren im Zusammenspiel mit der Erosion eine bizarre Tafelberglandschaft, die durch steil abfallende Taeler geteilt wird. Die Huetten sind nicht mehr aus Stangen, Lehm und Stroh gebaut, es koennen die Unmengen an herabgekollerten Steine zum Hausbau verwendet werden. Die steilen Berghaenge sind durchzogen von Terrassen, auf denen vor allem Getreidesorten angebaut werden und die Rinder muessen staendig im Kreis gehen, um das Korn aus den Aehren zu treten. Die Vegetation aendert sich hin zu Wacholder und anderen Nadelgehoelzen. Allgegenwaertig ist immer noch der Eukalyptus, der wegen seines schnellen Wachstums, gerne zur Brennholzproduktion angepflanzt wird.

Im Bus steht die Szenerie um nichts nach. Auf Grund des schlechten Strassenzustandes und der sich dem Berg hinaufschraubenden Serpentinen, ist es keine Seltenheit Leuten beim Auswurf des Halbverdauten zuzuschauen. Wobei dies immer lautlos von statten geht und man so nicht gewarnt ist, sollte ein Kleinkind einen in den Ruecken speiben. Doch aufgeschreckt durch einen vor uns sich uebergebenden, konnte ich meinen Ruecken doch einigermassen sauber halten und mich einer Konversation mit einem Chad-Kauer hingeben.

Viele in den Staedten koennen zwar gut englischsprechen, bei den Busfahrten sind diese allerdings weniger anzutreffen. Ausnahmen bestehen hier nach dem Genuss von Chad. Eine in Aethiopien sehr beliebte leichte Droge aus den Blaettern eines endemischen Gehoelzes. Die besten Sorten sollen aus Harar im Osten Aethiopiens stammen, wo auch meiner Meinung nach am exzessivsten Gekaut wird. Jeder auch noch so stille Reisegenosse wird beim Kauen der frischen Blaetter redselig und redseliger. Faengt zu singen an, gestikuliert wild umher und lacht aus vollem Halse. Die Auswahl der besten Blaetter ist ein Ritual und die Gruenverfaerbung der Lippen und Zaehne ein Muss. Da die Blaetter nur frisch gut vertraeglich sind, werden fuer auswaertige Chadkauer die Blaetter getrocknet, zermahlen und als Tee aufgekocht getrunken – Wirkung die selbe. Langanhaltender Konsum fuehrt allerdings zur Verbloedung, mit gleichzeitigem Alkoholkonsum zu noch schnellerer Verdummung und absoluter Antriebslosigkeit.

Die Pausen bei den bis zu 16 stuendigen Fahrten sind eher rar gesaet und man muss sich das Pinkeln wohl einteilen oder wie Sunny zu sagen pflegt “If you ever ludl, ludl it good!”. Auch sind die Pausen wichtig zur Verpflegungsaufnahme, wobei wir nur Kekse und Wasser zu uns nehmen. Die Speibenden aber Injera in sich hineinstopfen, was nach der Pause wieder zum Auswurf der zuvor eingenommenen Speise fuehrt, die dann mit dem eigenen Pullover wieder von Busmittelgangboden aufgewischt wird. Der Pullover kommt danach natuerlich wieder in das gelbe Plastiksackerl, welches als Reisetasche dient, Kleidung ist kostbar. Seltsam, aber so ist es geschehen … 

Polizeikontrollen gibt es selten, nur bei der Fahrt von Harar nach Addis Ababa wurde unser Minibus mehrmals zwecks Inspektion aufgehalten. Dies deshalb, so wurde mir erklaert, da der Hafen von Djibouti unweit ist und hier die Secondhand-Ware aus Europa eintrifft. Viele Schmuggler versuchen also die gebrauchten Elektrogeraete und vor allem Textilien aus Europa von Djibouti auf dieser Strecke nach Addis Ababa zu schleussen und diese dort mit Gewinn zu verscherbeln.

Ich unterhalte mich derweilen mit den Chadkauern und bete fuer eine Verdopplung des Sitzfleisches.

Lebensgefahr

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Wir haben ja schon von anderen Leuten gehoert, dass einem die Hyaenen ganz schoen Angst einjagen koennen, schliesslich sind sie ja auch nicht ganz ungefaehrlich und sehen grimmig aus. Aber es haben ja auch schon tausende von Besuchern das Hyaenenschauen in Harar ueberlebt, also warum wir nicht auch.

Wir sind also raus aus der Stadtmauer zu einem der beiden Hyaenenplaetze, wo alte Hyaenenmaenner die Tiere nach Sonnenuntergang jeden Tag rufen und dann fuettern.

Wir kommen zu dem Platz , an dem auch ein riesiger alter Baum steht, darunter ein Grab eines alten Muslimgelehrten. Der Platz ist schon hell beleuchtet von einem Touristenauto, das ist gut fuer die Sicht, sagt man uns – eh klar. Ausserdem hoertman seltsame Rufe, mit denen ein Typ die Hyaenen lockt. Diese hoert man auch schon jaulen. Und man sieht auch schon ein paar der buckligen Kerlchen herumrennen. Ein wenig grimmig schauen sie schon aus in der Dunkelheit, aber Angst bekommt man nicht wirklich. Ausserdem steht im Hintergrund ganz diskret einer mit seiner AK47-Automat Kalaschnikoff. Kein Problem also.

Eine Tourigruppe ist auch da, leider Deutsche, die dauernd den Suppenschlitz offen haben, und das Hyaenen-Spektakel kaum beachten, da sie so sehr mit ihrer eigenen Weisheit und deren Weitergabe beschaeftigt sind-typisch!  😉

Wir gehen aber gleich zum Hyaenenfuetterer hin, der den Kerlchen mal mit der Hand , mal mit dem Mund Fleischfetzen reicht. Die Hyaenen sind recht sanft bei der Nahrungsuebernahme und man hat das Gefuehl, dass sie mehr Angst vor uns als wir vor ihnen haben. Dennoch ein eigenes Gefuehl, so einem Viech direkt ins Gesicht zu schauen. Waehrend die anderen Ferenji sich ziemlich auf Distanz halten und wohl auch ein wenig Angst haben, gehen wir in medias res und fuettern die Hyaenen auch ein wenig, aber nur mit der Hand. Eine ganz nette Erahrung. Als der Hyaenenmeister heimgeht, laesst er noch einen Haufen mit Knochen zurueck, auf den sich die Viecher dann in der Dunkelheit stuerzen. Wir bleiben alleine zurueck und schauen uns das an, das Krachen der Knochen zwischen den Kiefern ist recht beeindruckend. Zufrieden gehen wir wieder heim, frueh ins Bett, weil es am naechsten Morgen um 400 Uhr losgehen soll, zurueck nach Addis.

Der aufmerksame Leser wird sich jett wohl fragen, wie es zum Titel dieses Artikels gekommen ist…die Hyaenen koennen es ja nicht gewesen sein, auch wenn die Erwartung in diese Richtung ging.

Nein, die Todesgefahr ging wieder einmal von der “Bestie Mensch” aus, und zwar folgendermassen:

Um 4 Uhr hat uns der Minibus vereinbarungsgemaess beim Hotel abgeholt. Ich hab wieder herumgeraunzt und dieses Mal den begehrten Beifahrersitz ganz vorne mit Arschheizung direkt vom Motor (der ist beim Hiace unter dem Sitz) bekommen. Nicht schlecht…der Fahrer hat auch einen erfahrenen und vernuenftigen Eindruck gemacht-Tiptop. Wir sind noch eine Stunde durch Harar gefahren, bis alle an Bord waren, neben mir am Mittelsitz hat noch ein junger, aber stoisch und weise wirkender Muslim Platz genommen. Am Ende unserer Stadtrunde kam es dann aber zu einem Fahrerwechsel, und ans Steuer setzte sich ein junges Buerschchen, ca. 20 Jahre alt, voll aufgedreht mit feixend lauter, sich ueberschlagender Stimme herumschreiend. Die Leute aus Harar sind ohnehin als etwas verrueckt verschrien und werden von den uebrigen Aethiopiern dafuer geliebt und gleichzeitig auch gehasst. Schonmal vorausgeschickt, unser Chauffeur war ein besonderes Exemplar, das wurde schon klar, als er die ersten hundert Meter durch die Stadt mit Vollgas durch die bereits im Morgengrauen sehr belebten Stassen gedonnert ist, dass die Menschen nur so auf die Seite gespritzt sind.

Schnell noch ein paar Zicklein (natuerlich lebende, die Ware soll ja frisch ankommen) auf den Dachtraeger gezurrt, und los ging die Fahrt. Die sehr faszinierende und gebirgige Landschaft zog recht rasant an uns vorbei, der Hiace war einer mit guter Motorisierung, und die Tachonadel war bald jenseits wahnsinniger 130. Der “Fahrer” schimpfte vorlaut ueber die Fussgaenger, fuchtelte wild teilweise mit beiden Haenden herum und schaute sich die Gegend an, waehrend ich meinen Blick kaum mehr von der Strasse wenden konnte, besonders in den vielen Linkskurven, die wir auf englische aber nicht ortsuebliche Art auf der linken Fahrspur genommen haben. Auch meinem Sitznachbar war die Angst ins Gesicht geschrieben, auch wenn der Verkehr um diese Zeit noch nicht so belebt war und kaum Autos entgegenkamen. Dem Chauffeur machte das Spiel mit der Gefahr einen irren Spass, auf den Geraden errechte die Tachonadel teilweise 170 kmh, etwas zuviel meines Glaubens, aber 150 sind wir bestimmt geblaettert. Der Nane hat hinten gepennt und von dem Wahnsinn wenig mitbekommen. Wer mich und meine Unfallstatistik der letzten Jahre kennt, weiss, dass ich auch gerne aufs Gas steige. Aber das, was ich da erlebt habe, war auch mir zuviel.

Irgendwann kamen wir aus der Gebirgslandschaft ins Flachland und ich freute mich, dass das wohl der Sicherheit auf dem Rest der Strecke zutraeglich sein wuerde. Zeit auch fuer eine Fruehstueckspause. Wir blieben in einem kleinen Kaff stehen, der Fahrer und seine Spiessgesellen (wie ich herausfand auch Fahrer von Minibussen, mit denen wir im Wettstreit um die erste Ankunft in Addis waren) frassen rohes Fleisch, waehrend Nane und ich zusahen, wie ein riesiger, uralter Ziegenbock (ein vierbeiniger) von Tisch zu Tisch ging und sich halbvolle Colaflaschen mit dem Maul schnappte und den Inhalt in seine Kehle rinnen liess- zum Gaudium der ganzen Leute rundherum. Foto folgt.

Der Fahrer hat sich noch ordentlich mit Chat eingedeckt und weiter ging die Fahrt. Er hat sich noch bei mir erkundigt, ob wir mit der Fahrerei eh zyfrieden seien, ich hab nur JaJa gesagt und gehofft, dass es jetzt besser werden wuerde. Doch habe ich die Rechnung nicht mit dem Chat gemacht.

Der Bursche hat sich Zweig um Zweig abgeklaubt und die Blaetter ins Maul gesteckt, die Wirkung blieb nicht aus. Der Verkehr hat zugenommen, der Uebermut und die Risikofreudigkeit des Fahrers auch. Ein wahnsinniger Typ, vollkommen ueberdreht und irre, der jeden normalen Menschen das Fuerchten lehrt, so auch mich. Wohl der Typ des jungen, komplett angstlosen, draufgaengerischen Afrikaners, der ueber viele Jahrzehnte von Diktatoren und Warlords gerne missbraucht und manipuliert wurde und ohne Angst fuer Kost und ein Dach ueber den Kopf in hoffnungslose Missionen vor die gegnerischen Gewehrlaeufe gelaufen ist.

Nur ein kleiner Exkurs: ein aethiopischer Jungsoldat bekommt 200 Birr (15 Euro) im Monat und weiss bei der Rekrutierung schon, dass er wohl durch eine Kugel verrecken wird. Auch die jetztige Regierung ist imer um Scharmuetzel bemueht, damit die Armee beschaeftigt bleibt und keine Putschplaene schmiedet…

Waehrend der Nane sich wieder ein Schlaefchen gegoennt hat, wie auch die anderen auf den billigen Plaetzen, hab ich den Wahnsinn “erste Reihe-fussfrei” serviert bekommen. Viel Knautschzone hat so ein Hiace ja nicht und einen Unfall durfte man sich nicht einmalausmalen. Die schnell vorbeiziehende Landschaft war grossartig und abwechslungsreich, viele Rinder- und  Kamelherden, bunte Menschen verschiedener Staemme, einzigartige Vegetation und Landschaftsformen…ab und zu ein ausgebranntes Minibuswrack (kein Schmaeh) und hundertfach ueberfahrene Tierkadaver, auch Hyaenen.

Wir sind dahingeblaettert, was geht, der Fahrer ist immer lauter geworden und hat sich ueber die hunderten Leute am Strassenrand und in den entgegenkommenden Autos abgehauen und/oder aufgeregt, die ihm alle den Vogel und/oder den Mittelfinger gezeigt haben. Klare Signale, dass diese Fahrweise auch hier nicht ueblich ist. Ganz im Ernst, wir haben sicher ein paarhundert Autos mit vollem Risiko und Karacho ueberholt, der Gegenverkehr wurde schlichtweg zum Bremsen oder Ausweichen auf das Bankett gezwungen, waehrend wir im umgekehrten Fall keinen Millimeter ausgewichen sind. 

Ich hab sehr viel zum Nachdenken gehabt auf dieser Fahrt. Einerseits darueber, was wohl in diesem jungen, vollkommen fehlgelenkten Menschen vorgehen mag. Andererseits bin ich in einen intensiven Dialog mit Bruder Tod gegangen, den ich um Schutz auf dieser Fahrt gebeten habe. Irgendwann habe ich mich dann entspannt und die Sache mit viel Humor und Gottvertrauen voruebergehen lassen. Aethiopien ist ja nach Jamaica und Indien das Land mit der hoechsten Sterberate im Strassenverkehr weltweit. Jamaica habe ich schon ueberlebt, obwohl dort die Mordrate auch noch dazukommt, also dachte ich mir, dass ich wohl auch aus Aethiopien wieder heil rauskommen werde. Fuer den schlafenden Nane hatte ich natuerlich mitgebetet.

In Addis sind wir schliesslich nach 10 Stunden Wahnsinn eingefahren wie typische Landeier aus Harar, ein paar Ziegen am Dach, den Mund voll Chat (der Fahrer, wir nicht, das Zeug schmeckt ja eklig) und eine Gefahr fuer den eigentlich recht gesitteten Stadtverkehr. Ein Umkehrmanoever auf der vollbelebten 4spurigen Stadtautobahn hat uns knapp vor dem Ziel noch fast einen Unfall und hunderte in die Hoehe gestreckte Mittelfinger eingebracht, dann stiegen wir erleichtert aus. Ueberstanden. Dem Fahrer noch schnell alles gute fuer die Zukunft gewuenscht und dann ins Hotel, duschen, essen, pennen. Beim Einschlafen noch den Schutzengeln gedankt und gelobt, dass man in Zukunft mit den langsamen , grossen Bussen weiterreisen werde. Amen!

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Harar

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Sind am Donnerstag Abend Richtung Harar aufgebrochen, der alten ehrwuerdigen Muslimstadt im Osten von Aethiopien, schon nahe bei Djibouti und Somalia.

Wir haben uns entschieden, mit dem Minibus (das sind wie ueberall in der Welt die Toyota Hiace) zu fahren, und zwar ueber Nacht. Das hat man uns empfohlen, weil es komfortabel, schneller und in der Nacht kuehler sein sollte. Warum also nicht? Das einzige , was uns weniger getaugt hat, war die Aussicht, um 4 in der Frueh in einer fremden Stadt anzukommen…

Wir wurden um 7 Abends vom Hotel abgeholt und sind dann erst einmal 3 Stunden in addis herumgefahren, bis alle Passagiere an Bord waren. Ich hatte mir gleich einen Platz in der ersten Reihe erbettelt, da ist mehr Platz als zwischen den Reihen und ich sei ja so gross. Der Nane wurde ganz hinten mit 3 anderen eingepfercht und hat ein etwas laengeres Gesicht gehabt als ich-vorerst. Was ich naemlich nicht beruecksichtigt habe, war, dass in der ersten Reihe noch andere Leute landen wuerden, die als “big” eingestuft werden, und big heisst hier fett.

Die Tuer geht wieder auf und es schaut ein Kopftuch mit 2 dicken Augenglaesern bei der Tuer herein, eine sehr beleibte Frau, die sich gleich ohne Ruecksicht auf Verluste foermlich auf mich draufwuchtet, als ob sie mir klarmachen wollte, dass dort, wo sie herkommt, das starke Geschlecht nicht meines ist. Die Frau ist auf mir draufgepickt , wie ich es sonst nur beim Nane zulasse. Mangels jeglicher Koerperspannung hat sie sich frei in den Kurven hin und herwogen lassen, sodass mir in jeder Rechtskurve der Atem geraubt wurde. Und bei jeder Bodenwelle hat sich ihr Arsch weitere wertvolle Millimeter erkaempft, waehrend mein durchgesessenes Hinterteil voll am Rueckzug war. Ich bin dann gottseidank eingeschlafen und erst aufgewacht, weil mir voll heiss war. Hat sich doch ihr massiver Oberarm wie eine maechtige Heizdecke ueber mich geschoben, sodass nicht nur ihre Abwaerme sondern auch Feuchtigkeit und Geruch durch meine und ihre Kleidungsschichten bis an meine Haut drangen. Der Geruch war das haerteste, was ich bisher erlebt habe. Ich hab mir meinen Schal um die Nase gebunden, ds ging dann irgendwie. Trotzdem musste ich die restlichen 5 Stunden an alles Moegliche denken, was in der Hitparade der schlechten Gerueche vorne mitgeigt. Ein hundert Jahr alter Ziegenbock…das Mausoleum vom Oetzi nach 3 Wochen Kuehlungsausfall…vergorene Stutenmilch in der Wueste Gobi…

Irgendwann war aber auch das ueberstanden und wir fuhren nach Harar ein. Draussen war es noch finster, und da lief doch glatt eine riesige Hyaene neben dem Bus her. Harar ist auch dafuer beruehmt, dass dort die Hyaenen jede Nacht in die Stadt kommen, wo sie auch von eigenen Hyaenenmaennern gefuettert werden. Tradition und auch fuer Touristen eine Attraktion, es soll eine besondere Mutprobe sein, den Hyaenen einen Fleischfetzen in die Fresse zu schieben. Natuerlich wollten wir uns das nicht entgehenlassen.

Wir wurden um 4 Uhr frueh aus dem Bus geschmissen, keine Ahnung wo. Gottseidank, als sei es so gedacht, war im Finsteren ein Schild mit der Aufschrift Hotel zu sehen und ein Nachtwaerter machte uns auf. Drinnen empfing uns ein fertiger Typ, der voll auf Chat war (der aufputschenden Nationaldroge, die in Harar besonders gut sein soll) und wohl seit Tagen nicht geschlafen hat. Er steckt uns in ein finsteres Drecksloch, wo wir gleich vor Erschoepfung einschlafen. Draussen heulen die Hyaenen.

Als wir in der Frueh den Saustall sehen, wo wir uebernachtet haben, sind wir gleich Leine gezogen. Der Typ verflucht uns noch mit allem, was ihm einfaellt, weil wir beschliessen zu gehen. Gleich ein wenig weiter, an der historischen Stadtmauer finden wir ein nettes Zimmer.

Dannach gehen wir in die Altstadt. Harar war einmal ein wichtiges Kultur-und Handeszentrum. Einiges weist auf den einstigen Reichtum hin. Gepflasterte Strassen, richtige Haeuser, weiss getuenchte Waende. Aber es ist alles sehr heruntergekommen, ueberall liegen reihenweise die Leute hungernd im Rinnsal, viele Krueppeln, Alte und Kinder schlafen auf der Strasse und haben nichts, als einen zerissenen Stoffetzen, der sie tagsueber vor der Sonne und in der Nacht vor der Kaelte schuetzt.

Dennoch hat die Stadt ihren Reiz. Innerhalb der Stadtmauer gibt es unzaehlige enge Gaesschen , wo man sehr laessig herumstrawanzen kann und immer wieder was entdeckt. Die Leute sind extrem freundlich und nett. Die Haeuschen und Innenhoefe fuer aethiopische Verhaeltnisse recht lieblich. In den Hoefen findet man Graeber von weisen Muslimen vergangener Jahrhunderte, Kamele, Ziegen oder einfach nur ein paar nette Menschen, die freundlich herauswinken.

Nach einem Tag herum wandern ist uns aber auch klar, dass wir die Stadt ausreichend erlebt und gefuehlt haben und wir beschliessen, am naechsten Tag wieder nach Addis zu fahren. Wieder mit dem Minibus, diesmal aber tagsueber, damit wir was vom Land sehen. Also kaufen wir ein Ticket.

Ahja, etwas wichtiges fehlt noch und soll nach Sonnenuntergang in Erfahrung gebracht werden: unsere Begegnung mit den Hyaenen…

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Auf nach Harar

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So, die letzten tage sind wir hier in Addis abgehangen, wei wir die Visa-Geschichten fuer Sudan und Aegypten erledigen wolten. Das Aegyptenvisa brauchten wir dabei nur als Voraussetzung fuer das Transitvisa fuer den Sudan. Die sind naemlich nix heiss auf uns und wollen sehen , dass wir wieder bald ausreisen.

Es kam aber wieder mal anders. Die Aegypter haben uns von Tag zu Tag hingehalten und verarscht, und als wir gestern am Nachmittag wieder vertroestet worden sind, haben wir beschlossen, dass die sich ihr Visum sonst wo hinpicken koennen und wir auf die Durchreise durch den Sudan verzichten. Wer weiss, wie lange wir noch auf dei beiden Visa warten haetten muessen, und wir haben ja viel anderes vor als nur in Addis rumzusitzen, Kaffee zu schluerfen, uns an der Praesenz der vielen superfeschen Frauen zu erfreuen (als Gott die Schoenheit verteilt hat, muessen die Aethiopierinnen sehr laut “hier!” gerufen haben…) und jeden Tag 2mal umsonst zur Botschaft zu walzeln.

Also haben wir uns in einer 3stuendigen Prozedur einen Flug via Internet gebucht, das ganze haette daheim genau 5 Minuten gedauert. Am 22. Jaenner werden wir von Addis nach Kairo fliegen und uns den Sudan von oben anschauen. Ein bissl schade ist es schon, weil wir ja den Nil entlang reisen wollten und der Sudan ueberaus schoen und die Leute die freundlichsten der Welt sein sollen, wenn man erst am Grenzposten vorbei ist. Aber wer weiss, wozu es gut ist. Unsere Muetter sind bestimmt froh, wenn wir ueber diesen beruechtigten “Schurkenstaat” nur drueberfliegen, wo sich Kidnapper, Piraten und anderes Gesindel um die “Achse des Boesen” drehen… 😉

Jetzt kommen wir wenigstens weiter und fahren heute mit einem Nachtbus nach Harar, ganz im Osten von Aethiopien, nahe bei Djibouti. Harar ist die 4t wichtigste Stadt der Muslime nach Mekka, Medina und Jerusalem (danke Ganse fuer die Info) und soll wohl ein ganz spezielles Flair haben.In Aethiopien sind ca. 30 Prozent der Bevoelkerung Muslime, die gibt es hier schon ganz lange und es ist ein sehr friedliches Zusammenleben mit den orthodoxen Christen. Mohammed selber soll ja Aethiopien auch sehr geschaetzt und ausgesprochen haben, dass das Land vom DJihad verschont bleiben sollte. Beim Barte des Propheten…

Wir werden in Harar so 2-3 Tage verbringen und uns das wichtigste anschauen; dann nach Addis zurueckkehren. Rechtzeitig zu Weihnachten wollen wir von Addis weg sein und gen Norden ziehen, genaugesagt nach Lalibela, dem aethiopischen Jerusalem, wo die beruehmten Felsenkirchen stehen.

So, das waer das neueste.

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Eindruecke zum Sueden Aethiopiens

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Der suedliche Teil Aethiopiens, speziell das Omo-Tal, war fuer mich eine sehr schoene Erfahrung.

Dank der Vermittlung von good-old Freddy hatten wir Zugang zu den dortigen katholischen Entwicklungshelfern Father John und Father Paddy, die beide perfekte Gastgeber waren und uns vieles zeigen konnten, das Reisende somst nicht zu Gesicht bekommen.

Beide sind zwar katholische Priester, sehen aber die Missionierung zum kathol. Glauben nicht als Ihre wichtigste Aufgabe. Verstaendlich da ueber 40% der Einwohner der aethiopisch-orthodoxen Kirche angehoeren und diese sich nur in wenigen Punkten (manche sagen sogar nur im administrativen Bereich) unterscheiden. Sondern sie wollen vor allem den Leuten hier helfen und die Zuammenarbeit mit den weltweiten Hilsorganisation koordinieren, so z.B. auch mit Freddys ehemaligen Arbeitsgeber Horizont3000. So verfuegen beide auch ueber mehrere Zimmer in ihrer Mission, wo wir auch uebernachten durften.

In Dimeka, wo Father Paddy seine Mission hat, waren wir im oertlichen Kindergarten. Die Eltern zahlen pro Monat 20 Birr (ca. 2 Dollar), ist also nicht gratis, da der Wert fuer die dort in Grundkennntnisse zu Geographie und Englisch unterichteten Kinder auch fuer die Eltern ersichtlich sein soll. Ausserdem wird auch dafuer gesorgt, dass die Kinder wenigstens einmal taeglich eine protein- und vitaminreiche Nahrung erhalten.

Sehr aufregend war auch der Besuch bei der Hamer-Familie von Father Paddy. Die Hamer sind eines der vielen Voelker des Omo-Tales, die noch sehr nach alten Traditionen leben. Father Paddy hat dort zusammen mit der Familie ein kleines  Geschaeft  errichtet, in dem Dinge des taeglichen Bedarfs erstanden werden koennen (Oel, Batterien, Kaffee, Mais, …). Diese kauft Father Paddy recht billig in der naechst groesseren Stadt und verkauft sie gegen Geld und selbstgemachten Schmuck an die Hamer-Familie. Diese wiederum verkaufen sie im eigenen Geschaeft weiter, haben so Geld neue Lebensmittel zu kaufen und koennen sich einen Teil des Erloeses fuer groessere Investitionen sparen. Noch dazu muessen die dortigen Hamer nicht zur Regenzeit ewiglang in die naechste Stadt gehen, um sich mit Lebensmittel einzudecken.

Wurden von der Hamer-Familie auch in ihre Rundhuette eingeladen. Die Waende dieser Huetten bestehen aus einem Grundgeruest aus Holzknueppeln, welches  mit Lehm verspachtelt und mit einem kegelfoermigen Strohdach gegen den Regen geschuetzt wird. Der Eingang ist traditionell sehr eng, da so fruehere Feinde nur einzeln eindringen konnten und so leicht ueberwaeltigt wurden. Im Inneren gibt es eine Feuerstelle, aber keinen Kamin. So ist es in der Huette immer sehr rauchig und die Frauen, die das Feuer hueten, leiden oft unter Augenkrankheiten verursacht durch den staendigen Qualm. Positiver Effekt ist aber, dass dadurch Ungeziefer vom Strohdach ferngehalten wird und diese sehr lange Zeit unbeschaedigt bleiben.

Die Atmosphare in der Huette ist aeusserst angenehm. Es wird Kaffee offeriert und nach einer Zeremonie des Aeltesten, bei der dreimal der Kaffee ausgespuckt wird, um den lebensnotwendigen Regen zu symbolisieren, darf auch getrunken werden. Es ist ein staendiges Kommen und Gehen von Nachbarsfamilien und mit der Uebersetzung von Father Paddy kann auch ein wenig Konversation betrieben werden. Oder man sitzt einfach nur da und erfreut sich am bunten Spektakel in der Rundhuette. Es ist also ein Platz, wo ich zwischenzeitlich ein Teil meines Herzens zuruecklassen koennte, ohne dass es dort irgenwelchen Schaden naehme. Herrlich!